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Todesthemen in der Psychotherapie
Ein integratives Handbuch zur Arbeit mit Sterben, Tod und Trauer
This book is available to read until 5th December, 2025
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Todesthemen in der Psychotherapie
Ein integratives Handbuch zur Arbeit mit Sterben, Tod und Trauer
About this book
"Tod und Sterben" ist in Psychotherapien und Beratungen ein wichtiges Thema. Dieses Handbuch liefert Therapeuten und Angehörigen verwandter Berufsgruppen zahlreiche Anregungen und Materialien zur eigenen Auseinandersetzung mit den entsprechenden Fragestellungen sowie zur praktischen Arbeit mit ihren Patienten. In einem gesonderten Kapitel werden konkrete Übungen für Selbsterfahrung und Therapie angeboten. Der Band stellt damit eine wertvolle Ergänzung gängiger psychotherapeutischer Standardwerke dar, die sich diesem schwierigen und doch so gewinnbringenden Themenbereich kaum zuwenden.
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Information
1 Einführung: Der Tod heute
1.1 Der Begriff des Todes: Abgrenzungen und Entwicklungen
Der Tod ist dem (Menschen-)Leben inhärent, er ist ein „Atropologicum“, eine „menschheitsdimensionierende Tatsache“ (Wils 2007, S. 119): 140 Menschen sterben pro Minute, ca. 200 000 täglich und ca. 70 Millionen Menschen im Jahr (Levine 2005)! 80 % der Deutschen sterben in Heimen oder Krankenhäusern, obwohl ebenfalls 80 % den Wunsch äußern, zu Hause zu sterben. Die Frage nach einer Definition des Todes, noch pointierter nach einer Bestimmung des Todeszeitpunktes, spitzt die immer noch und wieder aktuelle Kontroverse in den „Psych-Wissenschaften“ nach deren eigentlichem Gegenstand – Seele oder Gehirn – in dramatischer Weise zu (siehe dazu Kap. 3.1). Geht es für manche Kolleginnen und Kollegen noch an, den Patienten (und sich selbst) depressive Symptome oder Ängste als hirnorganische Fehlfunktion zu erklären und sie darauf zu reduzieren, so ist dies in der Arbeit mit dem Todesthema nicht mehr so einfach möglich. Die Sicht auf den Tod scheidet sowohl in der theoretischen Betrachtung wie auch in der konkreten Arbeit mit den Patienten diejenigen, die das Seelische mit dem mess- und beobachtbaren Psychischen gleichsetzen, von denjenigen, die darüber hinausgehen wollen.
Der Tod (griech. thanatos, lat. mors, abgeleitet vom germanischen „bewusstlos werden, dahinschwinden“) ist in heutiger Zeit nicht eindeutig definiert. Sowohl innerhalb der Spezialisierungen, die sich berufen fühlen, Aussagen zum Thema zu machen, wie auch zwischen diesen herrscht Uneinigkeit, ab wann wir vom „Zeitpunkt des Todes“ sprechen, ja, ob man denn überhaupt von so etwas sprechen könne (vgl. dazu auch Beinert 2000):
Der Tod in der medizinischen Version ist der „Todesgriff nach dem Körper“ (Wiesenhütter 1977, S. 30). In philosophischer Sprache herrscht hier das „Maschinenmodell“ den Menschen vor. In der heutigen, neo-materialistischen Organmedizin definiert man den sogenannten „Klinischen Tod“ (Herz und Atmung) in Abgrenzung vom „biologischen Tod“ (Hirntod) ausschließlich anhand der Funktion einzelner Körperorgane. Als Todesursachen stehen in Deutschland die Herz-Kreislauferkrankungen an erster, die Krebserkrankungen an zweiter Stelle. Technische Geräte übernehmen in vielen Fällen die Verantwortung für Grenzziehungen zwischen dem Leben und dem Tod; es wird ein möglichst exakter Zeitpunkt des Todes bestimmt und in den vom Arzt auszufüllenden Totenschein eingetragen.
Aus biologischer Sicht ist der Tod kein zeitlich eindeutig festlegbares Ereignis, sondern vielmehr (wie auch die spirituellen Traditionen betonen und in den deutschen Begriff des „Sterbelagers“, oder des „Todgeweihten“ erkennbar ist) ein prozesshaft fortlaufendes Geschehen. Zuerst erlischt die Sehfähigkeit, dann das Hören, wenige Sekunden nach einem Herzstillstand tritt eine Bewusstlosigkeit ein. Etwa nach 10 Minuten ohne Sauerstoffzufuhr ins Gehirn erfolgt ein irreversibler Hirntod. 10 bis 20 Minuten nach dem Hirntod sterben die Hirnzellen ab. Erst danach sterben etwa die Zellen des Herzmuskels, als Letztes, etwa nach 24 Stunden, diejenigen des Magen-Darm-Bereiches. Jede Stunde nach dem Tod sinkt die Körpertemperatur um ca. 1 Grad. Leichenflecken (livores) werden 20 bis 60 Minuten nach dem Todeseintritt als Folge von Blutansammlungen sichtbar, durch ATP-Mangel tritt nach 2 bis 4 Stunden die Totenstarre (rigor mortis) ein, die etwa 2 Tage andauert. Die heute geltende Gleichsetzung des Todes des Menschen mit dem Hirntod beinhaltet eine weitreichende und rein materialistisch begründete Setzung, was der Mensch denn nun letztendlich sei (Vogel 2003).
Und ein weiteres Spezifikum ist in diesem Abschnitt anzuführen: Aus biologischer Perspektive ist der Tod ein sinnvolles Geschehen nach der Vollendung der Aufgabe der Erbgutweitergabe und der notwendigen Elternfunktionen!
Exkurs: Tod des Körpers – Tod des Selbst?
„Das Ich ist vor allem ein Körperliches.“
(S. Freud)
(S. Freud)
„Der Arzt und der Philosoph meinen zwei verschiedene Vorgänge, wenn sie vom Tod sprechen.“
(L. Boros)
(L. Boros)
„Das erkennende Selbst ist nicht geboren und stirbt nicht. Es ist aus nichts entstanden und nichts entstand aus ihm. Geburtlos, ewig, dauernd, wird es nicht getötet, wenn der Körper getötet wird.“
(Katha-Upanishad)
(Katha-Upanishad)
„Weil wir aber zuversichtlich sind, ziehen wir es vor, aus dem Leib auszuwandern und daheim beim Herrn zu sein.“
(Paulus, 2. Kor. 5.8)
(Paulus, 2. Kor. 5.8)
„Das Selbst vollends ist der persönlichen Reichweite entrückt und tritt, wenn überhaupt, nur als religiöses Mythologem auf, und seine Symbole schwanken zwischen dem Höchsten und dem Niedrigsten.“
(C. G. Jung)
(C. G. Jung)
Seit Descartes ist das Ich (heute das „Selbst“) Mittelpunkt abendländischer Philosophie. Das Sterben verschränkt noch einmal auf unheimliche Weise den Körper des Menschen mit seiner Vorstellung von sich „selbst“ und seinem Leib und bedeutet die ultimative Herausforderung, in diesem Punkt Stellung zu beziehen. Die medizindominierte Definition des Todes in unserer Gesellschaft, die Dominanz des Körperkults (etwa in der Fitness- und Schönheitsindustrie), die Angst des Menschen vor dem Leichnam (definiert als „Körper eines Menschen, der kein Lebenszeichen mehr aufweist“, Borrmann 2004, S. 232), das „Verschwinden des Leichnams … in der arbeitsteiligen Stadtgesellschaft“ (Frick 2009, S. 138), viele Faktoren lassen sich anfügen, die darauf hinweisen, dass das Problem des modernen Menschen mit dem Tod aus einer wenig reflektierten und gesellschaftlich konditionierten Gleichsetzung seines Selbst, also dessen, was er tatsächlich ist (vielleicht auch seiner Seele), mit seinem Körper resultiert: „Die größte Schwierigkeit (…) liegt wohl darin begründet, dass wir uns zu Lebzeiten fast völlig mit unserem Körper identifizieren. Unser ganzes Gefühl von Ich-Identität ist mit dem Körper verbunden“ (v. Franz 2001, S. 21). Die These, die in diesem Zusammenhang aufzustellen ist, lautet: „Das Konzept des Selbst bestimmt das Todeskonzept und umgekehrt“. Folgende Möglichkeiten sind dazu denkbar:
- Körper und Selbst sind identisch: Es handelt sich, auch wenn zwischen Seele und Selbst Differenzierungen zu leisten sind, um die von C. G. Jung (1875–1961) im „Mysterium conjuncitionis“ (1956) so genannte „schwer lösbare Verflechtung der Seele mit dem Körper“ (GW Bd. 14/2, § 356). Mit dem Körper stirbt das Selbst (z. B. Materialismus, z. T. Existenzialismus, Naturalismus: Der Mensch ist nichts als sein Körper …).
- Tod trennt den Körper vom „eigentlichen“ Selbst, der Seele, diese lebt weiter oder verflüchtigt sich (z. B. Platon: Phaidon).
- Der Köper ist der (oft „schattenhafte“) Ort der Entstehung von Selbstsymbolen (Jung 1940, GW Bd. 9/1).
- Körper ist nur Illusion, der körperliche Tod daher unerheblich (z. B. den philosophischen chinesischen Daoismus, in der abendländischen Kunst etwa vertritt v. a. der Expressionismus eine anti-materialistische Haltung).
Was nun kann als „das Selbst“ bezeichnet werden? Die psychoanalytische Theoriebildung hat dazu unterschiedliche Termini hervorgebracht (angeführt sind die Namen der maßgeblichen psychoanalytischen Theoretiker):
- Freud: Verwirrende, teilweise Gleichsetzung des Selbst mit dem Ich.
- Kernberg: Das Selbst als Bestandteil des Ich, Struktur, die sich zusammensetzt aus vielfältigen Selbstrepräsentanzen und den damit verbundenen Affekten.
- Kohut: Das Selbst als vom Ich getrennte psychische Struktur mit z. T. widersprüchlichen Qualitäten, Kern der Persönlichkeit, bipolar zusammengesetzt mit Strebungen vs. Idealen.
- Jung: Selbstregulative Ganzheit aus polaren Bestandteilen teils individueller, beziehungserworbener, teils überindividueller Genese, steuert und strukturiert die Entwicklung. Seine Unterscheidung zwischen dem Ich-Komplex und dem Selbst erinnert vielfach an die hinduistische Atman-Philosophie.
- „Wahres Selbst“ vs. „Falsches Selbst“: Letzteres entsteht durch selektive Bestätigung des Kleinkinds durch die Bezugsperson (Winnicott).
- „Soziales Selbst“ (Anpassung an die Gesellschaft), „Privates Selbst“ (bleibt anderen verborgen, gewährleistet innere Freiheit), „Verleugnetes Selbst“ (man kann nicht dazu stehen) (Stern)
- Emotionales Selbst (Kast)
- „Beziehungsselbst“ (Kast)
- „Narratives Selbst“ (Stern): Ab dem 3./4. Lebensjahr wird Identität durch Erzählung der eigenen Geschichte erworben und entwickelt, erinnert an Bieris Selbst als „Zentrum erzählerischer Schwerkraft“ (2011, S. 31).
Diese Begriffe entheben uns nicht der persönlichen Stellungnahme, können uns aber Anhaltspunkte zur Entwicklung einer „subjektiven Selbsttheorie“ vermitteln, welche entscheidend ist für eine „subjektive Todestheorie“. Dabei werden nicht selten Überschneidungen psychoanalytischer und spiritueller Selbstkonzepte deutlich, wenn z. B. im Buddhismus Meditation und Sterbeerfahrung als Möglichkeit einer Körper-Dissoziation, um das eigentliche Selbst zu destillieren (der Körper als Illusion), gesehen werden und C. G. Jung den Körper als zum Ich-Komplex gehörigen, relativ unwesentlichen Teil des Selbst betrachtet. Frick (2009, S. 122) weist in diesem Zusammenhang auf die alte abendländische „Unterscheidung zwischen dem (lebendigen) Leib als primärer Erfahrung und dem (vergegenständlichten) Körper“ hin und meint, „mit der Körper-Leib Differenz akzeptiere ich die Nicht-Identität von Leib und Seele, von Ich und Selbst“ (ebd. S. 129). In all dem wird also das verwobene „Ineinander von Selbstkonzept und Todeskonzept“ (Vogel 2012b, S. 92) deutlich. Beide beeinflussen sich maßgeblich, sind weder im Alltag noch im therapeutischen Geschehen „ohneeinander nicht zu haben“.
→ Zum Thema Köper und Selbst vgl. auch den Exkurs „Der Friedhof“!
Der stark bis ausschließlich an den organischen Körperfunktionen orientierten Sicht steht der Tod in der philosophischen Version gegenüber, der eine radikale Alternative formuliert, je nachdem, welcher grundlegenden philosophischen Denkrichtung man sich annähert. Ganztodhypothese, Leib-Seele-Problem, v. a. die Frage nach dem Verhältnis einer etwaig zu konzipierenden unsterblichen Seele zum materiell-vergänglichen Leib, und vieles mehr werden diskutiert bis hin zur Definition des Daseins als „Sein zum Tode“ bei Martin Heidegger. Auch die Frage, ob denn der Tod als Gegenspieler des Lebens aufzufassen sei oder ob nicht, etwa mit Romano Guardini, das Leben als „in die Länge gezogener Tod“ zu betrachten wäre, gehört in den Kreis der philosophischen Spekulationen. Dazu wird in den folgenden Kapiteln immer wieder Stellung zu nehmen sein.
Der Tod als soziales Ereignis geschieht durch die Zuschreibung der gesellschaftlichen Gruppe. Er ist von medizinischen Todeskonzept en weitgehend unabhängig. So können etwa Insassen von Pflegeheimen schon zu Lebzeiten den sozialen Tod sterben (z. B. Grönemeyer 2008), wohingegen bereits Verstorbene mittels Ritualen und Totenkult en immer noch eine „lebendige“ Rolle in einer sozialen Gemeinschaft spielen können. Im Übrigen ist die totale Privatisierung des Todes in unseren Breiten erst ca. 200 Jahre alt. Die archaische Version des Todes lautet hingegen: Das Einzelwesen stirbt, das soziale Kollektiv – und darauf kommt es an – überlebt!
Der Tod als juristisches Ereignis verweist auf die gerade in unserer Gesellschaft üblichen Eindämmungsversuche des Bedrohlichen durch eine „verwalterische Abwehr“, durch Vorschriften und Reglementierungen. Zwar besteht keine eindeutige juristische Regelung, relevant sind aber etwa das Transplantationsgesetz (das sich etwa im § 3 mit dem Hirntod auseinandersetzt), das Bürgerliche Gesetzbuch und die Bestattungsgesetze (wo etwa die „Totenfürsorgepflichtigkeit“ der Leiche festgeschrieben ist; meist ist die Leiche spätestens nach 36 Stunden in öffentliche Obhut zu überführen) oder das Personenstandsgesetz (in dem z. B. gefordert ist, einen Todesfall spätestens am nächsten Wochentag dem Standesamt anzuzeigen und eine Sterbeurkunde ausstellen zu lassen). Mit dem Tod erlöschen die Persönlichkeitsrechte jedoch nicht vollständig (z. B. bzgl. der Schweigepflicht), die Rechtsfähigkeit allerdings endet (z. B. Zimmermann 2004).
Der Tod in seiner religiösen Variante, also die Auffassung der verschiedenen Weltreligionen vom Eintritt in den Tod, vom Sterbeprozess und von der Zeit nach dem Sterben, hebt sich noch einmal deutlich von den philosophischen Spekulationen ab. Es ist hier v. a. der Erfahrungsaspekt zu nennen, denn alle religiösen Vorstellungen gründen sich auf überlieferte Erfahrungen entweder einzelner Religionsstifter oder Heiliger oder gar größerer Gruppen von Religionsanhängern.
Deutlich wird hier schon ein Aspekt, den Jung einen archetypischen (s. u.) nennen würde: Keine Religionsrichtung sieht im Tod das Ende schlechthin, alle beschäftigen sich (auch) mit dem Dasein nach dem Sterben, auch wenn dies sehr unterschiedlich konzipiert wird. V. a. die Frage des persönlichen Weiterseins (der Begriff Weiter leben ist oft unpassend, da er eine gleiche oder zumindest ähnliche Existenzweise wie vor dem Sterben suggeriert) wird dabei aber, wie wir sehen werden, unterschiedlich beantwortet.
Wir wollen in dieser Schrift den Tod definieren als das unwiederbringliche Ende der für den Menschen charakteristischen Lebensfunktionen. Wir akzeptieren also an dieser Stelle die medizinisch-biologische Normierung, da diese am wenigsten Aussagen über ein etwaig zu konzipierendes, nicht körperliches Geschehen impliziert ohne damit eine Aussage über die Möglichkeit eines solchen Geschehens treffen zu wollen. Als Sterben bezeichnen wir den Prozess, der zum Tod hinführt.
Gleichzeitig mit dieser „reduktiven“ Operationalisierung ist der Tod aber das unaussprechbare, unfassbare „Numinose“, dem mit Otto (1912/2004) die Eigenschaften des mysterium tremendum und des mysterium fascinans zugeordnet werden können, und dies mit, wie im Weiteren deutlich werden wird, großen Konsequenzen für die therapeutische Arbeit.
1.2 Der moderne gesellschaftliche Umgang mit Tod und Sterben
„Ich bin ein Durchreisender, der der irdischen Zeitrechnung
nicht unterworfen ist.“
(Udo Lindenberg)
nicht unterworfen ist.“
(Udo Lindenberg)
Der Tod ist auch und eventuell sogar zunächst ein gesellschaftliches Ereignis, definiert durch gesellschaftliche Konventionen und sozialen Umgang. Immer wieder wird die Frage aufgeworfen, ob ein Mensch, der nichts vom Tod wisse, der also keine Erfahrungen mit dem Tod anderer machte, vielleicht schon immer allein auf einer Insel lebt, überhaupt ein Konzept des Todes haben könne. Die Bedeutung des Todes und der Umgang mit dem Sterben und den Verstorbenen sind in allen großen Kulturen der Welt einem stetigen Wandel unterworfen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass „der Individualisierungsgrad mit der jeweiligen Form der Todeserfahrung in einem direkten Zusammenanhang steht“ (Pennington 2001, S. 13). (Daher erscheint als große Gemeinsamkeit aller spirituellen Herangehensweisen an das Todesthema das Bemühen um eine Relativierung oder gar Aufhebung der Individual...
Table of contents
- Geleitwort
- Einleitende Vorbemerkungen
- 1 Einführung: Der Tod heute
- 2 Grundlagen
- 3 Tod und Psychotherapie
- 4 Der Tod und der Psychotherapeut
- 5 Psychopathologie und Tod
- 6 Praktische Psychotherapie
- 7 Kinder und das Todesthema
- 8 Übungen für Therapie und Selbsterfahrung
- 9 Abschlussbemerkungen
- 10 Tod und Sterben im Internet
- Literatur
- Stichwortverzeichnis