Methoden psychologischer Forschung und Evaluation
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Methoden psychologischer Forschung und Evaluation

Grundlagen, GĂŒtekriterien und Anwendungen

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Methoden psychologischer Forschung und Evaluation

Grundlagen, GĂŒtekriterien und Anwendungen

About this book

FĂŒr Studium und Weiterbildung werden institutionelle Rahmenbedingungen, wissenschaftstheoretische Grundlagen, methodische GĂŒtekriterien und praktische Verfahren fĂŒr empirische Untersuchungen psychologischer, evaluativer und verwandter Probleme dargestellt. Im Mittelpunkt steht die ValiditĂ€t und damit die GĂŒte und QualitĂ€t von Untersuchungen wissenschaftlicher und praktischer Fragestellungen. Diese umfasst vor allem die AdĂ€quatheit von Begriffen, deduktiven und induktiven Argumenten, kausalen Aussagen, Gesetzeshypothesen und Theorien, die Kontrolle störender EinflĂŒsse bei Beobachtungen, Befragungen, EinschĂ€tzungen (ratings), Messungen, Tests, Experimenten, Quasi-Experimenten, Fall-Kontroll- und Einzelgruppenstudien sowie die sachgerechte Anwendung und Interpretation von statistischen ZusammenhĂ€ngen und Tests, Varianz-, Regressions- und Meta-Analysen, festen, zufĂ€lligen und hierarchisierten Faktoren. Ziel ist ein tiefergehendes VerstĂ€ndnis wesentlicher QualitĂ€tsmerkmale empirischer Untersuchungen, um fundiert Methoden einsetzen und Ergebnisse interpretieren zu können.

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1 Perspektiven, Paradigmen und Programme in der Psychologie

Psychologie ist ein allgegenwĂ€rtiges Thema in unserem Alltag. Warum kommt Jens nicht mit zum Konzert? Wie schaffe ich die StatistikprĂŒfung? Wie fĂŒhlt Anna sich nach der Trennung? Psychologische Fragen dieser Art bewegen uns, ob allein oder im GesprĂ€ch mit anderen. Manche dieser Fragen sind fĂŒr uns zentral, andere peripher, einige sind leicht, andere schwer zu beantworten.
Gegenstand von psychologischen StudiengĂ€ngen, Lehrveranstaltungen und LehrbĂŒchern ist aber nicht die Psychologie des Alltags, sondern die Psychologie als Wissenschaft. Sie versucht, Fragen nach den GrĂŒnden, Ursachen und Folgen unserer Empfindungen, Gedanken, GefĂŒhle, Verhaltensweisen und Handlungen systematisch und kontrolliert zu beantworten. Diese wissenschaftliche Arbeit erfolgt seit anderthalb Jahrhunderten in unterschiedlichen Einrichtungen, Teildisziplinen, Kooperationen, Paradigmen, Programmen und Projekten (
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Kap. 1.1 bis 1.3). Sie ist nicht nur auf grundsĂ€tzliche Erkenntnisse ausgerichtet, sondern auch auf praktische Anwendungen, insbesondere im Bereich der wissenschaftlichen Bewertung (Evaluation) von Maßnahmen, Einrichtungen und Programmen (
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Kap. 1.4).
Der Unterschied zwischen der alltÀglichen und der wissenschaftlichen Psychologie liegt nicht so sehr in den bearbeiteten Themen und gestellten Fragen. Auch etliche Antworten der wissenschaftlichen Psychologie sind schon im Alltag gegeben worden.
Der wesentliche Unterschied zwischen wissenschaftlicher und alltĂ€glicher Erkenntnis besteht in der Methodik des Erkennens. Die wissenschaftliche Psychologie bedient sich bestimmter Methoden, um Erkenntnisse zu gewinnen und zu ĂŒberprĂŒfen, und sie formuliert ihre Vermutungen und Befunde systematisch in Hypothesen, GesetzmĂ€ĂŸigkeiten, Modellen und Theorien.
Da in den meisten psychologischen Untersuchungen dazu Menschen, mitunter auch Tiere, beobachtet, getestet, vermessen oder beeinflusst werden, muss stets sorgfĂ€ltig geprĂŒft werden, ob dies rechtlich und ethisch gerechtfertigt ist (
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Kap. 1.4).
Dabei mĂŒssen naturgemĂ€ĂŸ zahlreiche Festlegungen getroffen werden: Was soll untersucht werden? An wem? Wann? Wo? Wie? Alle wichtigen Festlegungen im Forschungsprozess sollten so getroffen werden, dass die ValiditĂ€t (GĂŒltigkeit) der Untersuchung maximiert wird: Die Chancen fĂŒr zutreffende Antworten auf die Forschungsfragestellung sollen möglichst groß sein, d. h. das Risiko fĂŒr falsche inhaltliche Aussagen soll so klein wie möglich gehalten werden (
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Kap. 2).
GrundzĂŒge, Möglichkeiten und Probleme wichtiger psychologischer Untersuchungs- und Auswertungsmethodiken werden spĂ€ter in den Kapiteln 9 bis 15 dargestellt, von der wissenschaftlichen Beobachtung ĂŒber experimentelle und quasi-experimentelle Untersuchungen und Evaluationen bis zur statistischen Meta-Analyse. Sie beruhen, oft implizit und unbemerkt, auf unterschiedlichen methodologischen Voraussetzungen, die in den Kapiteln 3 bis 8 angesprochen werden, von erkenntnistheoretischen, logischen und wissenschaftsphilosophischen Grundlagen ĂŒber angemessene Formen psychologischer Begriffe, KausalzusammenhĂ€nge, ErklĂ€rungen und Theorien bis hin zur sinnvollen Verwendung und Interpretation statistischer Verfahren.
In diesem Buch können selbstverstĂ€ndlich nicht alle methodischen Kenntnisse vermittelt werden, die fĂŒr eine sachgerechte Entwicklung und PrĂŒfung eigener wissenschaftlicher Fragestellungen notwendig sind. Ermöglicht werden soll vielmehr, psychologische Forschungsprozesse in ihren GrundzĂŒgen nachzuvollziehen, ihre ValiditĂ€t einzuschĂ€tzen und die Ergebnisse adĂ€quat zu interpretieren, und zwar sowohl im Hinblick auf die konkrete Fragestellung als auch in Bezug auf ĂŒbergreifende psychologische Konzepte und Theorien. In den Fußnoten werden zusĂ€tzliche Informationen und Hinweise auf grundlegende und weiterfĂŒhrende Lehr- und HandbĂŒcher, SammelbĂ€nde, Fachartikel und Auswertungsprogramme gegeben.

1.1 Charakterisierung der Psychologie: verschiedene Perspektiven

1.1.1 Definitionen des Faches Psychologie Definitionen des Faches Psychologie

Psychologie – Was ist das? Gehen wir dieser einfachen Frage nach, stoßen wir schnell auf eine kurze Antwort. Psychologie, so wird beispielsweise in Dorschs Lexikon der Psychologie sinngemĂ€ĂŸ definiert, ist die Wissenschaft vom Erleben und Verhalten des Menschen (
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Kasten 1.1).
Definitionen sind Setzungen, sie können weder wahr noch falsch sein, aber als mehr oder minder treffend oder nĂŒtzlich erscheinen (
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Kap. 4.1). Im vorliegenden Fall ist die Definition durchaus gelungen, hat bei nĂ€herer Betrachtung aber auch merkliche SchwĂ€chen. Erstens treten wie bei jeder anderen Nominaldefinition Folgeprobleme auf: Was ist »Wissenschaft«, was »Erleben« und »Verhalten«? Zweitens ist es zumindest fĂŒr Fachleute offensichtlich, dass sich die Psychologie auch mit Themen beschĂ€ftigt, die weder bewusstes Erleben noch offenes Verhalten sind. Dementsprechend spricht Zimbardos bekanntes Lehrbuch statt vom »Erleben« von den »mentalen« Prozessen als Gegenstand der Psychologie (
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Kasten 1.1b), das heißt den (hĂ€ufig nicht bewussten) Arbeitsweisen des menschlichen Geistes, die es uns beispielsweise ermöglichen, einen Roman zu lesen und seine wesentlichen Inhalte zu behalten. Aber auch diese Definition ist wohl noch zu eng, denn die Psychologie erforscht unter anderem auch das Verhalten von Gruppen, die neuronalen Grundlagen von geistigen Prozessen, ihre sozialen und kulturellen Voraussetzungen und Folgen sowie ihre Rolle beispielsweise in alltĂ€glichen schulischen und betrieblichen AblĂ€ufen.
Überlegungen dieser Art werden in der umfangreicheren und damit informativeren Definition aus Ulich und Bösels EinfĂŒhrungsbuch aufgegriffen, die im Punkt c von Kasten 1.1 wiedergegeben ist. Dass die Psychologie eine Wissenschaft ist, wird hier etwas genauer dadurch beschrieben, dass sie als eine Einrichtung bezeichnet wird, die geschaffen wurde, um Erkenntnisse zu gewinnen.
Die GegenstĂ€nde der Psychologie sollen definitionsgemĂ€ĂŸ alle Arten von psychischen Prozessen und ZusammenhĂ€ngen umfassen.

Kasten 1.1: AusgewÀhlte Definitionen der Psychologie

a) Psychologie ist die Wissenschaft »vom Erleben und Verhalten des Menschen« (Wirtz, 2014, S. 19)
b) Psychologie ist »die wissenschaftliche Untersuchung des Verhaltens von Individuen und ihren mentalen Prozessen« (Zimbardo & Gerrig, 2004, S. 3).
c) Die Psychologie ist eine Einrichtung
‱ zur systematischen und kontrollierten Gewinnung, Vermittlung und Anwendung von Kenntnissen
– ĂŒber Erlebnis- und Verhaltensweisen, psychische VorgĂ€nge und ZustĂ€nde,
– deren ZusammenhĂ€nge, Bedingungen und Folgen sowie
‱ zur Entwicklung und Anwendung von Verfahren und
‱ zur Erfassung und VerĂ€nderung der genannten Sachverhalte.
(Ulich & Bösel, 2005, S. 43)
Die ebenfalls genannten Beziehungen zu Ursachen und Wirkungen außerhalb der Person werden insbesondere durch psychologische Experimente geprĂŒft (
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Kap. 12).
Hervorzuheben ist schließlich, dass in der Definition von Ulich und Bösel neben den grundlagenwissenschaftlichen Inhalten der ...

Table of contents

  1. Deckblatt
  2. Titel
  3. Copyright
  4. Inhaltsverzeichnis
  5. Vorwort
  6. 1 Perspektiven, Paradigmen und Programme in der Psychologie
  7. 2 ValiditĂ€t GĂŒte und QualitĂ€t wissenschaftlicher Untersuchungen
  8. 3 Möglichkeiten und Grenzen psychologischer Erkenntnis
  9. 4 Bedeutung und Verwendung wissenschaftlicher Begriffe
  10. 5 Kausale ZusammenhÀnge und ErklÀrungen
  11. 6 Verifikation und Falsifikation wissenschaftlicher Aussagen
  12. 7 Struktur und Anwendung psychologischer Theorien
  13. 8 Statistische ZusammenhĂ€nge und ihre valide PrĂŒfung
  14. 9 Wissenschaftliches Beobachten und Befragen
  15. 10 Messen in der Psychologie
  16. 11 Psychologische Tests
  17. 12 Experimente: randomisierte Gruppen und Varianzanalysen
  18. 13 Quasi-Experimente: parallelisierte Gruppen und multiple Regressionsanalysen
  19. 14 Vergleiche vorgegebener Gruppen: logistische Regression und Mehr-Ebenen-Analysen
  20. 15 Einzelgruppenanalysen: Kasuistische Evaluationen und multivariate Strukturmodelle
  21. 16 Meta-Analysen
  22. Literatur
  23. Stichwortverzeichnis