Etwa ein Drittel der Schwangeren trinkt Alkohol. Daraus kann eine toxische Gehirnschädigung beim ungeborenen Kind und somit eine Fetale Alkoholspektrumstörung (FASD) resultieren. Die Prävalenz wird auf 1 % aller Kinder geschätzt. Kinder mit FASD leiden unter vielfältigen Beeinträchtigungen in der Kognition, im Verhalten und in den Alltagsfertigkeiten. FASD persistiert lebenslang.Die S3-Leitlinie liefert evidenz- und konsensbasierte, praktisch anwendbare diagnostische Empfehlungen, die zu einer frühen Diagnose und damit zur Verbesserung der Förderung und des Langzeit-Outcomes von Menschen mit FASD beitragen.
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Yes, you can access Fetale Alkoholspektrumstörungen by Mirjam N. Landgraf, Florian Heinen, Florian Heinen in PDF and/or ePUB format, as well as other popular books in Medicine & Pediatric Medicine. We have over one million books available in our catalogue for you to explore.
Mütterlicher Alkoholkonsum während der Schwangerschaft kann zu gravierenden Schäden beim ungeborenen Kind führen. Intrauterine Alkoholexposition kann Auffälligkeiten des Wachstums, cranio-faciale, cardiale, renale, ossäre und okuläre Malformationen, Störungen der Entwicklung, der Kognition und des Verhaltens sowie Einschränkungen in Teilleistungen und somit globale Funktionseinschränkungen im Alltag bewirken. Schädigungen, die durch intrauterine Alkoholexposition hervorgerufen werden, werden unter dem Oberbegriff Fetale Alkoholspektrumstörungen (FASD – fetal alcohol spectrum disorders) zusammengefasst. Zu den Fetalen Alkoholspektrumstörungen gehören (auch wenn diese Einteilung umstritten ist und ein fließender Übergang im Spektrum diskutiert wird) vier Krankheitsbilder: das Vollbild Fetales Alkoholsyndrom (FAS – fetal alcohol syndrome), das partielle Fetale Alkoholsyndrom (pFAS – partial fetal alcohol syndrome), die alkoholbedingte entwicklungsneurologische Störung (ARND – alcohol related neurodevelopmental disorder) und die alkoholbedingten angeborenen Malformationen (ARBD – alcohol related birth defects).
Im ersten Schritt wurde 2012 eine Leitlinie für das Vollbild FAS erstellt. Im zweiten Schritt wurde die Leitlinie beim jetzigen, hier vorliegenden Update um die anderen Fetalen Alkoholspektrumstörungen (pFAS, ARND und ARBD) ergänzt.
Die vorliegende S3-Leitlinie zur Diagnose der Fetalen Alkoholspektrumstörungen gibt erstmalig für den deutschsprachigen Raum evidenz- und konsensbasierte Empfehlungen bezüglich diagnostischer Kriterien für die Fetalen Alkoholspektrumstörungen (FASD) bei Kindern und Jugendlichen (0 bis 18 Jahre).
Aus Machbarkeitsgründen beschränkt sich die vorliegende Leitlinie auf die Diagnose der FASD. Sie versteht sich als ein erster Schritt auf dem notwendigen Weg zu einer umfassenden Bearbeitung auch der weiteren, noch nicht bearbeiteten Felder der Fetalen Alkoholspektrumstörungen, insbesondere der Diagnose bei Erwachsenen mit FASD und der Interventions-, Therapie- und Betreuungsmöglichkeiten von Menschen mit FASD aller Altersgruppen im Rahmen weiterer Leitlinien.
Die Fetalen Alkoholspektrumstörungen entsprechen einem sogenannten hirnorganischen Psychosyndrom oder einer sogenannten statischen Encephalopathie. Dabei ist jedoch zu beachten, dass die cerebrale Schädigung durch intrauterine Alkoholexposition zwar biologisch nicht reversibel ist, die Funktions- und Alltagsbeeinträchtigung der betroffenen Kinder jedoch durch frühe und individuelle Förderung deutlich beeinflussbar sind und die FASD damit die klassischen Kriterien einer »developmental disorder« aufweisen.
Durch die festgelegten diagnostischen Kriterien einer FASD soll das Störungsbild früh erfasst und eine entsprechende Therapie und Förderung des Kindes initiiert werden. Dadurch kann das Auftreten von sekundären Erkrankungen bzw. Komorbiditäten bei Kindern mit FASD vermindert werden. Die Gesundheitsdienste und die Bevölkerung in Deutschland sollen über die schwerwiegenden Folgen des Alkoholkonsums während der Schwangerschaft aufgeklärt werden. Langfristig soll die Prävalenz von Alkoholkonsum in der Schwangerschaft und die Inzidenz von FASD in Deutschland reduziert werden.
Alle bisherigen Leitlinien (eine kanadische und drei US-amerikanische Leitlinien) beinhalten die vier diagnostischen Säulen: (1) Wachstumsauffälligkeiten, (2) faciale Auffälligkeiten, (3) ZNS-Auffälligkeiten und (4) Alkoholkonsum der Mutter während der Schwangerschaft. Von diesen internationalen Leitlinien für die Diagnose der FASD erfüllt keine die methodischen Voraussetzungen einer AWMF S3-Leitlinie. Das am besten standardisierte Diagnostikinstrument, der 4-Digit Diagnostic Code, gewichtet die vier Diagnostik-Säulen jeweils auf einer 4-Punkt-Likert-Skala und beinhaltet einen Lip-Philtrum Guide, anhand dessen man zwei der drei für FASD-typischen facialen Merkmale gewichten kann. Der 4-Digit Diagnostic Code weist jedoch keine eindeutige Evidenzbasierung auf und ist aufgrund seiner Komplexität in der deutschen Praxis nicht ausreichend etabliert.
In Deutschland besteht die Notwendigkeit, standardisierte und transdisziplinäre diagnostische Kriterien für die Fetalen Alkoholspektrumstörungen zu definieren, die in der Praxis effektiv und unmissverständlich genutzt werden können. Das Bundesministerium für Gesundheit hat daher als ersten Schritt ein Projekt (STOP-FAS) zur Erstellung einer diagnostischen Leitlinie des Fetalen Alkoholsyndroms (beschränkt auf das Vollbild) für Deutschland initiiert, das von der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin angenommen und der Gesellschaft für Neuropädiatrie übertragen wurde. Als zweiter Schritt wurde ein Folgeprojekt für die Ergänzung der S3-Leitlinie um einen Expertenkonsens für die Diagnostik des pFAS, der ARND und der ARBD vom BMG unterstützt. Diese Projekte wurden von Dr. med. Dipl.-Psych. Mirjam N. Landgraf und Prof. Dr. med. Florian Heinen im Dr. von Haunerschen Kinderspital der Ludwig-Maximilians-Universität München (Abteilung für Pädiatrische Neurologie, Entwicklungsneurologie und Sozialpädiatrie (integriertes Sozialpädiatrisches Zentrum, iSPZ Hauner)) geleitet.
Die Anwenderzielgruppe der Leitlinie beinhaltet personell und strukturell:
• Niedergelassene sowie ambulant oder in der Klinik tätige Ärztinnen und Ärzte der folgenden Gebiete und Schwerpunkte: Gynäkologie und Geburtshilfe, Kinder- und Jugendmedizin, Neonatologie, Neuropädiatrie, Entwicklungsneurologie und Sozialpädiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik, Suchtmedizin und des öffentlichen Gesundheitsdienstes einschließlich des Schulärztlichen Dienstes.
• Niedergelassene und in der Klinik tätige Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeuten2 sowie Diplom- und Master-Psychologen
• Hebammen und Entbindungspfleger
• Sozialpädagogen, Sozialarbeiter, Sozialhelfer
• Sozialpädiatrische Zentren
• FASD-Spezialambulanzen und FASD-Spezialisten
Ebenfalls zur Information für:
• Physio-, Ergo- und Sprachtherapeuten
• Niedergelassene sowie ambulant oder in der Klinik tätige Ärztinnen und Ärzte der Allgemeinmedizin
2 Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird im Buch zumeist die männliche Form gewählt, es sind jedoch immer beide Formen gemeint. Wir bitten um Ihr Verständnis.
2 Methodik
2.1 Zusammensetzung der Leitliniengruppe
Die Organisation des ersten Teils der Leitlinienentwicklung (beschränkt auf das Vollbild FAS) übernahmen:
• Dr. med. Dipl.-Psych. Mirjam Landgraf (Leitlinienkoordination, Literaturrecherche, Moderation und Leitlinien-Sekretariat)
• Prof. Dr. med. Florian Heinen (Leitlinienkoordination und Moderation)
• Dr. med. Monika Nothacker MPH (Literaturrecherche und Evidenzbewertung)
• Prof. Dr. med. Ina Kopp (Methodische Führung und Moderation)
• Dr. Sandra Dybowski (Organisatorische Unterstützung und Ansprechpartnerin im BMG)
• Dr. Tilmann Holzer (Ansprechpartner in der Geschäftsstelle der Drogenbeauftragten).
Die Leitliniengruppe beinhaltete neben den Mandatsträgerinnen und Mandatsträgern der sich mit dem Krankheitsbild Fetale Alkoholspektrumstörungen auseinandersetzenden deutschen Fachgesellschaften und Berufsverbänden auch Experten und Patientenvertreter (
Tab. 2.1 und 2.2).
Tab. 2.1: Am ersten Teil des Leitlinienprojektes FASD (beschränkt auf FAS) beteiligte Fachgesellschaften und Berufsverbände
Beteiligte Fachgesellschaften / BerufsverbändeMandatsträger und Mandatsträgerinnen
Tab. 2.2: Am ersten Teil des Leitlinienprojektes FASD (beschränkt auf FAS) beteiligte Expertinnen und Experten
Expertinnen / ExpertenFunktion
Die Organisation des zweiten Teils des Leitlinienprojektes FASD (Ergänzung der S3-Leitlinie um die Diagnosen pFAS, ARND, ARBD) übernahmen:
• Dr. med. Dipl.-Psych. Mirjam Landgraf (Leitlinienkoordination und -verfassung, systematische Literaturrecherche, Moderation und Leitlinien-Sekretariat)
• Prof. Dr. med. Florian Heinen (Leitlinienkoordination und Moderation)
• Prof. Dr. med. Ina Kopp (Methodische Führung und Moderation)
• Albert Kern (Organisatorische Unterstützung und Ansprechpartner im BMG)
• Dr. Kirsten Reinhard (Ansprechpartnerin in der Geschäftsstelle der Drogenbeauftragten).
An der Ergänzung der Leitlinie waren die gleichen Fachgesellschaften und Berufsverbände beteiligt, die Ihre Mandatsträger und Mandatsträgerinnen durch den Vorstand bestätigten bzw. neu ernannten, sowie nationale FASD-Experten (
Tab. 2.3 und 2.4).
Tab. 2.3: Am zweiten Teil des Leitlinienprojektes FASD (Ergänzung um pFAS, ARND und ARBD) beteiligte Fachgesellschaften und Berufsverbände
Beteiligte Fachgesellschaften / BerufsverbändeMandatsträger und Mandatsträgerinnen
Tab. 2.4: Am zweiten Teil des Leitlinienprojektes FASD (Ergänzung um pFAS, ARND und ARBD) beteiligte Expertinnen und Experten
Expertinnen / ExpertenFunktion
2.2 Literaturrecherche und Evidenzbasierung
Die Literaturrecherche wurde in zwei Bereiche eingeteilt, die fokussierte und die systematische Literaturrecherche.
Die fokussierte Literaturrecherche befasste sich mit Hintergrundinformationen, die die Leitliniengruppe relevant für die Ziele der Sensibilisierung des Helfer- und Gesundheitssystems und der Aufklärung der Gesellschaft hielt. Die methodische Strategie der fokussierten Literaturrecherche ist aus Anhang 1 ersichtlich und wurde durch Fr. Dr. med. Dipl.-Psych. Mirjam Landgraf, Fr. Dr. Eva Rehfueß, Hr. Peer Voss und Fr. Priv. Doz. Dr. med. Anne Hilgendorff durchgeführt.
Den anderen Teilbereich der Literaturrecherche stellte die systematische Literaturrecherche über diagnostische Kriterien des FAS und deren Evidenzbewertung dar und wurde von Fr. Dr. med. Monika Nothacker MPH vom Ärztlichen Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ) übernommen (
Anhänge 2 bis 4). Die systematische Literaturrecherche für die Ergänzung der Leitlinie um die Diagnose des pFAS, der ARND und ARBD wurde...
Table of contents
Deckblatt
Titel
Copyright
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Pocketguide FASD
1 Einleitung
2 Methodik
3 Hintergrundinformationen (Ergebnisse der fokussierten Literaturrecherche)
4 Diagnose Fetale Alkoholspektrumstörungen bei Kindern und Jugendlichen