1 Physiologisches Schwitzen und anatomische Grundlagen
1.1 Bedeutung des Schwitzens
Warum muss der Mensch eigentlich schwitzen?
Ein Leben ohne Schwitzen ist nicht möglich. Durch die Verdunstung von Schweiß an der Körperoberfläche ist überhaupt erst eine ausreichende Thermoregulation des menschlichen Organismus möglich. Wie stark der Einfluss nicht oder insuffizient funktionierender Schweißdrüsen auf den menschlichen Organismus sein kann, zeigt sich bei Erkrankungen, die mit einer Störung der Schweißsekretion einhergehen.
Ein Beispiel stellt die x-chromosomal vererbte Erkrankung Morbus Fabry dar. Hierbei kommt es zu einer Ablagerung von Glykosphingolipiden im Bereich der Schweißdrüsen. Dies führt bereits im Kindesalter zu einer Reduktion (Hypohidrose) bis hin zu einem kompletten Sistieren (Anhidrose) der Schweißproduktion mit nachfolgender schwerer Hitzeintoleranz und einem Temperaturanstieg bei körperlicher Anstrengung. Dies kann bei Betroffenen zu einem unerträglichen Leidensdruck führen.
Hat Schweiß auch eine biologische Wirkung auf meine Haut?
Ja. So wird über Inhaltsstoffe des Schweißes die Wasserbindungsfähigkeit der Hornschicht stabilisiert. Darüber hinaus kommt es zu einer Spreitung des Hauttalgs, was die Haut »geschmeidig« macht.
Schwitzen wir alle gleich?
Die Schweißbildung unterliegt starken individuellen Schwankungen. Das erklärt, warum manche Menschen mehr und andere weniger schwitzen. Einen Einfluss auf die Schweißmenge hat auch die körperliche Leistungsfähigkeit des Individuums. So ist bekannt, dass durchtrainierte Menschen größere und deutlich leistungsfähigere Schweißdrüsen aufweisen und daher mehr Schweiß abgeben als untrainierte Personen.
Merke!
Von diesen normalen Schwankungen des natürlichen Schwitzens sind die Formen des krankhaften Schwitzens zu unterscheiden. Diese werden im jeweiligen Kapitel besprochen.
Wie viel schwitzt man durchschnittlich pro Tag?
Als Richtwert gilt, dass bis zu 1,5 Liter Schweiß pro Tag abgegeben werden. Der Verdunstungsvorgang des Schweißes ist vor allem für die Thermoregulation verantwortlich, darüber hinaus wird jedoch auch das Blut in den Hautkapillaren abgekühlt. Der Schwitzvorgang ist ein aktiver Prozess, der dem Körper Energie entzieht.
Merke!
Die Schweißdrüsen sind sehr leistungsfähig. Im Extremfall können mehrere Liter am Tag abgesondert werden.
Wird mein Körper durch Schwitzen entgiftet?
Obwohl teilweise immer noch von einer möglichen Entgiftung oder Entschlackung durch Schwitzen gesprochen wird, gibt es keine Hinweise, dass der Schwitzvorgang beim Menschen derartige Funktionen besitzt.
Hat der Schweiß eine Bedeutung bei der Immunabwehr?
Bis vor wenigen Jahren galt lediglich die Thermoregulation als Hauptfunktion des Schwitzvorgangs. Seit einigen Jahren ist jedoch bekannt, dass Inhaltsstoffe des Schweißes eine wichtige Funktion in der körpereigenen unspezifischen Immunabwehr übernehmen. Verantwortlich hierfür sind Eiweiße (v. a. Dermcidin) im Schweiß, die auf bestimmte Erreger, wie Bakterien (z. B. Staphylokokken) und auch Pilze (z.B. Candida albicans) wie eine Art Antibiotikum wirken und diese Erreger unschädlich machen können. Derzeit wird viel über diese Eiweiße geforscht, die auch antimikrobielle Peptide genannt werden. Ihre Bedeutung wird dabei erst im Ansatz verstanden und zukünftig möglicherweise zur Entdeckung noch weiterer Funktionen des Schweißes führen.
1.2 Zusammensetzung des menschlichen Schweißes
Was ist eigentlich Schweiß?
Schweiß wird definiert als eine körpereigene Flüssigkeit, die wichtige thermoregulatorische Aufgaben zu erfüllen hat, d. h. den Wärmehaushalt reguliert.
Schweiß: Woraus besteht er genau?
Die Zusammensetzung des Schweißes unterliegt Schwankungen, die von der persönlichen Konstitution, der umgebenden Temperatur und auch der Arbeitsleistung, sowie der Ernährung abhängen. Der pH-Wert des Schweißes liegt zwischen 7,2 und 7,3. Die folgenden Stoffe sind Bestandteile des menschlichen Schweißes:
- Wasser
- Natriumchlorid (Kochsalz)
- Harnstoff
- Harnsäure
- Fettsäuren
- Aminosäuren
- Ammoniak
- Zucker
- Milchsäure
- Ascorbinsäure (Vitamin C)
- Cholesterin
Hat Schweiß einen speziellen Geruch?
Frischer Schweiß ist zunächst geruchlos. Der Abbau von Bestandteilen des Schweißes (v. a. Fettsäuren) auf der Hautoberfläche kann jedoch in der Folge zu einem Schweißgeruch führen. Der Abbau der Fettsäuren geschieht vor allem durch Bakterien, die natürlicherweise auf der Hautoberfläche vorkommen.
1.3 Anatomie und Funktion der Schweißdrüsen
Was sind Schweißdrüsen?
Die Schweißdrüsen werden zu den Hautanhangsgebilden gezählt, worunter auch Haare, Nägel und Talgdrüsen fallen. Die Drüsen dienen der Absonderung (= Sekretion) von Schweiß und befinden sich in der tiefen Lederhaut (Dermis) sowie an der Grenze zum subkutanen Fettgewebe (Abb. 1).
Gibt es unterschiedliche Schweißdrüsen?
Bis heute hat sich beim Menschen eine Unterteilung der Schweißdrüsen in zwei verschiedene Typen durchgesetzt: die ekkrinen und die apokrinen Schweißdrüsen (Abb. 2).
Wie unterscheiden sich ekkrine und apokrine Schweißdrüsen?
Die beiden Drüsentypen unterscheiden sich sowohl in der Form als auch in der Funktion. Die ekkrine Schweißdrüse ist vor allem verantwortlich für die Wärmeregulation und den Wasserelektrolythaushalt des menschlichen Körpers. Durch die Abgabe von Schweiß kommt es zu einer Verdunstung von Wasser an der Hautoberfläche und somit zu einer Kühlung.
Der zweite Schweißdrüsentyp, die apokrine Schweißdrüse, hat bezüglich des Wärme- und Elektrolythaushaltes beim Menschen keine Bedeutung. Die Funktion der apokrinen Schweißdrüse ist bisher beim Menschen nicht vollständig geklärt. Vermutet wird eine Bedeutung als Duftdrüse. Dies könnte eine Rolle bei der Geruchskommunikation zwischen den Geschlechtern spielen und somit das Sozialverhalten beeinflussen.
Abbildung 1: Schematische Darstellung der einzelnen Hautschichten. An die Epidermis (Deckepithel) schließen sich zur Tiefe hin die Dermis (Lederhaut) und darunter das subkutane Fettgewebe an. An Hautanhangsgebilden zeigen sich Haarfollikel, Talgdrüsen sowie der Anschnitt einer ekkrinen Schweißdrüse. Im knäuelförmigen Drüsenendstück wird Schweiß produziert und im Anschluss über den Ausführungsgang an die Hautoberfläche abgegeben (Quelle: Altmeyer P, Reich S (2006) Hautkrebs. Ein oft unterschätztes Risiko. Risikofaktoren, Diagnostik, Therapie und Prognose. Stuttgart: Kohlhammer. S. 12).
Abbildung 2: Histologische Ansicht der menschlichen Haut. Die Hautprobe stammt aus dem Bereich der Achselhöhle. Es zeigen sich die Hautanhangsgebilde wie Talg- und Schweißdrüsen. Deutlich ist der Unterschied zwischen den kleineren ekkrinen (ek) und größeren apokrinen (ap) Schweißdrüsen zu erkennen. Ein Ausführungsgang (Ag) der ekkrinen Drüse zur Hautoberfläche ist angeschnitten.
Wie viele Schweißdrüsen gibt es beim Menschen?
Beim Menschen sind deutlich mehr ekkrine Schweißdrüsen als apokrine Schweißdrüsen vorhanden. Der Mensch besitzt abhängig von der Körperoberfläche zwischen zwei und vier Millionen Schweißdrüsen, deren Anzahl bereits bei der Geburt festgelegt ist, d. h. im Laufe des Lebens können keine neuen Schweißdrüsen gebildet werden.
An welcher Stelle des Körpers liegen die ekkrinen Drüsen?
Die ekkrinen Schweißdrüsen sind fast am gesamten menschlichen Körper zu finden. Eine Außnahme bilden die Innenseiten der Lippen, der äußere Gehörgang sowie die Klitoris und die kleinen Schamlippen.
Wie sind diese ekkrinen Schweißdrüsen genau aufgebaut?
Bei den ekkrinen Schweißdrüsen gibt es zwei Anteile. Zum einen das sekretorische Drüsenendstück, in welchem die Produktion des Schweißes erfolgt. Dieser Teil ist sozusagen die Fabrik, in welcher der Schweiß hergestellt wird. Daran schließt sich in Richtung der Hautoberfläche ein Ausführungsgang (wie ein »Abflussrohr«) an, der für die Ausleitung des Schweißes an die Hautoberfläche verantwortlich ist (Abb. 2). Die ekkrinen Schweißdrüsen befinden sich in den tieferen Anteilen der Led...