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Philosophie des 19. Jahrhunderts
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Philosophie des 19. Jahrhunderts
About this book
Eine der intensivsten Epochen der Philosophiegeschichte ist der Deutsche Idealismus, gekennzeichnet durch das Ringen um das Absolute, besonders bei Fichte, Schelling und Hegel. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts kommt es zu einer vielgestaltigen Differenzierung philosophischen Denkens: Es entstehen eine Existenz- und Glaubensphilosophie, der Positivismus und Materialismus, die Lebensphilosophie (Nietzsche), die Religionskritik Feuerbachs, die sozialphilosophisch bei Marx und Engels fortwirkt, sowie eine an Kant orientierte Wissenschaftsphilosophie. Die verschiedenen Positionen ergeben zusammen einen Diskurs, der an Aktualiät nichts eingebüßt hat.
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Information
A. Philosophie des Idealismus
I. Karl Leonhard Reinhold (1758-1823) – Einheit von Subjekt und Objekt
Karl Leonhard Reinhold (geb. 1758 in Wien) trat nach dem Gymnasium in den Orden der Jesuiten ein und wechselte nach der Aufhebung des Ordens 1773 durch Papst Clemens XIV. in den Orden der Barnabiten. Sein Studium brachte ihn mehr und mehr den Gedanken der Aufklärung nahe. Er schloss sich heimlich den Freimaurern an und verließ schließlich den Orden. Mit Unterstützung der Logenbrüder konnte er in Leipzig die ihm gemäße Philosophie studieren und kam schließlich nach Weimar in das Haus des Dichters Chr. M. Wieland, wurde Mitarbeiter an dessen Zeitschrift »Der teutsche Merkur« und schließlich auch sein Schwiegersohn. 1786-87 erscheinen in dieser Zeitschrift die acht »Briefe über die Kantische Philosophie«. Ohne sich allzu genau auf Kants diffizile Argumentation einzulassen, gelang es Reinhold, zentrale Einsichten der Kantischen Philosophie einem weiteren Publikum zugänglich zu machen. Großzügig sah Kant über manche Vereinfachungen hinweg und lobte die »Briefe«, da durch sie seine damals noch wenig bekannte Philosophie einem breiteren gebildeten Publikum bekannt gemacht wurden. Die Weimarer Humanisten rezipierten Kant fast ausschließlich über diese »Briefe«, was sich bei Schiller bis in die Diktion seiner Anlehnungen an Kant zeigt. Folge war die Berufung Reinholds an die Universität von Jena. Doch im Zuge seiner eifrigen Vermittlung der Kantischen Philosophie stößt Reinhold auf Defizite in ihrer Gesamtkonstruktion. Den Hauptmangel erkennt er darin, dass sie bei all ihren einleuchtenden Differenzierungen die Einheit des Ganzen nicht mehr zur Sprache bringt. Reinholds Bemühen geht nun darauf, die Kernaussagen Kants aus einem noch unthematisierten Einheitsgesichtspunkt deutlich zu machen, um sie auf dieser Basis als wirklich schlüssig zu erweisen. Was aber könnte das Einheit stiftende Element sein, aus dem sich der differenzierte Zusammenhang des Systems entfalten ließe?
In seinem Buch von 1789, »Versuch einer neuen Theorie des menschlichen Vorstellungsvermögens«, findet er jene Einheitsstiftung garantiert durch die von niemandem in Frage gestellte Gegebenheit von »Vorstellungen«. »Die Vorstellung ist das einzige, über dessen Wirklichkeit alle Philosophen einig sind.« (Ich zitiere die Ausgabe: zwei Teilbände, Hamburg 2010/12) (150). Es muss nun darum gehen, diese allgemein anerkannte Tatsache des Bewusstseins korrekt zu analysieren. »Man ist, durch das Bewußtsein genötigt, darüber einig, daß zu jeder Vorstellung ein vorstellendes Subjekt und ein vorgestelltes Objekt gehöre, welche beide von der Vorstellung, zu der sie gehören, unterschieden werden müssen« (217). An der Vorstellung lässt sich also eine Objekt- und Subjektseite unterscheiden. Reinhold nennt jene »Stoff« und diese »Form«. »Zu jeder Vorstellung gehört als innere Bedingung (als wesentlicher Bestandteil der bloßen Vorstellung) etwas, welches dem Vorgestellten (dem von der Vorstellung durchs Bewusstsein unterschiedenen Gegenstande) entspricht; und dies nenne ich den Stoff der Vorstellung« (243). »Zur Vorstellung überhaupt gehört als innere Bedingung (als wesentlicher Bestandteil der bloßen Vorstellung) etwas, wodurch der bloße Stoff zur Vorstellung wird, und dieses Etwas nenne ich die Form der Vorstellung« (248). Damit zeigt sich eine passive und aktive Seite in der Vorstellung. »Das Vorstellungsvermögen besteht erstens aus der Rezeptivität oder der Empfänglichkeit für den Stoff einer Vorstellung, worunter ein bloß sich leidend verhaltendes Vermögen verstanden wird« (271). »Das Vorstellungsvermögen besteht zweitens aus der Spontaneität oder dem tätigen Vermögen, welches an dem gegebenen Stoffe die Form der Vorstellung hervorbringt« (273). Damit ist für Reinhold der Rahmen gegeben, um die Grundzüge der »Kritik der reinen Vernunft« aus dem Begriff der Vorstellung abzuleiten. So nennt er »die Sinnlichkeit« »den ersten Grad der Spontaneität«, die in einem ersten »bloßen Zusammenfassen des Gegebenen« besteht (344). Der Verstand erfasst diese Einheit zunächst insgesamt (404 f) und vollzieht sie in den verschiedenen Urteilen. »Durch die besonderen, in der Natur des Verstandes bestimmten Formen der Urteile sind gewisse Modifikationen der objektiven Einheit als ebenso viele besondere Formen, unter welchen die Gegenstände gedacht werden müssen, a priori bestimmt, und diese bestimmten Formen der denkbaren Gegenstände heißen Kategorien « (409). Die »Vernunft« denkt schließlich die Einheit der kategorialen Differenzierungen (456 ff). Denn: »Die unbedingte Einheit muß von jedem, der seine Vernunft gebraucht, nicht nur notwendig gedacht, sondern auch als etwas an sich Notwendiges, alle Grenzen Ausschließendes, Allesbefassendes und Totales (Vollendetes) gedacht werden. Sie hat sich auch wohl allen Philosophierenden unter diesen Merkmalen aufgedrungen. Aber die einen haben in ihr die Gottheit, die anderen die Natur oder das Universum zu erkennen geglaubt, bis sie der Philosoph von Königsberg [als] der Erste in der Natur des Vernunftschlusses entdeckt hat« (466). Reinhold bezieht sich hier auf den dreifachen Vernunftschluss, nach dem Kant die drei Sphären, in denen sich jene Totalität darstellt, unterscheidet: Seele, Welt und Gott. Es ist die Differenzierung nach der »Form des kategorischen, hypothetischen und disjunktiven Vernunftschlusses […], durch welche die allgemeine Form der Ideen überhaupt, oder die unbedingte Einheit, in drei besondere Formen besonderer Ideen näher bestimmt wird, welche, rein vorgestellt, die Gegenstände von drei Ideen in engster Bedeutung ausmachen, nämlich von der Idee des absoluten Subjektes, der absoluten Ursache und der absoluten Gemeinschaft« (473). Die Vernunft hat es dabei mit der Vorgabe des Verstandes zu tun. »Der Stoff der Ideen sind Begriffe, in wieferne sie bloße Begriffe, d. h. Produkte des Verstandes sind« (457).
Die Vernunft als die umfassende Spontaneität hat es also letztlich mit sich selbst zu tun. Wenn dies nicht auf einen erkenntnistheoretischen und ontologischen Subjektivismus hinauslaufen soll, ist es Idealismus. Doch diese Konsequenz wird von Reinhold nicht reflektiert. Denn er müsste dann die Frage behandeln, wie sich jene Selbstgegebenheit der Vernunft mit jenem Grundsatz der Vorstellung verträgt, nach dem die Spontaneität der Formgebung stets auf den rezipierten Stoff angewiesen ist. Von diesem seinem Grundsatz her ist für Reinhold auch die Kantische Lehre vom »Ding an sich« nicht gänzlich zu umgehen. Zwar betont er entschieden: »Dem Begriff einer Vorstellung überhaupt widerspricht die Vorstellung eines Gegenstandes in seiner eigentümlichen, von der Form der Vorstellung unabhängigen Form oder des sogenannten Dinges an sich; d. h. kein Ding an sich ist vorstellbar« (256). Reinhold sieht sich aber dennoch gezwungen eine Art von Wirksamkeit des Dinges an sich auf das vorstellende Subjekt anzunehmen. Seine Unterscheidung von verschiedenen Weisen der »Affektion« verschiebt diese Annahme nur und bestätigt sie schlussendlich. »Ich sage, die im Vorstellungsvermögen bestimmte Art des Affiziertseins, und unterscheide dieselbe von der außer dem Vorstellungsvermögen in den Dingen an sich bestimmten Art, wie diese Dinge durch den objektiven Stoff die Rezeptivität affizieren« (359). Den Schritt zu einer Einbettung des Vorstellungsgedankens in eine Selbstgegebenheit der Vernunft und damit die Integration wie auch die Auflösung des Dings an sich hat erst der nachfolgende Idealismus getan.
Dieses Defizit überträgt sich auch auf seine Moralphilosophie, die er hier in Grundzügen anschließt. Die Moralphilosophie ist zusammen mit der Religionsphilosophie von Anfang an ein Hauptanliegen Reinholds gewesen. Das Buch beginnt (nach der Vorrede) mit der herausfordernden Feststellung: »Die Philosophie hat bisher weder allgemeingeltende Erkenntnisgründe für die Grundwahrheiten der Religion und der Moralität noch allgemeingeltende Erste Grundsätze der Moral und des Naturrechtes aufgestellt« (49). Da das Projekt Reinholds nun das ist, aus einem ersten Grundsatz die Gesamtphilosophie nach ihrer theoretischen und praktischen Seite herzuleiten, muss man erwarten, dass dies aus dem Vorstellungssatz möglich ist. In der Tat legt Reinhold nach der »Theorie des Erkenntnisvermögens« den Entwurf seiner »Grundlinien der Theorie des Begehrungsvermögens« dar (502-516). Die Spontaneität im Vorstellungsverhältnis wird nun als »Trieb« und »Begehrungsvermögen« gedeutet. Dieser Trieb ist als Vernunftspontaneität zweigeteilt. Er ist in Bezug auf die Einwirkung des Stoffes ein »vernünftig sinnlicher«. Sein Begehren geht auf das Glück und artikuliert sich in Klugheitsregeln. Die Vernunft hat aber auch eine »rein vernünftige« Seite, in der sie nur sich selbst folgt. Dies ist das eigentliche moralische Wollen, dessen Aufgabe es ist, dem sinnlich-vernünftigen Begehren die Orientierung zu geben. Nur vom rein vernünftigen Wollen her ist die Freiheit des Menschen zu begründen. Die Schwäche dieser Konzeption besteht darin, dass sie neu ansetzt. Von der beanspruchten Systematik aus einem Prinzip müsste aber die praktische Seite der Vernunft aus ihrer Einheit mit der theoretischen entwickelt werden. Außerdem bleibt auch hier die Frage nach der Vereinbarkeit einer absolut spontanen Vernunft mit der zu ihr und für sie konstitutiven Gegenläufigkeit im Vorstellungsverhältnis. Das Buch endet mit einer religionsphilosophischen Perspektive. Die Welt der sinnlichen Stoffgebundenheit muss in einer letzten Übereinstimmung mit der ideellen Welt der Vernunft in »Gemeinschaft« stehen. Sie ist durch die Idee des »allerrealsten Wesens« garantiert. Reinhold folgt hier der Argumentation für das Gottespostulat in Kants zweiter Kritik.
Im § 1 der »Fundamentallehre« innerhalb seiner »Beiträge I« (1790) (ich zitiere die zwei Bände der »Beiträge« nach der Ausgabe: Hamburg 2003/4) formuliert Reinhold seinen Grundsatz der Vorstellung nochmals so: »Im Bewußtsein wird die Vorstellung durch das Subjekt vom Subjekt und Objekt unterschieden und auf beide bezogen« (113). Die weitere Explikation entspricht dem oben besprochenen »Versuch« (1789). Ein letztes Mal fasst Reinhold seine diesbezügliche Konzeption in der Schrift »Über das Fundament des philosophischen Wissens« (1791) zusammen. Diese Schrift wurde eine entscheidende Anregung für Fichte. Dieser schreibt in seinem Brief an den Autor (vom 1.3.1794), sie sei sein »Meisterstük«, und er habe sie »mehremahle gelesen« (Fichte GA III, 2, 75). In jener Schrift heißt es: »Durch keinen Vernunftschluß, sondern durch bloße Reflexion über die Thatsache des Bewußtseyns, d. h. durch Vergleichung desjenigen, was im Bewußtseyn vorgeht, wissen wir: dass die Vorstellung im Bewußtseyn durch das Subjekt vom Objekt und Subjekt unterschieden und auf beyde bezogen wurde« (Originalausgabe, 78). Was die praktische Philosophie betrifft, so bleibt es in dieser Schrift bei unausgeführten Andeutungen. Doch geht Reinhold in den Beiträgen II (1794) auf sie nochmals ein, allerdings ebenfalls nicht in einer Explikation aus jenem Grundsatz, sondern bezüglich einer Differenzierung des Freiheitsbegriffs zwischen der unbedingten Vernunftdetermination des Willens und einer Wahlfreiheit auch ihr gegenüber.
1794 folgt Reinhold einem Ruf nach Kiel. Seine Philosophie ist von nun an gekennzeichnet durch einen häufigen Systemwechsel. Zunächst ist er beeindruckt von der Konsequenz, mit der Fichte in seiner Wissenschaftslehre seinen Bewusstseinsgrundsatz aufnimmt, und erklärt sich zu dessen Anhänger. Doch bald wendet er sich kurzzeitig der Glaubensphilosophie Jacobis zu, um sich danach der Philosophie der logischen Grundstrukturen unseres Denkens anzuschließen, wie sie der Vetter Schellings, C. G. Bardili vorgelegt hat. Von dort aus versucht er sich zuletzt in einer »Synonymik« in sprachphilosophischen Überlegungen, die allerdings Fragment blieben. Er stirbt 1823 in Kiel. Die tastenden Versuche seines späteren Denkens bezeichnen immerhin die entscheidenden Desiderate seiner Jenaer philosophischen Grundlegung, und zwar genau nach den Aspekten, die bald zu großen Themen der Philosophie werden sollten: die Einheit der theoretischen und praktischen Philosophie (J. G. Fichte), das Verhältnis von Vernunft und Glaube (bei allen idealistischen Denkern) sowie die logischen Strukturen, in denen sich unser Denken bewegt (G. W. F. Hegel) und das Thema der Sprache (W. v. Humboldt).
Literatur: Adam 1930; Baum 1974; Lauth 1989; Bondeli 2003; Barbanelli 2004; Onnasch 2010
II. Johann Gottlieb Fichte (1762-1814) – absolute Reflexion
1. Der Weg zu Kant und zum Versuch, ihn zu Ende zu denken
Johann Gottlieb Fichte ist 1762 in Rammenau geboren (zwischen Dresden und Bautzen) als Ältester von 10 Kindern (zwei starben früh). Es waren einfache Verhältnisse. Der Vater, ein »Bandmacher« (Leinweber), konnte die Familie nur mit Mühe ernähren. Der Gutsbesitzer von Miltiz kam einmal nach Rammenau und hatte den Sonntagsgottesdienst versäumt. Er traf den Jungen und fragte ihn, ob er im Gottesdienst gewesen sei und ihm etwas aus der Predigt wiedergeben könne, worauf der Junge die Predigt in allen Einzelheiten repetierte. Miltiz nahm sich des Knaben an, brachte ihn auf die Lateinschule nach Meißen und dann auf das berühmte Gymnasium »Schulpforta« bei Naumburg (Klopstock war hier Schüler, später Nietzsche und Leopold von Ranke). Fichte begann danach ein Studium der Theologie und Jura in Jena und Leipzig. Da ihn aber die Witwe von Miltiz nicht mehr finanzieren wollte, musste er sich als Hauslehrer durchbringen. Das Studium brach er ab. Er hatte also kein Schlussexamen. Als Hauslehrer kam er auch nach Zürich und lernte dort seine spätere Frau kennen, Johanna Rahn (ihre Mutter war eine Schwester Klopstocks). Fichte vertrat damals einen strengen Determinismus, der auch deistisch begründet war (vgl. Aphorismen über Religion und Deismus, 1790, FW V, 1-8). Wieder in Leipzig erbat sich ein vermögender Student seine Hilfe, ihn in die Kantische Philosophie einzuführen (1790), Anlass für ihn, sich mit dieser Philosophie bekannt zu machen. Die Lektüre wurde für ihn zur inneren Revolution. Vor allem die praktische Philosophie Kants begeisterte ihn. Durch sie wurde er von seinem Determinismus befreit. Notwendigkeit musste also nicht äußerer Zwang sein, sondern konnte als Freiheit begründender unbedingter Anspruch begriffen werden. An seine Braut in Zürich schreibt er, dass er in diesem Studium seine »seligsten Tage verlebt« habe, und er entschuldigt sich bei ihr: »Sage Deinem theuren Vater, den ich liebe wie meinen: wir hätten uns bei unsern Untersuchungen über die Notwendigkeit aller menschlichen Handlungen, so richtig wir auch geschlossen hätten, doch geirrt, weil wir aus einem falschen Principe disputirt hätten. Ich sey jetzt gänzlich überzeugt, daß der menschliche Wille frey sey« (GA III, 1, 171).
Fichte verfasste aus diesem Geist die Schrift: »Versuch einer Kritik aller Offenbarung«, in der er die Kantische Postulatenlehre zu einer Religionsphilosophie entfaltete, also im Sinn der Begründung der Religion auf der Basis der Moral und Vernunft. Er schickte die Schrift an Kant, besuchte ihn dann, und dieser empfahl die Schrift einem Verleger, der sie auch, allerdings anonym, veröffentlichte (1792). Möglicherweise verband der Verleger damit auch eine kluge kommerzielle Absicht. Denn der Verfasser konnte für Kant gehalten werden, da dessen Schrift über die Religion erwartet wurde. Das würde ihren Verkauf begünstigen. Die Anonymität konnte man sich wegen der Schwierigkeiten mit der Zensur erklären, die damals in Preußen unter Justizminister Wöllner verschärft worden war, worunter Kant zu leiden hatte. In der Tat: Man hielt die Schrift für eine Kants. Kant selbst klärte die wahre Verfasserschaft auf, und Fichte war mit einem Schlage berühmt. Kant selbst veröffentlichte 1793 seine Religionsschrift: »Die Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft«. Bei aller Nähe zu Kant sind auch Unterschiede zu ihm bei Fichte erkennbar: zum einen die engere Bindung des Glückstrebens an die Moral, zum anderen geht Fichtes apriorischer Begriff der Offenbarung und deren »Ankündigung« in der Moral (§ 8) über Kants positiv historischen Begriff von ihr hinaus.
Fichte verfolgt aufmerksam die Diskussion um die Kantische Philosophie. Besonders beeindruckt ihn ihre Vermittlung und Darstellung durch Reinhold. An Reinhold überzeugt ihn, dass die Dualismen, mit der die Kantische Philosophie behaftet ist und die ihre Überzeugungskraft mindern, nur überwunden werden können durch einen Gesichtspunkt der Einheit, der in einem einzigen Grundsatz zu formulieren wäre. Auf dieser Spur dachte Fichte selbständig weiter. Bei einem Aufenthalt in Zürich, nach seiner Heirat mit Johanna Rahn, hat er im Spätherbst 1793 seine für ihn entscheidende Einsicht. Es gibt einige Zeugen ...
Table of contents
- Deckblatt
- Titelseite
- Impressum
- Inhalt
- Vorwort
- A. Philosophie des Idealismus
- B. Philosophie der Immanenz
- C. Philosophie des Glaubens
- D. Lebensphilosophie
- E. Universitätsphilosophie
- Werke
- Literatur
- Sachregister
- Namenregister