Wie entstehen Unterrichtsstörungen und wie können diese wirksam bewältigt werden? Lehrpersonen handeln unter Druck und oft weniger rational, als gemeinhin angenommen wird. Dies kann dazu führen, dass Probleme durch ungünstige Bewältigungsversuche nicht gelöst, sondern weiter verschärft werden. Unterrichtsstörungen wirken sich ungünstig auf die Lehrergesundheit, die Unterrichtsqualität sowie die Motivation und Leistung der Schülerinnen und Schüler aus. Das Buch zeigt, wie Lehrpersonen Störungen im Unterricht durch diagnostische Kompetenz, eine gute Lehrer-Schüler-Beziehung, eine adaptive Klassenführung und durch einen guten Unterricht wirksam vorbeugen können.
Frequently asked questions
Yes, you can cancel anytime from the Subscription tab in your account settings on the Perlego website. Your subscription will stay active until the end of your current billing period. Learn how to cancel your subscription.
No, books cannot be downloaded as external files, such as PDFs, for use outside of Perlego. However, you can download books within the Perlego app for offline reading on mobile or tablet. Learn more here.
Perlego offers two plans: Essential and Complete
Essential is ideal for learners and professionals who enjoy exploring a wide range of subjects. Access the Essential Library with 800,000+ trusted titles and best-sellers across business, personal growth, and the humanities. Includes unlimited reading time and Standard Read Aloud voice.
Complete: Perfect for advanced learners and researchers needing full, unrestricted access. Unlock 1.4M+ books across hundreds of subjects, including academic and specialized titles. The Complete Plan also includes advanced features like Premium Read Aloud and Research Assistant.
Both plans are available with monthly, semester, or annual billing cycles.
We are an online textbook subscription service, where you can get access to an entire online library for less than the price of a single book per month. With over 1 million books across 1000+ topics, we’ve got you covered! Learn more here.
Look out for the read-aloud symbol on your next book to see if you can listen to it. The read-aloud tool reads text aloud for you, highlighting the text as it is being read. You can pause it, speed it up and slow it down. Learn more here.
Yes! You can use the Perlego app on both iOS or Android devices to read anytime, anywhere — even offline. Perfect for commutes or when you’re on the go. Please note we cannot support devices running on iOS 13 and Android 7 or earlier. Learn more about using the app.
Yes, you can access Unterrichtsstörungen verstehen und wirksam vorbeugen by Alexander Wettstein, Marion Scherzinger, Fred Berger, Wilfried Schubarth, Sebastian Wachs in PDF and/or ePUB format, as well as other popular books in Education & Secondary Education. We have over one million books available in our catalogue for you to explore.
Unterrichtsstörungen gehören zum schulischen Alltag. Die im Unterricht ablaufenden Interaktionsprozesse sind durch ihre hohe soziale Dichte, Gleichzeitigkeit, Unmittelbarkeit, Unvorhersehbarkeit, Informalität und Öffentlichkeit hoch komplex (Doyle, 1986; Herzog, 2006, S. 433 ff.). Die Idee, mit ausreichendem pädagogisch-didaktischem Wissen und Können ließe sich ein völlig störungsfreier Unterricht produzieren, ist eine Illusion. Im Unterricht bleibt oft wenig Zeit, um eine Situation differenziert wahrzunehmen, einzuschätzen und Handlungsalternativen abzuwägen. Lehrpersonen stehen im Unterricht unter Handlungsdruck und viele Dinge geschehen gleichzeitig. In Stresssituationen greifen Menschen, um schnell reagieren zu können, auf Erfahrungen und subjektive Theorien zurück. Subjektive Theorien sind einerseits durchaus hilfreich, um unmittelbar reagieren zu können. Andererseits können sie aber auch den Umgang mit Unterrichtsstörungen erschweren und dazu führen, dass ungünstig reagiert wird, womit die Probleme oft nicht gelöst, sondern eher verschärft werden. Ungünstige subjektive Theorien können z. B. sein, dass Störungen in erster Linie Schülerinnen und Schülern zugeschrieben oder diese gar als Folge genetischer, familiärer oder kultureller Einflüsse gesehen werden. Also die Ursache für Störungen den Schülerinnen und Schülern zugeschrieben wird.
Auch Lehrpersonen können den Unterricht stören, indem sie beispielsweise im Unterricht schlecht organisiert sind oder in ungünstiger Weise auf störendes Schülerverhalten reagieren. Die Frage nach der Ursache einer Unterrichtsstörung ist deshalb relevant, da sie unser Handeln und unser Selbstwirksamkeitsgefühl beeinflusst, d. h. ob man das Gefühl hat, auf die Situation Einfluss nehmen bzw. eine Situation ändern zu können oder nicht. Eine Störung kann sehr vielseitig interpretiert werden, wie z. B. als Provokation, Unter- oder Überforderung, Langeweile, schlechte Rhythmisierung, Verhaltens- oder Lernstörung, familiäre Probleme, Tagesverlauf, Zusammensetzung oder Größe der Klasse, ungenügende Unterrichtsvorbereitung etc. Auf biologisch begründete Störungen, familiäre Probleme und die Klassenzusammensetzung haben Lehrpersonen kaum einen Einfluss. Was Lehrpersonen klar beeinflussen können und in Zusammenhang mit Unterrichtsstörungen besonders relevant ist, sind eine gute pädagogische Beziehung, eine adaptive Klassenführung und die Unterrichtsplanung. Dabei stehen die pädagogische Autorität und eine gute Lehrer-Schüler-Beziehung nicht im Widerspruch zueinander. Eine klare Führung und eine gute Beziehung, welche von Respekt, Wertschätzung und Vertrauen geprägt ist, sind miteinander vereinbar und wirken störungspräventiv.
Unterrichten ist vielfältig, komplex und anspruchsvoll. Weder Lehrpersonen noch Schülerinnen und Schüler können exakt vorhersagen, wie eine bestimmte Unterrichtslektion ablaufen wird. Unvorhergesehene Unterrichtssituationen machen den Lehrberuf herausfordernd, aber auch interessant. So kann eine Unterrichtsplanung einmal fehlschlagen und dadurch im Unterricht unvorhergesehene pädagogische Gelegenheiten ermöglichen, welche die Erreichung der Lernziele trotzdem erlauben (Jackson, 1968, S. 168). Für Lehrpersonen ist es deshalb wichtig, dass sie mit Unsicherheit umgehen und adaptiv auf die jeweiligen Situationen reagieren können, d. h. in unvorhergesehenen Situationen, den Unterricht nicht einfach plangemäß durchsetzen, sondern situationsangepasst reagieren.
Weil wir im Alltag und im Unterricht oft wenig Zeit haben, unser eigenes Handeln immer wieder auch kritisch zu hinterfragen und Handlungsalternativen abzuwägen, werden in diesem Buch wissenschaftliche Befunde zum Thema Unterrichtsstörungen aus einer pädagogisch-psychologischen Perspektive vorgestellt. Wichtig ist uns, zu betonen, dass Forschung »keine stromlinienförmig umsetzbaren Handlungsanweisungen für den Unterricht [liefert], geschweige denn Rezepte, sondern […] eine Sensibilisierung des Lehrenden für wichtige Einflüsse auf das Unterrichtsgeschehen« ermöglicht (Helmke, 2007, S. 62). Ziele dieses Buches sind somit die Sensibilisierung von Lehrpersonen für das Thema, die Auseinandersetzung mit subjektiven Theorien und Handlungsmustern und zugleich soll der Austausch über den Umgang mit Störungen im Unterricht an Schulen angeregt werden. Dabei beleuchten wir Unterrichtsstörungen aus einer interaktional-verstehenden Perspektive. Die Betrachtung eines Problems aus einem anderen Blickwinkel, ermöglicht andere Interpretationen einer Situation und dies führt wiederum zu Handlungsalternativen. Damit steht nicht mehr die Frage im Zentrum: »Mit welchen disziplinarischen oder sogar strafenden Maßnahmen kriege ich den Schüler bzw. die Schülerin dazu, dass er/sie meinen Unterricht nicht mehr stört?«; sondern vielmehr: »Weshalb zeigt er/sie dieses Verhalten? In welchen sozialen Kontexten tritt es auf und wie reagiere ich als Lehrperson darauf?«. Ausgehend von einer interaktional-verstehenden Perspektive ist jedes Verhalten eingebettet in einen sozialen Kontext und hat, auch wenn es auf den ersten Blick noch so unsinnig erscheinen mag, einen bestimmten Grund. Wenn es uns gelingt, diese Gründe zu verstehen und Störungen als Mitteilungen zu verstehen, können wir eine adäquate Antwort geben.
Im ersten Teil des Buches (
Kap. 1 bis 7) nähern wir uns dem Thema Unterrichtsstörungen aus einer verstehenden Perspektive und zeigen auf, was Unterrichtsstörungen sind und wie Lehrpersonen damit umgehen. Im zweiten Teil (
Kap. 8 bis 11) widmen wir uns der Frage, wie Lehrpersonen Störungen im Unterricht wirksam vorbeugen können. Einem positiven und respektvollen Klassenklima, v. a. positiven sozialen Beziehungen, einer klaren Klassenführung und einer guten Unterrichtsgestaltung kommt dabei eine störungspräventive Funktion zu.
In Kapitel 2, Unterrichtsstörungen (
Kap. 2), zeichnen wir den Weg von der »Verhaltensgestörtenpädagogik«, über den »Ruf nach Disziplin« im Klassenzimmer bis hin zu einem interaktionalen Verständnis von Unterrichtsstörungen nach. Da die Art und Weise, wie über Störungen gesprochen wird, auch das professionelle Handeln bzw. den Umgang mit Unterrichtsstörungen beeinflusst.
In Kapitel 3, Störungen aus Lehrer- und Schülersicht (
Kap. 3), setzen wir uns mit der Frage auseinander, wie Lehrpersonen und Lernende den Unterricht, insbesondere Unterrichtsstörungen, wahrnehmen. Obwohl sie im gleichen Klassenzimmer sind und den gleichen Unterricht beurteilen, kommen sie aufgrund ihrer unterschiedlichen Rollen zu anderen Einschätzungen. Während sich bei der Beurteilung von Unterrichtsstörungen moderate Übereinstimmungen zwischen Lehrpersonen und Schülerinnen und Schülern zeigen, finden sich in der Einschätzung der Lehrer-Schüler-Beziehung und der Klassenführung kaum Übereinstimmungen. Um den Unterricht weiterzuentwickeln, sollten Lehrpersonen deshalb auch bewusst versuchen, ihren Unterricht aus Sicht der Schülerinnen und Schüler zu betrachten.
In Kapitel 4 (
Kap. 4) führen wir in grundlegende sozialpsychologische Prinzipien des Unterrichts ein und zeigen, was geschieht, wenn sich Lehrpersonen und Schülerinnen und Schüler im Unterricht gegenseitig wahrnehmen, wie erste Eindrücke entstehen, wie wir unser Gegenüber sozialen Kategorien zuordnen und weshalb Erwartungen an sich selbst wie auch an die Schülerinnen und Schüler so wichtig sind.
Kapitel 5 (
Kap. 5), Handeln im Unterricht, widmet sich dem Handeln von Lehrpersonen im Unterricht. Absichtsvolles, zielgerichtetes Handeln beansprucht Aufmerksamkeit und Zeit. Doch Lehrpersonen stehen häufig unter Zeitdruck und handeln deshalb oft unbewusst und automatisch. Dies kann zu einem ungünstigen Umgang mit Unterrichtsstörungen führen. Harte Maßregelungen mögen zwar kurzfristig Ruhe bringen, doch zu welchem Preis? Weder Repression noch Rückzug der Lehrperson können jemals sinnvolle Antworten auf störendes Schülerverhalten sein. Wir zeigen auf, wie Lehrpersonen beziehungsorientiert auf Störungen reagieren können. Schließlich diskutieren wir die Herausforderungen, welche sich beim Berufseinstieg für das Handeln der Lehrperson im Unterricht ergeben.
Kapitel 6 (
Kap. 6) setzt sich mit der Belastung von Lehrpersonen auseinander, da diese als eine stark belastete Berufsgruppe gelten. Rund 10 bis 35% der Lehrkräfte leiden unter massiven Befindlichkeitsstörungen im Sinne einer Burnout-Symptomatik. Wenn Lehrpersonen durch Unterrichtsstörungen stark belastet sind, wirkt sich dies nicht nur ungünstig auf ihre Gesundheit, sondern auch auf die Qualität ihres Unterrichts, die Lehrer-Schüler-Beziehung und letztlich auch auf die Motivation und die Leistung der Schülerinnen und Schüler aus.
In Kapitel 7 (
Kap. 7), Psychische Bewältigung, widmen wir uns der Frage, welche psychologischen Prozesse bei Lehrpersonen ablaufen, wenn sie versuchen, belastende Ereignisse psychisch zu bewältigen. Als hilfreich erweist es sich, wenn Lehrpersonen aktiv nach Lösungen suchen und dabei auch soziale Unterstützung aus dem Kollegium in Anspruch nehmen. Wenn eine Problemsituation durch die Lehrperson kaum veränderbar ist, kann es auch hilfreich sein, der Situation mit der nötigen Gelassenheit zu begegnen und sich damit abzufinden. Wenig hilfreich ist hingegen, wenn Lehrpersonen Störungen ignorieren, sich zunehmend zurückziehen, resignieren oder aber versuchen, die ihnen entgleitende Autorität mit aggressiven Mitteln durchzusetzen.
In Kapitel 8 (
Kap. 8), Diagnostische Kompetenz, zeigen wir auf, dass Lehrpersonen nur dann sinnvoll auf Störungen reagieren können, wenn sie überhaupt merken, was im Unterricht abläuft. Eine Störung kann Ausdruck davon sein, dass im Unterricht etwas nicht stimmt, Kinder unter- oder überfordert sind, schwelende Konflikte in der Peergruppe ungelöst sind, oder sich die Lernenden mehr Autonomie oder Partizipation wünschen. Wenn es Lehrpersonen gelingt, Störungen als Mitteilungen zu verstehen und produktiv zu nutzen, können sie souveräner mit Unterrichtsstörungen umgehen.
In Kapitel 9 (
Kap. 9) wenden wir uns sozialen Beziehungen im Unterricht zu. Es gibt wahrscheinlich nichts, dass Unterrichtsstörungen so gut vorbeugt wie e...