Strafrecht und Kriminologie für die Soziale Arbeit
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Strafrecht und Kriminologie für die Soziale Arbeit

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Strafrecht und Kriminologie für die Soziale Arbeit

About this book

Fachkräfte der Sozialen Arbeit werden in ihrem Alltag häufig mit Tätern und Opfern von Straftaten konfrontiert. Dies macht Grundkenntnisse über strafbares Verhalten, mögliche Interventionen, den Ablauf des Strafverfahrens, die Rollen der verschiedenen Verfahrensbeteiligten sowie die Aufgaben der Sozialen Dienste im Strafverfahren erforderlich. Das Lehrbuch vermittelt diese Grundkenntnisse und bereitet Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter gezielt auf wissenschaftlich fundiertes Handeln im Kontext von Strafverfahren vor. Strafrechtliches und kriminologisches Wissen wird anhand praktischer Beispiele systematisch mit Handlungsoptionen der Sozialen Arbeit verknüpft und an fachlichen Stellungnahmen und Berichten der Sozialen Dienste erprobt.

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Information

Publisher
Kohlhammer
Year
2013
Print ISBN
9783170216372
eBook ISBN
9783170275669

1 EINFÜHRUNG

Was Sie in diesem Kapitel lernen können
Im ersten Kapitel soll es um den Begriff der Kriminalität und die ‚Logik des Strafens‘ gehen. Darüber hinaus dient es der Einführung in das strafrechtliche System: Es beschreibt die durch die Verfassung geschützten Rechtsgarantien, die Voraussetzungen der Strafbarkeit und die an den Rechtsverstoß geknüpften Rechtsfolgen.
Dieses erste Kapitel sollte systematisch erarbeitet werden, um die Logik des Strafrechts zu verstehen, aber auch, um sich eine (wissenschaftlich fundierte) Meinung über den Zweck des Strafens bilden zu können.

1.1 ‚Kriminalität‘

1.1.1 Begriff der Kriminalität

Schon die Frage, was eigentlich ‚Kriminalität‘ ist oder, noch zugespitzter, wer eigentlich kriminell ist, ist nicht leicht zu beantworten: Zählt jeder Verstoß gegen eine Strafvorschrift oder nur ein Verstoß, der auffällt? Ist demnach kriminell nur, wer beim Schwarzfahren erwischt wird – oder alle, die schwarzfahren? Und was ist mit den Dingen, die nicht unter Strafe gestellt sind – aber dem Gemeinwohl sehr viel Schaden zufügen können?
Tatsächlich beschäftigt sich die Kriminologie genau mit solchen Fragen. Manchmal auf sehr provokante Art wie z. B. der Norweger Nils Christie (2005), der fragt: Wieviel Kriminalität braucht die Gesellschaft? und feststellt, dass es das Verbrechen nicht gibt, vielmehr unbegrenzt „Handlungen, die die Möglichkeit in sich tragen, als Verbrechen betrachtet zu werden“. Er nennt das Verbrechen deshalb auch „eine unbegrenzte natürliche Ressource“. Anders ausgedrückt: Gesellschaften können immer neue Formen von Verbrechen erfinden.
So spannend diese Auseinandersetzung für die kriminologische Befassung mit dem Thema ist (welche Handlungen werden eigentlich von welchen Gesellschaften und zu welcher Zeit unter Strafe gestellt?), für die praktische Soziale Arbeit ist sie eher irreführend, denn wenn Soziale Fachkräfte mit Kriminalität zu tun bekommen, dann haben andere oft schon eine Einordnung vorgenommen (z.B. die Polizei) oder werden das noch tun (z.B. die Gerichte).
Deshalb soll die Arbeitsdefinition dieses Lehrbuches eine ganz pragmatische sein: Kriminalität ist die Summe der Handlungen, die das Strafgesetzbuch (StGB) – und die Nebengesetze (dazu später) – unter Strafe stellen.
Registrierte Kriminalität, manchmal auch als Hellfeld umschrieben, ist die Kriminalität, die zur Kenntnis von Strafverfolgungsbehörden (Polizei, Staatsanwaltschaft) gelangt. Das Dunkelfeld, also die nicht registrierte ‚Kriminalität‘, ist aber für die Soziale Arbeit auch relevant: dann nämlich, wenn sie in Alltags- oder Beratungssituationen mit Menschen zu tun hat, die als ‚Täter‘ oder ‚Opfer‘ mit einer strafbaren Handlung konfrontiert sind, ohne dass diese (bislang) ans Licht der Öffentlichkeit gelangt ist.
Entscheidend ist demnach, was eine Gesellschaft als strafbares Verhalten definiert und gegen wen sie ihre Normen zum Einsatz bringt. In einer Seminarankündigung hat die Kriminologin Gerlinda Smaus dies einmal so umschrieben:
„[In dem Seminar] soll dargelegt werden, daß Kriminalität keine ontische Qualität besitzt. Vielmehr werden im Strafrecht bestimmte ausgewählte Handlungen mit einem Unwerturteil belegt und mit Strafe bedroht. Die Konstruktion von strafrechtlichen Tatbeständen (in historischer Perspektive) wird als primäre Kriminalisierung, die Anwendung des Strafrechts als sekundäre Kriminalisierung bezeichnet. ‚Kriminalität‘ stellt das Ergebnis beider Konstruktionsprozesse dar.“

1.1.2 Primäre, sekundäre und tertiäre Kriminalisierung

Die Kriminalisierung von Personen findet auf verschiedenen Ebenen statt: Auf einer primären Ebene wird festgelegt, welche Tatbestände strafbar sein sollen. Das ist die Ebene der strafrechtlichen Kodifizierung. Diese Ebene ist kultur- und zeitrelativ sowie selektiv: Nicht alles, was bestraft werden könnte, wird unter Strafe gestellt; nicht alles, was unter Strafe gestellt wurde, muss zwingend bestraft werden – oder wird auch morgen noch bestraft werden.
Auf einer zweiten Ebene werden die abstrakten Normen konkret angewandt; hier findet nicht einfach Rechtsanwendung statt, sondern selektive Rechtsanwendung: nicht alle, die eine Strafnorm verletzen, werden erwischt, nicht alle, die erwischt werden, werden gleichermaßen bestraft, nicht alle, die bestraft wurden, müssen die Sanktion verbüßen usw.
Auf dieser Ebene trifft sich die sekundäre Kriminalisierung mit dem, was Soziologen primäre Devianz nennen, nämlich einem (abweichenden) Verhalten, das die Möglichkeit einer Strafbarkeit in sich trägt.
Erst wenn sich diese Möglichkeit realisiert, kommt es zu dem, was Lemert (1975) ‚sekundäre Devianz‘ genannt hat, nämlich die in der Folge dieses Verhaltens (und der Reaktion darauf) vorgenommene Rollenzuschreibung als ‚kriminell‘. Hier hat man es mit einer dritten Ebene der Kriminalisierung zu tun: der Fremdzuschreibung und der Übernahme dieser Zuschreibung in das Selbstkonzept.
Mit allen drei Ebenen hat sich die Soziale Arbeit zu befassen, wenn sie sich dem Thema ‚Kriminalität‘ nähert.

1.2 Strafe und Bestrafung

Strafbar ist nur, was in einem Gesetz – hinreichend bestimmt (Art. 103 Abs. 2 GG) – als strafbares Verhalten definiert wurde. Dazu gehören neben den (besonderen) Vorschriften des Strafgesetzbuches (StGB) auch die sog. strafrechtlichen Nebengesetze, also Gesetze und Rechtsverordnungen, die neben anderen Regelungen auch Strafvorschriften enthalten (Erbs/Kohlhaas 2011). Allein die Nebengesetze füllen in der Beck’schen Loseblattsammlung rund 14070 Seiten oder vier Ordner, die ständig aktualisiert werden. Neben Gesetzen wie dem Aufenthaltsgesetz, dem Betäubungsmittelrecht, dem Datenschutz- oder dem Gewaltschutzgesetz finden sich darunter z.B. viele lebensmittelrechtliche Vorschriften wie die Aromen-, Butter-, Diät-, Essig- oder Honigverordnung. Dies wird, unter dem Gesichtspunkt der Bestimmtheit von Strafgesetzen, die ja das Ziel haben, sicherzustellen, dass Menschen wissen, was verboten und was erlaubt ist, und sich mithin rechtmäßig verhalten können, durchaus problematisiert. Zudem scheint es Christies These von der ‚unbegrenzten Ressource‘ (potentiell) strafbaren Verhaltens zu bestätigen.
Es lohnt deshalb, sich nochmals kurz zu überlegen, worin eigentlich die Funktion des Strafrechts liegt, um zu verstehen, was (warum) strafbar ist/sein sollte. Diese Frage ist Gegenstand der (Straf-)Rechtstheorie.

1.2.1 Zweck des Strafens

1.2.1.1 Der Vergeltungsgedanke

Eine ursprüngliche Idee des Strafens besteht in der Vergeltung für getanes Unrecht. Diese Idee findet sich im jüdischen Talmud ebenso wie in der christlichen Bibel (Auge um Auge) oder im Koran, Sure 5: 38: „Dem Dieb und der Diebin schneidet Ihr die Hände ab, als Vergeltung für das, was sie begangen haben, und als abschreckende Strafe von Allah“. Auch in vorreligiösen Rechtsordnungen fand sich dieses sog. Talionsprinzip, wonach durch die Strafe ein Gleichgewicht zwischen dem Schaden des Opfers und der Handlung des Täters (wieder) hergestellt werden soll. Dieser Idee hing auch Kant an, der in seiner Metaphysik der Sitten schreibt: „Nur das Widervergeltungsrecht (ius talionis) […] kann die Qualität und Quantität der Strafe bestimmt angeben.“ Nur wenn Schuld gesühnt werde, gehe es gerecht zu. Er war deshalb ein entschiedener Befürworter der Todesstrafe. Das Strafgesetz war für ihn ein ‚kategorischer Imperativ‘, man könnte auch sagen: ein moralisches Muss. Auch Hegel (1976, § 101) sah in der Widervergeltung – wenn also dem Verbrecher geschehe(n soll) wie er getan hat – eine „Aufhebung des Verbrechens“: Die Negation der Negation des Rechts.
Soweit würde das moderne Strafrecht sicher nicht gehen, trotzdem findet sich auch hier die Idee einer Schadenswiedergutmachung und des Täter-Opfer-Ausgleichs (§ 46 a StGB). Unterschiede bestehen aber in der Rolle, die dem Staat eingeräumt wird: Entscheiden die Geschädigten (nach subjektiven Kriterien) oder die Gesellschaft (nach objektiven Kriterien) darüber, ob ein Schaden wiedergutgemacht/vergolten ist?
Endgültig an seine Grenzen kommt der ‚Vergeltungsgedanke‘ in einer modernen Gesellschaft, wenn er die Reaktion privatisiert. Wie problematisch das ist, zeigt sich bei den sog. ‚Ehrenmorden‘. Ein Versprechen des modernen Staates ist ja gerade, dass er uns ein Rechtssystem zur Verfügung stellt, damit wir auf Gewalt/Fehde verzichten. Die Kehrseite ist, dass der Staat sich das Monopol auf die legitime Gewalt vorbehält (Stichwort: staatliches Gewaltmonopol). Ein weiteres Legitimationsproblem hat der Vergeltungsgedanke bei sog. opferlosen Delikten, das sind Delikte, in denen es keine (schützenswerten) Geschädigten gibt, sei es, dass sich Personen nur selbst schädigen (Selbstmord, Drogen) oder in die schädigenden Handlungen freiwillig einwilligen (z. B. konsensuale sadomasochistische Sexualpraktiken) oder, wenn gar niemand geschädigt wird, aber z. B. eine Gefahr von dem Verhalten ausgeht (Fahren unter Alkoholeinfluss, Betreiben gefährlicher Anlagen). In solchen Fällen lässt sich die Strafe nicht damit begründen, dass erlittenes Unrecht wiedergutgemacht wird.

1.2.1.2 Schuldstrafrecht

Einen anderen Fokus wählt deshalb das sog. Schuldstrafrecht: Es sucht keine Wiedergutmachung für erlittenes Unrecht (auf Seiten des Opfers), sondern bemisst die Strafe nach dem Maß der Schuld (auf Seiten des Täters; § 46 StGB). Winfried Hassemer (2009: 252) behauptet sogar, dass „das moderne Strafrecht mit der Entfernung des Opfers aus dem kriminellen Konflikt (entsteht)“. Er meint damit, dass der moderne Staat es ‚zu seiner Sache‘ gemacht hat, kriminelle Handlungen zu ‚vergelten‘ und dafür ein Gewaltmonopol beansprucht. Niemand darf demnach ‚Vergeltung‘ in die eigene Hand nehmen.
Dieses strafende Recht muss deshalb nach anderen Prinzipien funktionieren als dem Vergeltungsgedanken. Es kann sich weder auf eine göttliche, noch auf eine menschliche Vergeltung berufen: Es muss rational sein! Es muss Unrecht definieren, und zwar bevor es begangen wird (Art. 103 Abs. 2 GG); und es muss eine gerechte, nämlich verhältnismäßige Strafe finden, verhältnismäßig zum Unrechtsgehalt der Tat. Das ist der Kern des Tat- oder Schuldstrafrechts: Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe (§ 46 StGB). Das gilt auch dann, wenn jede Strafe am Ende – von Betroffenen und Allgemeinheit – als Vergeltung empfunden wird, oder, wie Jan Philipp Reemtsma (1999) schreibt, als Akt der Solidarität mit dem Opfer.
Schuld setzt Verantwortlichkeit voraus oder, wie es das Strafgesetzbuch formuliert, die Fähigkeit, das Unrecht der Tat einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln (§ 21 StGB). Ob wir überhaupt nach Einsichten handeln, also den postulierten ‚freien Willen‘ haben, wird von Hirnforschern derzeit heftig diskutiert. Der Hirnforscher Wolf Singer hat die Entscheidungsbildung in der Süddeutschen Zeitung (SZ vom 20. 7. 2009) so beschrieben: „Im Gehirn gibt es Bewertungszentren, die fortwährend Erfahrungen und Zukunftsszenarien zusammenrechnen und die Ergebnisse auf Stimmigkeit überprüfen.“ Die Frage ist, haben wir die Wahl – oder handeln wir quasi ‚automatisch‘? Bei sog. dissozialen Persönlichkeiten z.B. scheinen sich Handlungen, Impulsivität, Probleme mit Regeln, Jähzorn und Aggressivität so verfestigt zu haben, dass sie fast wie ein Programm ablaufen. Müssen wir deshalb den Schuldbegriff oder gar das Schuldstrafrecht aufgeben? Die Strafrechtler sagen nein, manche Hirnforscher meinen ja (ausführlich Pauen/Roth 2008). Dabei wird Willensfreiheit von der Strafrechtswissenschaft eher postuliert als bewiesen. Das mag (als widerlegbare Annahme) bei der Bestrafung noch angehen, weil wir uns ja – erfahrungsgemäß – täglich entscheiden, etwas zu tun oder zu lassen. Bei der Frage nach der ‚richtigen‘ Intervention durch die Soziale Arbeit gelangt man aber mit der Vorstellung, dass sich alle Menschen in jeder Situation so oder eben auch anders hätten verhalten können, schnell an Grenzen.

1.2.1.3 Prävention von schädlichem Verhalten

Die sog. ‚modernen‘ Straftheorien messen der Strafe und ihrer Androhung einen präventiven (abschreckenden) Wert bei (Hassemer 1990: 281 ff). Das ist etwas erstaunlich, weil das Strafrecht eine strafbare Handlung und ihren zweifelsfreien Nachweis voraussetzt – in diesem Sinne also immer zu spät kommt.
Anders als frühere, an absoluten Idealen von ‚Gerechtigkeit‘ orientierte Straftheorien, wollen moderne (relative) Straftheorien mit der Strafe eine Wirkung erzielen, die sich im Idealfall empirisch messen lässt. Die intendierte Wirkung liegt einmal in der Abschreckung der jeweiligen ‚Täter‘ von der Begehung weiterer Taten (und in der Folge ihrer vollständigen ‚Resozialisierung‘), dieses Ziel nennt man auch Spezialprävention; zum anderen in der Abschreckung aller anderen, auch Generalprävention genannt. Mit anderen Worten: dem Strafgesetzgeber wird ein Legitimationszwang auferlegt: Strafrecht muss ein notwendiges und geeignetes Mittel zum (effektiven) Schutz von Rechtsgütern sein. Es wird uns später noch beschäftigen, was daran real, ideal oder sogar Ideologie ist.

1.2.1.4 Strafe als Herrschafts- und Disziplinierungsmittel

Einen anderen Ansatz verfolgt die kritische, insbesondere die marxistische Rechtstheorie (AKJ 1974). Sie befasst sich mit der Analyse der sozialen Institutionen und Mechanismen, durch die Kriminalität produziert, verwaltet, bekämpft und erhalten wird (AKJ 1974: 12). Ihr Ausgangspunkt ist also nicht die Straftat, schon gar nicht die ‚gerechte Strafe‘, sondern der gesellschaftliche Prozess der Bestrafung, dessen Selektivität sie unterstellt und an vielen Beispielen nachgewiesen hat. Sozialarbeit, Polizei, Strafjustiz haben demnach die Aufgabe, herrschende Normen durchzusetzen und den gesellschaftlichen Status Quo zu sichern. Soziale Arbeit wirkt – wie die Strafjustiz – als Instanz sozialer Kontrolle.
Auch für Foucault (1977: 232) ist Bestrafung nur ein Element innerhalb eines Systems von Belohung und Sanktion, von Dressur und Besserung. Strafbar ist nach Foucault alles, was nicht konform ist. Deshalb sind Disziplinarstrafen vor allem korrigierend: Es gibt nicht mehr nur gut oder böse, sondern eine Skala von gut bis böse, verbunden mit ...

Table of contents

  1. Deckblatt
  2. Titelseite
  3. Impressum
  4. Inhaltsverzeichnis
  5. Vorwort zur Reihe
  6. Zu diesem Buch
  7. 1 Einführung
  8. 2 Überblick über das Strafverfahren und die Beteiligten
  9. 3 Soziale Arbeit im Kontext von Strafverfahren
  10. 4 Wissenschaftlich fundierte sozialarbeiterische Interventionen im Kontext des Strafverfahrens
  11. 5 Ausblick: Soziale Arbeit im Strafverfahren
  12. Abkürzungsverzeichnis
  13. Literaturverzeichnis
  14. Weitere Quellen
  15. Stichwortverzeichnis