Medizinische Indikation
eBook - ePub
Available until 5 Dec |Learn more

Medizinische Indikation

Ärztliche, ethische und rechtliche Perspektiven. Grundlagen und Praxis

  1. 282 pages
  2. English
  3. ePUB (mobile friendly)
  4. Available on iOS & Android
eBook - ePub
Available until 5 Dec |Learn more

Medizinische Indikation

Ärztliche, ethische und rechtliche Perspektiven. Grundlagen und Praxis

About this book

Ärztliches Handeln beruht rechtlich und ethisch auf dem Zusammenspiel von medizinischer Indikation und Patientenwille. Anders als der Patientenwille hat die medizinische Indikation in der wissenschaftlichen wie in der praxisbezogenen Diskussion bisher jedoch wenig Aufmerksamkeit gefunden. Was verstehen Medizin und Recht unter "medizinischer Indikation"? Wo ergeben sich Begrenzungen für Patientenwünsche? Was tragen Leitlinien zur medizinischen Indikation bei und welche Rolle spielen ökonomische Rahmenbedingungen?Im ersten Teil dieses Buches zu den Grundlagen analysieren namhafte Autorinnen und Autoren die medizinische Indikation aus Sicht der medizinischen Ethik, des Rechts, der Ökonomie sowie aus begriffstheoretisch-historischer Perspektive. Im zweiten Teil verdeutlichen Praxisbeiträge die Problemlagen in den verschiedenen Bereichen der Medizin.

Frequently asked questions

Yes, you can cancel anytime from the Subscription tab in your account settings on the Perlego website. Your subscription will stay active until the end of your current billing period. Learn how to cancel your subscription.
No, books cannot be downloaded as external files, such as PDFs, for use outside of Perlego. However, you can download books within the Perlego app for offline reading on mobile or tablet. Learn more here.
Perlego offers two plans: Essential and Complete
  • Essential is ideal for learners and professionals who enjoy exploring a wide range of subjects. Access the Essential Library with 800,000+ trusted titles and best-sellers across business, personal growth, and the humanities. Includes unlimited reading time and Standard Read Aloud voice.
  • Complete: Perfect for advanced learners and researchers needing full, unrestricted access. Unlock 1.4M+ books across hundreds of subjects, including academic and specialized titles. The Complete Plan also includes advanced features like Premium Read Aloud and Research Assistant.
Both plans are available with monthly, semester, or annual billing cycles.
We are an online textbook subscription service, where you can get access to an entire online library for less than the price of a single book per month. With over 1 million books across 1000+ topics, we’ve got you covered! Learn more here.
Look out for the read-aloud symbol on your next book to see if you can listen to it. The read-aloud tool reads text aloud for you, highlighting the text as it is being read. You can pause it, speed it up and slow it down. Learn more here.
Yes! You can use the Perlego app on both iOS or Android devices to read anytime, anywhere — even offline. Perfect for commutes or when you’re on the go.
Please note we cannot support devices running on iOS 13 and Android 7 or earlier. Learn more about using the app.
Yes, you can access Medizinische Indikation by Andrea Dörries, Volker Lipp in PDF and/or ePUB format, as well as other popular books in Medicine & Physiotherapy, Physical Medicine & Rehabilitation. We have over one million books available in our catalogue for you to explore.

Grundlagen

1 Die medizinische Indikation: Begriffsbestimmung und Rahmenbedingungen

Andrea Dörries

Die medizinische Indikation ist ein wesentliches Element ärztlicher Tätigkeit. Ärzte lernen während ihres Studiums und in der Weiterbildung, medizinische Indikationen für ärztliche Maßnahmen präzise zu stellen und zu begründen. Da sich Indikationsstellungen aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse oder neuer Verfahren und Therapieansätze ändern können, sind sie gleichfalls Thema zahlreicher ärztlicher Fortbildungen.
Rechtlich müssen für eine geplante diagnostische oder therapeutische Maßnahme bei einem Patienten oder einer Patientin einerseits eine vom Arzt gestellte medizinische Indikation vorliegen und andererseits die Patientin oder der Patient nach entsprechender ärztlicher Aufklärung in die Maßnahme einwilligen. Es ist folglich ärztliche Aufgabe, bei Patienten medizinische Indikationen für diagnostische und therapeutische Maßnahmen zu stellen. Die medizinische Indikation zusammen mit dem Patientenwillen ermöglicht dann erst ärztliches Handeln. Sie spielt daher eine wesentliche Rolle für die rechtliche Legitimation einer ärztlichen Maßnahme (vgl. Beitrag von Lipp) und, daran anknüpfend, für ihre Finanzierung durch die Krankenversicherung (vgl. die Beiträge von Wenner und Augsberg).
Bei genauerer Betrachtung zeigt sich jedoch, dass die medizinische Indikation bei den Beteiligten oft zu Verunsicherungen einer bis dahin wenig hinterfragten ärztlichen Tätigkeit führt: Was beinhaltet der Begriff der medizinischen Indikation? Ist die medizinische Indikation das, was für den Patienten hilfreich sein kann, oder das, was der Patient will? Warum stellt der eine Arzt in einer bestimmten Situation eine Operationsindikation und der andere nicht? Warum können sich Ärzte uneins bei der Indikationsstellung sein? Welche Auswirkungen haben ökonomische und institutionelle Rahmenbedingungen für die Indikationsstellung? Diese Fragen weisen sowohl auf wertgebundene Aspekte wie auf kontextuale Faktoren der medizinischen Indikation hin. Im Folgenden soll die medizinische Indikation im klinischen Alltag, in der wunscherfüllenden Medizin und – am Beispiel des sog. Mengenstreits – in ihren gesellschaftlichen Rahmenbedingungen untersucht werden.

1.1 Die medizinische Indikation im klinischen Alltag

Es ist erstaunlich, dass der Begriff der medizinischen Indikation, der im ärztlichen Alltag scheinbar selbstverständlich angewandt wird, in den gängigen medizinischen Fachlehrbüchern schlichtweg nicht vorkommt (vgl. den Beitrag von Gahl). Er ist allenfalls indirekt durch die angegebenen Diagnostik- und Therapiemaßnahmen vertreten, wird aber als Begriff nicht thematisiert. Dagegen werden die Kontraindikationen für bestimmte Therapien regelmäßig aufgeführt. Sucht man allgemein nach einer Definition der medizinischen Indikation für Heilbehandlungen, so findet man z. B., diese sei »ein Grund zur Anwendung eines bestimmten diagnostischen oder therapeutischen Verfahrens in einem Krankheitsfall, der seine Anwendung hinreichend rechtfertigt, wobei grundsätzlich Aufklärungspflicht gegenüber dem Kranken besteht« (Pschyrembel 1998, S. 755), oder sie sei »eine Heilanzeige und gibt die Veranlassung, ein bestimmtes Heilverfahren/Arzneimittel anzuwenden« (Carels und Pirk 2002, S. 113). Die Indikation wird damit als Voraussetzung für eine anstehende diagnostische oder therapeutische Handlung definiert. Es existieren eine Anzahl von mehr oder weniger gut abgegrenzten Unterbegriffen wie Notfallindikation (auch vitale Indikation), absolute Indikation, sichere Indikation, relative Indikation, (hoch-)elektive Indikation, Ausnahmeindikation – wie auch das Gegenteil: die Kontraindikation. In der ästhetischen Chirurgie wie in der wunscherfüllenden Medizin wird teilweise von Eingriffen und Therapien ohne bzw. ohne »zwingende« Indikation gesprochen.
Untersucht man die einzelnen Anteile der medizinischen Indikation, so beinhaltet diese arzt- und patientenspezifische Elemente. Bei den arztspezifischen Anteilen kann man folgende Facetten unterscheiden: evidenzbasiertes Grundlagenwissen (teilweise kodifiziert in Form von fachlichen Leitlinien), individuelle Erfahrungen und personenbezogene Faktoren. Der Grad der Evidenz ergibt sich aufgrund von klinischen Studien unterschiedlicher Qualitätsstufen (vgl. die Beiträge von Raspe und Schulte). Da z. B. die Gabe von Insulin bei Diabetes mellitus den Blutzuckerspiegel senkt, ist dessen Anwendung bzw. Verordnung laut S3-Leitlinie beim Typ 1 eindeutig indiziert und »immer und lebenslang gegeben« (Matthaei und Kellerer 2011). Bei der Exazerbation einer chronischen Bronchitis kann die Gabe eines Antibiotikums indiziert sein; welches Antibiotikum, das ist dann eine Frage sowohl der Evidenz wie der individuellen ärztlichen Erfahrung (Paul-Ehrlich-Gesellschaft et al. 2009). Das Therapieangebot für das entsprechende Antibiotikum an den Patienten wird folglich durch die jeweilige individuelle ärztliche Erfahrung moduliert. Hier treten neben evidenzbasierte Faktoren und persönliche Erfahrung (allgemein und bei diesem speziellen Patienten) personenbezogene Faktoren hinzu: der eine Arzt ist anwendungsbereiter, der andere eher zurückhaltend.
Die Indikationsstellung beinhaltet aber auch patientenspezifische Elemente. Beispielsweise empfiehlt die gültige S3-Leitlinie für Koxarthrosen: »Die Indikation zur konservativen oder operativen Therapie der Koxarthrose kann nur individuell gemeinsam mit dem über das Krankheitsbild informierten und über die Therapiemöglichkeiten aufgeklärten Patienten gestellt werden, allgemeingültige verbindliche Regeln existieren nicht« (Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie und Berufsverband der Ärzte für Orthopädie 2009). Die Indikation zur Therapie soll u. a. abhängig von der »Dauer und Intensität des Hüftschmerzes« gestellt werden. Daraus folgt, dass die klinische Situation interpretiert und das Vorgehen im Gespräch mit dem Patienten ausgelotet werden muss. Was daraus letztendlich resultiert und ob eine medizinische Indikation für eine Operation gestellt wird, ergibt sich aus den Informationen, die der Arzt in diesem Gespräch erhält. So wird eine medizinische Indikation immer im Hinblick auf einen bestimmten Patienten gestellt. Klagt ein Patient über ständige starke Hüftschmerzen, wird die Indikation zur Operation wahrscheinlich gestellt werden. Sind die Hüftschmerzen gering und selten, wird in der Regel konservativ behandelt werden.
Bei den seltenen oder nur mäßigen Hüftschmerzen können aber unterschiedliche Therapieverfahren indiziert sein. So können teilweise mehrere Behandlungsalternativen angeboten werden: von unterschiedlichen Arzneimitteln bis hin zu Physiotherapie und zur Verordnung von Hilfsmitteln. Hier kann es zu unterschiedlichen ärztlichen Einschätzungen über das therapeutische Vorgehen bei demselben Patienten kommen. Deshalb werden die individuellen Bewertungen von sowohl dem Arzt wie auch dem Patienten ausschlaggebend für das vereinbarte Vorgehen sein, die dann im Zeitverlauf zudem überdacht und angepasst werden müssen.
Genau diese Bestimmungen und Änderungen des Therapieziels verursachen im Behandlungsablauf nicht selten Probleme und Konflikte zwischen Ärzten wie zwischen Arzt und Patient bzw. dessen Stellvertreter (vgl. die Beiträge von Krug, Radbruch et al., Schulte und Weimann). Diese Konflikte liegen einerseits in unzureichender Kommunikation der verschiedenen ärztlichen Fachrichtungen untereinander, teilweise aber auch in impliziten, unterschiedlichen Therapiezielen, die von den behandelnden Ärzten untereinander nicht diskutiert oder mit dem Patienten nur unter der jeweiligen fachärztlichen Perspektive erörtert wurden. Da das Therapieziel aber die Voraussetzung für die Indikationsstellung ist (vgl. den Beitrag von Lipp), ergeben sich fast zwangsläufig Unstimmigkeiten über die jeweilige medizinische Indikation. Diese Konflikte können am besten diskursiv unter Beachtung nicht nur der medizinisch-fachlichen, sondern auch der normativen Aspekte geklärt werden.
Wenn das Therapieziel im Krankheitsverlauf eines Patienten neu bewertet wird, wenn z. B. das Ziel nicht mehr die Heilung eines Patienten, sondern die palliative Linderung seines Leidens ist, hat dies Auswirkungen auf die Indikationsstellung für bestimmte Therapien (Lipp und Brauer 2013). Wenn das mit dem Patienten oder seinem gesetzlichen Vertreter besprochene Therapieziel nicht mehr die kurative Behandlung einer Herzinsuffizienz, sondern die Linderung der Luftnot ist, dann werden aus Fürsorgegründen andere Medikamente und Maßnahmen eingesetzt werden müssen. Kurative Therapieansätze oder gar weitere umfassende und belastende Diagnostik sind dann nicht mehr angebracht; es besteht dafür keine medizinische Indikation mehr. Aber es besteht eine medizinische Indikation für eine Basisversorgung mit leidenslindernden, schmerzstillenden und pflegerischen Maßnahmen (vgl. den Beitrag von Radbruch et al.).

1.2 Die medizinische Indikation in der wunscherfüllenden Medizin

Anders stellt sich die Lage dar, wenn ein Patient eine diagnostische oder therapeutische Maßnahme wünscht, bei der der aufgesuchte Arzt von sich aus keine medizinische Indikation stellen würde, wie z. B. in der ästhetischen Chirurgie, aber mittlerweile auch in vielen anderen Bereichen der Medizin (z. B. bei reproduktionsmedizinischen Maßnahmen, bei der Lebendspende, bei genetischer Diagnostik oder Sectio auf Wunsch). In der Stellungnahme der Zentralen Ethikkommission bei der Bundesärztekammer zur ästhetischen Chirurgie heißt es dazu:
»Ärztliche Behandlungen ohne Krankheitsbezug sind aus arzt-ethischer Sicht nicht prinzipiell verwerflich. Es ist allerdings zu verlangen, dass dabei Maßstäbe beachtet werden, durch die sowohl das Wohl der Nachfragenden als auch das auf den Arztberuf als Ganzes bezogene ›antizipatorische Systemvertrauen‹ gewahrt bleiben« (Zentrale Ethikkommission 2012, S. 1603f.).
Insbesondere solle eine Beratung nicht bestimmte Maßnahmen lediglich verkaufen.
Bei der wunscherfüllenden Medizin wird die medizinische Indikationsstellung entscheidend durch den gesellschaftlichen Kontext beeinflusst (vgl. die Beiträge von Krug und Maio in diesem Buch). Bei Frauen und zunehmend auch Männern und Jugendlichen, die aus ästhetischen Gründen eine bestimmte Operation einfordern, geht es primär nicht um die Behandlung einer Krankheit im traditionellen bzw. sozialrechtlichen Sinn, sondern um einen ärztlichen Eingriff »ohne Indikation«.
Ein in der Risikoabwägung umstrittenes, aber praktiziertes – und sogar von der Gesetzlichen Krankenversicherung in der Regel finanziertes – Beispiel sind von Schwangeren gewünschte Kaiserschnitte, ohne dass eine medizinische Indikation besteht. Von Schwangeren genannte Gründe dafür sind Sicherheit für das Kind, Angst vor Schmerzen und eigene organische Spätschäden (Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und AG Medizinrecht 2008). Die sog. Wunschsectio ist derzeit rechtlich möglich, soweit eine entsprechende sehr umfassende Aufklärung (mit Erläuterungen zu Komplikationen und den langfristigen Folgewirkungen für Mutter und Kind) stattfindet und keine Kontraindikationen vorliegen (Baur 2012; Damm 2009; vgl. auch den Beitrag von Wenner).
Es bleibt bisher offen, ob sich durch Eingriffe ohne medizinische Indikation das Verhältnis zwischen Arzt und Patient langfristig verändern wird. Je weniger indiziert ein Eingriff ist, desto höher sind die Pflichten an die vorausgehende Aufklärung. Dies ist nicht nur eine rechtliche, sondern auch eine moralische Pflicht. Jeder Eingriff oder jede Therapie beinhaltet ein Risiko für einen Patienten, auch wenn dies bei einer vom Patienten gewünschten Nasenkorrektur als gering angesehen werden mag. Bei dieser Form der elektiven Eingriffe kann es auch dazu kommen, dass Ärzte Wünsche von Patienten aus medizinischen Gründen korrigieren müssen oder angesichts von Aussichtslosigkeit (z. B. bei Brustvergrößerungen) verweigern werden. Entscheidend ist aber, dass der Arzt im üblichen Arzt-Patienten-Verhältnis seine Bemühungen auf die Heilung oder Leidenslinderung des Patienten ausrichten muss und aufgrund der Unabwägbarkeiten des menschlichen Körpers wie des Verhaltens des Patienten keinen Behandlungserfolg garantieren kann. Ärztliches Bemühen unter Berücksichtigung des aktuellen allgemeinen ärztlichen Kenntnisstands muss hier genügen (Mennemeyer 2012). Dagegen kommt es bei einem ästhetischen Eingriff zu einem ärztlichen Auftrag, der nicht aus einem Krankheitsgrund, sondern ausschließlich aus einem Patientenwunsch heraus erfolgt. Dementsprechend wird aus rechtlicher Sicht darüber diskutiert, ob der Arzt bei Wunscheingriffen über sein Bemühen hinaus dem »Kunden« den gewünschten Erfolg schulde, d. h. ein Werkvertrag statt eines Behandlungsvertrags vorliege (Mennemeyer 2012). Ärztlicherseits bleibt es auf jeden Fall eine moralische Herausforderung, diese Form des Eingriffs sorgfältig abzuwägen, Schaden zu vermeiden, kompetente Beratungsgespräche zu führen, patientenseitige Wunschvorstellungen an Realitäten zu orientieren und nicht primär ökonomische Aspekte im Fokus zu haben (Zentrale Ethikkommission 2012).

1.3 Die medizinische Indikation und der »Mengenstreit«

In den letzten Jahren hat sich eine heftige Diskussion darüber entwickelt, welche Auswirkungen ökonomische Rahmenbedingungen, hier besonders die Einführung der Fallpauschalen, im Krankenhaus auf die Operations- und Eingriffshäufigkeit, d. h. die medizinische Indikationsstellung, haben. Hier geht es einerseits um nicht durchgeführte medizinische Maßnahmen (d. h. Rationierungen) mit einer »strikteren« Indikationsstellung und andererseits um eine »Ausweitung« der medizinischen Indikation, d. h. Mengenerhöhung bei Patientenzahl und Casemix (vgl. den Beitrag von Schulte).
Auf – im Wesentlichen implizite – Rationierungsmaßnahmen auf Intensivstationen und in der Kardiologie gibt es empirische Hinweise (Strech et al. 2009). Hier werden Forderungen nach besserer Evidenz für Nutzens- bzw. Schadenspotenziale gestellt (Strech und Marckmann 2010), explizite Priorisierungen (Zentrale Ethikkommission 2007) sowie Stufenmodelle bei der Allokation (Marckmann und in der Schmitten 2011) vorgeschlagen.
Im sog. Mengenstreit über die Ausweitung von Krankenhausleistungen sind mehrere Gutachten im Auftrag von unterschiedlichen Partnern der Selbstverwaltung oder im Rahmen von Forschungsprojekten erstellt worden. Das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) stellte fest, dass die Fallzahlen zwischen 2006 und 2010 um durchschnittlich zwei Prozent pro Jahr zugenommen hätten, mit Schwerpunkten bei Erkrankungen im Kreislauf- und Muskel-Skelett-System (RWI 2012). Es wurde u. a. eine ökonomisch bedingte Mengenausweitung vermutet.
Ein Gegengutachten schlussfolgerte für vier untersuchte Leistungsbereiche (Knie- und Hüftendoprothesen, Herzschrittmacher und Eingriffe mittels Herzkatheter), dass die Mengenentwicklung heterogen sei, die Indikationsstellungen im Mehraug...

Table of contents

  1. Deckblatt
  2. Titelseite
  3. Impressum
  4. Inhalt
  5. Vorwort
  6. Grundlagen
  7. Medizinische Indikation in der Praxis
  8. Anhang
  9. Autorenverzeichnis
  10. Stichwortverzeichnis