Psychologische Diagnostik
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Psychologische Diagnostik

Grundlagen und Anwendungsperspektiven

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Psychologische Diagnostik

Grundlagen und Anwendungsperspektiven

About this book

Menschen sind bestrebt, sich und ihre Umwelt zu analysieren und zu verstehen und dadurch im Leben besser zurechtzukommen. Alltagsdiagnostik unterliegt jedoch vielen Verzerrungen und stellt keine Basis fĂŒr gesicherte Erkenntnisse dar. Das vorliegende Lehrbuch widmet sich anschaulich und mit vielen Beispielen den Grundlagen und Anwendungsbereichen wissenschaftlich fundierter psychologischer Diagnostik. Nach einem Überblick ĂŒber theoretische und methodische Grundlagen der Konstruktion und Beurteilung von Testverfahren folgt eine Darstellung möglicher Probleme bei der Testanwendung. Als leicht verstĂ€ndliche EinfĂŒhrung in die psychologische Diagnostik ist das Buch fĂŒr Bachelor-Studierende hervorragend geeignet. Exkurse und Vertiefungen liefern differenziertere Informationen fĂŒr Master-Studierende und Praktiker.

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Information

Publisher
Kohlhammer
Year
2009
Print ISBN
9783170198401
eBook ISBN
9783170280922

1 Psychologische Diagnostik gestern und heute1

Mehrere psychologische Theorien aus der zweiten HĂ€lfte des 20. Jahrhunderts beschĂ€ftigen sich mit dem BemĂŒhen von Menschen, ihre Umwelt und ihr eigenes Verhalten zu verstehen und vorherzusagen (vgl. Attributionsth2eorien, z. B. Heiders Naive Handlungsanalyse, 1958; Kellys Kovariationsprinzip, 1967, 1973; Weiners Ursachenschema, 1986). In vielen Theorien ist das BedĂŒrfnis nach Vorhersagbarkeit und Kontrollierbarkeit grundlegend (z. B. beschrieb Kelly den Menschen als »naiven Wissenschaftler«, Personale Konstruktth2eorie; Kelly, 1973). Auch evolutionspsychologisch kann argumentiert werden, dass es von Vorteil ist, Interaktionspartner möglichst genau beurteilen zu können. Durch die akkurate EinschĂ€tzung der Persönlichkeit eines Unbekannten können sich z. B. Hinweise ergeben, ob man dem GegenĂŒber vertrauen kann oder sich lieber in Acht nehmen sollte (Goldberg, 1981).
Alltagsdiagnostische FĂ€higkeiten helfen also dabei, sich selbst besser zu verstehen, die soziale Umwelt genauer einzuschĂ€tzen und besser mit den Mitmenschen zurechtzukommen. »Alltagsdiagnostik« verlĂ€uft jedoch nicht notwendigerweise bewusst und objektiv, sondern in vielen FĂ€llen eher intuitiv. Interessanterweise sind Menschen von der Richtigkeit ihrer Annahmen in der Regel sehr ĂŒberzeugt, obwohl ihre Beurteilungen stark subjektiv sind. Fehlende ObjektivitĂ€t, z. B. durch Beobachtungsfehler, ist einer der Faktoren, die Alltagsdiagnostik problematisch machen (vgl. Kap. 9.1 und 10).
Von Laien wird psychologische Diagnostik hĂ€ufig mit diversen »Teste-dich-selbst«-Internetseiten oder den in Boulevardzeitschriften erscheinenden Tests in Verbindung gebracht. Viele öffentlich angebotene Tests2 sind jedoch nicht ganz unproblematisch, da sie nicht wissenschaftlich konzipiert sind und Defizite in mindestens einem der beiden folgenden Bereiche aufweisen: Sie messen nicht das, was sie vorgeben zu messen (GĂŒltigkeit oder ValiditĂ€t), oder erfassen ihren Untersuchungsgegenstand nicht exakt (Genauigkeit oder ReliabilitĂ€t). Beide Merkmale sind jedoch wichtige Kriterien wissenschaftlich fundierter Tests. FĂŒr die getestete Person kann das Ergebnis eines solchen unwissenschaftlichen Tests zu unangemessener SelbsteinschĂ€tzung fĂŒhren: Angenommen, ein leistungsorientierter SchĂŒler möchte die Wahl seiner HauptfĂ€cher von dem Ergebnis eines kommerziell angebotenen Internet-Intelligenztests abhĂ€ngig machen. Wenn ihm das Abschneiden im Intelligenztest sehr wichtig sein sollte, dann dĂŒrfte seine schulische Entscheidung stark durch das (nicht fundierte) Testergebnis beeinflusst sein und möglicherweise zu einer Fehlentscheidung werden. Eine GegenĂŒberstellung von Alltags- und wissenschaftlicher Psychologie findet sich z. B. bei Sedlmeier und Renkewitz (2008, Kap. 1).
Alltagsdiagnostik unterliegt also vielen Verzerrungen und stellt keine Basis fĂŒr gesicherte Erkenntnisse dar. Das vorliegende Lehrbuch widmet sich anschaulich und mit vielen Beispielen den Grundlagen und Anwendungsbereichen wissenschaftlich fundierter, psychologischer Diagnostik. Dabei wird u. a. den folgenden Fragen aus der psychologischen Diagnostik nachgegangen:
  • Wie funktionieren psychologische Tests?
  • Kann man Persönlichkeit messen?
  • Lohnt es sich, einen im Internet angebotenen Intelligenztest durchzufĂŒhren?
  • Welche GĂŒltigkeit haben die in populĂ€ren Zeitschriften abgedruckten Tests?
  • Wie erfolgt Personalauswahl?
Nach einem Überblick ĂŒber th2eoretische und meth2odische Grundlagen der Konstruktion und Beurteilung von Testverfahren folgt eine Darstellung möglicher Probleme bei der Testanwendung.
Generell sind Tests und die Vorbereitung auf Tests ein wichtiger Marktfaktor. Beispielsweise wird mit »TestknackerbĂŒchern« oder Testvorbereitungskursen Geld verdient (siehe Exkurs).
Kommerzialisierung von Test-Vorbereitungs-Kursen
In den USA werden in Schulen, UniversitĂ€ten und Firmen Testverfahren standardmĂ€ĂŸig zur Selektion von Bewerbern eingesetzt. Bekannt sind der SAT (Scholastic Aptitude Test) oder die GRE (Graduate Record Examinations). Diverse Gesellschaften haben es sich zur Aufgabe gemacht, interessierte Personen bei der Vorbereitung auf diese Auswahlverfahren zu unterstĂŒtzen. HierfĂŒr werden teure Vorbereitungskurse angeboten, die eine enorme Verbesserung des Testergebnisses versprechen. Solche kommerziellen Intensivkurse sind insofern unfair, als sie lediglich Personen mit ausreichendem finanziellen Hintergrund zur VerfĂŒgung stehen. Hinzu kommt, dass bisweilen mit unrealistischen Erfolgsraten geworben wird (vgl. Briggs, 2001). Der in Aussicht gestellte Erfolg bezieht sich im Allgemeinen auf die mögliche Verbesserung der Gesamtpunktzahl, allerdings ist eine solche Verbesserung durch zielgerichtete Vorbereitung im jeweiligen Fachgebiet mindestens in gleichem Maße möglich. Eine fundierte inhaltliche Vorbereitung hat im Vergleich zu entsprechenden Testknackerkursen, in denen gezielt die Bearbeitung psychodiagnostischer Tests geĂŒbt wird, auch den Vorteil fachlichen Wissenszuwachses.

1.1 BegriffsklÀrung

Die Diagnostik ist eine Meth2odendisziplin mit starkem Anwendungsbezug. Sie ist von einer Testologie (die Lehre ĂŒber die DurchfĂŒhrung von Tests) abzugrenzen, da Diagnostik den gesamten Prozess von der Planung einer Untersuchung ĂŒber die DurchfĂŒhrung bis zur Auswertung und Interpretation der Ergebnisse umfasst (vgl. Kap. 2). Fundierte Diagnostik basiert insofern einerseits auf Grundlagenwissen und hat andererseits zahlreiche Anwendungsfelder. Teilweise geht Diagnostik in den Bereich der Intervention ĂŒber, da die RĂŒckmeldung einer Diagnose bereits VerĂ€nderungen anstoßen kann. Beispielsweise gilt das fĂŒr Verfahren der systemischen Familiendiagnostik, bei denen Familienmitglieder im diagnostischen Prozess mit der Wahrnehmung des Familiensystems durch die anderen Familienmitglieder konfrontiert werden (z. B. Skulpturverfahren, siehe Kap. 4.4). Im Rahmen dieser Verfahren wird z. B. ein Familienmitglied gebeten, im Kreise der Familie die eigene EinschĂ€tzung der Beziehungen zwischen Familienmitgliedern mitzuteilen und in Form von Zeichnungen oder anderen Darstellungen zu illustrieren. Dieses Publikmachen kann starke Emotionen auslösen und VerĂ€nderungen in Gang setzen.
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Definition
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Intervention: Maßnahmen, die dazu dienen, psychische Störungen oder problematisches Verhalten zu verhindern, zu beheben oder ihre Folgen zu mildern.
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Psychologische Diagnostik muss von vorwissenschaftlicher Diagnostik, d. h. von pseudowissenschaftlichen BemĂŒhungen, die Persönlichkeitseigenschaften eines Menschen mit unseriösen Meth2oden zu erfassen versuchen, abgegrenzt werden. In den letzten Jahrhunderten versuchte man etwa, vom Aussehen und der Körperform eines Menschen auf die Zugehörigkeit zu einem Persönlichkeitstypus zu schließen (im Folgenden findet sich ein historisches Beispiel dazu). Allerdings entdeckt man in manchen pseudowissenschaftlichen Angeboten auch heute noch Ă€hnliche AnsĂ€tze.
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Beispiel
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Phrenologie
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Abb. 1.1: Historische Skizze eines SchĂ€dels, dessen Arealen Charaktereigenschaften zugeordnet sind (aus Pervin, 2005, S. 373). © ullstein bild – Granger Collection
Der Begriff Phrenologie stammt aus dem Griechischen (phrenos) und bedeutet »Geist«. Der BegrĂŒnder dieser pseudowissenschaftlichen Lehre war der Arzt Franz Josef Gall (*1758, †1828). Neben tragfĂ€higen und wissenschaftlich fruchtbaren Erkenntnissen nahm Gall auch an, dass die geistigen Anlagen in verschiedenen Hirnarealen des Menschen lokalisierbar seien. Demzufolge stellten GrĂ¶ĂŸe und Form der Hirnareale fĂŒr Gall Hinweise auf die AusprĂ€gung der zugrundeliegenden Eigenschaften dar. Die Ă€ußere SchĂ€delform galt als bester messbarer Indikator fĂŒr geistige FĂ€higkeiten und Persönlichkeitseigenschaften – ein Trugschluss, wie sich spĂ€ter herausstellte. Die Phrenologie geriet nicht zuletzt durch den rassistisch motivierten Einsatz der sogenannten Kraniometrie in scharfe Kritik. Jene Lehre von der SchĂ€delvermessung ist vor allem in der Anth2ropologie, Eth2nologie und ArchĂ€ologie wissenschaftlich bedeutsam, wurde jedoch im 19. Jh. in den USA und in der Zeit des Nationalsozialismus im Dienste der Rassenkunde missbraucht (vgl. Gould, 1988).
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Der Begriff Diagnostik kommt ebenfalls aus de...

Table of contents

  1. Deckblatt
  2. Titelseite
  3. Impressum
  4. Inhaltsverzeichnis
  5. Geleitwort
  6. Vorwort
  7. 1 Psychologische Diagnostik gestern und heute
  8. 2 Der diagnostische Prozess und diagnostische Strategien
  9. 3 Zur Klassifikation diagnostischer Verfahren
  10. 4 Psychometrische Verfahren: Grundbegriffe, Beispiele und Anwendung
  11. 5 Testtheoretische Grundlagen
  12. 6 ErgÀnzungen zur KTT: Die Item-Response-Theorie
  13. 7 Die Konstruktion von Testverfahren
  14. 8 Kriterien der Testbeurteilung
  15. 9 Beobachtung und Befragung: Verfahren an der Grenze zwischen quantitativ und qualitativ
  16. 10 Probleme bei der Anwendung diagnostischer Verfahren
  17. 11 Integration und Ausblick
  18. Literatur
  19. Testverzeichnis
  20. Stichwortverzeichnis