
eBook - ePub
Available until 5 Dec |Learn more
Förderung von Lernprozessen
This book is available to read until 5th December, 2025
- 208 pages
- English
- ePUB (mobile friendly)
- Available on iOS & Android
eBook - ePub
Available until 5 Dec |Learn more
Förderung von Lernprozessen
About this book
Seit den Ergebnissen von Pisa und anderen Studien sind Begriffe wie selbstgesteuertes und lebenslanges Lernen, Bildung und Lernförderung wieder stark in die öffentliche Diskussion gerückt. Das vorliegende Buch vertieft diese Diskussion. Es beschäftigt sich mit der gezielten Förderung von Lernprozessen in Familie, Kindergarten, Schule und Hochschule. Fördermaßnahmen werden detailliert dargestellt und wirksame Lernprinzipien erörtert. Es wird genau beschrieben, wie Lernstörungen vermieden oder aufgehoben werden können.
Frequently asked questions
Yes, you can cancel anytime from the Subscription tab in your account settings on the Perlego website. Your subscription will stay active until the end of your current billing period. Learn how to cancel your subscription.
At the moment all of our mobile-responsive ePub books are available to download via the app. Most of our PDFs are also available to download and we're working on making the final remaining ones downloadable now. Learn more here.
Perlego offers two plans: Essential and Complete
- Essential is ideal for learners and professionals who enjoy exploring a wide range of subjects. Access the Essential Library with 800,000+ trusted titles and best-sellers across business, personal growth, and the humanities. Includes unlimited reading time and Standard Read Aloud voice.
- Complete: Perfect for advanced learners and researchers needing full, unrestricted access. Unlock 1.4M+ books across hundreds of subjects, including academic and specialized titles. The Complete Plan also includes advanced features like Premium Read Aloud and Research Assistant.
We are an online textbook subscription service, where you can get access to an entire online library for less than the price of a single book per month. With over 1 million books across 1000+ topics, we’ve got you covered! Learn more here.
Look out for the read-aloud symbol on your next book to see if you can listen to it. The read-aloud tool reads text aloud for you, highlighting the text as it is being read. You can pause it, speed it up and slow it down. Learn more here.
Yes! You can use the Perlego app on both iOS or Android devices to read anytime, anywhere — even offline. Perfect for commutes or when you’re on the go.
Please note we cannot support devices running on iOS 13 and Android 7 or earlier. Learn more about using the app.
Please note we cannot support devices running on iOS 13 and Android 7 or earlier. Learn more about using the app.
Yes, you can access Förderung von Lernprozessen by Katja Mackowiak, Gerhard W. Lauth, Ralf Spieß, Johanna Hartung, Klaus Fröhlich-Gildhoff in PDF and/or ePUB format, as well as other popular books in Psychology & Education in Psychology. We have over one million books available in our catalogue for you to explore.
Information
1 Grundlagen
1.1 Einführung
Lernen ist ein Sachverhalt, der sowohl für den Einzelnen als auch die Gesellschaft enorm wichtig ist. Deshalb wird Lernen von verschiedenen wissenschaftlichen Fächern behandelt und von unterschiedlichen Standpunkten aus betrachtet: unter dem Gesichtspunkt der Sozialisation, der Bildung, der Beteiligung des einzelnen am kulturellen Geschehen (Enkulturation) und von den biologischen Voraussetzungen her. Die Psychologie analysiert das Lernen als Geschehensablauf und fragt hauptsächlich danach, wie das Lernen vonstatten geht, welche Voraussetzungen dafür notwendig sind und wie man es fördern kann. Lernen wird in der Psychologie als überdauernde Verhaltensänderung definiert, also als ein Ergebnis, das man sehen, erfragen oder beobachten kann. Es gibt unterschiedlich voraussetzungsvolle Lernarten: Solche, bei denen einfache Verhaltensweisen erlernt, und solche, bei denen abstrakte Erkenntnisse erworben werden. Dies schlägt sich auch in den Begriffsbestimmungen nieder.
Lernen ist ein Konstrukt, ein Sachverhalt also, der nicht direkt beobachtbar ist, sondern sich nur aus Ergebnissen (etwa der Leistung in einer schriftlichen Prüfung, Abrufen von Wissen, Umsetzen von Belehrungen, angemessenem Verhalten in der Gruppe) erschließen lässt. Gelernt werden ganz unterschiedliche Inhalte wie Wissen und Können (z. B. Rechnen, Lesen), Emotionen (z. B. Ängste), Einstellungen (z. B. Vorurteile), Begriffe (z. B. ethische Kompetenzen), Verhalten (z. B. Gruppenverhalten, Selbststeuerung), Wertmaßstäbe und Problemlösungsstrategien.
Im engeren Sinne einer wissenschaftlichen Definition bezeichnet der Begriff Lernen eine überdauernde Änderung des Verhaltens oder der Verhaltensmöglichkeiten, was durch wiederholte Erfahrungen des Subjekts in dieser Situation hervorgerufen wird und nicht durch angeborene Reaktionstendenzen bloße Reifung oder momentane Zustände (z. B. Müdigkeit, Trunkenheit) erklärt werden kann (Bower & Hilgard, 1981, S. 11). Es gibt darüber hinaus weitere Definitionen, die eigene Akzente setzen.
Lernen als Begriff: Definitionen
Lernen ist eine überdauernde Verbaltensänderung, die aufgrund von Übung und gewöhnlich ohne Zwang bzw. Intoxikation zustande kommt.
(Definition der behavioralen Lerntheorie; Bower & Hilgard, 1981, S. 11)
Konsequenz für den Alltag: Man kann nur an den Verhaltensergebnissen (z. B. einem Aufsatz, der Übersetzung eines Textes ins Englische, dem Vorführen der erworbenen Geschicklichkeit) sehen, ob und gegebenenfalls was jemand gelernt hat.
Lernen ist eine aktive Form der Informationsverarbeitung, die auf bestehende Enkodierungen zurückgreift und mit vorbandenen Enkodierungen arbeitet.
(Definition der kognitiven Lerntheorie; Lass, Luer & Ulrich, 1987, S. 311)
Der Begriff Enkodierung bezeichnet Abspeicherungen, beispielsweise vorhandenes Wissen oder Ausgangsfertigkeiten.
Konsequenz für den Alltag: Es gibt eine Lernbasis (Vorerfahrungen, Vorwissen), von der das weitere Lernen ausgeht. Beispielsweise muss man beim Nachhilfeunterricht in Mathematik wissen, was der Schüler noch beherrscht und was er eben nicht mehr verstanden hat.
Lernen ist eine Form der Selbstoptimierung.
(Definition im Sinne von Denk- und metakognitiven Theorien; Baumert & Köller, 1996; Guldimann, 1996; Hasselhorn, 1998)
Konsequenz für den Alltag: Der Lernende kann sich innerhalb bestimmter Grenzen „selbst lehren“. Dafür müssen aber mehrere Voraussetzungen erfüllt sein: eine hinreichende Motivation bzw. Interesse am Lerngegenstand, die Verfügbarkeit von Lernstrategien, die Fähigkeit das eigene Lernen durch begleitendes und vorausgehendes Nachdenken zu steuern (Metakognition). Modernere Bildungstheorien folgern daraus, dass das eigentliche Ziel von Bildung das „Lernen zu lernen“ sei.
Lernen ist ein aktiver Akt der Umweltanpassung.
(Definition im Sinne ökologischer Theorien; Bronfenbrenner, 1979)
Konsequenz für den Alltag: Chinesische Kinder lernen chinesisch und schweizerische Kinder schwyzerdütsch, weil es ihnen von ihrer Umwelt vorgemacht wird. Ein Schüler passt sich der Gleichaltrigengruppe an (und macht manchen Unsinn mit), weil dies der umgebenden Norm entspricht. Die Lernumwelt gibt also die Inhalte lange Zeit vor; erst wenn ein Mensch seine Umwelt hinterfragt und sich emanzipatorisch dar über erhebt, verliert die Umwelt ihren prägenden Charakter.
1.1.1 Absichtsvolles und unbeabsichtigtes (implizites) Lernen
Eine zweite Unterscheidung bezieht sich auf die Absichtlichkeit des Lernvorgangs. Nicht alles, was Menschen lernen, lernen sie gezielt und absichtlich. Vielmehr geschieht Lernen zu großen Teilen implizit, nebenbei, ohne dass der Lernende eine erklärte Absicht zum Lernen hat und ohne dass ihm ein gezieltes Lernangebot gemacht wird. Infolgedessen unterscheidet man zwischen implizitem (unbeabsichtigtem) und intentionalem (gezieltem) Lernen. Ein Großteil des Lernens geschieht implizit, ohne dass es dafür einen Lehrplan oder ein gezieltes Lernangebot gäbe (z. B. soziale Einstellungen, Vorurteile). Andere Dinge (Fremdsprachen, Schuhe schnüren, Walzer tanzen etc.) werden hingegen absichtsvoll gelernt. Es gibt also
- ein Ziel und Qualitätsniveau, das erreicht werden soll,
- eine Art Lehrplan, der von dem vorhandenen Qualitätsniveau ausgehend zum Ziel hinführen soll, und
- einen Vermittler (Eltern, Trainer, Tutor, Lehrer, Meister etc.), der erfahrener und in der Sache kompetenter ist als der Lernende. Seine Hauptaufgabe besteht darin, den Lernenden anzuleiten und schrittweise zu dem gewünschten Kompetenzniveau (Lernniveau) zu führen. Dieser Vermittler ist aber ist nicht immer körperlich anwesend, sondern oft nur noch in der abstrakten Form eines Lernprogramms (z. B. interaktiver Sprachkurs, Fernstudienlehrgang, computergestütztes Lernen) wirksam.
Beim formalisierteren Lernen in Gruppen, beispielsweise in der Vorschule, der Schule, in Sprachschulen oder beim Sporttraining, werden zumeist Lehrpläne formuliert, die festlegen, in welchen Schritten und wie gelernt werden soll. Sie legen die Lernschritte und oft auch die Lernformen (z. B. Gruppenlernen, Selbsterarbeitung) fest und werden als Didaktik formuliert. Dies ist sicherlich notwendig, um das Lernen von vielen Personen gestalten und anleiten zu können. Für die meisten Menschen sind diese Lernplanungen sinnvoll. Einzelne kommen damit aber weniger gut zu Rande, weil sie anders lernen oder andere Lernbedürfnisse haben. Modernere Erkenntnisse betonen deshalb, dass jeder Lernende seinen eigenen Weg geht, und plädieren folglich für eine Mischung von allgemeinen Vorgaben und individualisierter Anleitung.
Lernen in der Psycbologie
Seit den Anfängen der Psychologie stand das Lernen im Blickpunkt. Ebbinghaus (1885) untersuchte, wie viele sinnlose Wörter jemand Mal für Mal dazulernt: zuerst recht viel und dann weniger – eine asymptotische Kurve. Natürlich wollte Ebbinghaus auch wissen, wie rasch sie wieder vergessen werden: Zuerst rasch, dann langsamer. Auch das wurde in einer Kurve – eben der Vergessenskurve – dargestellt.
Später wurde das Lernen mittels spezieller Versuchsanordnungen analysiert. Pawlow erforschte um 1900 das Klassische Konditionieren. Lassen sich natürliche Reflexe (Speichelfluss) durch willkürliche Signale (den Klingelton vor der Fütterung) auslösen? Ja, wenn man etwa 0,5–2 Sekunden vor der Fütterung eines Hundes einen Klingelton ertönen lässt, löst nach einigen Durchgängen bereits der Klingelton alleine Speichelfluss aus: Der Hund hat gelernt, dass es bald Futter gibt. So trivial es klingt, es ist der Beweis, dass sich die natürlichen Reflexe von vorausgehenden Reizen auslösen lassen – wenn Lernen stattgefunden hat. Die asthmatische Atemnot kann dann auch durch ein täuschend echtes Plastikveilchen, das Erröten durch eine vorausgehende Peinlichkeit, die Angst vor einem offenen Platz durch einen Schwindelanfall auf einem ganz anderen Platz in einer ganz anderen Stadt ausgelöst werden. Pawlow hat für seine Forschungen über die Physiologie der Verdauung 1904 den Nobelpreis für Medizin erhalten, weil er damit das Wissen über wesentliche Aspekte dieses Bereichs verbesserte und erweiterte.
Thorndike (1913) arbeitete mit Katzen, die er in einen Lattenkäfig (Puzzlebox) setzte. Um zu entkommen, mussten sie einen Mechanismus bedienen, der ein Gewicht entfernte und ihnen dadurch die Tür öffnete. Zunächst versuchten die Katzen recht unkoordiniert zu entkommen (Versuch und Irrtum). Allmählich aber fanden sie heraus, wie sie es anstellen mussten. Sie griffen immer rascher auf die Reaktionen zurück, die sie ins Freie führte. Die erfolgreichen Reaktionen wurden ausgewählt, entscheidend waren also die Verhaltenskonsequenzen. Diese Erkenntnisse beschrieb Thorndike 1913 als das „Gesetz des Effektes“. Es besagt, dass die Verknüpfung einer Situation mit einer Reaktion, gestärkt wird, wenn sie von einem befriedigenden Gesamtzustand („satisfying state of affairs“) begleitet wird. Ist die Folge allerdings ein unangenehmer Zustand, nimmt die Stärke der Verbindung ab. Wenn Thorndike von einem „befriedigenden Gesamtzustand“ spricht, meint er Belohnung; ein „unangenehmer Gesamtzustand“ steht für Bestrafung.
Skinner (1938) erweiterte die Erkenntnisse von Thorndike. Er untersuchte Verstärkerpläne, in denen es für eine bestimmte Reaktion nicht mehr jedes Mal eine Futterpille gab, sondern unregelmäßig und nach einem ausgeklügelten Schema. Wenn Tauben regelmäßig mit einer Futterpille belohnt wurden, erlernten sie dieses Verhalten rasch. Dagegen wurde das gleiche Verhalten bei unregelmäßiger Verstärkung langsamer gelernt, dafür aber auch weniger schnell wieder verlernt. Er entdeckte zudem, dass die Tiere auch in der Lage waren, Hinweisreize zu beachten. Beispielsweise lernten sie, dass es beim Aufleuchten einer Lampe kein Futter gibt. Der Erfolg entscheidet über die Auswahl der Reaktion: belohntes Verhalten wird häufiger, bestraftes seltener gezeigt.
Es folgten weitere Forscher wie Guthrie, Hull, Watson, Lewin (zusammenfassend Foppa, 1965). Sie alle haben das Lernen unter strengen experimentellen Bedingungen untersucht und Gesetzmäßigkeiten festgestellt. Lernen ist ein gut beschreibbarer Vorgang und ein gut erforschter Bereich (s. Kapitel 2).
Moderne Forscher (Helmke, 1992; Köller, 1998; Schwenk & Schneider, 2003) untersuchen nun ungleich komplexeres Lernen, beispielsweise den Erwerb von technischem Verständnis, den Spracherwerb, das Erlernen von Fremdsprachen, das Diagnostizieren in der Medizin. Nicht, dass die Vorgänger damit ins Unrecht gesetzt würden. Ihre Erkenntnisse gelten nach wie vor, aber wir können uns heute dem natürlicheren Lernen zuwenden, weil zuvor das Lernen unter künstlichen und eingeschränkten Bedingungen untersucht worden ist.
1.1.2 Neugier als Motor für Lernen
Lernen setzt Energie und Tatkraft voraus. Schon deshalb weil Lernen anstrengend und mühsam sein kann. Offensichtlich hat die Natur den Menschen mit einer wichtigen Triebfeder dafür ausgestattet, der Neugier. Sie entspricht einem natürliches Bedürfnis und dient dazu, Neues zu erforschen (explorieren) und sich auf Dauer nicht mit dem schon Bekannten zufrieden zu geben. Also ist Lernen oft ein durchaus selbst initiiertes Geschehen und muss nicht in jedem Fall von außen angestoßen werden. Forschungsergebnisse belegen, dass für den Erwerb von Kenntnissen, von geistigen Fähigkeiten und Fertigkeiten nicht nur die intellektuelle Ausstattung des Kindes sowie das Lernangebot der Umwelt, Schulangebote oder spezifische Förderprogramme verantwortlich sind. Auf Seiten des Kindes muss zusätzlich eine Bereitschaft bestehen, sich mit diesen Angeboten auseinanderzusetzen, Erfahrungen zu sammeln, sich Neues vertraut zu machen. Diese Bereitschaft ist angeboren, wie Evolutionsforscher belegen. Sie bezeichnen es als Verhaltenssystem, welches Menschen und Tiere motiviert, sich neuen, unbekannten und unvertrauten Reizen und Sachverhalten zuzuwenden, die Aufmerksamkeit auf sie zu richten, sie durch Inspektion (mit den Augen) und Manipulation (mit den Händen) zu erkunden. Es gilt als grundlegend für die Anpassung von Organismen an neue Umweltbedingungen und als Basis für vielfältige Lernvorgänge (vgl. Lorenz, 1943).
Motivationspsychologen sprechen hier vom Neugiermotiv, welches bereits bei Säuglingen nachweisbar ist. Schon wenige Stunden nach der Geburt betasten sie in systematischer Weise ihren Körper, vor allem das Gesicht und die Mundregion. Die Berührungen des Mundes sind zielgerichtet und organisiert und werden von Reaktionen begleitet, die Ausdruck einer gerichteten Aufmerksamkeit sind. Neugeborene verfolgen auch Gegenstände, wenn diese langsam vor ihren Augen bewegt werden, etwas später drehen sie dabei zusätzlich ihren Kopf in die entsprechende Richtung (Korner & Beason, 1972; Kravitz, Goldberg &am...
Table of contents
- Deckblatt
- Titelseite
- Impressum
- Inhaltsverzeichnis
- Vorwort
- Einleitung
- 1 Grundlagen
- 2 Lernarten
- 3 Förderung von Lernprozessen in verschiedenen Lebensphasen und Kontexten
- 4 Wirksame Lernprinzipien
- 5 Was ist mit ...?
- 6 Lernstörungen vermeiden oder bewältigen
- Literatur
- Stichwortverzeichnis