Im Zuge steigender gesellschaftlicher Unsicherheit sind soziale Kompetenzen zentral für eine gelungene Entwicklung von Kindern und Jugendlichen und Grundlage der sozialen Inklusion in einer diversen Zivilgesellschaft. Über welche sozialen Kompetenzen verfügen Heranwachsende, und wie können sie wirksam gefördert werden? Diese Fragen stehen im Mittelpunkt des Buchs, in dem renommierte deutschsprachige Forschende ihre wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Entwicklung und Förderung sozialer Kompetenz darstellen. Durch eine integrative Perspektive auf theoretische Erkenntnisse und Praxisbefunde spricht das Buch Studierende, Forschende und im erzieherischen und therapeutischen Umfeld tätige Personen gleichermaßen an.
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B Förderung sozialer Kompetenz: Ansätze zur Prävention und Intervention
8 Förderung sozial-emotionaler Kompetenzen im Vorschulalter: Ergebnisse der Augsburger Längsschnittstudie zur Evaluation des primärpräventiven Programms Papilio® (ALEPP)
Herbert Scheithauer, Rebecca Bondü, Markus Hess und Heidrun Mayer
8.1 Zur Bedeutung sozial-emotionaler Kompetenz im Vorschulalter
Soziale Kompetenz kann – auf einer allgemeinen Ebene – nach Rose-Krasnor (1997; vgl. Rubin & Rose-Krasnor, 1992) als die Effektivität in sozialen Interaktionen definiert werden. Die Effektivität bezieht sich dabei auf das Erreichen persönlicher Ziele in sozialen Situationen, unter Wahrung der allgemeingültigen sozialen Regeln und Normen und unter Aufrechterhaltung der positiven Beziehungen zu anderen Personen über die Zeit und über verschiedene Situationen hinweg. Soziale Kompetenz umfasst somit eine Vielzahl von sozialen Fertigkeiten und Verhaltensweisen, die sich auf erfolgreiche soziale Interaktionen im sozialen Umfeld beziehen. Sozial kompetentes Verhalten beschreibt demzufolge das konkrete Verhalten einer Person, das in einer spezifischen Situation dazu beiträgt, die eigenen Ziele zu verwirklichen, wobei gleichzeitig die soziale Akzeptanz des Verhaltens gewahrt, also niemand geschädigt oder benachteiligt wird (Kanning, 2002, S. 155). Neuere Modelle gehen davon aus, dass sozial kompetentes Verhalten aus dem Zusammenspiel von psychologischen (hier in erster Linie Kognition und Emotion), sozialen und biologischen Komponenten resultiert (Beauchamp & Anderson, 2010). Kognitive Fähigkeiten (z. B. differenzierte Wahrnehmung, Fähigkeit zum Perspektivenwechsel) bilden somit eine Voraussetzung für sozial kompetentes Verhalten (vgl. Petermann & Wiedebusch, 2003; Saarni, 1999; von Salisch, 2002).
Emotionale und soziale Kompetenzen sind eng miteinander verknüpft, wie die folgende Abbildung 8.1 verdeutlicht. Allgemein kann unter emotionaler Kompetenz die Fähigkeit verstanden werden, mit den eigenen Emotionen und den Emotionen anderer Personen angemessen umzugehen. Auch emotionale Kompetenz setzt somit eine Reihe unterschiedlicher, entwicklungspsychologisch relevanter Fertigkeiten voraus. Petermann und Wiedebusch (2003) beschreiben emotionale Kompetenz daher als Fertigkeiten in den folgenden Bereichen:
• das Erkennen des mimischen Emotionsausdrucks anderer Personen,
• sprachlicher Emotionsausdruck,
Abb. 8.1: Zusammenhang zwischen emotionaler und sozialer Kompetenz (mod. aus Mayer, Heim & Scheithauer, 2012)
In verschiedenen Studien wurde untersucht, hinsichtlich welcher Fertigkeiten und Verhaltensweisen sich sozial kompetente von nicht sozial kompetenten Kindern unterscheiden. Sozial kompetente Kinder weisen demzufolge positive Peer-Beziehungen und eine positive Beziehung zur Erzieherin bzw. Lehrperson auf und zeichnen sich insgesamt durch eine erfolgreiche Anpassung an das soziale Umfeld sowie durch prosoziales Verhalten (z. B. Teilen, Kooperieren, Helfen) aus (z. B. Ladd, Birch & Bushs, 1999; Pianta, Nimetz & Bennett, 1997; Wentzel, 1991). Nicht sozial kompetente Kinder weisen dagegen Verhaltensprobleme auf, die vom internalisierenden (z. B. extreme Formen von Schüchternheit) bis hin zum externalisierenden Spektrum (z. B. aggressives Verhalten) reichen und mit spezifischen Störungen, wie zum Beispiel der Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung einhergehen können. Zudem zeigen diese Kinder nur in geringem Maße prosoziales Verhalten und sind kaum in die Peer-Gruppe integriert (Henricsson & Rydeall, 2004; Vaughn, Vollenweider, Bost, Azria-Evans & Snider, 2003; Webster-Stratton & Hammond, 1998).
Darüber hinaus konnten Längsschnittstudien zeigen, dass es sozial kompetenteren Kindern leichter gelingt, Freundschaften zu schließen und einen hohen sozialen Status in der Peergruppe zugesprochen zu bekommen (Santos, Vaughn, Peceguina & Daniel, 2014). Außerdem ist sozial kompetentes Verhalten in der frühen Kindheit mit einem reduzierten externalisierenden und internalisierenden Verhalten in der späten Kindheit und Jugend assoziiert (Vaughn, Hahn & Haynes, 2010).
8.2 Förderung sozial-emotionaler Kompetenzen und Prävention von Verhaltensproblemen
Insbesondere das Kindergarten-(Vorschul-)alter stellt entwicklungspsychologisch gesehen die Zeitspanne dar, in der emotionale Kompetenzen und darauf aufbauende soziale Kompetenzen entwickelt werden (Fabes, Martin & Hanish, 2009). Soziale Kompetenzdefizite können durch Programme, die sozial-emotionalen Kompetenzen von Kindern fördern, verhindert bzw. eingedämmt werden. Papilio® (Mayer, Heim & Scheithauer, 2012, 2015) ist ein solches entwicklungsorientiertes Programm zur Prävention von Verhaltensproblemen und zur Förderung sozial-emotionaler Kompetenzen im Kindergartenalter. Idealerweise sollten sich Präventionen an empirisch fundierten Modellen zum normalen und abweichenden kindlichen Entwicklungsverlauf orientieren und gleichermaßen die für Verhaltens- und emotionale Störungen potentiell Risiko erhöhenden als auch Risiko mildernden Bedingungen berücksichtigen (Scheithauer, Mehren & Petermann, 2003; Scheithauer & Petermann, 1999, 2010). Die zentralen Ziele von Papilio® bestehen somit darin,
• den Einfluss von Risikofaktoren (z. B. Verhaltensauffälligkeiten wie aggressives oder soziales Rückzugsverhalten) für Verhaltens- und emotionale Störungen zu reduzieren,
• für Verhaltens- und emotionale Störungen bekannte Schutzfaktoren zu stärken (z. B. positive Eingliederung in die Gleichaltrigengruppe) und
• die Kinder bei der Bewältigung der altersrelevanten Entwicklungsaufgaben zu unterstützen (z. B. Entwicklung emotionaler Kompetenz).
Dabei fokussiert Papilio® insbesondere auf die folgenden Entwicklungsaufgaben:
• die Fähigkeiten, die eigenen Emotionen und die anderer zu erkennen;
• die eigenen Emotionen und das eigene Verhalten zu steuern;
• Regeln, die in der sozialen Interaktion eine Rolle spielen, zu erlernen und zu befolgen;
• die Fähigkeiten/Fertigkeiten, Beziehungen mit anderen Kindern zu initiieren, Empathie zu zeigen, zu kooperieren und Hilfe anzubieten.
Inzwischen liegt eine Reihe von Programmen zur Prävention von Verhaltensproblemen (insbesondere von externalisierenden Verhaltensproblemen) im Vorschulalter vor, deren Wirksamkeit als gut belegt gilt (z. B. August, Realmuto, Hektner & Bloomquist, 2001; Barkley et al., 2000; CPPRG, 2002; Denham & Burton, 1996; Han, Catron, Weiss & Marciel, 2005; Tremblay, Pagani-Kurtz, Masse, Vitaro & Pihl, 1995; Webster-Stratton, Reid & Hammond, 2001). Zudem existieren bereits mehrere Meta-Analysen und Überblicksartikel zur positiven Wirksamkeit von frühen präventiven Interventionsprogrammen (z. B. Camilli, Vargas, Ryan & Barnett, 2010; Manning, Homel & Smith, 2010; McCabe & Altamura, 2011). Dabei haben sich soziale Fertigkeitstrainings, die Förderung sozial-emotionaler Kompetenzen und der Verhaltensregulation in Kombination mit weiteren Maßnahmen (z. B. Elterntraining, Maßnahmen zur Verbesserung der Lehrer-Kind-Interaktion) als besonders wirksam erwiesen. Sowohl international als auch insbesondere in Deutschland mangelt es jedoch an Längsschnittstudien zur Überprüfung der Wirksamkeit entsprechender Präventionsprogramme. Die wenigen vorhandenen Studien belegen kurzfristig recht gute Erfolge. Diese bleiben jedoch oft auf den Interventionskontext beschränkt und sind nur von geringer Dauer (Beelmann, Pfost & Schmitt, 2014; Beelmann & Raabe, 2009; Lösel & Plankensteiner, 2005; Nelson, Westhues & MacLeod, 2003). So fanden Lösel und Plankensteiner (2005) in einer Meta-Analyse von 89 Wirksamkeitsstudien (Interventions-Kontrollgruppenvergleich) zu sozialen Trainingsprogrammen einen durchschnittlichen Gesamteffekt von d = .29 für Messungen innerhalb von drei Monaten nach Beendigung der Programme und von d = .22 bei längeren Vergleichszeiträumen. Eine Vielzahl der eingeflossenen Programme strebt die Vermittlung verschiedener sozial-emotionaler Kompetenzen wie Problemlösefertigkeiten, Empathie oder die Stärkung der Selbstkontrolle an. Dabei haben sich langfristige und intensive, kognitiv-verhaltensorientierte Mehrebenenprogramme, die sich nicht ausschließlich an das Kind, sondern auch an Eltern und das schulische oder Kindergartenumfeld richten, als besonders effektiv herausgestellt. Auffrischungen des Gelernten zeigen ebenfalls positive Wirkung. In einer Zusammenfassung mehrerer Meta-Analysen zur Wirksamkeit von Präventionsprogrammen kommen Matjasko et al. (2012) zu ähnlichen Schlussfolgerungen, wobei sie für den Vorschulbereich insbesondere den Nutzen der Arbeit im Familienverband betonen.
8.2.1 Maßnahmen im Programm Papilio®
Das vom beta Institut in Augsburg, den Universitäten Bremen und Augsburg sowie der Freien Universität Berlin entwickelte und inzwischen durch das eigenständige Sozialunternehmen Papilio e. V. in Augsburg angebotene Programm Papilio® umfasst Maßnahmen auf Kind-, Erzieherinnen- und Elternebene. Die im vorliegenden Beitrag dargestellten Zusammenhänge und Evaluationsergebnisse beziehen sich auf die Maßnahmen auf der Kind- und der Erzieherinnenebene. Ausführliche Beschreibungen des Programms sowie Beschreibungen der Elternmaßnahmen finden sich bei Mayer et al. (2012, 2015) sowie bei Scheithauer et al. (2005). Abbildung 8.2 fasst die Ziele und Maßnahmen von Papilio® zusammen.
Abb. 8.2: Übergeordnete, entwicklungsorientierte Präventionsziele, Grobziele und Maßnahmen von Papilio® (mod. aus Mayer et al., 2012)
8.2.2 Maßnahmen auf der Kindebene
Modul »Paula und die Kistenkobolde«. Im Rahmen dieser interaktiven Geschichte setzen sich die Kinder mit der Selbst- und Fremdwahrnehmung der Basisemotionen Trauer, Angst, Ärger und Freude, jeweils in Person eines der Kistenkobolde (die den Kindern in Form von Bildern mit den Koboldgesichtern,
Abb. 8.3, und Aufnahmen von den Koboldstimmen näher gebracht werden), auseinander sowie mit ihrem Einfühlungsvermögen und Hilfeverhalten. Die Geschichte, die auch als Vorlesebuch für die Eltern und als Hörspiel für die Kinder sowie als Film auf DVD vorliegt, ist in fünf Einheiten gegliedert, entsprechend einer erstmaligen Durchführungszeit von ca. fünf Wochen. Die Erarbeitung der Geschichte und der Koboldfiguren erfolgte in Kooperation mit der Augsburger Puppenkiste. Mithilfe der Bild- und Audiomaterialien können die Kinder wesentliche Merkmale der Basisemotionen in Mimik und Gestik sowie körperlichen und kognitiven Reaktionen erarbeiten.
Abb. 8.3: »Zornibold« (Emotion Ärger) aus dem Maßnahmenmodul »Paula und die Kistenkobolde«
Die Kinder werden über die Geschichte dazu aufgefordert, mögliche »Lösungen« im Umgang mit Emotionen zu erarbeiten (z. B. »Was kann ich tun, wenn ich traurig bin/ein anderes Kind traurig ist?«). Die Maßnahme dient der Förderung von Fertigkeiten, eigene Emotionen wahrzunehmen, zu regulieren sowie verbal und nonverbal auszudrücken, die Emotionen anderer wahrzunehmen, zu respektieren und mit diesen Emotionen angemessen umzugehen. Somit werden über diese Maßnahme wesentliche Aspekte der emotionalen Kompetenz gefördert.
Kinder mit frühen Verhaltensproblemen zeigen vermehrt sozial-emotionale Kompetenzdefizite. Im Gegensatz dazu weisen Kinder mit ausgeprägten sozial-emotionalen Kompetenzen eine bessere Integration in die Gleichaltrigengruppe und eine bessere Anpassung an neue Anforderungen (wie etwa die Schule) auf; sie fallen zudem seltener durch Verhaltensprobleme auf und zeigen eine bessere Emotionsregulation (vgl. Izard, Fine, Mostow, Trentacosta & Campbell, 2002). Die Förderung sozial-emotionaler Kompetenzen kann somit das Auftreten von Verhaltens- und emotionalen Störungen vermindern (vgl. Izard et al., 2002).
Modul »Meins-deinsdeins-unser-Spiel«. In diesem Modul werden – in Anlehnung ...
Table of contents
Deckblatt
Titelseite
Impressum
Inhalt
Einführung
A Entwicklung sozialer Kompetenz in Kindheit und Adoleszenz
B Förderung sozialer Kompetenz: Ansätze zur Prävention und Intervention