Einen "Mutterkomplex" oder einen "Neidkomplex" zu haben, ist als psychologische Zuschreibung inzwischen in der Umgangssprache gebrĂ€uchlich geworden. Komplexe sind lebendige innere Teilstrukturen der Psyche, die sich aus der zwischenmenschlichen, emotionalen Erfahrung von Beginn des Lebens an entwickeln. C. G. Jung betrachtete die Komplexe als die Architekten der TrĂ€ume. Komplexe werden heute als autonome Teilpsychen oder Teilpersönlichkeiten angesehen, die untereinander vernetzt sind, und so das Erleben und das Verhalten beeinflussen. Zahlreiche Fallbeispiele aus der Psychotherapie von Erwachsenen, Jugendlichen und Kindern illustrieren die AusfĂŒhrungen.
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Der Gebrauch des Begriffes Komplex als laienpsychologische Zuschreibung, manchmal auch abwertend oder pseudopsychologisch, ist schon lĂ€nger in der Alltagssprache angekommen: »Er hat einen Mutter-Komplex« oder »Sie hat einen Vater-Komplex«, wenn wir damit ausdrĂŒcken wollen, dass jemand mit seinen Elternfiguren auf nicht mehr altersgemĂ€Ăe oder auf neurotische Weise verwickelt oder identifiziert ist. Oder wir sprechen von Neidkomplex, Machtkomplex oder Minderwertigkeitskomplex, wenn diese Motive und Affekte fĂŒr jedermann ersichtlich im Vordergrund stehen.
Jung entwickelte das Konzept der Komplexe im Laufe seiner experimentalpsychologischen Arbeiten an den Assoziationstudien zwischen 1904 und 1911. Samuels, Shorter & Plaut (1989) definieren den Komplex als eine »Sammlung von Bildern und Vorstellungen, die um einen Kern gruppiert sind, der sich aus einem oder mehreren Archetypen ableitet; sie sind durch eine gemeinsame emotionale Tönung charakterisiert. Wenn sie ins Spiel kommen (âșkonstelliert werdenâč), tragen die Komplexe zum Verhalten bei und sind â ganz gleich ob man sich ihrer bewusst ist oder nicht â durch das Auftreten eines Affekts gekennzeichnet.« (S. 124).
Jung hielt sein Konzept der Komplexe fĂŒr so bedeutsam, dass er zeitweise in ErwĂ€gung zog, seine psychoanalytische Theorie als Komplexe Psychologie zu bezeichnen. In seiner groĂen Arbeit »Ăber die Psychologie der Dementia praecox: Ein Versuch« 1907 (1907/1971, GW Bd. 3) entwickelte Jung seine wesentlichen Ideen zur Komplexlehre, die als klinisches Konzept als eine Art von jungianischer Neurosenlehre verstanden werden kann. FĂŒr S. Freud waren zu jener Zeit die experimentalpsychologischen Arbeiten von Jung sehr wichtig (
Kap. 2), bestĂ€tigten sie doch sein Konzept des Unbewussten und lieĂen ihn hoffen, dass seine Gedanken in der damals fĂŒhrenden akademischen Psychiatrie (E. Bleuler am »Burghölzli« in ZĂŒrich) jene Anerkennung erfuhren, die ihm in Wien versagt wurde. Jung sah die zentrale klinische Bedeutung der Komplexe in der Psychologie der Affekte:
»Die wesentliche Grundlage unserer Persönlichkeit ist die AffektivitĂ€t. Denken und Handeln ist sozusagen bloĂ Symptom der AffektivitĂ€t. Die Elemente des psychischen Lebens, Empfindungen, Vorstellungen und GefĂŒhle sind dem BewuĂtsein in Form gewisser Einheiten [Hervorhebung d. Autors] gegeben, die man etwa, um eine Analogie zur Chemie zu wagen, dem MolekĂŒl vergleichen kann.« (Jung, 1907/1971, GW Bd. 3, § 78)
Hier klingt bereits an, dass Jung, der als einer der ersten Psychiater ein psychologisches VerstĂ€ndnis und eine Psychotherapie der Schizophrenie versucht hatte, ein fĂŒr die heutigen VerhĂ€ltnisse sehr modernes VerstĂ€ndnis der zentralen Rolle der Affekte fĂŒr die Persönlichkeitsentwicklung vertrat.
Um die groĂe theoretische und klinische Bedeutung der Komplexe und die ModernitĂ€t der Komplextheorie einschĂ€tzen und verstehen zu können, muss zunĂ€chst Jungs Konzept der Psyche betrachtete werden. Jung entwickelte sein Modell der Psyche vor allem aufgrund seiner klinischen Arbeit mit psychotischen Patienten. Daraus entstand eine von Freuds Modell grundsĂ€tzlich verschiedene Auffassung ĂŒber den Aufbau der Psyche.1
1.2 Das Modell der Psyche von C. G. Jung
Jungs Modell der Psyche unterscheidet sich grundsĂ€tzlich von dem der Psychoanalyse. Es umfasst die »Gesamtheit aller psychischen VorgĂ€nge, der bewussten sowohl wie der unbewussten« (Jung, 1921/1971, GW Bd. 6, § 877). Als »Dimension des menschlichen Seins« ist fĂŒr Jung die »psychische Wirklichkeit« (Jung, 1929/1971, GW Bd. 16, § 111) neben dem geistigen und dem biologischen Bereich ein eigenstĂ€ndiger Bereich. Jung spricht von der autonomen Psyche, sieht sie aber in bestĂ€ndiger Wechselbeziehung zur biologischen und zur geistigen Dimension. Dies hat der englische Jungianer A. Samuels, (1994) als die PluralitĂ€t der Psyche bezeichnet. Die Wandlungs- oder VerĂ€nderungsdynamik der Psyche sieht Jung in einer die intrapsychischen GegensĂ€tze verbindenden Energie und in einer transformativen Kraft dieser Energie, die sich z. B. in Symbolen, aber eben auch in Symptomen oder psychischen Erkrankungen manifestieren kann. Dass sein Aufsatz »Die Transzendente Funktion« (1958/1971, GW Bd. 8) zwar 1916 entstanden war, er ihn aber erst 1958 publizierte, zeigt, wie vorsichtig Jung mit dieser so wichtigen Annahme eines transformativen Faktors in der Psyche umging. Jungs Modell der Psyche ist ein holistisches, ganzheitliches Modell der Auffassung von Wirklichkeit. Aus der Auffassung einer ganzheitlichen und pluralen Natur der Psyche kann Jungs Annahme eines nicht nur persönlichen, sondern auch eines kollektiven Unbewussten hergeleitet werden. FĂŒr Jung ist das Unbewusste die Hauptquelle schöpferischen Potenzials, es hat eine final-prospektive Tendenz und steht in einer kompensatorischen Beziehung zum Bewusstsein. Die Herstellung einer durchlĂ€ssigen Wechselbeziehung zwischen dem Ich und dem Unbewussten (vgl. Jung, 1916/1971, GW Bd. 7) ist einerseits Ziel des psychotherapeutischen Prozesses und andererseits allgemeines Ziel eines lebenslangen, persönlichen Entwicklungsprozesses des Selbst, den Jung spĂ€ter als Individuation bezeichnet hat. Im Unterschied zur (psychoanalytischen) ichpsychologischen Auffassung des Selbst (vgl. Selbst-Objekt-Differenz) versteht Jung das Selbst als den zentralen, die Gesamtpsyche umfassenden Motor einer Entwicklungsdynamik, das in seiner Entfaltung (Individuation) ĂŒber alle Lebensphasen bis ins Alter aktiv sein kann.
Eine umfassende, aktuelle und kritische WĂŒrdigung von Jungs Konzept des Selbst im Kontext von SubjektivitĂ€t und IntersubjektivitĂ€t hat Roman Lesmeister (2009) publiziert. Lesmeister (S. 266 ff.) zeigt, dass Jung bereits sehr frĂŒh von einem bereitliegenden Entwicklungspotenzial (Lesmeister nennt es »primordiale Matrix«) zur individuellen Entwicklung ausging, das Jungs Konzept des Selbst zugrunde liegt. Im Hinblick auf das Ziel des psychotherapeutischen Prozesses formuliert Lesmeister: »Der Andere (Patient) erzeugt durch seine Einwirkung auf mich (Therapeut) in meinem psychischen System einen Abdruck seines Selbst beziehungsweise bestimmte Aspekte seines Selbst. Dieser Abdruck ist zugleich die Wirkung, von der Jung spricht, und in diesem Abdruck drĂŒckt sich das individuelle Sein des Patienten aus. Nur dies ist die genuine Form, in der sich das Lebendig-Individuelle des Anderen mitteilt«. (S. 272).
In meinem VerstĂ€ndnis beschreibt Lesmeister, wie sich aus diesem Konzept ein modernes VerstĂ€ndnis von Psychotherapie ableiten lĂ€Ăt, das ich auch teile: Es ist weniger die Deutung als mutative Intervention das Ziel der Psychotherapie, sondern die Art und Weise wie Therapeuten in der Lage sind, den Patienten einen inneren Raum zur VerfĂŒgung zu stellen, in den sich Teile der Psyche der Patienten einnisten können. Aus meiner Sicht wird dieser Aspekt psychotherapeutischer Arbeit nach wie vor zu wenig gewĂŒrdigt und untersucht, da ihm m. E. auĂerordentlich subtile Formen des Gegenwiderstandes des Therapeuten zugrunde liegen, die nicht allein durch bestimmte Ăbertragungs-/GegenĂŒbertragungs-Konstellationen erkennbar sind (vgl. Bovensiepen, 2014). Wie viele seiner psychologischen Modelle, ist auch Jungs Konzept des Selbst in sich paradox: Das Selbst als das Zentrum der Persönlichkeit wird gleichzeitig als die umfassende Gesamtpersönlichkeit gesehen. Die zentrierende und anordnende Funktion des Selbst beeinflusst die Dynamik und das Zusammenspiel der Komplexe. Die basalen Strukturelemente der Psyche, ihre Bausteine, die Einheiten (Jung) sind in Jungs Auffassung die gefĂŒhlsbetonten Komplexe mit ihrem archetypischen Kern, welche die interpersonalen Erfahrungen von Geburt an intrapsychisch organisieren und psychosomatisch speichern. Psychosomatisch speichern deswegen, da Komplexe immer als psychisch und körperlich verwurzelt gedacht werden und vermutlich eine enge Verbindung zum KörpergedĂ€chtnis haben.
Zieht man die von Jung nachdrĂŒcklich betonte natĂŒrliche (nicht pathologische) DissoziabilitĂ€t (SpaltfĂ€higkeit) der Psyche in Betracht, so kann man sagen, dass das Modell der Psyche bei Jung kein hierarchisches, vertikal strukturiertes ist, wie etwa das der psychoanalytischen Strukturtheorie (Ăber-Ich/Ich/Es bzw. Unbewusste). Vielmehr handelt es sich um ein sich selbst organisierendes System von psychischer Energie, die sich u. a. in Verhalten, Komplexen, Bildern, unbewussten Phantasien oder Symptomen manifestieren kann.
Die ĂbergĂ€nge von Bewusstsein zum Unbewussten werden als flieĂend aufgefasst. Das Unbewusste ist nicht auf das persönlich VerdrĂ€ngte (wie das Unbewusste im Konzept bei Freud) begrenzt, sondern das Unbewusste einschlieĂlich des kollektiven Unbewussten, kann in meinem VerstĂ€ndnis wie ein Ozean aufgefasst werden, auf dem kleine Inseln des Bewusstseins und des Ich schwimmen. Der weitaus gröĂere Teil der Gesamtpsyche bleibt unbewusst und enthĂ€lt ein hohes kreatives Potenzial.
Eine weitere, sehr wichtige Perspektive auf die seelische Wirklichkeit ist die Bi-PolaritĂ€t psychodynamischer Prozesse. Letztlich ist sie Ausdruck der PluralitĂ€t der Psyche, wie Jung sie versteht. Diese Auffassung von der Verteilung der Libido innerhalb einer Gegensatzspannung durchzieht Jungs gesamtes Werk. Die Gegensatzpaare von bewusst/unbewusst, mĂ€nnlich/weiblich, Schatten/Persona, individuell/kollektiv, innen/auĂen tragen dazu bei, dass es â wie Jung es ausdrĂŒckt â zu einer Entzweiung mit sich selbst kommen kann und damit zu psychischen Störungen. Dieses NeuroseverstĂ€ndnis ist einerseits eine Bereicherung des psychoanalytischen NeuroseverstĂ€ndnisses als Psychodynamik innerer Konflikte, andererseits besteht die Gefahr, dass diese Perspektive der PolaritĂ€t sich als eine Einengung des klinischen Blicks auf die seelische Wirklichkeit erweist.
1.3 Emergenztheorie
Weiterentwicklungen und Neubewertungen von Jungs Modell der Psyche werden zurzeit vor allem durch die Anwendung der Emergenztheorie vorgenommen unter BerĂŒcksichtigung der Ergebnisse der Entwicklungsforschung, Neurobiologie und Kognitionsforschung. Eine permanente Wechselbeziehung zwischen dem Bewusstsein und dem Unbewussten ist ein natĂŒrlicher Vorgang. Mit »natĂŒrlichem Vorgang« beziehe ich mich auf den Aufsatz »Die synthetische oder konstruktive Methode«, in dem Jung schreibt:
»Die Auseinandersetzung mit dem Unbewussten ist ein Prozess oder je nachdem auch ein Erleiden oder eine Arbeit, die den Namen transzendenteFunktion erhalten hat, [âŠ] Sie ist ein natĂŒrlicher [Hervorhebung d. Autors] Vorgang, eine Manifestation der aus der Gegensatzspannung hervorgehenden Energie, und besteht in der Abfolge von PhantasievorgĂ€ngen, die spontan in TrĂ€umen und Visionen auftreten« (1916/1971, GW Bd. 7, § 121)
Seit Mitte der 1990er wird vor allem im angelsÀchsischen Sprachraum versucht, Jungs holistischen Zugang zur Wirklichkeit der Seele und seine Archetypen-Theorie mit Hilfe der Emergenztheorie neu zu bestimmen. Tresan (1996), Hogenson (2004), Saunders und Skar (2001), Cambray und Carter (2004) und mit EinschrÀnkungen auch Jean Knox (2003 und 2010) sind die wichtigsten Vertreter dieser Auffassung.
Sehr vereinfacht ausgedrĂŒckt ist mit Emergenz in komplexen Systemen eine spontane, oft als ĂŒberraschend erlebte Herausbildung oder das Auftauchen neuer Elemente (z. B. Strukturen oder Eigenschaften, aber auch z. B. TrĂ€ume, Fantasien oder Symptome) gemeint, die sich nicht auf einzelne, im System enthaltene Elemente zurĂŒckfĂŒhren lassen. Konzepte der Emergenz werden umfangreich in der naturwissenschaftlichen Forschung, aber auch in der Philosophie und in der Soziologie verwandt (Ăbersicht z. B. bei Stephan, 2007).
Jungianische Vertreter dieser Perspektive beziehen sich auf Jungs vielzitierte ĂuĂerung zum lebendigen Dritten aus seinem Aufsatz zur Transzendenten Funktion (Jung, 1958/1971, GW Bd. 8) in dem Jung schreibt:
»Das Hin und Her der Argumente und Affekte stellt die transzendente Funktion der GegensĂ€tze dar, [âŠ] die Lebendiges erzeugt, ein Drittes [âŠ], eine lebendige Geburt, die eine »neue Stufe des Seins, eine neue Situation herbeifĂŒhrt« (Jung, 1958/1971, GW Bd. 8, § 189). Diese Annahme einer neuen Stufe des Seins«, die aus der Interaktion von Bewusstsein und Unbewusstem entsteht, wird als Ausdruck fĂŒr die emergente Eigenschaft der Psyche angesehen (Cambray & Carter, 2004).
Die Vermittlung der dialektischen Interaktion von bewussten und unbewussten Prozessen durch Symbole im analytischen Prozess ist eine weitere Kern-These der Analytischen Psychologie: Symbole, so formulieren Cambray und Carter, »entstehen als synthetische Produkte aus den Begegnungen mit affektiv aufgeladenen psychischen ZustĂ€nden, gesĂ€ttigt mit aktiviertem unbewusstem Material. Sie sind [âŠ] der unmittelbare psychologische Ausdruck des emergenten âșDrittenâč des interaktiven Feldes (ob intrapsychisch oder interpersonal)« (Cambray &Carter, 2004, S. 121; Ăbersetzung d. Autors). »Emergenz« â so formuliert es Bisagni â »scheint auf dem subtilen Rand von Chaos und Ordnung zu funktionieren, wo das Chaos keine gestaltlose und konfuse ZufĂ€lligkeit ist, sondern von undurchsichtiger KomplexitĂ€t« (Bisagni, 2009, S. 13; Ăbersetzung d. Autors).
Eine wichtige Eigenschaft von Emergenz ist das spontane, plötzliche, ĂŒberraschende Auftauchen neuer Elemente oder Strukturen. Es erfolgt unvorhersehbar und kann im analytischen Prozess beim therapeutischen Paar zu einem prĂ€gnanten GefĂŒhl der Ăberraschung fĂŒhren. Ăberraschungen in Analysen, negative wie positive, können so zu sehr dynamisierenden Momenten werden. Der Affekt der Ăberraschung scheint direkt mit der psychischen Erfahrung von Emergenz verbunden zu sein. Die post-kleinianische Kindertherapeutin Anne Alvarez hat gezeigt, wie der Affekt der Ăberraschung in der Therapie das unmittelbare Erleben von Verbundenheit oder von Getrenntheit intensivieren kann (Alvarez, 1998).
In dem Zitat ĂŒber das emergente Dritte wird der Begriff des interaktiven Feldes gebraucht, ein von Jungianern in den USA hĂ€ufig gebrauchter, etwas unscharfer Begriff, den Joe Cambray auf mein persönliches Nachfragen hin prĂ€zisiert hat: In Wahrheit halte er das Konzept des interaktiven Feldes als den Kern von Jungs »Auffassung der Ăbertragung«. Er versucht damit auszudrĂŒcken, dass er die Ăbertragungs-GegenĂŒbertragungsbeziehung nicht nur auf das interaktive Feld zwischen Analytiker und Analysand begrenzt versteht, sondern dass es auch den Raum bereit stelle fĂŒr das Kollektive und Archetypische, also das, was Jung als die objektive Psyche bezeichnet hat. Dies sei - so Cambray - auch der entscheidende Unterschied zum intersubjektiven Konzept der Ăbertragung (J. Cambray, persönl. Mitteilung, 28.02.2011). Zur einer ErgĂ€nzung und Vertiefung dieses Konzeptes kann die BeschĂ€ftigung mit den von Ferro und Basile herausgegebenen Arbeiten zum...
Table of contents
Deckblatt
Titelseite
Impressum
Geleitwort
Inhalt
EinfĂŒhrende Einleitung
Teil I: Theoretischer Teil
1 Jungs Modell der Psyche und die Komplextheorie
2 Die Entwicklung der Komplextheorie
3 Postjungianische Weiterentwicklungen der Komplextheorie
4 Komplex, Neuropsychologie und GedÀchtnis
5 Das Innenleben der Komplexe
Teil II: Klinischer Teil
6 Komplexe und Entwicklung: Kinder- und Jugendlichenbehandlungen
7 Ein Netzwerk-Modell der Komplexe
8 Coniunctio â Das analytische Paar
9 Depressive und narzisstische Komplexorganisationen