Religionsökonomie
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Religionsökonomie

Eine Einführung

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Religionsökonomie

Eine Einführung

About this book

Religionsökonomie analysiert einerseits Religion mit wirtschaftswissenschaftlichen Modellen und untersucht andererseits kritisch ökonomische Theorien, die selbst mit einem ideologischen Anspruch auftreten, wie gutes Management oder effizientes menschliches Verhalten auszusehen hätten. Die vorliegende Einführung stellt erstmals systematisch diese junge Teilperspektive der Religionswissenschaft dar. Beschrieben werden historische Positionen wie Adam Smith und Max Weber, relevante Theorien wie die neue Institutionen- und Verhaltensökonomie, sowie die grundlegenden kulturökonomischen Praktiken produzieren, distribuieren und konsumieren. Zahlreiche Beispiele veranschaulichen, wie Ökonomisierung, Neoliberalisierung und wirtschaftliche Krisen auf Religionskulturen einwirken.

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Information

1. Einleitung

Wie lohnend es ist, Religion und Wirtschaft in ihrem Zueinander einer sorgfältigen religionsökonomischen Betrachtung zu unterziehen, zeigen einige Klassiker der Kultur- und Ideengeschichte. Manche von ihnen wurden über Revolutionen und politische Systembildungen institutionenbildend wie Adam Smith oder Karl Marx, andere kehrten Paradigmen um, indem sie wie Max Weber Beobachtungen von Wirtschaft und Religion kombinierten und einen Zusammenhang sahen, der in der Spezialisierung und durch ideologische Abgrenzung von Zeitgenossen sonst nicht erkannt wurde. In der Religionswissenschaft kann sich eine eigene Teilperspektive als Religionsökonomie auf dieses facettenreiche Feld mit einer langen und wechselvollen Geschichte spezialisieren, sowohl rekonstruktiv als auch selbst analytisch und produktiv in Aufnahme ökonomischen Wissens. Doch bevor das Potential einer Religionsökonomie in diesem Buch ausgelotet wird, seien zunächst an einem ganz „normalen“ Fall die Komplexität und Relevanz des Themas vorgeführt, mit denen sich jeder kulturökonomische Zugang konfrontiert sieht.

1.1 Ein ganz besonderes religiöses Produkt

Seit vielen Jahren gibt es Stimmen, die für eine Freigabe von Drogen werben. Erst so könnten das Geschäft und die immensen Gewinnspannen des Drogenverkaufs zerstört werden. Gerade die Freigabe käme den Abhängigen zugute und sei die beste Prävention. Die Entkriminalisierung auf juristischer Ebene sei wirkungsvoller als das Verbrennen von entdeckten Drogen wie Kokain und Heroin, das einem Tropfen auf den heißen Stein gleichkomme. Nun gibt es eine religiöse Gruppe, die über die Ausnahmegenehmigung verfügt, Drogen zu nutzen. Da diese Gruppe historisch in ihrem Ritualdesign, also intentional, den Gebrauch dieser Rauschmittel vorsieht, ist es ihr in den USA erlaubt, Drogen zu konsumieren. Das ist natürlich ein unglaublicher Marktvorteil dieser Gruppe, könnte man meinen, ein Alleinstellungsmerkmal geradezu. Und man wundert sich fast, dass es sich noch nicht bis zu einem selbst herumgesprochen hat, dass es diese Möglichkeit gibt. Da wäre so mancher bereit, die 200 Dollar für einen „autorisierten Mitgliedsausweis“ auszugeben, mit anderen Worten in den eigenen verbilligten und straffreien Drogenkonsum „zu investieren“. Was mit der Mitgliedschaft als Clubgut gekauft wird, ist neben anderem das Recht auf Drogenkonsum, – ein Recht als Gut.
Wessen Interesse an diesem Recht geweckt ist, der sollte online ein Formular ausfüllen und über Skype eine Konsultation mit der Native American Church of the United States of America (NAC) führen, um deren Mitglied zu werden. Ausdrücklich wird man auf der Homepage der NAC darüber informiert, dass man zugleich Mitglied in anderen religiösen Vereinigungen zum Beispiel in seiner Chanting-Gruppe oder der Erzdiözese München-Freising bleiben kann. Die grundsätzliche Öffnung indigener Tradition und religiösen Wissens und Praktik ist zwar zum Teil bis heute heftig intern umstritten (Owen 2011), doch das Marketing stetzt eine lediglich geringe Eintrittsbarriere.
Nun wird den einen oder anderen vielleicht die Produktpalette an Drogen interessieren, auf die sich das Recht bezieht: Peyote, Cannabis, Marihuana, ayahuasca und einige weitere „Kräuter“ sind im Angebot. Dieser Kirche nativer Amerikaner ist für ihren traditionellen Peyote-Kult der Verzehr des bitteren Peyote-Kaktus erlaubt, dessen Bestandteil Meskalin zu Halluzinationen führt. Die Wirkung setzt ungefähr zwei Stunden nach Verzehr ein, – sofern einem von der Bitterkeit nicht so schlecht geworden ist, dass man zu geinge Mengen konsmuiert hat, und hält dann zwischen acht und zwölf Stunden an. Mitglieder des hawaiianischen Zweigs der Native American Church dürfen auch höchstrichterlich zu Kultzwecken Cannabis mit sich führen.1 Ein Verfahren wegen des Besitzes und Gebrauchs von Marihuana des hawaiianischen Zweigs der Gruppe ist allerdings noch anhängig.2
Die psychogenen Stoffe werden in der NAC während gemeinschaftlicher Zeremonien eingenommen. Ihnen wird neben der persönlichkeitstransformativen auch eine heilende Wirkung zugeschrieben. Heilung und Stärkung (healing and empowerment) sind demnach die verheißenen Güter der NAC, die in Ritualen und „Sakramenten“ erfahren werden. Die dabei vereinnahmten Mineralien und Pflanzen sind lediglich Ritualmedien. Sie werden naturalisiert und spiritualisiert, indem sie als Gabe der Erde bezeichnet werden, – einer Erde, der ebenfalls besondere Bedeutung in der Weltsicht der Gruppe zugewiesen ist.
Die NAC bedient sich selbstverständlich auch einer virtuellen Selbstpräsentation zur Marktpositionierung. In ihr fällt auf, wie sehr hier der Bezug auf die Verfassungsrechte in den USA sowie auf laufende Jurisdiktion eine Rolle spielen.3 Das Recht auf Religionsfreiheit wird wiederholt angeführt, sowie das Recht, Land für Zeremonien zu nutzen und die Ausnahmeregelungen auch auf Mitglieder anzuwenden, die nicht ethnisch indigene Amerikaner sind. Gerade der letzte Punkt verleiht dieser Organisation großes Potential zu Mitgliederwachstum und öffnet sie zu einer transnationalen Spiritualität. Der weite Raum, den Hinweise der rechtlichen Situation einnehmen, ist zum einen natürlich ein Spiegel der steinigen Emanzipationsgeschichte dieser „Kirche“ innerhalb der US-amerikanischen Religionsgeschichte. Zum anderen baut sie aber auch Informationsasymmetrie und Unsicherheit ab, die zu einem erweiterten Produkt besteht (den psychogenen Stoffen) und in Bezug auf die Besitzverhältnisse des Stückes Land, das für Rituale benutzt wird. So rücken bestimmte Merkmale und Zeremonien in die Aufmerksamkeit, während viele andere in den Hintergrund treten wie das Potlatsch-Ritual für Wohlstand, der Geister- und der Sonnentanz oder weitere Rituale, in denen es um das Spüren des alles durchwehenden Geistes und Windes geht.
Die starke Struktur der NAC als Kirche wird aus dem, was Institutionenökonomen normativen Zwang im organisationalen Bezugsfeld nennen (DiMaggio/Powell 2000), zu erklären sein: aus dem Wunsch nach Gleichstellung mit anderen religiösen Traditionen in einem gleichen Feld, hier unter amerikanischem Verfassungsrecht, das zur Folge hat, dass man die rechtliche Organisationsform wählt, die die Interessen am besten verwirklicht.
Aufpassen sollte man als NAC-Mitglied allerdings im US-amerikanischen Bundesstaat Utah – dem Mormonenstaat. Dieser hat auf bundesstaatlicher Ebene die Drogenfreigaben für die NAC legislativ nicht mitvollzogen. Entsprechende Verfahren sind anhängig. Mormonen, die auch die Droge Alkohol ablehnen, – selbst in Flugzeugen, die ihr Territorium überfliegen für die Zeit des Überflugs, opponieren gegen den Umgang mit Drogen in der NAC. Das bringt uns wieder zur kulturökonomischen Deutung dieser religiösen Gruppe: Wettbewerb und die Konkurrenz mit vielen anderen Ritualanbietern drängen sich auf. Die Monopolstellung, am religiösen Partialmarkt Drogen im Portfolio zu bieten, wird angegriffen. Welche Folgen, vielleicht sogar strukturellen, wird das haben? Die starke Marktorientierung der NAC lässt sich schon an der Standardisierung des Produktes und seiner Professionalisierung ablesen. Mit der Ausnahmeregelung verfügt der Anbieter über ein lukratives Produkt. Mitgliederbeiträge sind gestaffelt von der Grundmitgliedschaft für 200 Dollar über „Stammesmitgliedschaft“ für nur 25 Dollar und 10 Dollar für Angehörige des Militärs und Kriegsveteranen.4 Auch der „contribute now“ Button, der digitale Spendenknopf, fehlt nicht auf der Seite, auf der man Mitgliedschaft beantragt. Der Produktnutzen der Mitgliedschaft wird eigens ausgeführt: Neben der Ritualteilnahme sind das die Erlaubnis zum Mitführen von Adlerfedern und weiteren rituellen Gegenständen sowie eine Rechtsberatung durch anwaltliche Experten, falls das Mitglied in einschlägige Konflikte geraten sein sollte, etwa dadurch dass es die Zeremonien auf fremdem privatem Grund in der Natur durchgeführte oder ein Cannabis-Päckchen zugestellt bekam.
Viele Firmen haben von indigenem religiösem Heilwissen profitiert und Produkte auf den pharmazeutischen Markt gebracht, die jene Wirkstoffe nutzen. Sarah Dees hat aufgearbeitet wie diese Vertriebsfirmen (z.B. die Kickapoo Indian Medcine Company) und damit die Kommodifizierung von entsprechendem Wissen schon in den 1880er Jahren zu beobachten sind. Neben Firmen waren es auch Akteure von New Age, Neo-Schamanismus, Vision Quest bis humanistischer und transpersonaler Psychologie, die Versatzstücke der amerikanischen Ersteinwohner aufgegriffen und sich einverleibt haben. Auch darum herrscht ein Deutungs- und Besitzkampf im diskursiven Feld, der von ethnischen Ersteinwohnern teils als Ausverkauf der eigenen Tradition verurteilt wurde und die daher die Mitgliedschaft wieder zu einem exklusiven Clubgut machen möchten.

1.2 Der religionsökonomische Diskurs

Dieses kleine Beispiel der NAC zeigt uns schon einige wichtige Koordinaten an, die jede Religions- und Kulturökonomie aufeinander beziehen können muss: Markt, Institutionen im Markt und Marktphasen, Wettbewerb, historische und kulturelle Einbettung, Alleinstellungsmerkmale eines Produkts, ihr Marketing, monopole Marktstellung, Organisationsform und Rechtskontext.
Es gibt eine Vielzahl von wirtschaftswissenschaftlichen Modellen, diese Zusammenhänge zu untersuchen. Dieser Band möchte einen Überblick verschaffen, was wissenschaftsgeschichtlich in einem engeren Sinne bereits religionsökonomisch gedacht wurde, welche Disziplinen relevant sind und welche Theorien Disziplinen übergreifend bereits das Feld bearbeiten. Dabei halte ich die Neue Institutionenökonomik derzeit für einen besonders vielversprechenden Ansatz, da sie den erklärungsstarken Begriff der Institution entfaltet, der Formen von Gewohnheiten bis hin zu Organisationen und deren übergeordnete Interaktionen umfasst. Kultur und historische Kontingenz können in diesem Rahmen sehr gut und empirisch untersucht werden. Doch damit sollen andere Forschungen wie praxeologische, system- oder feldtheoretische nicht ausgeschlossen werden.
In diesem Band geht es um die Begründung einer Religionsökonomie als Teilperspektive der Religionswissenschaft. Doch diese Spezialisierung macht nur Sinn im Rahmen einer Kulturökonomie, in der Wirtschaftssoziologen, -ethnologen, Ökonomen und einige weitere Disziplinen zusammenarbeiten, da ihr Gegenstand zugleich immer in die weiten Gefilde der Kultur hinausreicht. Am gängigsten ist die Metapher der Einbettung in das Behältnis Kultur, um die Kulturalität des Wirtschaftens zu benennen. Unter dem Gegenstand der Religionsökonomie wird hier der Diskurs um Religion und Wirtschaft verstanden sowie die Anwendung von ökonomischen Modellen auf kulturelle Gegenstände. Letztere ist natürlich mit der Frage nach Grenzen und Leistung dieser Anwendung zu verbinden, denn ökonomische Modelle haben ihren Gegenstand ja nicht in erster Linie als kulturell variant und historisch veränderlich vor Augen. Die hier entworfene Religionsökonomie entwirft demnach einen diskursanalytischen und einen modelltheoretischen Zugang.
In diesem Diskurs um Religion und Wirtschaft wird vom Marketing der Religion gesprochen, wir hören die Forderung nach mehr Kundenorientierung der religiösen Anbieter, es ist die Rede von dem Zehnten und religiösen Märkten, gute Taten werden unter Verbesserung des Karma verbucht; es gibt religiöse Finanzprodukte und trotzdem oder deswegen befürchten andere den „Ausverkauf des Glaubens“, während wieder andere so etwas wie Eigentums-, Marken- und Nutzungsrechte geltend machen zum Beispiel an yogischen Körperhaltungen oder einem wahren Muslimsein. Und wenn ökonomische Modelle auf Religion als Teil von Kultur angewendet werden, kommt es zu Formulierungen wie der von einer symbolischen Ökonomie, von spirituellem Kapital, der Nachfrage nach Religion. Verhaltensweisen von Gebetsgemeinschaften werden begriffen als kostensenkende Kooperation oder verlustreiches Riskieren, um nur einige sehr interessante Themen schon zu nennen.
Ein solcher „religionsökonomischer“ Diskurs ist mittlerweile abgrenzbar und zwar unter Wissenschaftlern5 unabhängig davon, ob sich die Diskursteilnehmer als Religionsökonomen bezeichnen würden oder nicht. Dieses Buch möchte mit einem weiten Verständnis von Religionsökonomie bisherige historische Positionen in den einschlägigen Diskurs hineinnehmen, die nicht nur aus der Religionswissenschaft im engen disziplinären Verständnis herrühren. Eine Wissenschaftsgeschichte der Beschäftigung mit Religion und Wirtschaft soll rekonstruiert werden. Kriterium der Auswahl ist daher eher der Gegenstand, nämlich der Diskurs Religion und Wirtschaft, anstatt die Selbstbeschreibung der Diskursteilnehmer. Zugleich geht es um die systematische Entfaltung einer Religionsökonomie, die gerade darin ihre Eigenständigkeit erweist. Sie wird in ihrem derzeitigen Zustand als eine sich bereits abzeichnende und zukünftig noch zu professionalisierende Perspektive innerhalb der Religionswissenschaft angesehen.
Die Religionsökonomie kann in diesem Sinne als ein Diskurs beziehungsweise als mehrere historisch sukzessive oder synchrone Diskurse identifiziert werden, die durchaus auch bereits disziplinär sichtbar werden. Dies geschieht in einigen frühen Selbstbezeichnungen als Religionsökonomie, in einschlägigen Institutionen und wissenschaftlichen Vereinigungen, die sich inzwischen gebildet haben und vor allem in der Verknüpfung von Werkreferenzen, in denen bereits Schulrichtungen greifbar sind. Ein solcher akademischer Fingerabdruck in Sachen Religionsökonomie wäre die Verknüpfung von Max Weber, Pierre Bourdieu und Richard Swedberg; ein anderer die Verknüpfung von Rodney Stark, Laurence Iannaccone, Rachel McCleary und Steve Bruce (letzterer als Kritiker); ein dritter Fingerabdruck jener von Stanley Tambiah, den Comaroffs, James Twitchell und Karl Polanyi, oder Eckhart Schlicht, Richard Sosis, Candace Alcorta, – also eine Weber-Tradition, eine Rational-Choice-Tradition, eine wirtschaftsethnologische und eine evolutionär-verhaltensökonomische Linie. Das ist noch sehr grob, denn allein innerhalb der aufgezählten gäbe es jeweils auch andere Werkreferenz-Netzwerke, zum Beispiel die Rationalwahl-Linie James S. Colemans, Hartmut Essers, Siegwart Lindenbergs, Jörg Stolz’. Jedoch wichtig ist als Argument, dass es bereits Lagerbildungen und Lesetraditionen gibt, die selbst in der übersichtlichen Religionsökonomie zu einen gelenkten und zum Teil sogar erschwerten Wissensaustauch führen.
Zu dieser Aussageformation des religionsökonomischen Diskurses gehören neben den Autoren-Ketten ebenso prominent die Verbindungen von bestimmten Konzepten miteinander. Zu denken wäre etwa an die Verbindung von Märkten mit Heilsgütern, von Askese mit Kapitalismus, von Wettbewerb mit religiösem Pluralismus, von jenseitigem Gewinn mit Nutzenfunktionen, von Ökonomisierung und Supermarktreligion. Auch hier hat sich bereits seit Jahrzehnten ein Netz von Fragestellungen, Thesen, Praktiken, Figuren und Polemiken und damit eine spezifische diskursive Struktur ausgebildet. Genau in diesem Sinne wird die Religionsökonomie als eine diskursive Formation vorgeführt, die quer zu Debatten (wie etwa der Debatte zu Globalisierung oder Mikrokrediten) und quer zu Disziplinen (wie Wirtschaftskulturforschung, Wirtschaftssoziologie, Wirtschaftsethik) verläuft.

1.3 Von der Möglichkeit einer Religionsökonomie

Nachdem Religion in einer kulturwissenschaftlichen Religionswissenschaft nicht als metasprachliches Konzept funktioniert, kann auch nicht einfachhin als Gegenstand der Religionswissenschaft Religion angegeben werden. Ein essentialistisches Verständnis von Religion als allgemeinmenschliches Phänomen oder als eingegrenztes gesellschaftliches Funktionssystem ist kulturwissenschaftlich ungenügend. Wie dann der religionswissenschaftliche Gegenstandsbereich vorzustellen ist, wird im Folgenden über ein Selbstverständnis von Religionswissenschaft eingeführt. Der Gegenstandsbereich wird somit von Fragestellungen, Konzepten und Methodologien her gedacht, anstatt als Erläuterung oder gar Definition von Religion. Diese Klärung betrifft natürlich auch die Frage nach der Möglichkeit einer Religionsökonomie als Teil der Religionswissenschaft und legt den Grund für die religionsökonomische Systematik am Ende der Einleitung.
In der Religions...

Table of contents

  1. Deckblatt
  2. Titelseite
  3. Impressum
  4. Inhalt
  5. Vorwort
  6. 1 Einleitung
  7. 2. Aus der Wissenschaftsgeschichte zu Religion und Wirtschaft
  8. 3. Ökonomische Theorien als Modelle in der Religionsökonomie
  9. 4. Ökonomische Theorien als Gegenstand der Religionsökonomie
  10. 5 Schluss: Notwendige Spezialisierung
  11. Literatur
  12. Personenindex
  13. Sachindex