Soziale Arbeit mit Menschen mit Demenz
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Soziale Arbeit mit Menschen mit Demenz

Grundwissen und Handlungsorientierung fĂŒr die Praxis

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Soziale Arbeit mit Menschen mit Demenz

Grundwissen und Handlungsorientierung fĂŒr die Praxis

About this book

Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels gewinnt die Soziale Altenarbeit an Bedeutung. Eine besondere Herausforderung bildet in der Praxis die wachsende Zahl von Menschen mit Demenz. Neben den klassischen Aufgaben wie Beratung und Entlastung pflegender Angehöriger entstehen fĂŒr dieses Praxisfeld ganz neue TĂ€tigkeitsbereiche wie Förderung von Freiwilligenengagement, Netzwerkarbeit im familiĂ€ren System oder die Ermöglichung sozialer Teilhabe.Das Buch bereitet das Grundwissen sowohl fĂŒr die Bachelor- und Master-Studierenden der Sozialen Arbeit, aber auch fĂŒr die Weiter- und Fortbildung von Praktikern kompakt auf. Über die Vermittlung von Theorie, Konzepten und Methoden hinaus ist die Darstellung mit vielen Praxisbeispielen und engem Praxisbezug vor allem handlungsorientiert.

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Information

1 Gesellschaftliche Relevanz

Demenz bezeichnet eine erworbene BeeintrĂ€chtigung der geistigen LeistungsfĂ€higkeit mit schwerwiegenden Einbußen in den Bereichen GedĂ€chtnis, Orientierung, UrteilsfĂ€higkeit und Sprachvermögen und einem zunehmenden Verlust von Alltagskompetenzen (
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Kap. 2). Es handelt sich auch aufgrund der HĂ€ufigkeit um ein Krankheitsbild von hoher gesellschaftlicher Relevanz.

HĂ€ufigkeiten

Die PrĂ€valenz bezeichnet die Anzahl der Erkrankten in der Bevölkerung zu einem bestimmten Zeitpunkt. Nach Bickel leben in Deutschland zurzeit ungefĂ€hr 1,5 Millionen Menschen mit Demenz. Bei ca. zwei Drittel von ihnen wird von der Alzheimer-Erkrankung ausgegangen (vgl. Bickel, 2014, S. 1). Tabelle 1.1 gibt einen Überblick ĂŒber die geschĂ€tzte Anzahl der an Demenz erkrankten Menschen in der Bundesrepublik im Jahr 2012.
Tab. 1.1: GeschÀtzte Anzahl demenziell erkrankter Menschen in Deutschland 2012
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Bei Demenzen handelt es sich um sogenannte alterskorrelierte Erkrankungen. Das geschÀtzte Vorkommen steht in direktem Zusammenhang mit dem Anteil Àlterer Menschen in einem Land, einer Region oder einer Kommune. Um SchÀtzwerte bezogen auf Altersgruppen und Geschlechtszugehörigkeiten zu ermitteln, können die PrÀvalenzraten aus Tabelle 1.2 zugrunde gelegt werden.
Tab. 1.2: PrÀvalenzrate der Demenz in AbhÀngigkeit vom Alter
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Demenzielle Erkrankungen vor dem 65. Lebensjahr treten vergleichsweise selten auf. Man schĂ€tzt die Anzahl von Menschen mit frĂŒh beginnender Demenz in der Bundesrepublik auf ca. 20.000 (vgl. ebd., S. 2).
Geschlechterunterschiede bei Anzahl und PrĂ€valenzrate zeigen auf, dass Frauen hĂ€ufiger als MĂ€nner demenziell erkranken. Die Hauptursache liegt in der höheren durchschnittlichen Lebenserwartung von Frauen, die somit in den stark von Demenz betroffenen Altersgruppen von hochbetagten Personen stĂ€rker vertreten sind. Weiterhin scheinen demenziell erkrankte Frauen lĂ€nger zu ĂŒberleben als betroffene MĂ€nner. Auch besteht bei weiblichen Personen in den höchsten Altersstufen ein leicht erhöhtes Risiko der Neuerkrankung (vgl. ebd., S. 4).

Zunahme der Anzahl

Bei der geschĂ€tzten Zunahme der Krankenzahl in Deutschland vom Jahr 2010 bis zum Jahr 2050 geht man von 300.000 Neuerkrankungen im Jahr aus, d. h. die jĂ€hrliche Inzidenz liegt bei 300.000. Sofern keine neuen Maßnahmen in PrĂ€vention und Therapie entwickelt werden, muss – abzĂŒglich der SterbefĂ€lle – mit einem durchschnittlichen Anstieg der Zahl der Betroffenen um 40.000 pro Jahr ausgegangen werden. Dieser betrĂ€gt tĂ€glich mehr als 100 FĂ€lle. Die Zahl von Menschen mit Demenz wird sich in Deutschland unter diesen UmstĂ€nden bis zum Jahr 2050 ungefĂ€hr verdoppeln und eine Summe von ĂŒber drei Millionen erreichen, was Tabelle 1.3 verdeutlicht (vgl. ebd., S. 4).
Tab. 1.3: GeschÀtzte Zunahme der Anzahl an Demenz erkrankter Menschen in der Bundesrepublik
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Weltweite Relevanz

Das Krankheitsbild Demenz ist auch von globaler Relevanz. Nicht nur auf die einzelnen Menschen, auch auf die Gesellschaften und die Volkswirtschaften der Nationen sind die Auswirkungen enorm. Die Weltgesundheitsorganisation und Alzheimer’s Disease International fĂŒhren aus, dass bezogen auf das Jahr 2010 global von 35,6 Millionen demenziell erkrankter Menschen ausgegangen werden kann und fĂŒr 2050 ein Anstieg der KrankheitsfĂ€lle auf 115,4 Millionen prognostiziert wird. Man rechnet mit 7,7 Millionen jĂ€hrlichen Neuerkrankungen, das entspricht alle vier Sekunden einem neuen Fall weltweit: »The total number of people with dementia worldwide in 2010 is estimated at 35.6 million and is projected to nearly double every 20 years, to 65.7 million in 2030 and 115.4 million in 2050. The total number of new cases of dementia each year worldwide is nearly 7.7 million, implying one new case every four seconds« (World Health Organization & Alzheimer’s Disease International, 2012, S. 2). Die geschĂ€tzten volkswirtschaftlichen Gesamtkosten wurden dabei fĂŒr das Jahr 2010 weltweit auf 604 Milliarden US-Dollar veranschlagt (vgl. ebd.).

Demenz und PflegebedĂŒrftigkeit als interdisziplinĂ€re Themenfelder

Der demografische Wandel verĂ€ndert die Altersstruktur der Bevölkerung durch die Zunahme der Zahl Ă€lterer Personen. Insbesondere die Gruppe hochbetagter Menschen wird deutlich an Gewicht gewinnen. Dies hat Konsequenzen fĂŒr die Versorgungslandschaft und eine Vielzahl von interdisziplinĂ€ren Aufgaben im Dienstleistungssektor gerontologischer Handlungsfelder (vgl. Karl, 2008, S. 271 ff). Die Nachfrage von Personen mit PflegebedĂŒrftigkeit und Demenz geht heute schon ĂŒber eine rein medizinische und pflegerische Versorgung, wie sie z. B. in Kliniken und Altenheimen geleistet wird, hinaus. Sogenannte »vorgelagerte Angebotsformen wie z. B. betreutes Wohnen [...], betreute Wohngruppen fĂŒr Demenzkranke und ein Case Management zur Gestaltung hĂ€uslicher Pflegearrangements« (Engels, 2008, S. 75) ermöglichen Menschen mit Demenz oder Pflegebedarf den Verbleib im sowie die Inklusion ins Wohnquartier (
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Kap. 13.2.3). Diese Versorgungsleistungen werden aus volkswirtschaftlicher Sicht und aufgrund der Anliegen Betroffener in den kommenden Jahren quantitativ und qualitativ zu optimieren sein, unter Einbezug der entsprechenden psychosozialen, kulturbezogenen und pÀdagogischen Professionen (vgl. ebd.).

Der öffentliche Diskurs

Menschen mit Demenz und ihre Versorgungssituation sind oftmals Gegenstand der öffentlichen Wahrnehmung und medialen Rezeption. Vertreter Sozialer Arbeit sind in der Arbeitspraxis vielfach aufgefordert, Positionen zu beziehen und diese zu begrĂŒnden.
Diskursthemen können sich beziehen auf:
‱ die Finanzierbarkeit der Versorgung bei PflegebedĂŒrftigkeit,
‱ die LebensqualitĂ€t von Menschen mit Demenz,
‱ prominente Betroffene (Ronald Reagen, Walter Jens, Rudi Assauer etc.),
‱ die QualitĂ€t der Altenheime,
‱ den Umgang mit Erkrankten
‱ und viele weitere Aspekte.
Exemplarisch genannt werden kann das Buch von Martina Rosenberg (2012) »Mutter, wann stirbst du endlich? Wenn die Pflege der kranken Eltern zur Zerreißprobe wird.« In dem Buch beschreibt sie ihre Pflegesituation mit einer an Demenz erkrankten Mutter und einem Vater, der an Depression leidet. Gemeinsam mit ihrem Mann und ihrer Tochter lebt sie mit ihren Eltern in einem Mehrfamilienhaus. Die immer schwieriger werdende Organisation des Alltags ĂŒberfordert letztendlich ihre eigenen Ressourcen. Ihr Fall und ihre MedienprĂ€senz sind ein Beispiel fĂŒr die kontrovers gefĂŒhrten Debatten zum Thema PflegebedĂŒrftigkeit und Demenz in der Öffentlichkeit.
Die Alzheimer Gesellschaft Baden-WĂŒrttemberg hat in einer Kampagne mit sogenannten »VerstĂ€ndniskĂ€rtchen fĂŒr Menschen mit einer beginnenden Demenz« ĂŒber die Situation demenzkranker Menschen in einer frĂŒhen Phase aufgeklĂ€rt (
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Abb. 1.1). Die Karten sehen aus wie Visitenkarten, nur mit einem anderen Aufdruck. Auf der Website der Alzheimer Gesellschaft Baden-WĂŒrttemberg sind sie abgebildet.
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Abb. 1.1: VerstĂ€ndniskĂ€rtchen fĂŒr Menschen mit einer beginnenden Demenz
(Alzheimer Gesellschaft Baden-WĂŒrttemberg e. V., o. J.)
Es wird davon ausgegangen, dass Menschen mit einer anfÀnglichen Demenz mittlerweile vielfach im öffentlichen Raum anzutreffen sind, z. B. an einer Kasse, an einem Bankschalter, im Bus etc. Hier sieht man mit den VerstÀndniskÀrtchen ein simples Instrument zur Kontaktaufnahme und VerstÀndigung. Auf der Website...

Table of contents

  1. Deckblatt
  2. Titelseite
  3. Impressum
  4. Inhalt
  5. Einleitung
  6. 1 Gesellschaftliche Relevanz
  7. 2 Basiswissen zu Demenz
  8. 3 Ambulant vor stationÀr: Die Pflegeversicherung
  9. 4 Zentral fĂŒr Menschen mit Demenz: Alltagskompetenz und LebensqualitĂ€t
  10. 5 Nichtmedikamentöse Konzepte und AnsĂ€tze fĂŒr Menschen mit Demenz
  11. 6 Kommunikation mit Menschen mit Demenz
  12. 7 Handlungskompetenz im Umgang mit herausforderndem Verhalten von Menschen mit Demenz
  13. 8 Intergenerationelle Soziale Arbeit
  14. 9 Demenz bei geistiger Behinderung
  15. 10 Wer pflegt? Familiale Sorgeleistung pflegender Angehöriger
  16. 11 Fokus Beratung: Pflegeberatung mit Case Management, Wohnberatung und Beratung bei Demenz (Martin Kamps)
  17. 12 PrÀvention von Gewalt in der Pflege
  18. 13 Vertiefende Aspekte zur Sozialen Arbeit im Kontext mit Demenz
  19. Literaturverzeichnis