I. Der Vertrag des Innenarchitekten
1. Der Innenarchitektenvertrag
2. Besondere Vertragsformen
3. Muster und ErlÀuterung des Innenarchitektenvertrags
4. Die Abnahme der Innenarchitektenleistung
5. KĂŒndigung des Innenarchitektenvertrags
6. Der Innenarchitekt als Generalplaner
7. Internationale InnenarchitektenvertrÀge
1. Der Innenarchitektenvertrag
1.1 Rechtsnatur des Innenarchitektenvertrags
Ein spezielles Architektenvertragsrecht gibt es im Gesetz nicht. Die HOAI enthÀlt nur Honorarrecht. Sie bestimmt weder, wie ein Architektenvertrag zustande kommt, noch welche Pflichten ein Innenarchitekt hat.1 Was ein Innenarchitekt vertraglich schuldet, ergibt sich aus dem geschlossenen Innenarchitektenvertrag.
Der Innenarchitektenvertrag ist wie der Architektenvertrag dem Werkvertragsrecht des BGB (§§ 631 ff. BGB) zugeordnet. § 631 BGB lautet wie folgt:
âDurch den Werkvertrag wird der Unternehmer zur Herstellung des versprochenen Werkes, der Besteller zur Entrichtung der vereinbarten VergĂŒtung verpflichtet.â
Ăbersetzt bedeutet dies:
âDurch den Architektenvertrag wird der Innenarchitekt zur Erstellung der beauftragten Planung, der Auftraggeber zur Bezahlung der vereinbarten VergĂŒtung (im Rahmen der HOAI) verpflichtet.â
Der Werkvertrag ist dadurch geprĂ€gt, dass nicht die TĂ€tigkeit, sondern der Erfolg geschuldet ist. Der Innenarchitekt schuldet somit eine dauerhaft genehmigungsfĂ€hige Planung und, sofern die BauĂŒberwachung mit ĂŒbernommen ist, das Entstehenlassen einer mangelfreien Bauleistung nach den vom Bauherren genehmigten PlĂ€nen. Welchen Erfolg der Innenarchitekt schuldet, ergibt sich aus dem jeweils abgeschlossenen Innenarchitektenvertrag.2
Ein unverbindlicher Muster-Innenarchitektenvertrag ist in Kapitel I 3 dieses Buches mit Kommentierung enthalten. Da die HOAI nur Preisrecht und kein Vertragsrecht enthĂ€lt, sollte sie als Vertragsgrundlage nicht hinzugezogen werden. Bei Einbeziehung der Leistungsbilder der HOAI in den Vertrag hat dies zur Folge, dass die Grundleistungen aus dem Leistungsbild der HOAI3 Vertragsbestandteil werden. Soweit Leistungen nicht erbracht werden, weil diese fĂŒr das betreffende Objekt nicht benötigt werden, hat dies dennoch eine Honorarminderung zur Folge, weil vertraglich geschuldete Leistungen nicht erbracht worden sind.4 Die HOAI regelt kein Vertragsrecht, sondern ausschlieĂlich die Höhe des Honorars fĂŒr die vertraglich vereinbarte Leistung.5
Die Rechtsnatur des Vertrags unterliegt auch nicht der Disposition der Parteien.
Durch die Bezeichnung des Vertrags als Dienstvertrag Ă€ndert sich nichts an seiner Rechtsnatur. Beim Dienstvertrag wird nicht der Erfolg, sondern die bestmögliche TĂ€tigkeit geschuldet. Wenn der Bauherr noch nicht weiĂ, wie z. B. das Hotel innenarchitektonisch umgestaltet werden soll und der Innenarchitekt beauftragt ist, ihm entsprechende VorschlĂ€ge und EntwĂŒrfe gegen Honorar zu unterbreiten, gibt es keinen bestimmten Erfolg, den man erreichen kann. Hier unterstĂŒtzt der Innenarchitekt den Bauherrn bei der Projektfindung. In diesem Fall empfiehlt es sich, einen Projektfindungsvertrag6 abzuschlieĂen.7
1.2 Ein Innenarchitekt beim Bundesgerichtshof
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich mit seinem Urteil vom 12.1.20068 das erste Mal mit dem Innenarchitektenrecht beschĂ€ftigt. Dabei ist in diesem Urteil dargelegt worden, wie ein Innenarchitekt im VerhĂ€ltnis zum GebĂ€udearchitekten gegenĂŒber dem Bauherrn abrechnen darf. Der BGH ging davon aus, dass der Innenarchitektenvertrag ein Werkvertrag ist. Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Bauherr eines Berufsförderungszentrums beauftragte erst ein BĂŒro mit der Architekturplanung des GebĂ€udes und sodann einige Zeit spĂ€ter einen selbststĂ€ndigen Innenarchitekten mit der Planung des raumbildenden Ausbaus. Dem Innenarchitekten waren die vollstĂ€ndigen Leistungen der Leistungsphasen 1 bis 9 (Grundlagenermittlung bis Objektbetreuung, jetzt § 34 HOAI) betreffend Gestaltung der InnenrĂ€ume in Auftrag gegeben worden. Der Innenarchitekt hat sodann alle Leistungen erbracht, die vom Bauherrn gefordert worden sind. Nach Fertigstellung der Arbeiten stellte der Innenarchitekt seine Schlussrechnung in Höhe von 630.000,00 âŹ. Da der Bauherr nicht bereit war, diesen Betrag zu zahlen, erhob der Innenarchitekt Klage beim Landgericht L. Das Landgericht sprach dem Innenarchitekten rund 560.000,00 ⏠nebst Zinsen zu. Das Oberlandesgericht (OLG) D. hat dieses Urteil aufgehoben und im Gegenzug den Innenarchitekten verurteilt, an den Bauherrn 30.000,00 ⏠zurĂŒckzuzahlen. Das OLG begrĂŒndete seine Entscheidung damit, dass die Rechnung des Innenarchitekten nicht prĂŒffĂ€hig sei mit der Folge, dass ihm kein Honorar zustehe. Da der Bauherr dargelegt hatte, dass er zu viel gezahlt hat, erhielt er im Wege der Widerklage 30.000,00 ⏠zugesprochen. Die mangelnde PrĂŒfbarkeit hat das OLG damit begrĂŒndet, dass ein GebĂ€udearchitekt und ein Innenarchitekt, auch wenn sie getrennt beauftragt sind, aus verschiedenen BĂŒros stammen und eine gemeinsame Architektenleistung erbringen. Entsprechend sollte der Innenarchitekt darlegen, wie viel Prozent der Gesamtarchitektenleistung er erbracht hatte. Im Gegenzug meinte das OLG, dass der Innenarchitekt dann die gesamten GebĂ€udekosten ebenso wie der âGebĂ€udearchitektâ zugrunde legen darf. Um eine prĂŒfbare Rechnung zu erstellen, sollte nach Auffassung des OLG der Innenarchitekt eine Abrechnung nach § 8 Abs. 2 HOAI in der Weise vornehmen, dass er darlegt, welche Teilleistungen einer Leistungsphase von ihm im VerhĂ€ltnis zur Leistung des GebĂ€udearchitekten erbracht worden sind. Der BGH hat die Revision im Jahre 2004 zugelassen und nun am 12.1.20069 zugunsten des Innenarchitekten entschieden. Dabei stellte der BGH in seinem Urteil Folgendes heraus:
Da Architekt und Innenarchitekt separate Leistungen erbringen, sind diese auch getrennt abzurechnen. FĂŒr die Anwendung des § 8 Abs. 2 HOAI ist kein Raum, weil dem Innenarchitekten bezĂŒglich der Leistung InnenrĂ€ume die vollstĂ€ndigen Grundleistungen ĂŒbertragen worden sind. § 8 Abs. 2 HOAI regelt nur den Fall, dass einzelne Grundleistungen einer Leistungsphase nicht ĂŒbertragen worden sind. Wenn beispielsweise der Bauherr die RechnungsprĂŒfung in der Leistungsphase 8 selbst vornimmt und der Innenarchitekt diese nicht erbringen muss, besteht das Recht, das Honorar nach § 8 Abs. 2 HOAI zu kĂŒrzen. Dies ist auch verstĂ€ndlich, wenn tatsĂ€chlich Leistungen herausgenommen und vom Innenarchitekten nicht erbracht werden mĂŒssen. Damit ist klargestellt, dass der Innenarchitekt eine eigenstĂ€ndige Architektenleistung gegenĂŒber dem GebĂ€udearchitekten erbringt und bei einem vollstĂ€ndigen Auftrag des raumbildenden Ausbaus (jetzt: InnenrĂ€ume) auch alle Grundleistungen abrechnen kann, sofern er diese erbracht hat. Andererseits werden die anrechenbaren Kosten des Objektes nach § 4 HOAI bestimmt. Dabei ist der in § 2 Abs. 1 HOAI definierte Objektbegriff nicht gleichzustellen mit dem GebĂ€ude. Entsprechend kann der Innenarchitekt, dessen Bearbeitungsobjekt der raumbildende Ausbau ist, nur die Kosten dieser Teile zugrunde legen, mit denen er befasst ist. AbschlieĂend stellt in diesem Zusammenhang der BGH fest, dass der Bauherr die Zahlung höherer Honorare hinnehmen muss, wenn er zusĂ€tzlich zum Architekten einen Innenarchitekten beauftragt.
Mit diesem Urteil erkennt der BGH an, dass der Innenarchitekt, wenn er neben dem GebĂ€udearchitekten tĂ€tig ist, eine eigenstĂ€ndige Leistung erbringt und selbststĂ€ndig unter BerĂŒcksichtigung der fĂŒr ihn geltenden anrechenbaren Kosten abrechnen kann. Anzumerken ist noch, dass bei bestehenden GebĂ€uden nach § 25 Abs. 2 HOAI (1996) ein Zuschlag bis 50 % vereinbart werden kann. Ohne Vereinbarung erhĂ€lt der Innenarchitekt in diesem Fall einen Zuschlag von 25 %. Dabei liegt ein bestehendes GebĂ€ude auch bereits dann vor, wenn die Grundrissplanung durch den GebĂ€udearchitekten vorgegeben und vom Innenarchitekten zwingend hingenommen werden muss. Die dadurch bedingte Begrenzung der Gestaltungsmöglichkeit verkompliziert die Planungsaufgabe des Innenarchitekten erfahrungsgemÀà betrĂ€chtlich, sodass die so entstehenden Erschwernisse mit dem Zuschlag gemÀà § 25 Abs. 2 HOAI (1996) abgegolten werden mĂŒssen. Mit der HOAI 2009 ist der Zuschlag des raumbildenden Ausbaus ersatzlos gestrichen worden und auch in der HOAI 2013 nicht mehr enthalten.
1.3 Zustandekommen des Innenarchitektenvertrags: Vertragsabschluss
Der Innenarchitektenvertrag kommt durch Angebot und Annahme zustande, §§ 145 ff. BGB.
Beispiel:
Der HoteleigentĂŒmer mailt an den Innenarchitekten: âKönnen Sie den Umbau meines Hotels Villa HĂŒgel planen, mich bei der Einholung der erforderlichen Genehmigungen unterstĂŒtzen, die Bauleistungen ausschreiben und die BauĂŒberwachung durchfĂŒhren?â
Antwort des Innenarchitekten: âĂbernehme gerne die Architektenleistungen im Zusammenhang mit dem Umbau der mir bekannten Villa HĂŒgel und schlage vor, dass wir uns am Dienstag der nĂ€chsten Woche zur Grundlagenermittlung zusammensetzen.â
Damit ist ein Vertrag zustande gekommen.
Der Innenarchitektenvertrag kann ausdrĂŒcklich, wie im Beispielsfall, oder auch stillschweigend durch konkludentes Verhalten zustande kommen. Der stillschweigende (konkludente) Vertragsabschluss ist abzugrenzen von einer Akquisitionsphase, in welcher der Innenarchitekt kostenfreie Planungsleistungen aufzeigt, um einen Vertragsabschluss mit dem Bauherrn zu erreichen. Die Abgrenzung zwischen der Akquisitionsphase u...