Negative Affekte in der Psychotherapie
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Negative Affekte in der Psychotherapie

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Negative Affekte in der Psychotherapie

About this book

Angst, Verzweiflung, Hilflosigkeit, Scham, Wut, Neid...: Psychische Störungen sind immer eng mit negativen Affekten verknĂŒpft. Daher spielen solche GefĂŒhle - sowohl auf Seiten der Patienten als auch der Therapeuten - eine besondere Rolle in jeder Psychotherapie.Der Autor beschreibt in diesem Band ein integratives Rahmenmodell zum VerstĂ€ndnis psychischer Störungen. Ausgehend davon erlĂ€utert er kenntnisreich typische Manifestationen von Kern-Affekten in der Psychotherapie sowie deren Diagnostik und illustriert anhand von ausfĂŒhrlichen Fallbeispielen den Umgang damit. Den Abschluss bildet ein Blick in die Psychotherapieprozessforschung, der die Bedeutung der Arbeit an negativen Affekten hervorhebt.

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Information

Year
2018
Print ISBN
9783170351387
eBook ISBN
9783170351400
Edition
1

1. Vorlesung
Motive, Affekte und ein Schichtenmodell

Emotionen und Prozessen der Emotionsregulation wird eine zentrale Rolle bei der Entstehung und Aufrechterhaltung von psychischen Störungen zugeschrieben1. Entsprechend finden diese Prozesse mittlerweile in allen Psychotherapie-Verfahren besondere Beachtung2. Emotionale Prozesse hĂ€ngen auf das Engste mit motivationalen Prozessen zusammen. Eine ausfĂŒhrliche Darstellung der psychologischen sowie der modernen psychoanalytischen Theorien zu Motivation und Emotion findet sich in Benecke und Brauner3.

Motive und Affekte

Freud betrachtete Emotionen, Affekte, GefĂŒhle anfangs im Wesentlichen als von den Trieben abgeleitete GrĂ¶ĂŸen (»Triebabkömmlinge«). SpĂ€ter gestand er den Affekten, insbesondere der Angst, einen von den Trieben unabhĂ€ngigen Status zu4: Die Angst dient dem Ich nun als Signal zur Mobilisierung von Abwehrmechanismen. Aus dieser Konzeption wurde das sogenannte Konflikt-Dreieck abgeleitet:
Images
Abb. 1: Konflikt-Dreieck
Hier haben die Affekte bedeutsame Funktionen innerhalb der unbewussten Dynamik. Entsprechend spielten unbewusste »GefĂŒhle« (z. B. unbewusste SchuldgefĂŒhle, unbewusste Aggression, unbewusster Neid usw.) von je her eine große Rolle in den psychoanalytisch-psychodynamischen Störungstheorien und Behandlungskonzepten.
Die psychodynamische Perspektive geht davon aus, dass auch ein Großteil der Emotionsregulierungsprozesse unbewusst ablĂ€uft, indem mit der Aktivierung unbewusster Affekte automatisch Abwehrprozesse einsetzen5.
Weder unter psychologischer noch unter psychoanalytischer Perspektive sind emotionale Prozesse ohne Rekurs auf eine Motivationstheorie zu verstehen6. Die engen Verbindungen zwischen Motiven und Emotionen findet sich z. B. dergestalt, dass:
1. Motive im Kern aus bestimmten emotionalen ZielzustÀnden bestehen;
2. bei einer Diskrepanz zwischen aktueller Situationsbewertung und aktuell vorherrschendem Motiv andere, meist negative Emotionen ausgelöst werden;
3. Emotionen zu bestimmten Handlungen motivieren, Emotionen gewissermaßen »Handlungsempfehlungen« geben;
4. Emotionen durch (motiv-dienliche) Handlungen reguliert werden können.
Es besteht kein abschließender Konsens darĂŒber, welche basalen Motivsysteme beim Menschen anzunehmen sind. Die verschiedenen Motiv-Listen7 zeigen zwar Überschneidungen, aber eben auch Unterschiede. Zu den basalen Motiven oder GrundbedĂŒrfnissen können aber wohl folgende gezĂ€hlt werden8:
‱ BedĂŒrfnis nach Bindung: eine primĂ€re objektsuchende Motivation, Suche nach Bezogenheit der Liebe und Bindung9
‱ BedĂŒrfnis nach Sicherheit: Das Sicherheitsprinzip wird von Sandler10 als wesentlich erachtet, es stehe ĂŒber dem Lustprinzip und sorge dafĂŒr, dass als gefĂ€hrlich erachtete Triebimpulse unter Kontrolle gebracht werden.
‱ Das Streben nach Autonomie bzw. Individuation wird ebenfalls als ein zentrales Motiv angenommen11.
‱ BedĂŒrfnis nach Selbstbehauptung und Exploration12.
‱ BedĂŒrfnis nach sinnlichem VergnĂŒgen und sexueller Erregung13.
‱ Kohut14 stellte den Selbstwert bzw. dessen Regulation ins Zentrum seiner Theorie15.
‱ Dem Streben nach Bildung einer IdentitĂ€t wird eine starke, spezifisch menschliche motivationale Komponente zugesprochen16.
Aus einer neurobiologischen Perspektive postuliert Panksepp sieben sogenannte affektive Instinktsysteme17:
1. SEEKING: aufregende, euphorische Antizipation beim objektlosen Streben,
2. RAGE: durch Frustration ausgelöste ZustÀnde von Wut/Hass oder Eifersucht,
3. FEAR: automatische »Fight, flight, freeze«-Reaktionen auf bedrohlichen Stimulus,
4. PANIC/GRIEF: durch ZurĂŒckweisung/Einsamkeit ausgelöster psychischer Schmerz
5. LUST: physisch-sexuelles Begehren,
6. CARE: FĂŒrsorge-Verhalten, besonders gegenĂŒber eigenem Nachwuchs,
7. PLAY: angeborenes BedĂŒrfnis nach »Raufen und Balgen«, aber auch Lachen.
Eine systematische Integration unterschiedlicher AnsÀtze zur Beschreibung basaler menschlicher Motiv-Systeme und deren Verbindung zu affektiven Prozessen steht bisher aus18.
Im Kern gehen psychoanalytische Modelle davon aus, dass sich auf der Basis (meist frĂŒher) Beziehungserfahrungen sogenannte ReprĂ€sentanzen bilden. Diese ReprĂ€sentanzen vom Selbst (SelbstreprĂ€sentanzen) und von bedeutsamen Anderen (ObjektreprĂ€sentanzen) sowie die zwischen Selbst und Objekt erwartbaren affektiven Interaktionen stellen Verdichtungen der frĂŒhen affektiven Erfahrungen dar, spiegeln aber nicht notwendigerweise die vergangenen Realerfahrungen wider, da sie im psychoanalytischen VerstĂ€ndnis schon unter dem Einfluss von Abwehrprozessen gebildet werden19. Die psychischen ReprĂ€sentanzen sind also schon durch psychische Prozesse verĂ€nderte NiederschlĂ€ge realer Erfahrungen. Gleichwohl fungieren sie als eine Art unbewusster Schablonen, die in Alltagssituationen aktiviert werden.
Im Idealfall macht ein Mensch im Laufe seines Lebens die unterschiedlichsten emotionalen Erfahrungen, auch negative: Erfahrungen von Angst, Trauer, Hilflosigkeit, Scham, Schuld, die aber gleichzeitig mit der Erfahrung verbunden sind, dass diese ZustĂ€nde auch reguliert werden können (anfangs mit Hilfe der Betreuungsperson, spĂ€ter zunehmend durch eigene psychische RegulierungsfĂ€higkeiten). Das wĂ€re die Voraussetzung dafĂŒr, dass von diesen EmotionszustĂ€nden, auch den sehr negativen, eine bewusste psychische ReprĂ€sentanz entwickelt werden kann und diese ZustĂ€nde nicht abgewehrt werden mĂŒssen. Sind diese EmotionszustĂ€nde aber wiederholt mit der Erfahrung verbunden, dass sie nicht reguliert werden können, dass es keine Möglichkeit gibt, aus ZustĂ€nden von Angst, Verzweiflung, Hilflosigkeit usw. wieder herauszukommen, dann entwickeln wir ĂŒber kurz oder lang Strategien, um ja nicht mehr in diese ZustĂ€nde zu geraten, Strategien, diese ZustĂ€nde zu vermeiden, um jeden Preis. Diese als unbewĂ€ltigbar erlebten AffektzustĂ€nde sind wiederum ĂŒblicherweise mit spezifischen Selbst- und ObjektreprĂ€sentanzen verknĂŒpft, deren Aktivierung ebenfalls vermieden werden muss. Dies wird in dem Begriff der Emotionsdynamik20 deutlich: Emotionen sind die eigentlichen »Beweger« im psychischen System. Ein Großteil psychischer AktivitĂ€t dient der Regulierung von (im Wesentlichen unbewussten) Affekten, die den Kern der meist...

Table of contents

  1. Deckblatt
  2. Titelseite
  3. Impressum
  4. Inhaltsverzeichnis
  5. Einleitung
  6. 1. Vorlesung Motive, Affekte und ein Schichtenmodell
  7. 2. Vorlesung Emotionsdiagnostik und Behandlungsimplikationen
  8. 3. Vorlesung Frau A.: »Analyse ist die Hölle«
  9. 4. Vorlesung Frau D. und das »namenlose MÀdchen«
  10. 5. Vorlesung Reflexion der FĂ€lle, Forschungsbefunde und ein Fazit
  11. Literatur
  12. Stichwortverzeichnis
  13. Personenverzeichnis