Rückenmarkerkrankungen
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Rückenmarkerkrankungen

Grundlagen, Diagnostik und Therapie für Klinik und Praxis

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Rückenmarkerkrankungen

Grundlagen, Diagnostik und Therapie für Klinik und Praxis

About this book

Spinal cord diseases play an important role in regards to neurologic and neurosurgical practices. Advances in regards to the diagnostics and laboratory research have improved the recognition of these clinical pictures. This book emphasises the significance of thorough medical history enquiries and clinical examinations. It unlocks the use of technical and laboratory-diagnostic additional examinations, which results in differential-diagnostic and therapeutic concepts for clinical pictures. Case histories are used to describe problems and possible solutions.

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Information

Publisher
Kohlhammer
Year
2014
Print ISBN
9783170203976
eBook ISBN
9783170250468
Edition
1
Subtopic
Neurology

1 Allgemeiner Teil

1.1 Neuroanatomische Grundlagen

W. Nacimiento

1.1.1 Einleitung

Die im Rückenmark deszendierenden Bahnen haben ihren Ursprung in supraspinalen Zentren und ermöglichen die Umsetzung der zerebral gesteuerten Motorik; aszendierende Bahnen leiten afferente Informationen aus der Peripherie (d. h. aus Haut-, Gelenk und Muskelrezeptoren) dem Gehirn zu. Darüber hinaus enthält das Rückenmark ein komplexes intrinsisches neuronales Netzwerk, das zur Verarbeitung von supraspinal deszendierenden und segmental afferenten Projektionen in der Lage ist. Auf diese Weise können auf spinaler Ebene nicht nur segmental integrierte Reflexe, wie Muskeleigen- und Flexorreflexe, sondern auch komplexe motorische Abläufe und sogar Lokomotionsaktivität generiert werden. Mit der phylogenetischen Entwicklung differenzierter Willkürmotorik hat die zerebrale Beeinflussung der spinalen motorischen Zentren über deszendierende Bahnen beim Menschen zunehmend an Bedeutung gewonnen. Außerdem werden sensible Informationen teilweise noch vor ihrer Weiterleitung nach zerebral auf spinaler Ebene moduliert. So können z. B. Schmerzreize, die über C-Fasern der Hinterwurzeln spinale Neurone erreichen, durch deszendierende Systeme derart beeinflusst werden, dass die bewusste Schmerzwahrnehmung abgeschwächt oder sogar aufgehoben wird.
Die aus Rückenmarkerkrankungen resultierenden klinischen Syndrome können nur bei Kenntnis der im Folgenden skizzierten anatomischen Organisation topografisch zugeordnet und klinisch interpretiert werden:
Das Rückenmark erstreckt sich im knöchernen Spinalkanal, umgeben von Meningen und epiduralem Fettgewebe, mit acht zervikalen, zwölf thorakalen und jeweils fünf lumbalen bzw. sakralen Segmenten vom kranio-zervikalen Übergang bis in Höhe des zweiten Lendenwirbelkörpers. Unterhalb des Conus medullaris findet sich, eingebettet im liquorgefüllten Durasack, die Cauda equina, die sich aus lumbalen und sakralen Vorder- und Hinterwurzeln zusammensetzt. Während im zervikalen Spinalkanal Wirbelkörper- und Segmenthöhe annähernd übereinstimmen, findet distal eine zunehmende Verlagerung der Wurzelaustritte nach kaudal statt. In der weißen Substanz des Rückenmarks verlaufen die Nervenfasern der absteigenden, aufsteigenden und propriospinalen Bahnen; der anatomische Aufbau wird in Abbildung 1 illustriert. In der schmetterlingsförmig konfigurierten grauen Substanz sind die neuronalen Kerne lokalisiert, die nach zytoarchitektonischen Kriterien in die Laminae I–X unterteilt werden. Das Hinterhorn (Laminae I–IV) enthält vorwiegend sensible Nervenzellen, die Intermediärregion (Laminae V–VII) Interneurone und propriospinale Neurone und das Vorderhorn (Lamina IX) Motoneurone. Vegetative Nervenzellen finden sich in der Lamina X und im Nucleus intermediolateralis. Grundlegende Kenntnisse der Anatomie deszendierender und aszendierender spinaler Projektionen sind eine wichtige Voraussetzung zum Verständnis klinischer Syndrome nach Rückenmarksläsionen. Die aus klinischer Sicht wichtigsten aszendierenden und deszendierenden spinalen Projektionen werden im Folgenden nach einer kurzen Erläuterung der propriospinalen Systeme erläutert.
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Abb. 1: Querschnitt des Rückenmarks mit der Topografie der langen auf- und absteigenden Bahnen in der weißen Substanz sowie der Laminae nach Rexed in der grauen Substanz (Quelle: Kunze (Hrsg.), Praxis der Neurologie, 2. Aufl., S. 273 © 1998 Georg Thieme Verlag).

1.1.2 Propriospinale Systeme

Dieser sogenannte Eigenapparat des Rückenmarks dient in erster Linie der intersegmentalen Verschaltung und besteht aus einem Netzwerk intrinsischer spinaler Neuronen, die synaptische Eingänge aus supraspinal dezendierenden und segmental afferenten Projektionen erhalten. Die Axone der kurzen propriospinalen Neurone verlaufen in der unmittelbaren Umgebung der grauen Substanz und verbinden benachbarte Segmente miteinander, während die langen propriospinalen Systeme zahlreiche Segmente umfassen und unter anderem lumbale und zervikale Rückenmarksabschnitte miteinander verbinden. Grundsätzlich dienen propriospinale Neurone der intersegmentalen Verknüpfung und spinale Interneurone der intrasegmentalen Verbindung, während spinale Projektionssysteme den Informationstransfer zu den zerebralen Zentren sicherstellen. Eine solche strenge Funktionstrennung ist jedoch nicht immer möglich, weil zahlreiche spinale Nervenzellen durch entsprechende Axonkollateralen zwei oder sämtliche dieser Eigenschaften in sich vereinen.

1.1.3 Aszendierende Bahnen

Die sensiblen Qualitäten Schmerz und Temperatur werden über den Tractus spinothalamicus geleitet; Berührung, Lageempfindung, Zweipunktdiskrimination und Vibration über die Fasciculi cuneatus und gracilis. Diese sensiblen Qualitäten werden bewusst wahrgenommen, während propriozeptive Informationen, die über spinozerebelläre Projektionen weitergeleitet werden, wesentlich zur motorischen Koordination beitragen, jedoch nicht bewusst wahrgenommen werden.

1.1.3.1 Tractus spinothalamicus lateralis (Schmerz und Temperatur)

Die im Hinterhorn lokalisierten Ursprungsneurone dieser Bahnen erhalten ihren afferenten Input über Hinterwurzelfasern, kreuzen in der vorderen grauen Kommissur etwa zwei Segmente höher auf die kontralaterale Seite und projizieren im Seitenstrang somatotopisch gegliedert in erster Linie zum Nucleus ventralis posterolateralis des Thalamus, wo die Umschaltung zum sensiblen Kortex des Gyrus postzentralis stattfindet. Der Verlauf des Tractus spinothalamicus lateralis ist in Abbildung 2 dargestellt. Aufgrund der aszendierenden Kreuzung auf spinaler Ebene führt eine einseitige Läsion dieser Bahn zu einer kontralateralen Beeinträchtigung der Schmerz- und Temperaturwahrnehmung etwa zwei Segmente unterhalb der Läsionsstelle.

1.1.3.2 Fasciculi cuneatus und gracilis (Berührung, Vibration, Lageempfindung und Zweipunktdiskrimination)

Diese im Hinterstrang gelegenen und ebenfalls somatotopisch gegliederten Systeme bestehen aus Hinterwurzelaxonen, die größtenteils ohne Umschaltung auf spinaler Ebene direkt bis zu den Hinterstrangkernen an der Dorsalseite der Medulla oblongata projizieren. Die Fasern aus lumbosacralen Segmenten verlaufen im medialen Fasciculus gracilis, die zervikalen Afferenzen im lateral gelegenen Nucleus cuneatus zu den jeweils gleichnamigen Hinterstrangkernen. Die zweiten Neurone der Hinterstrangkerne projizieren über kreuzende Axone im lemniscalen System des Hirnstamms zum kontralateralen Thalamus (vorwiegend zum Nucleus ventralis posterolateralis), von wo aus das dritte Neuron über thalamokortikale Fasern synaptischen Kontakt zum sensiblen Kortex aufnimmt. Der Verlauf dieser Bahn ist in Abbildung 3 dargestellt. Da die Hinterstrangbahnen auf spinaler Ebene ipsilateral verlaufen,
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Abb. 2: Schmematische Darstellung des Tractus spinothalamicus lateralis (Quelle: Kunze (Hrsg.), Praxis der Neurologie, 2. Aufl., S. 274 © 1998 Georg Thieme Verlag).
verursacht eine einseitige Läsion ipsilaterale Sensibilitätsstörungen für Berührung, Vibration, Lageempfindung und Zweipunktdiskrimination.

1.1.3.3 Tractus spinocerebellaris posterior (Propriozeption)

Die Ursprungsneurone des Tractus spinocerebellaris posterior sind in der Clarke-Säule lokalisiert, die sich über die Segmente C 8 bis L 2 erstreckt, und erhalten synaptischen Input von Axonkollateralen der Ia-Hinterwurzelafferenzen. Diese ausschließlich ipsilateral lokalisierte Bahn projiziert über die unteren Kleinhirnschenkel zum Spinozerebellum. Der Verlauf des Tractus spinocerebellaris posterior ist in Abbildung 4 dargestellt. Einseitige Läsionen dieser Bahn verursachen eine ipsilaterale Extremitätenataxie, die klinisch von den Folgen einer zerebellären Läsion im Projektionsbereich der spinozerebellären Afferenzen nicht zu unterscheiden ist. Der Tractus spinocerebellaris anterior ist beim Menschen in funktioneller Hinsicht von untergeordneter Bedeutung.

1.1.4 Deszendierende Bahnen

Die absteigenden Bahnen entspringen im motorischen Kortex und in Hirnstammkernen, die ihrerseits von kortikalen, subkortikalen und zerebellären
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Abb. 3: Hinterstrangbahnen (Fasiculus cuneatus und gracilis) in schematischer Darstellung (Quelle: Kunze (Hrsg.), Praxis der Neurologie, 2. Aufl., S. 274 © 1998 Georg Thieme Verlag).
Zentren kontrolliert werden. Als pyramidales System wird der aus dem motorischen Kortex entspringende und über die Pyramidenkreuzung nach spinal projizierende Tractus corticospinalis bezeichnet. Als extrapyramidales System werden die von Hirnstammkernen ausgehenden Projektionen zum Rückenmark zusammengefasst. Der überwiegende Anteil der deszendierenden Bahnen projiziert zu spinalen Interneuronen, die den motorischen Vorderhornzellen vorgeschaltet sind. Lediglich die in den lateralen Kerngruppen des Vorderhorns lokalisierten Motoneurone erhalten einen signifikanten monosynaptischen Input aus kortikospinalen Projektionen.

1.1.4.1 Tractus corticospinalis

Diese für die Willkürmotorik besonders wichtige efferente Bahn hat ihren Ursprung in den Betz-Riesenzellen des motorischen Kortex im Gyrus präzentralis, aber auch in Neuronen des prämotorischen und sensorischen Kortex. Die Anatomie dieser Projektion ist in Abbildung 5 illustriert. Von der motorischen Rinde verläuft die Pyramidenbahn somatotopisch gegliedert durch die innere Kapsel, den mittleren Abschnitt des Mittelhirnschenkels und den ventralen Anteil der Brücke zur Basis der Medulla oblongata, wo ca. 90 % der Fasern nach kontralateral kreuzen und als Tractus
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Abb. 4: Schmematische Darstellung des Tractus spinocerebellaris (Quelle: Kunze (Hrsg.), Praxis der Neurologie, 2. Aufl., S.274 © 1998 Georg Thieme Verlag).
corticospinalis lateralis im dorsolateralen Funiculus zu spinalen Interneuronen und motorischen Vorderhornzellen synaptischen Kontakt aufnehmen. Die Fasern des auf Hirnstammebene nicht kreuzenden Tractus corticospinalis anterior verlaufen im Funiculus anterior und kreuzen auf Segmentebene in der weißen vorderen Kommissur. Einseitige spinale Läsionen der Pyramidenbahn verursachen eine ipsilaterale zentrale Lähmung unterhalb der Schädigung.

1.1.4.2 Extrapyramidale Bahnen

Diese Systeme werden über motorische Regelkreise, an denen Kortex, Basalganglien, Kleinhirn und vestibuläre Kerne beteiligt sind, gesteuert und beeinflussen über komplexe Mechanismen die spinale Motorik. Funktionell wichtige Bahnen des extrapyramidalen Systems sind die Tractus vestibulospinalis, tectospinalis, reticulospinalis und rubrospinalis.

1.1.5 Vegetatives spinales System

Die spinal integrierten vegetativen Funktionen umfassen Komponenten des Sympathicus und des Parasympathicus.
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Abb. 5a, b: Verlauf der Pyramidenbahn (a) sowie Darstellung der motorischen Rinde (b) (nach Duus) (Quelle: Kunze (Hrsg.), Praxis der Neurologie, 2. Aufl., S.275 © 1998 Georg Thieme Verlag).

1.1.5.1 Sympathicus

Die zentrale Sympathicusbahn entspringt im Hypothalamus und verläuft ipsilateral im Funiculus lateralis zum Nucleus intermediolateralis. Dieses Kerngebiet erstreckt sich von Th 1 bis L 2 und enthält präganglionäre Sympathicusnervenzellen, deren Axone über die Vorderwurzeln den ipsilateralen Seitenstrang erreichen, dort teilweise synaptischen Kontakt zu den Ganglienzellen aufnehmen und teilweise zu den prävertebralen Ganglien (Ganglion coeliacum, mesentericus superius et inferius) weiter projizieren. Die beiden Seitenstränge und die prävertebralen Ganglien sind für die gesamte Sympathicusversorgung von Organen, Haut und Gefäßen verantwortlich.

1.1.5.2 Parasympathicus

Die thorakalen und abdominalen Organe (mit Ausnahme des distalen Kolons) erhalten ihre parasympathische Innervation über den Nervus vagus. Distale Abschnitte des Kolons und die Beckenorgane werden vom sakralen Parasympathicuskern versorgt, der sich von S 2 bis S 5 erstreckt und seinen supraspinalen Input von Hypothalamus und Hirnstammkernen erhält.

1.1.6 Gefäßversorgung des Rückenmarks

F. Brassel, K. Papke

1.1.6.1 Arterielle Gefäßversorgung:...

Table of contents

  1. Deckblatt
  2. Titelseite
  3. Impressum
  4. Inhaltsverzeichnis
  5. Vorwort
  6. Geleitwort
  7. 1 Allgemeiner Teil
  8. 2 Diagnostik
  9. 3 Spezieller Teil (nach Ätiologie geordnet)
  10. 4 Primärversorgung und allgemeine Therapieprinzipien bei Rückenmarksschädigungen
  11. 5 Besondere Krankheitsentitäten und lehrreiche Kasuistiken
  12. Farbteil
  13. Autorenverzeichnis
  14. Stichwortverzeichnis