Pflegebedarf und Versorgungssituation bei älteren Menschen in Heimen
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Pflegebedarf und Versorgungssituation bei älteren Menschen in Heimen

Demenz, Angehörige und Freiwillige, Beispiele für "Good Practice"

Ulrich Schneekloth, Hans-Werner Wahl, Ulrich Schneekloth, Hans-Werner Wahl

  1. 350 pages
  2. German
  3. ePUB (mobile friendly)
  4. Available on iOS & Android
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Pflegebedarf und Versorgungssituation bei älteren Menschen in Heimen

Demenz, Angehörige und Freiwillige, Beispiele für "Good Practice"

Ulrich Schneekloth, Hans-Werner Wahl, Ulrich Schneekloth, Hans-Werner Wahl

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Die Sicherstellung einer angemessenen vollstationären Betreuung von Hilfe- und Pflegebedürftigen stellt eine Herausforderung im demografischen Wandel dar. Die Veröffentlichung stützt sich auf ein repräsentativ angelegtes Forschungsprojekt und benennt die wichtigsten Trends in der vollstationären Pflege. Einen Schwerpunkt bildet die Situation von Demenzkranken. Großer Wert wird auf die Bestimmung von Potenzialen zur Verbesserung der Qualität in der Betreuung und Versorgung gelegt.

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Information

Publisher
Kohlhammer
Year
2009
ISBN
9783170273849
Edition
1
Subtopic
Geriatrics

1 Der Hintergrund:
Forschungen zur Lebensführung in stationären Einrichtungen

Hans-Werner Wahl und Ulrich Schneekloth

1.1 Ziel des Kapitels

Ziel dieses einführenden Kapitels ist es zum einen, die Ergebnisse von MuG IV vor dem Hintergrund der derzeitigen gesellschaftlichen Diskussion zum Stellenwert, zu den Potenzialen und zu den Grenzen des heutigen und zukünftigen Lebens und Alterns in Heimen aufscheinen zu lassen. Zum anderen sollen die in dem Kapitel zusammengetragenen Forschungszugänge und -befunde auch dazu beitragen, die Ergebnisse von MuG IV in nationale und internationale Forschungszusammenhänge einzuordnen. Wir nutzen dabei einen relativ weiten Begriff von Forschung und suchen zudem immer wieder ganz bewusst danach, Forschungsthemen und -befunde mit zentralen Strängen der aktuellen gesellschaftlichen Diskussion zu Heimen bzw. entsprechenden Alternativangeboten der Versorgung zu verknüpfen.
In einem ersten Schritt arbeiten wir die Widersprüchlichkeit von Heimen – zwischen Potenzialen, Grenzen und Kritik – heraus und charakterisieren die Versorgungsform Heim anhand einiger grundsätzlicher Überlegungen, Konzepte und Beobachtungen. In einem zweiten Schritt beschreiben wir Trends, Gegentrends und Einflussfaktoren, welche die Entwicklung der Heimversorgungslandschaft in Deutschland in den letzten Jahren stark bestimmt haben, und wir leiten damit einhergehende Forschungsimplikationen ab. In einem dritten Schritt skizzieren wir wesentliche Entwicklungslinien der Forschung in Heimen, wobei wir uns in besonderer Weise auf sozial- und verhaltenswissenschaftliche Zugänge konzentrieren. In einem vierten Schritt arbeiten wir die Themen der rezenten Forschung in Heimen heraus und umreißen danach exemplarisch einige der zugehörigen Forschungskonzepte und Ergebnisse. Diese Darlegung wird in den Ergebniskapiteln des Bandes anhand der dort gesetzten inhaltlichen Schwerpunkte im Sinne von spezifischen Vorarbeiten weiter ergänzt. Das Kapitel schließt mit einer Beschreibung des Forschungsansatzes von MUG IV.

1.2 Heime zwischen Potenzialen, Grenzen und Kritik

Man muss nicht unbedingt in die Geschichte der im Mittelalter aufgekommenen Siechenhäuser zurück blicken, um die andauernden Widersprüchlichkeiten des Lebens alter Menschen in einem institutionellen und stationären Versorgungskontext deutlich zu machen – diese Widersprüchlichkeit ist offensichtlich bis in die Gegenwart ein essenzielles Kennzeichen von Heimen: Heime stehen bis heute in unserer Gesellschaft für die Marginalisierung des Alters, speziell des hohen, kranken und pflegebedürftigen Alters, und gleichzeitig gelten sie als jene Versorgungsform, die auch dann »noch« trägt, wenn alle anderen Versorgungsoptionen versagen.
Es fällt auf der einen Seite schwer, in einer Zeit der häufigen Rede vom »neuen Alter« bzw. von »erfolgreichem Altern« auch Ältere in Heimen als gute Beispiele einzubeziehen. Schon der Begriff des »Heims« ist in unserer Gesellschaft stark negativ besetzt und wird nicht selten gleichsam automatisch als Indikation für einen dauerhaften Mangel- und Mängelzustand und eine suboptimale Lebensqualität betrachtet. Es könnte deshalb durchaus Sinn machen, mittel- und längerfristig Anstrengungen zu unternehmen, um den Heimbegriff durch andere Bezeichnungen zu ersetzen (manche Heimträger tun dies ja bereits heute, etwa mit Begriffen wie z. B. »Altenzentrum«). Auf der anderen Seite sind Heime allerdings auch plan- und gestaltbare Umwelten, in denen fachliche Pflegequalität, Organisation, Technologie und gebaute Umgebung, in einer idealen Diktion gesehen, so ineinander greifen können wie in kaum einer anderen Wohnform. Insofern bieten Heime vor allem für spezielle Gruppen von Älteren mit schwerwiegenden Einbußen, prototypisch Ältere mit demenziellen Erkrankungen, grundsätzlich ein sehr bedeutsames Pflege- und Therapiepotenzial, das nicht ohne weiteres durch alternative Versorgungsformen zu ersetzen ist.
Heime besitzen ferner in einer Gesellschaft des langen Lebens mit ständigem Anstieg der fernen Lebenserwartung auch konzeptionell eine wichtige Rolle. Paul Baltes (z. B. 2006) hat von der Unvollendetheit der menschlichen Ontogenese gesprochen, die im Vierten Alter, häufig eingegrenzt auf die Lebenszeit jenseits des 85. Lebensjahres, ihre radikalste Ausprägung erfährt. In dieser extremen, jedoch immer häufiger anzutreffenden Lebensphase nimmt die Fragilität und Verletzlichkeit des »Systems Mensch« nicht selten Ausmaße an, welche die traditionell negativen Erwartungen an Altern geradezu übererfüllen: schwere Mehrfacherkrankungen, häufig in einer komplexen Konstellation von kognitiven Einbußen und mehreren somatischen Funktionsverlusten in den Bereichen der Sensorik und Motorik, in Kombination mit schwerwiegenden weiteren kritischen Lebenserfahrungen wie dem Tod des Ehepartners und jenseits von 95 Jahren stark zunehmend auch bereits dem Tod von eigenen Kindern. Offensichtlich brauchen stark alternde Gesellschaften »Schutzräume« vor allem für das Vierte Alter, und es scheint außer Zweifel zu stehen, dass zumindest in der Gegenwart Heime in starkem Maße diese »Schutzraumfunktion« übernehmen.
Schon vor einem solchen konzeptionellen Hintergrund bedürfen deshalb Einrichtungen für Ältere einer besonders hohen gesellschaftlichen Aufmerksamkeit in kritischer wie konstruktiver Hinsicht. Sie sind einerseits ständig dahingehend zu hinterfragen, in wie weit sie ihrer Aufgabe in dem eben beschriebenen Sinne eines anspruchsvollen Schutzraumes vor allem des Vierten Alters qualitätsgerecht nachkommen. Andererseits sind sie als gestalt- und veränderbare Umwelten einer der bedeutsamen Gradmesser dafür, wie alternde Gesellschaften mit den verletzlichsten Formen des Alters umgehen.
Dies alles hat längst, im Gegensatz zum häuslichen Milieu, dessen Stellenwert weitgehend unhinterfragt an der obersten Stelle »guter« Versorgung steht, zu einer andauernden Standortneubestimmung der Versorgungsform Heim geführt, und es steht zu erwarten, dass die notwendige gesellschaftliche Diskussion im Hinblick auf eine solche stetige Standortbestimmung und Standortrevision in Zukunft noch deutlich an Dynamik gewinnen wird. Die hierbei wichtigsten Aspekte sind bekannt und sollen hier nur schlagwortartig wiederholt werden: starker Anstieg der Hochaltrigkeit, Anstieg der Zahl der an Demenz Erkrankten, aber auch der Pflegebedürftigen insgesamt, Rückgang des familiären Pflegepotenzials, Anstieg singulärer Lebens- und Beziehungsformen.
MUG IV will diese Diskussion mit Evidenz anreichern und damit auch zu einer weiterhin oftmals mangelnden Differenzierung beitragen: Die Debatte um den Stellenwert von Heimen neigt immer wieder zu einer nicht hilfreichen Pauschalität und in normativer Perspektive schnell zu einem Primat des Negativen; beides wird der Realität der existierenden Heimversorgung nicht ausreichend gerecht und beides verhindert die Entfaltung der möglichen Entwicklungsoptionen des Versorgungsformats Heim – im Reigen eines insgesamt zunehmend bunteren Wohnens und Lebens im Alter.
Vor diesem Hintergrund stehen auch Forschungsarbeiten im Bereich des Wohnens, Lebens und Alterns in Heimen vor einer besonderen Herausforderung: Sie haben einen Forschungsgegenstand im Visier, der konsistent bei Befragungen bzw. repräsentativen Survey-Studien von den meisten Menschen, speziell alten Menschen, als tragfähige Alternative zum Wohnen im Privathaushalt abgelehnt bzw. als möglichst zu vermeidende »Notfallentscheidung« angesehen wird. Zudem stehen Heime andauernd in starkem Maße in der Kritik der Öffentlichkeit. Sie sind das bevorzugte Ziel medialer Inszenierungen von Missständen in der Versorgung pflegebedürftiger alter Menschen, sie werden auch fachlich immer wieder zum Gegenstand von meist mit erheblicher Presseresonanz verbundenen Qualitätskritik (vgl. z. B. jüngst den 2. Bericht des MDS, 2007), oder es erfolgt gar eine grundsätzliche Infragestellung ihrer Existenzberechtigung als Wohn- und Versorgungsform für alte Menschen (z. B. Dörner, 2007).
Demgegenüber lebt ein substanzieller Teil der älteren Bevölkerung, vor allem der Hochaltrigen, in Heimen (vgl. Kapitel 2 dieses Bandes), und Heime stellen auch ein quantitativ bedeutsames Berufsfeld für die Pflege sowie andere Berufe dar (z. B. Ergotherapie, Physiotherapie). Es wäre wohl, ganz generell wie auch wissenschaftlich gesehen, schlicht anmaßend, den in Einrichtungen lebenden Älteren im Unterschied zu den »zu Hause« oder in betreuten Wohnformen lebenden Älteren ein »gutes« Leben abzusprechen, zumal es a priori keinerlei empirische Grundlage dafür gibt, ein solch »gutes« Leben, speziell in der Situation der Hilfe- und Pflegebedürftigkeit, gleichsam automatisch mit dem Leben und Wohnen im Privathaushalt gleichzusetzen. Ebenso wäre es abwegig, stationäre Einrichtungen als qualititätsvolles professionelles Handlungsfeld grundsätzlich in Abrede zu stellen, auch wenn, wie einmütig gesehen wird, die Heraus- und Anforderungen an die dort professionell Agierenden erheblich sind. Schaeffer und Wingenfeld (2004) s...

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