Freud und die Psychoanalyse
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Freud und die Psychoanalyse

Entdeckungen, Entwicklungen, Perspektiven

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Freud und die Psychoanalyse

Entdeckungen, Entwicklungen, Perspektiven

About this book

Freud influenced the face of the 20th century through psychoanalysis. The conceptualisation of the sub-conscious, solving the psychodynamics of neuroses and the development of the psychoanalytical setting in order to research and treat mental dysfunctions are part of his prevailing achievements. The book follows the development of his scientific progress alongside his biography.Basic terms and concepts of psychoanalyses are explained comprehensively and links to current convictions showed. The presentation paints a vivid picture of Freud as human being and scientist supplemented with pictures and tables.

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Information

Publisher
Kohlhammer
Year
2015
eBook ISBN
9783170257115
Edition
2

1. Vorlesung
Freuds Weg zum Unbewussten

Das Reale wird immer „unerkennbar“ bleiben 2

Biographischer Hintergrund

Als Sigmund Freud am 6. Mai 1856 in Freiberg in MĂ€hren zur Welt kam, hatte die beginnende Industrialisierung auch den entlegenen Osten der damaligen österreichischen Monarchie erreicht und begann, die dortigen LebensverhĂ€ltnisse zu verĂ€ndern. So sah Freuds Vater, der Textilien bearbeitete und sie nach Galizien exportierte, auf Dauer keine sichere Zukunft mehr fĂŒr sein GeschĂ€ft in dieser Region und ĂŒbersiedelte ĂŒber Leipzig nach Wien, als Sigmund drei Jahre alt war. Hier verbrachte Freud den allergrĂ¶ĂŸten Teil seines Lebens. Erst kurz vor seinem Tode verließ er das von den Nazis besetzte Österreich und ging ins Exil nach London, wo er 1939 starb.
In Wien ging er zur Schule. Hier studierte er an der UniversitĂ€t und erhielt seine wissenschaftliche Ausbildung als Neuropathologe. Hier grĂŒndete er seine Familie, wirkte er als Arzt und Psychotherapeut und machte er seine Entdeckungen. So wurde Wien zum Geburtsort der Psychoanalyse, die das Antlitz des 20. Jahrhunderts entscheidend mit geprĂ€gt hat.
Freud war das erste Kind aus der dritten Ehe seines Vaters, der ersten seiner Mutter. Zu seinem Vater Jacob (1815–1896) bestand ein zwiespĂ€ltiges VerhĂ€ltnis. Im Zusammenhang mit seiner Selbstanalyse erkannte er spĂ€ter in diesem Zwiespalt die Spuren eines ungelösten Ödipuskomplexes. Zu seiner Mutter Amalie Nathanson (1835–1930) bewahrte er lebenslang eine enge Bindung. Die Eltern hatten ein Jahr vor seiner Geburt geheiratet. Sein Vater war bei seiner Geburt 41 Jahre alt, seine Mutter 21. Aus dieser Ehe stammten insgesamt acht Kinder, fĂŒnf MĂ€dchen und drei Jungen, von denen einer frĂŒh starb.
Die Familie entstammte dem jĂŒdisch-bĂŒrgerlichen Milieu und vermittelte ihm mit den jĂŒdischen Traditionen ein GefĂŒhl tiefer Zugehörigkeit zur jĂŒdischen Kultur, das er sein Leben lang bewahrte. „Obwohl der Religion meiner VorvĂ€ter lĂ€ngst entfremdet“, schrieb er spĂ€ter3, „habe ich das GefĂŒhl der Zusammengehörigkeit nie aufgegeben.“ Vertraut mit den religiösen Riten, blieb er religiös allerdings distanziert gegenĂŒber einem Gottesglauben und entwickelte sich zu einem strengen Atheisten und scharfen Religionskritiker. In einem Brief an seinen Freund, den Schweizer Pfarrer Oskar Pfister, nannte er sich spĂ€ter selbst einen „gottlosen Juden“.4
Tab. 1: Von der Geburt zur FamiliengrĂŒndung
6. Mai 1856
Geburt in Freiberg (Pƙíbor) in MĂ€hren
1859
Zur Sicherung der wirtschaftlichen Existenz – der Vater ist ein jĂŒdischer WollhĂ€ndler – ĂŒbersiedelt die Familie ĂŒber Leipzig nach Wien, wo Freud bis 1938 lebt
1865–1873
Realgymnasium in Wien
1873
Beginn des Medizinstudiums in Wien
1876–1882
Physiologie-Assistent bei E. W. von BrĂŒcke an der UniversitĂ€t Wien
1882
Verlobung mit Martha Bernays
1882–1885
Arbeit als Arzt im Allgemeinen Krankenhaus in Wien. Veröffentlichungen ĂŒber Neurologie
1885
Dozent fĂŒr Neuropathologie an der Wiener UniversitĂ€t. Stipendiat in der Neurologie bei Jean-Martin Charcot in Paris. Hinwendung zur Psychopathologie
1886
Eröffnung einer neuropsychiatrischen Praxis und zugleich Leitung einer kinderneurologischen Station
1886
Heirat
1887–1895
Geburt seiner sechs Kinder: 1887 Mathilde, 1889 Jean Martin, 1891 Oliver, 1892 Ernst, 1893 Sophie und 1895 Anna
Sein Unterricht lag zunĂ€chst in den HĂ€nden der Eltern, bis er in eine Privatschule und schließlich auf das LeopoldstĂ€dter Gymnasium in Wien kam, wo er mit siebzehn mit Auszeichnung den Abschluss machte. Er studierte Medizin an der Wiener UniversitĂ€t, erhielt Stipendien und betĂ€tigte sich in der Zoologie. SpĂ€ter war er Assistent in der Physiologie und publizierte erste Forschungsarbeiten. Zweifellos beabsichtigte er, eine wissenschaftliche Laufbahn im Bereich der Neurophysiologie einzuschlagen.
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Abb. 1–3: Freud mit seinem Vater (1864), mit seiner Mutter (1872) und mit seiner Verlobten Martha Bernays (1882), die er 1886 heiratete.
Nach einem Studienaufenthalt in Paris bei dem berĂŒhmtesten Neurologen der damaligen Zeit, Jean-Martin Charcot, wandte er sich allerdings ĂŒberraschend der Psychopathologie zu. Dabei distanzierte er sich durch kritische Äußerungen von den vorherrschenden Lehrmeinungen in der Wiener Neurologie und besiegelte damit das Ende seiner UniversitĂ€tslaufbahn. 1886 eröffnete er eine neuropsychiatrische Privatpraxis, in der er vorwiegend psychotherapeutisch arbeitete.
Die Entscheidung, die UniversitĂ€t zu verlassen und in die Praxis zu gehen, stand auch im Zusammenhang damit, dass er sich 1882 mit der Hamburger Kaufmannstochter Martha Bernays (1861–1951) verlobt hatte und die GrĂŒndung einer Familie plante. 1886 heirateten sie. Sie blieben bis ans Lebensende verbunden und hatten sechs Kinder – Mathilde, Jean Martin, Oliver, Ernst, Sophie und Anna –, die zwischen 1887 und 1895 geboren wurden. Die Ehe wird als glĂŒcklich und harmonisch geschildert, die AtmosphĂ€re im Hause als herzlich. Der einzige Schatten scheint durch eine nach der Zeugung der sechs Kinder unbefriedigende SexualitĂ€t auf das Paar gefallen zu sein.

Von der Neurophysiologie zur Psychopathologie

Die Entwicklung von Freuds Konzept des Unbewussten fand in einem widersprĂŒchlichen gesellschaftlich-geistigen Klima statt. Es war einerseits stark traditionsorientiert und durch die konservative Wertewelt der österreichischen Monarchie geprĂ€gt. Andererseits gab es eine FĂŒlle von z. T. revolutionĂ€ren Strömungen in allen Bereichen des Geisteslebens und der Kultur. Die Schriften von Charles Darwin, Friedrich Nietzsche und Karl Marx eröffneten neue weltanschauliche und soziale Horizonte. Die Industrialisierung und der Ausbau der Verkehrswege, Mechanisierung und Elektrifizierung bestimmten zunehmend das Alltagsleben. Im kulturellen Bereich entstanden mit dem aufkommenden Expressionismus, dem Naturalismus und dem Jugendstil neue Perspektiven. Die Medizin feierte mit der Erfindung von Heilseren und der Entdeckung der Röntgenstrahlen revolutionĂ€re Erfolge.
Freud, der mit seinen eigenen Ideen maßgebliche VerĂ€nderungen im Denken anstieß, nahm an den neuen Strömungen im Geistesleben wenig teil. Seine Interessen richteten sich mehr auf die Antike und die Renaissance, sein Lebensstil war bĂŒrgerlich, und politisch scheint er keine besonderen Interessen gehabt zu haben.

Bezugspunkte im Denken

Das 19. Jahrhundert stand im Zeichen der Auseinandersetzung mit Kant. Es bestand eine untergrĂŒndige Tendenz, ihn zu verbessern oder zu widerlegen. Das geistige Klima dieser Zeit war durch gegensĂ€tzliche Strömungen geprĂ€gt. Sie zeigten Spuren der AufklĂ€rung und der Romantik (s. Tab. 2). Auf der einen Seite verwiesen Naturalismus, Positivismus und Psychologismus auf die AufklĂ€rung, rationales Denken und ein sachliches Menschenbild. Auf der anderen Seite gab es mit dem Idealismus eine starke Strömung, die in der Tradition der Romantik stand und die irrationale, dunkle Seite des Lebens betonte. Zunehmend gewannen dabei rationale und positivistische Anschauungen die Oberhand. Sie bestimmten auch Freuds anfĂ€ngliche wissenschaftliche Entwicklung.
Tab. 2: Philosophische Strömungen im 19. Jahrhundert
Das 19. Jahrhundert stand im Zeichen der Auseinandersetzung mit Kant mit der untergrĂŒndigen Tendenz, ihn zu verbessern oder zu widerlegen.
  • Die Romantik mit Zeitgenossen Goethes wie Hamann, Herder, Jacobi (alle um 1750–1800) machte es sich zur Aufgabe, als Gegenströmung zur AufklĂ€rung die dunklen Seiten des Seins zu begreifen. GefĂŒhle und GemĂŒt erhielten als Gegenpol zur Vernunft Bedeutung. Klassiker der Romantik (um 1800–1830) waren Schlegel und Schleiermacher, der als Urvater der Hermeneutik als Verstehensphilosophie gilt.
  • Der Idealismus mit Hegel, Fichte, Schelling (ebenfalls um 1800) fĂŒhrte den Begriff der „spekulativen Vernunft“ ein. Danach bilden Geist und Natur, Subjekt und Objekt eine Einheit. Das Ich/der Geist bestimmt die Welt.
  • Als Gegengewicht zum Idealismus, der sich mit sich selbst beschĂ€ftigte, reflektierte der Positivismus die VerĂ€nderungen der Zeit, insbesondere die durch die Technik. August Comte (1798–1857) entwa...

Table of contents

  1. Deckblatt
  2. Titelseite
  3. Impressum
  4. Inhaltsverzeichnis
  5. Vorwort
  6. 1. Vorlesung Freuds Weg zum Unbewussten
  7. 3. Vorlesung Freud als Psychotherapeut
  8. 5. Vorlesung Alter und Ausblick
  9. Sachwortverzeichnis