
This book is available to read until 5th December, 2025
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Feuerwehreinsätze an Aufzugsanlagen
About this book
Die Feuerwehr wird immer wieder zu Technischen Hilfeleistungen an Aufzugsanlagen alarmiert, weil beispielsweise Personen in Aufzügen eingeschlossen sind und befreit werden müssen. In dem Roten Heft "Feuerwehreinsätze an Aufzugsanlagen" werden zunächst die Arten, technischen Einrichtungen und Baugruppen von Aufzugsanlagen vorgestellt. Anschließend wird die Hilfeleistung durch die Feuerwehr an Aufzügen beschrieben, wobei auch auf die Einsatztaktik sowie die verwendeten Einsatzmittel eingegangen wird. Das Rote Heft vermittelt damit wichtiges Grundlagenwissen für Einsätze an Aufzugsanlagen.
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Information
[7]1 Einleitung
Aufzüge sind weltweit die meist genutzten Personentransportmittel in Gebäuden. In Deutschland gibt es ungefähr 650 000 Aufzugsanlagen, welche täglich mehrere Millionen Menschen transportieren. Schwere Unfälle sind aufgrund der Bauweise von Aufzügen, der mehr als ein Jahrhundert langen Erfahrung und den umfangreichen Sicherheitseinrichtungen eher selten. Trotzdem kommt es wegen der Vielzahl von Aufzugsanlagen und der häufigen Nutzung immer wieder zu Einsätzen für die Feuerwehr. Die vorgefundenen Einsatzlagen und auch die Technik der betroffenen Aufzüge können dabei sehr unterschiedlich sein. Das richtige Handeln der Einsatzkräfte ist Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Bewältigung der Gefahrenlage oder gar der Menschenrettung.
Obwohl es mittlerweile einheitliche Normungen und Technische Regeln gibt, bestehen enorme technische Unterschiede zwischen den Aufzugsanlagen. Dies ist der großen Anzahl an Aufzügen, der vielen Hersteller und dem vom Baujahr abhängigen Stand der Technik geschuldet. Das Grundprinzip und viele technische Gegebenheiten sind jedoch bei allen Aufzugsanlagen annähernd gleich. Daher lässt sich das hier erlernte Wissen durchaus auf die im Einsatz vorgefundene Aufzugsanlage übertragen. Dazu werden im ersten Teil des Buches die wesentlichen technischen Bauteile und Baugruppen beschrieben. Das im weiteren Verlauf beschriebene feuerwehrtechnische und taktische Vorgehen im Einsatz ergibt sich aus dem Selbstverständnis und dem Verstehen einer Aufzugsanlage. [8]Dabei kann dieses Rote Heft ein Leitfaden für das Handeln bei Einsätzen mit Aufzugsanlagen sein. Es soll das Wissen über Aufzugsanlagen insoweit vermittelt werden, dass die Feuerwehrkräfte die Einsätze fachgerecht bewältigen können. Daher wurde in einigen Kapiteln bewusst auf tiefergehende und detailliertere Beschreibungen verzichtet. Mannschaftsdienstgrade wie auch Führungskräfte sollen sich durch dieses Rote Heft gleichermaßen angesprochen fühlen. Das eigenverantwortliche Handeln aufgrund einer fundierten feuerwehrtechnischen Ausbildung sowie die einschlägigen Regelwerke, wie die Feuerschutzgesetze der Länder, die Feuerwehr-Dienstvorschriften (FwDV), die Unfallverhütungsvorschriften (UVV), die Technischen Regelwerke über Aufzugsanlagen sowie die Hinweise der Hersteller, sind bei Einsätzen an Aufzügen zu berücksichtigen.
[9]2 Aufzugsarten
Die Aufzugsart beschreibt den jeweiligen Verwendungszweck beziehungsweise den Einsatzbereich einer Aufzugsanlage. Die technischen Ausführungen eines Aufzuges einschließlich der Sicherheitseinrichtungen hängen von der geplanten Nutzung ab. Die Aufzugsarten lassen sich, bezogen auf den Einsatzbereich, in verschiedene Gruppen einteilen.
Am häufigsten ist der Personenaufzug anzutreffen. Dieser ist grundsätzlich zur Personenbeförderung gedacht. Mit ihm werden aber auch kleine alltägliche Güter, wie zum Beispiel Einkäufe und Gegenstände des täglichen Lebens, transportiert. Das geht bis hin zum Möbeltransport bei einem Umzug. Bei allen Transportfahrten ist jedoch immer von einer Personenbegleitung auszugehen. Der Personenaufzug ist von der Beschaffenheit am bedienerfreundlichsten und am sichersten ausgelegt. Er hat immer einen Fahrkorb mit Fahrkorbtüren, ein innenliegendes Bedientableau und eine Notrufeinrichtung. Vornehmlich ist der Personenaufzug in Wohn- und Geschäftshäusern anzutreffen.
Als weitere Aufzugsart gibt es den Lastenaufzug. Dieser dient hauptsächlich zum Transport von Gütern. Eine Personenbeförderung ist möglich. Dabei handelt es sich oft um ortskundige Mitarbeiter eines Betriebes. Der Lastenaufzug ähnelt dem Personenaufzug, ist jedoch von der optischen Ausführung eher rustikaler und funktionell ausgestattet. Durch die Möglichkeit der Personenbeförderung ist ebenfalls ein hoher Sicherheitsstandard vorgeschrieben. Bei Lastenaufzügen gab es [10]früher hinsichtlich der Bauweise vereinfachte Ausführungen. So konnte z. B. auf Fahrkorbtüren verzichtet werden. Sollten bei älteren Lastenaufzügen die Fahrkorbtüren fehlen, ist der Fahrkorb im Bereich der Fahrschachtwand normalerweise mit einem Lichtschrankenvorhang versehen. Man findet diese Aufzugsart hauptsächlich in Gewerbe- und Industriegebäuden. Es gibt aber auch spezielle Einbauorte, wie zum Beispiel Baustellenaufzüge (teilweise nur temporär eingebaut), Autoaufzüge in Parkhäusern/Wohnanlagen oder Bettenaufzüge in Krankenhäusern.
Der Güteraufzug ist ebenfalls eine Aufzugsart. Er dient ausschließlich zum Transport von Gegenständen. Das Betreten ist, wenn überhaupt, nur zum Be- und Entladen erlaubt. Eine Personenbeförderung ist grundsätzlich verboten. Da ausschließlich Gegenstände transportiert werden, sind die Sicherheitsanforderungen gegenüber den voran genannten Aufzugsarten herabgesetzt. Innenliegende Bedienstellen und Fahrkorbtüren müssen daher nicht vorhanden sein. Auch eine Notrufeinrichtung ist überflüssig. Bei den Güteraufzügen gibt es viele verschiedene Gruppierungen. Dazu gehört z. B. der Kleingüteraufzug (Speiseaufzug, Mülltonnenaufzug), der Palettenaufzug, der Behälteraufzug und der Unterfluraufzug für verschiedene Nutzungen.
Eine besondere Art des Personenaufzuges ist der Feuerwehraufzug. Er wird im alltäglichen Betrieb als Personenaufzug genutzt. Durch bestimmte Modifizierungen eignet sich der Feuerwehraufzug zur Benutzung durch die Feuerwehr bei einem Brandfall. Alle anderen Aufzüge dürfen bei einem Brandereignis generell nicht benutzt werden. Bei einem normalen Aufzug besteht die Gefahr, dass Personen in eine [11]verrauchte Etage fahren oder die gesamte Aufzugstechnik durch das Schadenereignis ausfällt. Der Feuerwehraufzug darf im Brandfall nicht von Zivilisten benutzt werden. Die Benutzung ist ausschließlich den Feuerwehrkräften vorbehalten. Ein Feuerwehraufzug kann in Hochhäusern vorhanden sein, aber auch in anderen Sonderbauten wie großen Einkaufszentren, Krankenhäusern usw. Dabei hängt es vom Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes und der jeweiligen Fassung des Sonderbaugesetzes ab, ob ein Feuerwehraufzug eingebaut ist oder nicht. Auch der Stand der Technik und die Bedienung sind sehr stark vom Zeitpunkt der Errichtung abhängig.
[12]3 Bauarten
Die verschiedenen Aufzüge werden nicht nur durch ihre unterschiedliche Nutzung (Aufzugsart), sondern auch durch ihre Bauart unterschieden. Die Bauart beschreibt in erster Linie die technische Ausführung der Antriebsart. Hier gibt es zwei große Gruppen: zum einen die Seilaufzüge und zum anderen die hydraulischen Aufzüge. Bei den Seilaufzügen wird noch zwischen der Aufzugsanlage mit Triebwerksraum und der Aufzugsanlage ohne Triebwerksraum (triebwerksraumfreier oder triebwerksraumloser Aufzug) unterschieden. Viele technische Gegebenheiten sind bei allen Bauarten jedoch gleich oder ähnlich. So sind z. B. die technischen Ausführungen des Fahrkorbes, des Fahrschachtes und der meisten Sicherheitseinrichtungen annähernd gleich.
3.1 Seilaufzüge mit Triebwerksraum
Die klassische und meist anzutreffende Bauart einer Aufzugsanlage ist die mit Seilantrieb und Triebwerksraum. Da sich das Seil in den heutigen Ausführungen grundsätzlich über eine Treibscheibe bewegt, wird diese Art auch Treibscheibenaufzug genannt. Der Seilaufzug mit Triebwerksraum ist momentan noch die meist verbreitete Bauart von Aufzugsanlagen. Der in einem Fahrschacht befindliche Fahrkorb ist an Seilen aufgehängt und wird mit diesen an einem Schienensystem vertikal auf- und abgefahren. Die Seile werden über das Triebwerk bewegt. Normalerweise befindet sich der Triebwerksraum [13]direkt oberhalb des Fahrschachtes. Architektonisch bedingt kann dieser aber auch neben dem Fahrschacht angeordnet sein (Bild 1). Sollte sich der Triebwerksraum neben dem Fahrschacht befinden, so kann dieser in jeder Höhe neben dem Fahrschacht angeordnet sein. Meist ist er jedoch entweder direkt in der obersten Etage oder im Keller zu finden. Der nebenstehende Triebwerksraum ist im Prinzip genauso aufgebaut, wie der Triebwerksraum oberhalb des Fahrschachtes. Der Unterschied ergibt sich lediglich in der Führung des Seiles, welches umgelenkt und bis zum nebenstehenden Triebwerksraum geführt wird.
Der Triebwerksraum ist ein Raum, in dem die Antriebsmaschine und weitere Komponenten, wie z. B. der Hauptschalter, die Steuerung und der Geschwindigkeitsregler, untergebracht sind. Er kann von Personen zur Wartung oder Personenbefreiung begangen werden. Im Triebwerksraum befindet sich manchmal auch benötigtes Spezialwerkzeug. So kann zum Beispiel eine Spezialklemme für die Treibscheibe (Seilklemme) oder ein Hebelaufsatz für die Bremseinrichtung (bei fehlendem fest angebauten Hebel) vorhanden sein. Um diese Gerätschaften anbauen zu können, kann es auch sein, dass noch das passende Werkzeug dafür vorhanden ist. Diese Gerätschaften und Werkzeuge liegen meistens versteckt in irgendeiner Ecke und müssen durch die Einsatzkräfte erst einmal gesucht werden.
Um einen Zutritt für Unbefugte auszuschließen, ist die Tür zum Triebwerksraum in der Regel verschlossen. Der Schlüssel ist dabei nicht zwangsläufig vor Ort aufzufinden. Manchmal gibt es in der Nähe der Zugangstür zum Triebwerksraum einen Schlüsselkasten mit Glasscheibe, welche im Bedarfsfall ein[14]geschlagen werden kann, um so an den Schlüssel zu gelangen. In der Regel müssen nur der Betreiber und die von ihm beauftragten Personen (Fachfirma) im Triebwerksraum tätig werden und somit jederzeit einen Zugang erhalten. Für die Feuerwehr lässt sich aus keinem Gesetz, keiner Verordnung oder Technischen Regel ein vorgeschriebener gewaltfreier und schneller Zugang ableiten.

Bild 1 Fahrschacht eines Seilaufzuges mit Triebwerksraum (schematische Darstellung). Der Triebwerksraum kann sich entweder oberhalb des Fahrschachtes (linkes Bild) oder neben dem Fahrschacht (mittleres und rechtes Bild) befinden. [zurück]
[15]3.2 Seilaufzüge ohne Triebwerksraum
Etwa seit der Jahrtausendwende werden vermehrt Seilaufzüge ohne Triebwerksraum gebaut. Diese sind somit vornehmlich in neueren Gebäuden mit moderner Architektur zu finden. Der in einem Fahrschacht befindliche Fahrkorb ist an Seilen aufgehängt und wird mit diesen an einem Schienensystem hoch- bzw. heruntergezogen. Die Seile werden ebenfalls über ein Triebwerk mit Treibscheibe bewegt. Dieses Triebwerk befindet sich jedoch nicht in einem separaten Triebwerksraum oberhalb oder neben dem Fahrschacht, sondern direkt und sehr kompakt im Fahrschacht an der Decke (Bild 2). Die Weiterentwicklung der bekannten Technik machte dieses System möglich. Vorteil dieser Bauart ist der geringe Platzbedarf durch den Wegfall des Triebwerksraumes. Damit sind geringere Bau- und Folgekosten verbunden sowie erweiterte architektonische Möglichkeiten für ein Gebäude. Ein Nachteil ist jedoch die schwer zugängliche Technik innerhalb des Fahrschachtes. Dieser Nachteil – gerade bei einem Feuerwehreinsatz – wird in den nachfolgenden Kapiteln noch deutlich sichtbar.
Die Steuerung einschließlich der Notbedienstelle ist ebenfalls nicht mehr in einem Triebwerksraum. Diese und weitere Komponenten befinden sich bei einem triebwerksraumfreien A...
Table of contents
- Deckblatt
- Titel
- Copyright
- Inhaltsverzeichnis
- 1 Einleitung
- 2 Aufzugsarten
- 3 Bauarten
- 4 Baugruppen einer Aufzugsanlage (Seilaufzug mit Triebwerksraum)
- 5 Baugruppen triebwerksraumfreier Aufzugsanlagen
- 6 Baugruppen hydraulischer Aufzugsanlagen
- 7 Zwischenfälle mit Aufzugsanlagen
- 8 Hilfeleistung durch die Feuerwehr
- 9 Einsatzmittel
- Literaturverzeichnis