Arztstrafrecht
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Arztstrafrecht

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Arztstrafrecht

About this book

Das Lehrbuch stellt anschaulich den gesamten Bereich des Arztstrafrechts dar, von dessen Kernbestand (u.a. Ă€rztlicher [Heil-]Eingriff als vorsĂ€tzliche oder fahrlĂ€ssige Körperverletzung, Delikte gegen das werdende Leben, aktuelle Sterbehilfesystematik inklusive der neuen Straf-barkeit geschĂ€ftsmĂ€ĂŸiger Förderung der Selbsttötung, Verletzung der Schweigepflicht) ĂŒber wirtschaftsstrafrechtliche EinschlĂ€ge (Abrechnungsbetrug, Korruption im Gesundheitswesen inklusive der neuen §§ 299a und b StGB, Vertragsarztuntreue) bis hin zu nebenstrafrechtlichen Bereichen (inklusive strafbarer Substitutionsbehandlung) und den strafrechtlichen wie außerstrafrechtlichen Sanktionen bei Ă€rztlichem Fehlverhalten. Zahlreiche FĂ€lle aus der Rechtsprechung und Schemata fördern das VerstĂ€ndnis fĂŒr die komplexe Materie.

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Information

Year
2018
Print ISBN
9783170328945
eBook ISBN
9783170328969
Edition
2
Topic
Law
Subtopic
Criminal Law
Index
Law

1. Teil:EinfĂŒhrung

§ 1Begriff, Bedeutung und Rechtsquellen des Arztstrafrechts

1Die mit dem medizinisch-technischen Fortschritt der Gegenwart verbundenen gestiegenen Behandlungsmöglichkeiten haben zur Absicherung der Patienteninteressen sowie seiner „verantwortlichen Entscheidungsautonomie“1 die Summe der Rechtsnormen anwachsen lassen, „unter denen der Arzt und seine BerufstĂ€tigkeit stehen“2. Dieses Arztrecht umfasst neben Gesundheits- und Berufsgesetzen sowie spezifischen Verordnungen und Satzungen auch die jeden BĂŒrger bindenden allgemeinen Vorschriften des Zivilrechts, Öffentlichen Rechts und Strafrechts3, die in ihrem Regelungsbereich ergĂ€nzend ineinanderfließen. Die hierdurch erfolgte Verrechtlichung der letzten Jahrzehnte sowie der Wandel des Rechtsempfindens in der Bevölkerung, die Entscheidungen der einst unantastbaren „Halbgötter in Weiß“ zu hinterfragen4, hat das SpannungsverhĂ€ltnis von Medizin und Recht zu einem Dauerproblem anwachsen lassen5, das zu einer steigenden Kriminalisierung Ă€rztlichen Verhaltens gefĂŒhrt hat. Es sind nicht mehr nur drohende Schadensersatzprozesse (mit teils horrenden Summen fĂŒr Folgebehandlungen, selbst wenn die verursachende Behandlung [z. B. die Verabreichung einer Spritze] dem Arzt eine nur geringe VergĂŒtung einbringt), sondern insbesondere die hieran zumeist gleichzeitig geknĂŒpften strafrechtlichen Verfahren mit teils existenzbedrohenden strafrechtlichen wie berufsrechtlichen Folgen (Berufsverbot von bis zu fĂŒnf Jahren [§ 70 I StGB], Widerruf der Approbation, Entzug der Kassenzulassung), die wie ein Damoklesschwert ĂŒber jeder Ă€rztlichen Behandlung schweben, zumal „auch der geschickteste Arzt nicht mit der Sicherheit einer Maschine arbeitet“ und „trotz aller FĂ€higkeiten und Sorgfalt“ etwa eines Operateurs „ein Griff, ein Schnitt oder Stich misslingen kann, der regelmĂ€ĂŸig auch dem betreffenden Arzt selbst gelingt“6. Zu Arzt und Tod hat sich daher lĂ€ngst auch der Jurist ans Krankenbett gesellt. Diese allgegenwĂ€rtige Haftungsangst hat dazu gefĂŒhrt, dass sich vielerorts eine sog. Defensivmedizin etabliert hat.7

I.Historische Entwicklung und Begriff des Arztstrafrechts

2Der Bereich des Arztstrafrechts war hierbei lange Zeit entsprechend seiner historischen VorprĂ€gung8 beschrĂ€nkt auf die besonderen strafrechtlich bedeutsamen GefĂ€hrdungslagen des Arzt-Patienten-VerhĂ€ltnisses (sog. „klassisches Arztstrafrecht“):
Bei den meisten Völkern der Antike, die die Medizin noch als MĂ€chte der Natur ansahen und einen Kausalverlauf zwischen Ă€rztlichem Verhalten und SchĂ€digung daher nicht behaupteten, geschweige denn nachweisen konnten, war ein Arzthaftungsrecht noch unbekannt oder zumindest sehr beschrĂ€nkt9: In Altbabylonien kannten die Gesetze des Königs Hammurabi (1793–1750 v. Chr.) zwar eine Bestrafung von Ärzten, aber nur von Chirurgen fĂŒr fehlerhafte Schnitte mit dem Operationsmesser.10 In Ägypten waren – nach Aussage von Diodor (um 60 v. Chr.) – Ärzte „nicht zu belangen“ und gingen straffrei aus, sofern sie sich „an die entsprechenden Regeln, die sie einem heiligen Buch“ entnahmen, hielten, selbst wenn „sie etwa den Erkrankten nicht retten“ konnten. Handelten sie aber diesen Regeln zuwider, so wurden sie „eines todeswĂŒrdigen Verbrechens angeklagt. Denn der Gesetzgeber war der Ansicht, niemand könne vermöge seines Verstandes etwa jenen Heilmethoden ĂŒberlegen sein, die aus alter Zeit ĂŒberkommen und von den besten Vertreters ihres Faches angewandt worden seien.“11 Gleiches galt nach dem 9. Buch von Platons Gesetz aus der Mitte des 4. Jahrhunderts v. Chr. fĂŒr Griechenland; „Strafe“ war lediglich ein schlechter Ruf der Ärzte.12
Erst als die Medizin bei den Römern große Fortschritte machte, begann man, sich ĂŒber die rechtlichen Konsequenzen Ă€rztlicher Fehlleistungen Gedanken zu machen13: So unterfiel im römischen Recht der Lex Aquilia (287/286 v. Chr.) auch die vorsĂ€tzliche (sowie nach der Lex Cornelia de iniuriis [88 v. Chr.] fahrlĂ€ssige) Verletzung durch einen Arzt (z. B. durch unsachgemĂ€ĂŸe Operation oder das Verabreichen eines schĂ€dlichen Arzneimittels), wobei bei Vorliegen eines Kunstfehlers die KausalitĂ€t fĂŒr den Schaden vermutet wurde, da das begrenzte medizinische Wissen der damaligen Zeit einen Nachweis nicht zuließ.14 Im Mittelalter wurde nach Art. 134 der Peinlichen Halsgerichtsordnung Kaiser Karls V. (Constitutio Criminalis Carolina) von 153215 – die bis ins 18. Jahrhundert hinein unmittelbare oder mittelbare Anwendung fand – ein Arzt fĂŒr eine Tötung „aus Unfleiß oder Unkunst“ bestraft. Unter den Landesgesetzgebungen war Anfang des 19. Jahrhunderts die Zahl der Strafverfahren gegen Ärzte wegen Behandlungsfehlern angesichts der noch nicht sehr weit entwickelten naturwissenschaftlichen Erkenntnisse jedoch noch Ă€ußerst gering.16 Ein anschauliches Beispiel hierfĂŒr ist der berĂŒhmte Fall „Horn“17: 1811 wurde die 21-jĂ€hrige, an einer unbestimmten psychischen Erkrankung leidende Louise Thiele in der CharitĂ© in Berlin vom Wundarzt Dr. Heinrich Horn in der Psychiatrie mit den damals gĂ€ngigen Methoden der WechselbĂ€der, Brechmittelgabe, Fesselung in der Zwangsjacke sowie des Steckens in einen Sack bei besonders heftigen AnfĂ€llen behandelt; bei einer solchen Behandlung mit dem Sack erstickte sie. Ein Verwandter erstattete Anzeige. Dennoch nahm das Kammergericht keine Ermittlungen auf, da es in der Behandlung keinen verschuldeten Tod erblickte. Daraufhin schrieb Dr. Kohlrausch, ebenfalls in der CharitĂ© tĂ€tig und seit langem im Streit mit Dr. Horn, einen Brief an einen hohen preußischen Beamten, in dem er Dr. Horn der grausamen und unmenschlichen Behandlung bezichtete sowie als Verursacher des Todes der Louise. Nach der Einholung von drei medizinischen Gutachten, die die Methoden des Dr. Horn jedoch als allgemein ĂŒblich und nicht ursĂ€chlich fĂŒr das Ersticken der Patientin bezeichneten, sprach das Kammergericht Dr. Horn 1812 frei. Dr. Kohlrausch wurde der bewussten falschen VerdĂ€chtigung beschuldigt, ihm konnte dies aber nicht nachgewiesen werden. Dr. Horn wurde nach dem Freispruch von der CharitĂ© befördert, Dr. Kohlrausch verließ sie.
Erst in der zweiten HĂ€lfte des 19. Jahrhunderts stieg die Zahl der Arzthaftungsprozesse deutlich an. Dennoch enthielten das Preußische Strafgesetzbuch von 1851 sowie das Reichsstrafgesetzbuch von 1871 (und trotz diverser Reformversuche das Strafgesetzbuch auch heute noch immer) keine Spezialnormen fĂŒr den (grundsĂ€tzlich straflosen) Ă€rztlichen Heileingriffs wie (einen Spezialtatbestand fĂŒr) die eigenmĂ€chtige Heilbehandlung (unten Rn. 25).
3Stattdessen sind in den letzten Jahrzehnten zu den klassischen Bereichen der Körperverletzungs- und Tötungsdelikte als Folge des Ă€rztlichen Heileingriffs, dem Schwangerschaftsabbruch, der Verletzung der Ă€rztlichen Schweigepflicht, der Sterbehilfe und der Verschreibung von BetĂ€ubungsmitteln immer weitere (vor allem wirtschaftsstrafrechtliche) Deliktsbereiche im Zusammenhang mit der Ă€rztlichen TĂ€tigkeit in den Fokus der Strafverfolgungsbehörden geraten, wie Abrechnungsbetrug, Vertragsarztuntreue, Vorteilsannahme und Bestechlichkeit, so dass der Begriff der Arztstrafrechts inzwischen in diesem Sinne (alle Delikte im Zusammenhang mit der Ă€rztlichen TĂ€tigkeit) wesentlich weiter gefasst werden muss (sog. „Arztstrafrecht im weiteren Sinne“). Die Zahl neuer strafrechtlicher Ermittlungsverfahren in diesem weit verstandenen arztstrafrechtlichen Bereich hat sich (mangels verlĂ€sslicher bundesweiter Zahlen) nach SchĂ€tzungen auf der Grundlage exemplarischer empirischer Untersuchungen18 auf einem hohen Niveau von jĂ€hrlich 1.50019 – 3.00020 eingependelt.

II.Rechtsquellen

4Die Rechtsquellen des „Arztstrafrechts im weiteren Sinne“ sind durch die notwendige AnknĂŒpfung an arztrechtliche Vorregelungen vielfĂ€ltig:
(1) Strafgesetzbuch (StGB)
(2) Embryonenschutzgesetz (ESchG), ergĂ€nzt durch das Gesetz ĂŒber genetische Untersuchungen bei Menschen (Gendiagnostikgesetz – GenDG)
(3) Gesetz ĂŒber die Spende, Entnahme und Übertragung von Organen und Geweben (Transplantationsgesetz – TPG), insb. §§ 3 ff. (Entnahme von Toten) und §§ 8 ff. (Entnahme bei lebenden Spendern) mit den §§ 18 ff. TPG (Straf- und Bußgeldvorschriften)
(4) Gesetz zur Regelung des Transfusionswesens (T...

Table of contents

  1. Deckblatt
  2. Impressum
  3. Vorwort zur 2. Auflage
  4. AbkĂŒrzungen und abgekĂŒrzt zitierte Literatur
  5. 1. Teil: EinfĂŒhrung
  6. 2. Teil: Die einzelnen Bereiche des Arztstrafrechts
  7. 3. Teil: Sanktionen
  8. Stichwortverzeichnis