Die Rettungsdienstlandschaft in Deutschland hat sich mit Einführung des Notfallsanitätergesetzes und der neuen Berufsausbildung zum Notfallsanitäter fundamental gewandelt.Das Buch liefert auch in der 2. Auflage ein detailliertes, wissenschaftlich fundiertes curriculares Modell, das die gesetzlichen Vorgaben des Notfallsanitätergesetzes (NotSanG) und der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitäter (NotSan APrV) für die Ausbildung umsetzt und bundesweit Anwendung finden kann. Kompetenzbeschreibungen und Checklisten bilden die konkrete berufliche Praxis ab, Empfehlungen zur konzeptionellen und methodischen Umsetzung im Unterricht bieten konkrete Hilfestellung für Lehrkräfte.
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Die bisherige Ausbildung zur Rettungsassistentin und zum Rettungsassistenten wird durch die Ausbildung zum Notfallsanitäter und zur Notfallsanitäterin ersetzt. Das Rettungsdienstsystem befindet sich im Wandel. Tiefgreifende Veränderungen sowohl in der Ausbildung als auch in der Ausübung notfallmedizinischer Versorgung sind die Folge. Begreifbar wird der Prozess vor allem unter Berücksichtigung der Berufsgeschichte des Rettungsdienstes. Zunächst findet daher ein geschichtlicher Rückblick statt. Anschließend wird das neue Berufsbild im europäischen Vergleich eingeordnet und Aufgaben und Ziele der neuen Ausbildung insbesondere im Hinblick gesellschaftlicher Veränderungen und im Hinblick auf den demographischen Wandel werden benannt.
1.1 Historie – Ein geschichtlicher Rückblick
In den letzten Jahrzehnten konnte die Medizin enorme Fortschritte vorweisen. Auch das Rettungsdienstsystem entwickelte sich im 20. Jahrhundert stetig weiter. Angefangen mit einem einfachen Krankentransport und basalen Maßnahmen der Ersten Hilfe bis hin zu einem differenzierten Rettungsdienst mit einem der weltweit aufwändigsten präklinischen Versorgungssysteme.
Die Notwendigkeit, Verletzte und Erkrankte am Notfallort zu behandeln und zu transportieren, ist keine Erscheinung moderner Gesellschaftsformen. Bereits im 14.–16. Jahrhundert findet man Anweisungen zum »Tragen von Hand, mit Rossbahren, Notbahren von Spießen und zu Schiff« der Schweizer Eidgenossenschaft. Erste zivile Ordnung war beispielsweise die 1727 im Rahmen der Pestvorsorge erlassene Wiener Pestordnung. Noch bis 1772 gab es sogenannte »Krüppelfuhren«, bei denen Erkrankte von einer Gemeinde zur anderen abgeschoben wurden. Bis zum 19. Jahrhundert war der Krankentransport in Deutschland allerdings wenig organisiert, wenngleich es bereits im 18. Jahrhundert die Erkenntnis gab, dass Menschenleben mithilfe von Wiederbelebungsmaßnahmen erhalten bleiben können. Beispielsweise wurde von Ludwig XV schon im Jahr 1740 der Avis zur Hilfeleistung bei Ertrinkenden erlassen, dass Menschen wiederbelebt werden dürfen (vgl. Online112, 2013). Auch empfahl die Royal Humane Society im Jahre 1774 die Mund-zu-Mund- und eine Blasebalgbeatmung, da sie »vielen nütze und niemandem schade «.
Die Wurzeln des geregelten, modernen Rettungsdienstes liegen in dem militärischen Krankentransportwesen aus dem 19. Jahrhundert. Zum Beispiel erließ das Preußische Kultusministerium 1813 eine Anweisung zur zweckmäßigen Behandlung und Rettung von Scheintoten oder durch plötzliche Zufälle verunglückter Personen (vgl. Online112, 2013). Die Durchführung übernahmen die Berufsfeuerwehr, Verbände wie der Arbeiter-Samariter-Bund und das Deutsche Rote Kreuz sowie freiwillige Rettungsgesellschaften oder auch private Unternehmer.
1908 wurde in Frankfurt der erste internationale Rettungskongress abgehalten, auf dem die Grundforderung für eine »präklinische Notfallversorgung« bekannt gegeben wurde. Da die finanziellen Mittel begrenzt waren, wurden diese Aufgaben ausschließlich von samaritanen Organisationen unter Mitarbeit von freiwilligen Helferinnen und Helfern durchgeführt. Der Heidelberger Chirurg Martin Kirschner kam 1938 bei dem 62. Deutschen Chirurgenkongress zu dem Entschluss, dass die Ärztin/der Arzt so schnell wie möglich zu der Patientin und dem Patienten gelangen muss. Hierfür entwickelte er in Zusammenarbeit mit Siemens den ersten Monitor und den ersten Operationswagen (vgl. Online112, 2013).
In den 1960er Jahren geriet das Gesundheitswesen unter immer stärker werdenden Druck. Mit der wachsenden Mobilität erhöhten sich die Unfallzahlen. Viele Menschen kamen bei Verkehrsunfällen zu Schaden und verstarben noch am Unfallort. Der Ruf wurde laut, verletzten Menschen direkt am Einsatzort fachkompetente medizinische Versorgung zu gewährleisten. Ärzte und Hilfsorganisationen suchten hierfür Lösungen. Besonders Städte wie Heidelberg, Köln und München waren stark an der Gestaltung beteiligt. In der Folge entstand ein neues präklinisches Versorgungsparadigma (vgl. Nößler, 2012). Ausgehend von einem auf schnellen Transport ausgelegten »Load-and-go«-System mit begrenzten materiellen Ressourcen und niedrigem notfallmedizinischen Ausbildungsstand wurden Strukturen, Organisationsformen, Ausstattungsstandards und die personellen Voraussetzungen geschaffen, um eine schnelle, qualifizierte Hilfe vor Ort gewährleisten zu können. Ziel des neuen Paradigmas war die Stabilisierung vital bedrohter Patientinnen und Patienten und qualifizierte medizinische Versorgung an der Einsatzstelle sowie während des Transports, z. B. wurde dazu in Heidelberg 1964 der Arzteinsatzwagen eingeführt. Bei Bedarf wurde damit eine Ärztin/ein Arzt im Rendezvous-System an den Notfallort zugebracht, die/der dort zusammen mit der Besatzung des Rettungswagens eine schnellstmögliche ärztliche Versorgung gewährleistete (vgl. Online112, 2013).
Der wachsende Stellenwert notfallmedizinischer Versorgung schlug sich auch auf die Gesetzgebung nieder. So etablierten die Bundesländer 1974 verschiedene Rettungsdienstgesetze. In diesen waren beispielsweise die am Rettungsdienst beteiligten Organisation und Hilfsfristen vorgegeben. Ein einheitliches Ausbildungs- und Berufsprofil gab es lange Zeit trotz des wachsenden Stellenwertes der Notfallrettung nicht. Erst 1977 verabschiedete der Bund-Länder-Ausschuss das »520-Stunden-Programm zur Ausbildung der Rettungssanitäter« als erste bundesweit einheitliche Richtlinie zur Qualifizierung von Personal im Rettungsdienst. Diese Empfehlung galt von diesem Zeitpunkt an 12 Jahre lang als Mindestanforderung an Rettungsfachpersonal (vgl. Domres & Lipp, 2000, S. 134). Unter der Regierung des damaligen Bundeskanzlers Helmut Kohl verabschiedete der Bundestag am 15. Juli 1989 ein Gesetz für das erste geschützte Berufsbild mit zweijähriger Ausbildung im Rettungswesen, die Rettungsassistentin/den Rettungsassistenten.
Abb. 1: Der Weg zum Notfallsanitätergesetz (in Anlehnung an: Lipp & Domres, 2000, S. 135)
Seit seiner Einführung stand das Rettungsassistentengesetz stark in der Kritik. Das Berufsziel, das Rettungsassistentinnen und Rettungsassistenten als »Helferin/Helfer der Ärztin/des Arztes« bezeichnete, unterstellte ihnen nur ein geringes Maß an selbstständigem Handlungsspielraum. In der Realität sind sie allerdings häufig vor der Notärztin/dem Notarzt an der Einsatzstelle und gezwungen, die Patientinnen und Patienten bis zum Eintreffen des Arztes mit u. U. invasiven Maßnahmen notfallmedizinisch zu versorgen. Unter anderem fehlte es in dem Rettungsassistentengesetz an dieser Stelle an konkreten Regelungen, so dass Rettungsassistentinnen und Rettungsassistenten häufig in einer Grauzone agierten. Die Ausbildung zum Notfallsanitäter/zur Notfallsanitäterin, die seit dem 01.01.2014 das Berufsbild der Rettungsassistentin und des Rettungsassistenten ablöst, stellt nun neue Weichen in der notfallmedizinischen Versorgung. Die drei Jahre dauernde Ausbildung soll den Auszubildenden in Zukunft die notwendige berufliche Handlungskompetenz vermitteln, Notfallpatientinnen und -patienten mit deutlich mehr Eigenständigkeit und Handlungsspielraum auf hohem Niveau zu versorgen.
1.2 Ein neues Berufsbild in der EU: Der Notfallsanitäter und DQR/EQR
Mit Einführung des Notfallsanitätergesetzes gibt es im Rettungsdienst wesentliche Änderungen, so auch in der Verortung des Berufsbildes in die Berufsbildungslandschaft sowohl in Deutschland als auch in Europa. Eine Herausforderung in der Erstellung curricularer Vorgaben für die Ausbildung zum Notfallsanitäter und zur Notfallsanitäterin liegt in der Einordnung der Kompetenzen der neuen dreijährigen Ausbildung in den europäischen und in den nationalen Vergleich mit anderen Berufsgruppen, insbesondere innerhalb der Gesundheitsfachberufe. Für eine Verbesserung der Mobilität und der Vergleichbarkeit von Bildungsniveaus in Europa wurde mit dem Europäischen Qualifikationsrahmen (EQR) ein Instrument geschaffen, um nationale Referenzen zu entwickeln. Der EQR stellt die Grundlage für eine gemeinsame bildungspolitische Zusammenarbeit auf der gesamten EU-Ebene dar, welcher einen Bezug zur Entwicklung, Förderung und Aufrechterhaltung der Wissensbasis nach sich zieht. Hierbei wird mithilfe von acht Niveaustufen eine Transparenz und Vergleichbarkeit der Kompetenzen und Qualifikationen geschaffen. In diesen acht Niveaustufen werden die Grundlagen von den Lernergebnissen qualitativ definiert. »Ziel des EQRs ist die Verständigung auf einen allgemeinen bildungsbereichsübergreifenden Referenzrahmen auf europäischer Ebene« (KMK). Dies ermöglicht eine Gegenüberstellung sowohl nationaler als auch sektoraler Qualifikationen der Mitgliedstaaten. Kenntnisse, Fertigkeiten und Kompetenzen dienen dem EQR als Beschreibungskategorien für die Ausführung der Niveaustufen. Unter Kompetenzen werden in diesem Prozess die Handlungskompetenzen verstanden, insbesondere die Kompetenz der Verantwortung und Selbstständigkeit.
In Bezug zu dem EQR wurde 2013 der Deutsche Qualifikationsrahmen (DQR) eingeführt; dieser hat eine Probelaufzeit von fünf Jahren. Ebenso wie der EQR stellt der DQR eine gewisse Transparenz und Vergleichbarkeit auf nationaler Ebene sicher. Hierfür werden die Lernergebnisse der akademischen und beruflichen Bildung bildungsbereichsübergreifend dargestellt (vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung, 2013). Der DQR hat sowohl für die Lernenden, Berufstätigen, Unternehmen als auch für die Bildungseinrichtungen einen Nutzen. Das bestehende System der Zugangsberechtigung wird mit dem DQR nicht abgelöst, sondern dient vielmehr dazu, das Bildungssystem besser zu verstehen und handhabbarer zu machen. Ebenso stellt er eine orientierende Funktion für den Arbeitsmarkt dar. Unter anderem strebt der DQR folgende Ziele an:
• das deutsche Qualifikationssystem transparent zu machen,
• Verdeutlichung der Gleichwertigkeit von allgemeiner, beruflicher und hochschulischer Bildung sowie Weiterbildung,
• Verdeutlichung von Unterschieden der jeweiligen Qualifikationen,
• Chancenförderung in Deutschland und Europa sowie Verbesserung der Mobilität und
• Anerkennung auch von Ergebnissen des informellen Lernens (vgl. Bund-Länder-Koordinierungsstelle für den Deutschen Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen, 2013).
Zur Veranschaulichung wird eine tabellarische Übersicht gegeben (
Tab. 1), welche die Niveaus von Stufe 1–8 unter Berücksichtigung der für das jeweilige Niveau benötigten Qualifikationen darstellt.
Niveau Qualifikation
Tab. 1: DQR und Einstufung des Rettungsassistenten und des Notfallsanitäters (in Anlehnung an: DQR Deutscher Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen, Anlage (2013), S. 2)
Die Übersicht zeigt, dass die bisher ausgebildeten Rettungsassistentinnen und Rettungsassistenten mit zweijähriger Ausbildung auf dem Niveau 3 einzustufen sind, die neue dreijährige Ausbildung zum Notfallsanitäter und zur Notfallsanitäterin formal auf Niveau 4 eingeordnet werden kann. Niveau 4 des DQR besagt, dass die Absolventinnen und Absolventen »über Kompetenzen zur selbständigen Planung und Bearbeitung von fachlicher Aufgabenstellungen in einem umfassenden, sich verändernden Lernbereich oder beruflichen Tätigkeitsfeld verfügen« (DQR Deutscher Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen, Anlage (2013), S. 34). Diese Eingruppierung muss in den Kompetenzbeschreibungen eines Curriculums erkennbar und ableitbar sein.
1.2.1 DQR-Einstufung der Gesundheitsfachberufe
Martin Ohder
Die formale Zuordnung von Ausbildungen in die DQR-Stufen wurde durch das Expertenvotum zur zweiten Erarbeitungsphase des Deutschen Qualifikationsrahmens (2010) für den Bereich Gesundheit durch die AG Gesundheit beurteilt. Dabei kam die AG Gesundheit zu folgenden Ergebnissen:
• In vielen Ausbildungen im Gesundheitswesen finden sich kompetenz- und outputorientierte Curricula nur selten
• In Bezug auf die allgemein bildenden Abschlüsse mit einer Zuordnung der allgemeinen Hochschulreife zu Niveaustufe 5 wird eine Überbewertung gegenüber dualen oder fachschulischen Ausbildungen gesehen