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Deutsche Außenpolitik
This book is available to read until 5th December, 2025
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Deutsche Außenpolitik
About this book
A quarter of a century after its reunification in 1990, Germany is today facing multiple foreign-policy tasks as a result of instabilities among Europe's neighbours, global challenges in the increasingly unsettled twenty-first century, and tensions between the older and newer powers. This book traces the development of German foreign policy since 1949, clarifying the paths it has taken and the route it will be following in the twenty-first century between 'semi-hegemony' and multilateral action - making the constant tension between continuity and change clearly understandable in many different ways.
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Information
Edition
1Subtopic
International Relations1 Außenpolitische Strukturen, Akteure und Prozesse in Deutschland
Allgemeines zur Außenpolitik-Forschung
Wie in allen anderen Politikbereichen stellt sich auch bei der Außenpolitik die Frage, welche Faktoren die Inhalte bzw. die Verantwortlichen bei ihren Entscheidungen beeinflussen. Stärker als bei innenpolitischen Themen spielen bei der Außenpolitik naturgemäß äußere Einflüsse eine Rolle, seien es die Politik anderer Staaten oder Probleme auf der internationalen Ebene. Die nationale Außenpolitik wird zugleich davon maßgeblich beeinflusst, welche Größe, welche geographischen Gegebenheiten, welche Nachbarn und welche ökonomischen Potenziale ein Staat hat.
Neben der Suche nach Einflussfaktoren auf die Außenpolitik eines bestimmten Staates ist es zudem interessant, welche verallgemeinerbaren Aussagen (Theorien) es zu den Ursachen und Antriebskräften für das Verhalten von Staaten auf der internationalen Ebene gibt. Außenpolitik ist dabei nur diejenige Politik eines Staates, die die hierzu von ihm bevollmächtigten Vertreter nach außen betreiben; in der Regel sind dies Angehörige der Regierung. Mit Theorien zur Außenpolitik versuchen Wissenschaftler, allgemeingültige Erklärungen zum Verhalten von Staaten zu liefern, um zum einen grundlegende Zusammenhänge hervorzuheben, ohne in jedem Einzelfall alle Details von außenpolitischen Entscheidungen herausarbeiten zu müssen. Zum anderen geht es häufig auch darum, das mögliche außenpolitische Verhalten anderer Staaten prognostizieren zu können, um die eigene Außenpolitik darauf abzustimmen. Theoretische Aussagen zur Außenpolitik von Staaten hängen sehr eng mit den Versuchen zur Erklärung von „Gesetzmäßigkeiten“ in den internationalen Beziehungen als Rahmen für nationale Außenpolitiken zusammen. Beides ist nicht voneinander zu trennen, da nationale Außenpolitik dort wirkt, wo auch andere nationale Akteure oder internationale Organisationen das Gesamtsystem der internationalen Beziehungen bilden. Ob für das außenpolitische Handeln eines Staates eher die äußeren Rahmenbedingungen (Strukturen) einflussreich sind, oder die innenpolitischen Aushandlungsprozesse eine größere Rolle spielen, ist unter Wissenschaftlern umstritten („Strukturalisten“ vs. „Liberalisten“).
Für die weitere Betrachtung deutscher Außenpolitik soll dieser Grundsatzstreit nicht weiter im Detail betrachtet werden. Es reicht an dieser Stelle, sich vor Augen zu halten, dass sowohl äußere Einflüsse als auch innenpolitische Aspekte für außenpolitische Orientierungen und Einzelentscheidungen relevant sind. Dies gilt umso mehr für einen Staat wie die Bundesrepublik mit einer offenen Gesellschaft, in der die Möglichkeiten zur eigenständigen Informationsbeschaffung vom Staat unabhängig sind und auch die Debatten über außenpolitisch relevante Fragen ohne vorgegebene Begrenzungen erfolgen können.
Zwar mündet auch der außenpolitische Diskussionsprozess in einer parlamentarischen Demokratie wie der Bundesrepublik regelmäßig in Debatten des Bundestages, anders als in anderen Politikfeldern steht jedoch am Ende nur selten ein formeller Gesetzgebungsakt als Basis des außenpolitischen Handelns der Regierung. Der Prozess der Konzeptionierung und inhaltlichen Festlegung außenpolitischer Positionen bleibt deshalb auch ein erhebliches Stück intransparenter als in anderen Politikfeldern. Ein weiteres Charakteristikum, in dem dieser Sonderfall zum Ausdruck kommt, ist der Umgang mit Dokumenten: Vielfach bleiben außenpolitische Konzeptionen sowie Beratungs- und Entscheidungsgrundlagen jahrzehntelang unter Verschluss. Damit bleibt ein Element der früheren „Geheimdiplomatie“ oder gar „Kabinettspolitik“ erhalten. Der vollständige Einblick in Entscheidungsgrundlagen, Motive und Einflüsse bleibt uns somit verwehrt, wenn wir außenpolitische Prozesse nachvollziehen wollen. Diese Informationslücken lassen sich für die Bundesrepublik, wie für alle westlichen Demokratien, folglich nur durch die Analyse der tatsächlichen Entscheidungen schließen. Während also die Einflussfaktoren auf die nationale Außenpolitik durchaus ersichtlich sind, bleibt der eigentliche Entscheidungsprozess notwendigerweise intransparent. Außenpolitik als rhetorische Positionierung oder gar praktisches Handeln ist somit zu einem erheblichen Teil interpretationsbedürftig. Für die hier analysierte deutsche Außenpolitik bis zur Gegenwart bleibt somit der Vorbehalt bestehen, dass lediglich die aktuell zugänglichen Informationen zu inhaltlichen Entscheidungen einbezogen werden können. Wer in der Bundesrepublik an diesen Diskussionsprozessen mitwirkt und welcher rechtliche Rahmen hierfür existiert, soll nun zunächst geklärt werden.
Rechtlicher Rahmen des außenpolitischen Handelns in Deutschland
Die außenpolitischen Grundorientierungen der Bundesrepublik waren bei Gründung des westdeutschem Teilstaates im Jahr 1949 unmittelbar von den katastrophalen Folgen der nationalistischen und aggressiven Außenpolitik des „Dritten Reiches“ unter Adolf Hitler geprägt, die zu den Verbrechen während des Zweiten Weltkriegs und zur planmäßigen Vernichtung der europäischen Juden und anderer Minderheiten geführt hatten.
In der Präambel des Grundgesetzes vom 23. Mai 1949 wurden in Abgrenzung zu einer erneuten, national unabhängigen Außenpolitik die Ziele aufgenommen, „als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen“ sowie „in freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands zu vollenden“. Damit war die Orientierung an einer friedlichen europäischen Entwicklung vorgezeichnet, die zugleich einen Beitrag zu einer weltweiten Friedensordnung liefern sollte. Die Überwindung der deutschen Teilung, die als Folge des Zweiten Weltkriegs auch völkerrechtlich an eine Einigung mit den vier Siegermächten (USA, Sowjetunion, Großbritannien, Frankreich) gekoppelt war, durfte dementsprechend nur auf friedlichem Weg angestrebt werden. Dieses zentrale Ziel der Bundesrepublik wurde mit der deutschen Einheit am 3. Oktober 1990 erreicht.
Als verbindlichen Handlungsrahmen aller staatlichen Aktivitäten, und damit auch der Außenpolitik, betont das Grundgesetz „die allgemeinen Regeln des Völkerrechtes“ (Art. 25, Absatz 1 GG). Damit ist das auswärtige Handeln der Bundesrepublik, das das Grundgesetz ausdrücklich dem Bund überträgt (Art. 32, Absatz 1 GG) und ihm die ausschließliche Gesetzgebungszuständigkeit für die „auswärtigen Angelegenheiten sowie die Verteidigung“ (Art. 73, Absatz 1 GG) zuordnet, normativ klar gebunden.
Während die Mitwirkungsrechte in internationalen Organisationen bereits aus dem Völkerrecht hervorgehen, wurde in Artikel 24, Absatz I GG die darüber hinausgehende Möglichkeit eingeräumt, „durch Gesetz Hoheitsrechte auf zwischenstaatliche Einrichtungen [zu] übertragen.“ Dies ist der Ankerpunkt für die späteren europäischen Integrationsanstrengungen, bei denen staatliche Zuständigkeiten auf eigens dafür geschaffene, europäische Institutionen übertragen wurden.
In Artikel 24, Absatz 2 GG wird dem Bund das Recht eingeräumt, „sich zur Wahrung des Friedens einem System gegenseitiger kollektiver Sicherheit“ einzuordnen, wodurch sowohl die Mitgliedschaft in der UNO als weltweitem Sicherheitssystem als auch der NATO als kollektivem Verteidigungsbündnis ermöglicht wurde. Der Bund kann dazu „in die Beschränkung seiner Hoheitsrechte einwilligen, die eine friedliche und dauerhafte Ordnung in Europa und zwischen den Völkern der Welt herbeiführen und sichern“.
Friedenswahrung und -förderung als wichtige Leitlinie bundesdeutscher Außenpolitik wird zudem dadurch besonders betont, dass laut Artikel 26, Absatz I GG
„Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, insbesondere die Führung eines Angriffskrieges vorzubereiten, […] verfassungswidrig“
sind. Hierdurch wird der Appell zur Friedenswahrung und aktiven Mitwirkung an einer friedlichen Entwicklung in Europa und der Welt auch verfassungsrechtlich bindend.
Das 1955 im Zuge des NATO-Beitritts ins Grundgesetz (Art. 87a, Absatz 1 GG) aufgenommene Recht, „Streitkräfte zur Verteidigung“ aufzustellen, begrenzt die Einsatzmöglichkeiten der Bundeswehr im Sinne des Artikel 26, Absatz 1 GG zusätzlich. Inwieweit damit eine dauerhafte Beschränkung des Einsatzes der Bundeswehr auf Landesverteidigung oder Bündnisverteidigung im Sinne des Artikel 24, Absatz 2 GG verbunden war, blieb bis zum Ende der deutschen Teilung weitgehend unstrittig. Erst durch die sich verändernden internationalen Rahmenbedingungen nach Ende des „Kalten Krieges“ 1989/90 und die gestiegenen Ansprüche an Maßnahmen der Friedenssicherung im Rahmen von UNO, NATO und später EU geriet die Interpretation von „Verteidigung“ zunehmend zum innenpolitischen Streitfall.
Welche Befugnisse die Bundeswehr im Inneren im Verteidigungsfall (Art. 87a, Absatz 2 GG), bei einem Inneren Notstand (Art. 87a, Absatz 3 GG) oder bei der Katastrophenhilfe (Art. 35 GG) bekommen kann, sind für die außenpolitischen Handlungsoptionen nicht unmittelbar von Belang.
Die indirekte Beteiligung an Kriegen bzw. militärischen Konflikten mittels Waffenlieferungen wird durch Artikel 26, Absatz 2 GG beschränkt und gesetzlich der Regierung überantwortet, da Herstellung, Beförderung und Inverkehrbringen von Kriegswaffen an die Genehmigung durch die Bundesregierung gebunden sind.
Mit Ausnahme des Wiedervereinigungsgebotes der Präambel, das seit Erlangung der deutschen Einheit 1990 nicht mehr im Grundgesetz enthalten ist, stellen alle anderen verfassungsrechtlichen Regelungen und Selbstverpflichtungen weiterhin den Rahmen für das auswärtige Handeln der Bundesrepublik dar. Die Mitwirkung in europäischen und anderen internationalen Organisationen wird durch die genannten Verfassungspassagen als erstrebenswert angeregt. Damit wird die multilaterale Einbindung zu einem bevorzugten außenpolitischen Ziel mit Verfassungsrang, das zugleich als friedensförderndes Verhalten positiv eingeordnet wird. Die Einbettung in einem „vereinten Europa“ stellt hierbei weiterhin ein besonders wichtiges Ziel des staatlichen Handelns dar. Nach der Vollendung der deutschen Einheit 1990 wurden die spezifischen Regelungen zur Förderung dieses Zieles im neuen Artikel 23 GG zusammengefasst und mit der „Entwicklung der Europäischen Union“ begrifflich konkretisiert.
Diese verfassungsrechtlichen Handlungspräferenzen und anspruchsvollen normativen Postulate haben die bundesdeutsche Außenpolitik seit 1949 maßgeblich beeinflusst, da Kooperation und sogar Integration als wünschenswerte Verhaltensmuster betont und damit den klassischen außenpolitischen Aktivitäten in Form von rein bilateralen Beziehungen übergeordnet wurden. Die ausdrückliche Selbstbindung an das Völkerrecht, das als „Bestandteil des Bundesrechts“ bezeichnet Vorrang vor normalen Gesetzen hat, erzeugt einen Rechtfertigungszwang für die Regierungsverantwortlichen. Konsequenterweise bindet sich der Bund „zur Regelung zwischenstaatlicher Streitigkeiten“ zudem an eine „internationale Schiedsgerichtsbarkeit“ (Art. 24, Absatz 3 GG).
In Verbindung mit den „unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt“, zu denen sich die Bundesrepublik in Artikel 1, Abs. 2 GG bekennt, entsteht eine normbasierte Werteorientierung, die für die gesamte Außenpolitik als Orientierungs- und Bewertungsmaßstab dient. Die ausdrückliche Völker- und Menschenrechtsorientierung schränkt folglich den außenpolitischen Handlungsspielraum der Bundesrepublik stärker ein, als dies für andere Staaten der Fall ist.
Vor diesem rechtlich und normativ bereits stark aufgeladenen Rahmen gilt es nun die Kompetenzen einzelner Akteure in der Formulierung und Ausführung der deutschen Außenpolitik zu betrachten.
Außenpolitische Akteure und ihr Zusammenspiel in Deutschland
Nachdem im föderativen System der Bundesrepublik die „Pflege der Beziehungen zu auswärtigen Staaten“ (Art. 32, Absatz 1 GG) als Zuständigkeit der Bundesebene festgeschrieben ist, sind insbesondere die Bundesregierung, der Bundestag und der Bundespräsident an der Außenpolitik beteiligt.
Bundespräsident
Der Bundespräsident hat formell die Aufgabe, „den Bund völkerrechtlich“ zu vertreten und „im Namen des Bundes die Verträge mit auswärtigen Staaten“ zu schließen (Art. 59, Absatz 1 GG). In dieser Funktion tritt er als oberster Repräsentant des Staates auf, ohne jedoch inhaltliche Gestaltungszuständigkeiten zu haben. Bei Auslandsreisen oder außenpolitischen Reden hat er keine eigenständigen inhaltlichen Kompetenzen, sondern er vertritt die von der Regierung bestimmte Außenpolitik. Gleiches gilt für seine Zuständigkeit bei der Unterzeichnung völkerrechtlicher Verträge oder Gesetze mit außenpolitischem Inhalt. Hierbei steht dem Bundespräsidenten kein inhaltliches Prüfungsrecht zu; lediglich bei Zweifeln an der Verfassungskonformität kann er das Bundesverfassungsgericht anrufen.
Bundesregierung
Die zentrale Stellung bei der Gestaltung der Außenpolitik hat die Bundesregierung inne. Hierbei konkurriert der Bundeskanzler, der – wie in allen Politikbereichen – die Richtlinien der Politik bestimmt (Art. 65 GG), insbesondere mit dem Außenminister, der wie „jeder Bundesminister seinen Geschäftsbereich selbständig und unter eigener Verantwortung“ leitet (Art. 65 GG).
Da dem Auswärtigen Amt (AA) die Aufgabe der Organisation der Beziehungen zu auswärtigen Staaten und internationalen Organisationen über diplomatische Vertretungen sowie die Beteiligung an Verhandlungen auf internationaler Ebene zukommt, hat es organisatorisch und personell eine zentrale Stellung in der deutschen Außenpolitik. Mit ihren Mitarbeitern im Ausland (Diplomaten) sowie den auf Länder, Regionen und das große Spektrum an Themenfeldern der Außenpolitik spezialisierten Mitarbeitern im Ministerium selbst berät und unterstützt das Auswärtige Amt sowohl den Außenminister als auch die gesamte Bundesregierung in allen außenpolitisch relevanten Fragen. Internationale Lagebeobachtung, Krisenfrüherkennung, Krisenreaktion, Koordination der Politik gegenüber wichtigen Partnern spielen im Aufgabenbereich des Auswärtigen Amtes eine ebenso große Rolle, wie die Konsularaufgaben für deutsche Staatsbürger im Ausland oder die Vorbereitung und Aushandlung von internationalen Verträgen. Ein spezielles Feld der Außenvertretung Deutschlands ist die auswärtige Kulturpolitik, die die Regierung zwar durch Finanzinstrumente fördert, jedoch überwiegend durch dafür spezialisierte Organisationen umsetzen lässt (z. B. den DAAD, die Goethe-Institute oder die Alexander-von-Humboldt-Stiftung).
Der Außenminister ist durch den ständigen Austausch mit seinen Kollegen in anderen Ländern normalerweise am intensivsten mit der Vertretung der Regierung nach außen beschäftigt. Als „Chefdiplomat“ eines großen und wirtschaftsstarken Landes wie der Bundesrepublik kommt ihm auf internationaler Bühne traditionell eine wichtige Rolle zu, die ihn in eine Reihe mit den Außenministern der wichtigsten Staaten der Welt stellt.
Die in der außenpolitischen Praxis auftretende Konkurrenz zwischen Außenminister und Bundeskanzler ist zum einen auf den Gestaltungsanspruch des Bundeskanzlers in auswärtigen Angelegenheiten in den Anfangsjahren der Bundesrepublik unter Konrad Adenauer zurückzuführen (1949–1963). Zum anderen wollten alle Bundeskanzler, die seit der ersten Großen Koalition 1966 immer Außenminister des kleineren Koalitionspartners an ihrer Seite hatten, die Außenpolitik als „Bühne“ zur eigenen Profilierung auch unter innenpolitischen Gesichtspunkten nutzen. Hinzu kommt die Tendenz vieler Bundeskanzler, entscheidende Verhandlungen mit wichtigen Partnern über Schlüsselthemen selbst zu führen und dabei den Außenminister in den Hintergrund zu drängen. Die Art der Krisenbewältigung auf internationaler Ebene durch Staats- und Regierungschefs („Gipfeldiplomatie“) verstärkte die Dauerpräsenz deutscher Bundeskanzler(-innen) auf der diplomatischen Bühne, die traditionell den Außenministern vorbehalten war.
Bundeskanzler
Als Folge dieser dominanten Rolle deutscher Bundeskanzler bei internationalen Verhandlungen hat sich im Bundeskanzleramt eine eigene Struktur mit außenpolitischer Expertise verfestigt, die jeder deutsche Regierungschef intensiv für seine Bedürfnisse genutzt hat. Dadurch entstanden nicht nur eine weitere Beratungs- und Politikformulierungskompetenz für die Außenpolitik der Bundesrepublik, sondern oftmals Rivalitäten zwischen dem an sich zuständigen Auswärtigen Amt mit seinen Experten und den schnell handlungsfähigen Beratern der Bundeskanzler im Kanzleramt. Für die wichtigsten außenpolitischen Themenfelder sind im Bundeskanzleramt Abteilungen eingerichtet (Außen-, Sicherheits-, Europa- und Entwicklungspolitik), die im Kleinen die entsprechenden Arbeitseinheiten des Auswärtigen Amts oder der anderen Ministerien „spiegeln“. Die Leiter dieser Abteil...
Table of contents
- Deckblatt
- Titelseite
- Impressum
- Inhalt
- Einleitung
- 1 Außenpolitische Strukturen, Akteure und Prozesse in Deutschland
- 2 Entwicklungslinien bundesdeutscher Außenpolitik 1949–1990
- 3 Außenpolitik des vereinten Deutschlands seit 1990
- 4 Bilanz und Perspektiven deutscher Außenpolitik
- Abkürzungsverzeichnis
- Literaturhinweise