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Psychologische Diagnostik
Grundlagen und Anwendungsfelder
This book is available to read until 5th December, 2025
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Psychologische Diagnostik
Grundlagen und Anwendungsfelder
About this book
Psychologische Diagnostik ist die zentrale Methodenlehre innerhalb der FĂ€cher der Angewandten Psychologie. Neben dieser Funktion erfĂŒllt die Diagnostik auch Aufgaben in den Grundlagendisziplinen der Psychologie. Das Erstellen einer psychologischen Diagnose ist Teil einer umfassenderen Intervention, in der Planen, VerĂ€ndern, Entscheiden und Beurteilen eine wesentliche Rolle spielen. Das Lehrbuch bietet eine umfassende EinfĂŒhrung in diese Themen und stellt dabei sowohl die methodischen Grundlagen der Diagnostik als auch deren Einsatzmöglichkeiten in den Anwendungsfeldern der Psychologie ausfĂŒhrlich dar.FĂŒr die 2. Auflage wurde das Buch in allen Teilen aktualisiert.
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Information
IV Beschaffung und Integration diagnostischer Daten
8 Das Interview
8.1 Begriffsbestimmung
8.2 Der Prozess der Befragung
8.3 Strukturiertheitsgrad des Interviews
8.4 GĂŒtekriterien des Interviews
8.5 Arten von Interviews
8.6 Bewertung der Datenerhebungsmethode Interview
Beim Interview handelt es sich um eine mĂŒndliche Befragung eines einzelnen Menschen durch einen einzelnen GesprĂ€chsfĂŒhrer mit dem Ziel der Gewinnung diagnostisch relevanter Information. Die Zwecke der DurchfĂŒhrung von Interviews sind vielfĂ€ltig; es kann sich etwa um eine Befragung im Rahmen der Personalauslese handeln oder um die AbklĂ€rung der Entwicklung eines psychischen Problems. Neben der Gewinnung diagnostischer Daten kann das Interview aber auch lediglich das Ziel verfolgen, ein vertrauensvolles VerhĂ€ltnis zwischen Untersucher und Klient zu schaffen, das sich dann gĂŒnstig auf spĂ€tere (andersartige) Datenerhebungen auswirken kann.
8.1 Begriffsbestimmung
Weitere Begriffe, die in diesem Zusammenhang genannt werden, sind Exploration und Anamnese. WĂ€hrend Interview eine Methode (bzw. eine Klasse von Verfahren) zur Gewinnung diagnostischer Information bezeichnet, bezieht sich Exploration auf den aktuellen Vorgang der Befragung. Die Anamnese ist dagegen eines der Hauptanwendungsfelder des Interviews, insbesondere im klinischen Bereich. Anamnese bedeutet die Erhebung der Vorgeschichte eines Problems durch den Eigenbericht des Klienten bzw. den Bericht derjenigen Personen (z. B. Eltern), die dessen Vorstellung beim Psychologen oder Arzt veranlasst haben.
Beim Interview handelt es sich, jedenfalls nach dessen ursprĂŒnglicher Konzeption, um ein vergleichsweise unstrukturiertes Verfahren. Da aber gerade diese Unstrukturiertheit, wie noch gezeigt werden wird, erhebliche methodische Kritik auf sich gezogen hat, werden in zunehmendem MaĂe strukturierte Interviews erarbeitet (Ăbersicht u. a. bei KeĂler, 1982; Westhoff & Strobel, 2011, 2013). Dabei bilden die schriftlich durchgefĂŒhrten Befragungen den Ăbergang zu den in âș Kap. 10 genauer dargestellten subjektiven Verfahren. Zur allgemeinen Analyse des diagnostischen Prozesses im Interview werden wir aber zunĂ€chst das âklassischeâ, d. h. vergleichsweise unstrukturiert und mĂŒndlich durchgefĂŒhrte Vorgehen betrachten.
8.2 Der Prozess der Befragung
Verglichen mit einer Testsituation i. e. S. hat der Psychologe im Interview gröĂere Freiheiten der taktischen Planung. Wir stellen uns also wieder die Frage, wie sich grundwissenschaftliche Kenntnisse auf VorgĂ€nge im psychologischen GesprĂ€ch anwenden lassen. Wesentliches hierzu, das noch einmal ins GedĂ€chtnis gerufen werden soll, hatten wir schon in âș Kap. 7 kennengelernt (vgl. auch Kaminski, 1970).
Jede Art der Datenbeschaffung dient der Aufstellung und PrĂŒfung verschiedener Arten von Hypothesen. Eine wesentliche Hypothese, von der vieles in der Untersuchungssituation abhĂ€ngt, ist die Z2-Hypothese, d. h. die Definition des Zustands, auf den hin geĂ€ndert werden soll. MaĂgebend hierfĂŒr sind natĂŒrlich die WĂŒnsche des Klienten bzw. anderer Beteiligter (z. B. der Eltern), wie sie sich etwa im GesprĂ€ch artikulieren. Deshalb sollte die Datenbeschaffung im Allgemeinen mit einer Exploration beginnen.
Wenn Menschen etwas ĂŒber sich erzĂ€hlen, dann werden dabei Kognitionen verschiedener Art ĂŒbermittelt, z. B. Mitteilungen, Beurteilungen, Bewertungen (âș Abb. 8.1). Diese Kognitionen beziehen sich jeweils auch auf verschiedene Personen und unterschiedliche Arten von Daten, nĂ€mlich auf Kognitionen, Verhalten und UmstĂ€nde (Kaminski, 1970, S. 270). So mag ein SchĂŒler etwa dem Psychologen mitteilen, dass der Lehrer ihn wohl fĂŒr faul hĂ€lt (eine Kognition ĂŒber eine Kognition des Lehrers), dass ihn der Lehrer sehr selten âdran nimmtâ (eine Kognition ĂŒber Lehrerverhalten), und dass er tĂ€glich zwei Stunden im Zug verbringen muss (eine Kognition ĂŒber UmstĂ€nde).
Die (mĂŒndlich durchgefĂŒhrte) Exploration besteht aber nicht nur aus der Ăbermittlung von Kognitionen; in ihr verhalten sich Menschen auch, liefern also Verhaltensdaten. Unter diesen nonverbalen Daten sind von besonderem Interesse die Körperhaltung, die Gestik, Blickbewegungen sowie das Sprechverhalten (Pausen, Versprecher, Sprechgeschwindigkeit u. Ă.). Diese Daten sind in zweifacher Hinsicht bedeutungsvoll: Sie liefern (hypothetisch) Aufschluss ĂŒber den evtl. problematischen Ausgangszustand Z1 einer Person; ferner informieren sie (wiederum hypothetisch) darĂŒber, was am Verhalten des GesprĂ€chspartners im Leben drauĂen bedeutsam fĂŒr andere Menschen sein kann, also deren auf die explorierte Person bezogene Kognitionen und Verhaltensweisen beeinflussen könnte. So mag sich beispielsweise ein Kind im GesprĂ€ch als sehr leicht ablenkbar erweisen. Es ist etwa sprunghaft und kann nicht beim Thema bleiben. Dieses Verhalten sagt einiges ĂŒber den Zustand 1 des Kindes aus. Zugleich kann man vermuten, dass dieses Verhalten auch auf andere Personen wirkt, z. B. auf Eltern, Lehrer oder Freunde, und somit deren Kognitionen und Verhalten dem Kind gegenĂŒber zumindest teilweise erklĂ€rt.
Wir wollen nun den Prozess der Interaktion von Klient und Befrager im Interview genauer betrachten. Wir orientieren uns dabei an Ăberlegungen, die Kaminski (1970, S. 271ff) im Rahmen seines handlungstheoretischen Modells angestellt hat, und beginnen mit dem Klienten.
Der Klient baut ein Konzept der Situation auf, das sein Verhalten in der Exploration steuert. Dieses Konzept basiert teilweise auf verhaltenssteuernden Systemen, die der Klient in seinem tĂ€glichen Leben entwickelt hat. Der Befrager muss dabei herauszufinden suchen, ob diese Systeme im Sinne der Zielsetzung der Untersuchung relevant sind. So mag der Klient etwa generell dazu tendieren, bei GesprĂ€chen mit ihm unbekannten Personen, denen er eine gewisse AutoritĂ€t zuschreibt, misstrauisch und verschlossen zu sein. Es ist naheliegend, dass er auch die Explorationssituation in diesem Sinne kogniziert und sich in ihr âentsprechendâ verhĂ€lt.

Abb. 8.1 WĂ€hrend eines Interviews ĂŒbermittelte unterschiedliche Informationen.
Auch das Verhalten des Klienten im GesprĂ€ch kann man im Sinne eines Arbeitsflusses, analog dem besprochenen diagnostischpraktischen Arbeitsfluss im Handlungsmodell Kaminskis (âș Abb. 7.2, S. 194), auffassen. Der Klient bildet also ebenfalls eine Z2-Hypothese darĂŒber aus, was der Untersucher wohl generell von ihm will und z. B. mit einer bestimmten Frage bezweckt. Diese Frage selbst kann man als Auftrag ansehen, sich in bestimmter Weise zu verhalten. Bevor der Klient dem Auftrag gemÀà tĂ€tig wird, nĂ€mlich antwortet, wird er bestimmte Speicher befragen, z. B. den Speicher âGewissenâ, in dem seine Interessen gegenĂŒber anderen, z. B. Psychologen, niedergelegt sind. Dieser Speicher hat starken Einfluss auf das Situationskonzept des Klienten.
Die ersten verbalen und nonverbalen Reaktionen, die der Klient unter dem Einfluss seines Konzepts von der Befragungssituation manifestiert, legen ihn im Hinblick auf sein weiteres Reagieren bis zu einem gewissen MaĂe fest. Will er nicht inkonsistent und damit unglaubwĂŒrdig erscheinen, so muss er bemĂŒht sein, beispielsweise eine bestimmte Art des Verschweigens und VerfĂ€lschens oder der nonverbalen Selbstdarstellung wĂ€hrend des GesprĂ€chs durchzuhalten.
Als nÀchstes wollen wir uns anschauen, welche Anforderungen der Untersucher simultan oder kurz nacheinander in der Exploration zu bewÀltigen hat.
Er muss erstens die vom GesprĂ€chspartner gelieferten Daten verschiedener Natur (âș Abb. 8.1) verarbeiten im Hinblick auf seine Hypothesen zu Z2, den ĂnderungsumstĂ€nden, zu Z1 und dessen Bedingungen sowie zum Situationskonzept beim Klienten. Dabei muss er Wissen aus verschiedenen Speichern (âș Kap. 7) abrufen. Er muss ferner die Ergebnisse dieser Verarbeitung speichern.
Zweitens muss er sich entsprechend der taktischen Planung des GesprĂ€chs gegenĂŒber dem Klienten zweckmĂ€Ăig verhalten.
Aus der jeweiligen Datenanalyse muss er drittens sofort Konsequenzen ziehen im Sinne der strategischen Planung der GesprĂ€chsfĂŒhrung, d. h. er muss den Inhalt der nĂ€chsten Fragen festlegen.
Neue Zielsetzungen, die aus dieser strategischen Planung hervorgehen, mĂŒssen viertens sofort in eine taktische Planung umgesetzt werden. Es mĂŒssen sodann geeignete Frageformulierungen und offene Verhaltensweisen des Untersuchers aus dieser Planung resultieren. Das bedeutet, dass dasjenige Wissen, das bei der taktischen Planung mitwirkte, stets prĂ€sent gehalten werden muss.
Der Untersucher muss schlieĂlich sein offenes Verhalten stĂ€ndig kontrollieren, also mit der taktischen Planung vergleichen.
Da hiermit natĂŒrlich sehr hohe Anforderungen an den Untersucher gestellt werden, kann es zu verschiedenen Möglichkeiten des Versagens kommen.
Der Befrager kommt erstens nicht mit bei der Datenverarbeitung, d. h. er kann das benötigte Wissen im Hinblick auf die Bildung von Hypothesen nicht rasch und vollstÀndig genug abrufen. Dabei kann es auch passieren, dass bereits Ausgewertetes zumindest zeitweilig wieder verlorengeht.
Der Untersucher verhĂ€lt sich zweitens nicht zweckmĂ€Ăig. Er kann z. B. nach einer Frage nicht genĂŒgend abwarten, da er sich an den Zeitnormen orientiert, wie sie mit einer gewissen Variationsbreite fĂŒr alltĂ€gliche Unterhaltungen gelten. Der Untersucher selbst hĂ€tte hier also die Explorationssituation falsch kogniziert.
Als Folge einer fehlenden strategischen Planung kommt es drittens zu einer mangelhaften taktischen Planung. Dem Untersucher fallen keine Fragen mehr ein oder er wiederholt sich, jedenfalls werden Pausen entstehen und die Exploration wird langsam in eine Unterhaltung ĂŒbergleiten, wobei der Befrager evtl. sogar die FĂŒhrung verliert. Als Rettung mag er sich vielleicht an schematisch vorformulierte Fragen halten. Auf Möglichkeiten und Probleme einer derartigen Strukturierung eines Interviews wird im folgenden Abschnitt nĂ€her eingegangen.
Es fehlt dem Untersucher viertens an Mitteln fĂŒr die taktische Planung. So kann es ihm etwa an Wissen (Ănderungswissen aus Speicher 1 oder Bedingungswissen aus Speicher 3; âș Kap. 7) darĂŒber fehlen, durch welches Verhalten er im Klienten gĂŒnstige bzw. ungĂŒnstige Einstellungen induzieren kann. Er wird sich vielleicht, ohne es zu wissen und zu wollen, zu sehr als AutoritĂ€t darstellen. Als Folge davon wird sich der Klient sehr einseitig verhalten, was wiederum den Untersucher zu falschen Schlussfolgerungen verleitet. Der Untersucher kann die taktische Zielsetzung aber auch in seinem offenen Verhalten verfehlen, etwa weil er bestimmte notwendige Verhaltensweisen (z. B. zur Herstellung von WĂ€rme und Vertrauen) nicht in seinem Repertoire hat.
Weil der Untersucher sich fĂŒnftens auf die Auswertung der vom Klienten...
Table of contents
- Deckblatt
- Titelseite
- Impressum
- Inhaltsverzeichnis
- Vorwort und Organisation des Buches
- I Allgemeine Grundlagen
- II Konstruktion und ĂberprĂŒfung von Testverfahren
- III Diagnostische Urteile und Entscheidungen
- IV Beschaffung und Integration diagnostischer Daten
- V Anwendungsfelder der Diagnostik
- Literatur
- Index