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Konflikt und soziale Identität
Soziale Werte, Exklusion und Inklusion in einer heutigen Kirchengemeinde und im Matthäusevangelium
This book is available to read until 5th December, 2025
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Konflikt und soziale Identität
Soziale Werte, Exklusion und Inklusion in einer heutigen Kirchengemeinde und im Matthäusevangelium
About this book
Diese interdisziplinäre Untersuchung verbindet eine empirische Studie zu einer heutigen Kirchengemeinde, die vor 20 Jahren einen Trennungskonflikt durchlebte, und exegetische Untersuchungen zum Matthäusevangelium. Die Rahmentheorie bildet der Social Identity Approach (SIA).Die explorative Studie zeigt auf, inwiefern Einsichten und Fragestellungen einer empirischen Untersuchung für das Verständnis des im Matthäusevangelium sichtbar werdenden Trennungskonflikts zwischen christusgläubigen Jüdinnen und Juden und der von Pharisäern geleiteten Synagoge fruchtbar gemacht werden können. Umgekehrt eröffnen sich von den gewonnenen exegetischen Einblicken aus auch neue Zugänge zu Konflikten in heutigen Kirchen bzw. Kirchengemeinden.
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Information
III. Exegetische Untersuchungen zum Matthäusevangelium
Die Kategoriedefinitionen, die durch die qualitative Inhaltsanalyse aus den Interviews erarbeitet wurden, werden nun auf die Texte des MtEv angewendet. Mithilfe dieser Kategorien wird ein thematischer Querschnitt durch das Evangelium gelegt, wodurch die relevanten Texte für diese Untersuchung bestimmt werden. Der Fokus für die Untersuchung dieser Texte ergibt sich aus den Fragestellungen, die aus der empirischen Studie entwickelt wurden. Durch den SIA wird die Beobachtungssprache für die Analyse zur Verfügung gestellt.
Bevor die Analyse der Texte mithilfe des SIA vorgenommen werden kann, müssen exegetische Entscheide zur Textinterpretation getroffen werden. Erst danach kann durch die Analyse folgende Hypothese geprüft werden: Das Matthäusevangelium (MtEv) ist ein Dokument, das den Differenzierungsprozess einer Gruppe widerspiegelt. Durch Wertvorstellungen, abgrenzende Vergleiche, Kontinuitätsbehauptungen, sowie Exklusionen wird diese Gruppe legitimiert und die soziale Identität der Mitglieder stabilisiert.
Da die Kategoriendefinitionen für die Textuntersuchung übernommen wurden, werden sie hier nicht noch einmal aufgeführt, sondern es wird jeweils auf die entsprechenden Abschnitte in der empirischen Studie verwiesen. Wie schon in der empirischen Studie sichtbar wurde, ist die Einteilung der Kategorien idealtypisch. Einzelne Kategorien greifen ineinander über. Es kommt dadurch zu Wiederholungen in der Textbearbeitung. Doch die Kategorieneinteilung kann helfen, die Konstruktionsprozesse von Identität sichtbar zu machen.
1. Identität durch Werte und Normen
Für den kommenden Abschnitt gilt dieselbe Kategoriendefinition zu Werten und Normen wie in der empirischen Studie.380 Die daraus entwickelten Fragen stehen im Folgenden im Mittelpunkt und geben den Fokus der Analyse vor.381 Dabei muss hier zuerst phänomenologisch untersucht werden, welche Wertvorstellungen auf welche Art und Weise im MtEv vermittelt werden. Für die phänomenologische Untersuchung stehen deshalb exegetische Methoden im Vordergrund.382
In einem zweiten Teil können die Ergebnisse der Textdiskussion mithilfe des SIA analysiert werden. Dabei geht es um die Funktion der Werte, sowohl auf Textebene als auch auf der Ebene der Erstrezipient_innen. Daraus werden dann Rückschlüsse auf die Konstruktion der sozialen Identität gezogen.
1.1 Der Textbefund
1.1.1 Das Tun der δικαιοσύνη – der Grundwert im MtEv
Ein Lesedurchgang mit dem Raster der Kategorie Werte und Normen lässt im MtEv eine Vielzahl an Werten finden. Die δικαιοσύνη383 spielt dabei im MtEv eine übergeordnete Rolle. Deshalb wird die Verwendung des Wortes im Folgenden genauer analysiert. Des Weiteren werden die Textstellen untersucht, in denen das Gerechtigkeitskonzept des Matthäus zu finden ist. Die wörtlichen Erwähnungen der δικαιοσύνη sind besonders häufig in der Bergpredigt (Mt 5,6; 5,10; 5,20; 6,1; 6,33)384, wo sie jeweils an sehr prominenter Stelle vorkommen (Mt 5,6; 5,10 als Abschluss der Strophen in den Seligpreisungen385, Mt 5,20 in der Einleitung zum Hauptteil, Mt 6,1 als Überschrift für den zweiten Abschnitt des Hauptteils und Mt 6,33 als Mittelpunkt des dritten Abschnitts im Hauptteil). Deshalb sollen die Rolle und Bedeutung der δικαιοσύνη zuerst anhand der Verwendung des Wortes in der Bergpredigt untersucht werden.386 Bevor aber der Gebrauch der δικαιοσύνη in der Bergpredigt analysiert wird, soll die Verwendung durch eine Untersuchung des Wortfeldes und einigen traditionsgeschichtlichen Hinweisen verortet werden.
1.1.2 Gerechtsein, Gerechtigkeit und der Wille Gottes
Das Wort δικαιοσύνη (Gerechtigkeit) kommt fünf Mal in der Bergpredigt vor, nur zwei weitere Male im gesamten MtEv. Vom Wortfeld Gerechtigkeit lässt sich dieser Befund damit erklären, dass Gerechtigkeit im MtEv in einem größeren Zusammenhang steht und ein übergeordnetes Konzept von Gerechtigkeit anklingt, auch wenn das Wort selbst nicht gebraucht wird. Die δικαιοσύνη wird in der Bergpredigt durch die Lehre Jesu sachlich bestimmt. Das Wort steht jeweils an Schlüsselstellen in der Bergpredigt.387 Es ist eine Gerechtigkeit, nach der gehungert und gedürstet werden kann (Mt 5,6) und nach der getrachtet werden soll (Mt 6,33). In Mt 6,33 wird sie durch αὐτοῦ als Forderung Gottes bestimmt.388 Gerechtigkeit ist im Hebräisch der Schriften Israels, aber auch in anderen altorientalischen Sprachen, ein Relationsbegriff.389 Es geht immer um die Beziehung zwischen zwei Größen, entweder um Gottes Beziehung zur Welt, zum Volk oder zum einzelnen Menschen390 oder um das Verhältnis eines Menschen zur Welt, zu anderen Menschen und zu Gott.391 Das erklärt die unterschiedlichen Qualifizierungen von Gerechtigkeit im MtEv sowohl bezogen auf Menschen (Mt 5,20; 6,1) als auch auf Gott (Mt 6,33).392 Die δικαιοσύνη ist ein dynamisches Geschehen zwischen Gott und Mensch bzw. Mensch und Mensch. Die δικαιοσύνη wird in Mt 5,20 durch den Vergleich mit Pharisäern und Schriftgelehrten qualifiziert, denn es gibt eine „Gerechtigkeit“393, die übertroffen werden kann. Um der Gerechtigkeit willen werden Nachfolger_innen Jesu verfolgt (Mt 5,10). Wie diese Gerechtigkeit aussieht, wird inhaltlich im Hauptteil der Bergpredigt ausgeführt. Die fünf Belege des Wortes zeigen, dass Gerechtigkeit als Beziehungsgeschehen zu verstehen ist und sich in Taten äußert. Deshalb braucht es in den Ausführungen der Bergpredigt die genauere inhaltliche Bestimmung, welche Verhaltensweisen Gerechtigkeit verkörpert. Die δικαιοσύνη ist dynamisch.394 Sie „kann abnehmen und wachsen, sie kann zugeschrieben und abgesprochen werden und bleibt damit letztlich unverfügbar.“395 Sie muss getan werden, damit sie Realität wird. Somit ist die Rede vom Weg der Gerechtigkeit in Mt 21,32 nicht überraschend. Der Weg der Gerechtigkeit kann beschritten und wieder verlassen werden. In Mt 21,32 wird Johannes somit als gerecht (δίκαιος) charakterisiert, da er den Weg der Gerechtigkeit geht.
Traditionsgeschichtlich wird ṣāddîq/δίκαιος in den Schriften Israels vor allem für Menschen gebraucht. Dabei bezeichnet ṣāddîq in 108 Fällen von 186 Vorkommen einen Menschen, der das tut, was in Gottes Augen richtig ist, also dem Willen Gottes entspricht.396 51-mal wird es spezifisch in Zusammenhang mit dem Halten des Bundes gebraucht.397 Die Gerechten (vgl. auch Josef in Mt 1,21) sind somit diejenigen, deren Handlungsweise den gottgegebenen Normen für Gerechtigkeit entspricht.398 Den Weg der Gerechtigkeit zu gehen bedeutet also die Normen für Gerechtigkeit, wie sie in der Bergpredigt entfaltet werden, zu erfüllen. Traditionsgeschichtlich ist Gerechtigkeit ebenso mit dem Willen Gottes verbunden. Diese Verknüpfung findet sich im MtEv für das Wortfeld Gerechtigkeit ebenso. Die Gerechtigkeit kann erfüllt werden (πληρόω, vgl. Mt 3,15), so wie Tora und Propheten erfüllt werden können (Mt, 5,17). Der Rechtswille Gottes und die Gerechtigkeit werden durch die Forderung des Erfüllens verknüpft. Entsprechend wird in der Bergpredigt das Tun der Gerechtigkeit mit dem Tun des Willens Gottes gleichgesetzt, denn letzteres ist in den Mahnungen am Ende der Bergpredigt das entscheidende Kriterium (Mt 7,21–23). Durch das Possessivpronomen ὑμῶν in Mt 5,20 und Mt 6,1 wird sie ebenfalls als das Tun des Gotteswillens ausgewiesen.399 Der Gegenbegriff des δίκαιος ist nicht der ἄδικος, sondern die ὑποκριταί. Neben der Gerechtigkeit gibt es eine verlogene Gerechtigkeit400, die nur eine scheinbare ist. Wer die Gerechtigkeit nur scheinbar tut, wirkt von außen gerecht, erfüllt aber die Gesetze nicht. Deshalb wird dieses Verhalten mit ἀνομία bezeichnet (Mt 23,28). Der Gegenbegriff zum Gerechten ist in dem Sinne der ἄνομος, der „ohne Gesetz“, der Gesetzlose. So wie es sich gebührt den Willen Gottes zu erfüllen, muss gleichbedeutend die Gerechtigkeit getan werden (Mt 3,15), wie es Jesus als autoritative Stimme des Textes schon vor der Bergpredigt betont. Zudem soll alle (πάς) Gerechtigkeit erfüllt werden (Mt 3,15). Das wiederum korrespondiert mit dem Ungeteiltsein, das in Mt 5,48 gefordert wird. Es geht um die ungeteilte Loyalität und Treue Gottes Willen gegenüber und damit auch gegenüber Gottes Geboten, wie sie von Jesus ausgelegt wurden.401 Das ist Gerechtigkeit. Schon im Deuteronomium ist es entsprechend definiert: „Eine ṣedāqāh ist es für uns, wenn wir uns in Acht nehmen, dieses ganze Gebot vor Jahwe zu tun, wie er es uns gegeben hat“ (Dtn 6,25).402
Ungeteiltheit wird in der Bergpredigt als eine Erfüllung des Willens Gottes und dementsprechend der Gerechtigkeit eingefordert. Gerechtigkeit tun ist damit eine Grundforderung der Lehre Jesu in der Bergpredigt. Sie ist somit in jeder Forderung der Erfüllung von Tora oder dem Wille Gottes mitzulesen. Wenn im weiteren Evang...
Table of contents
- Deckblatt
- Titelseite
- Impressum
- Inhalt
- Vorwort
- 0. Einleitung
- I. Methodenkapitel
- II. Empirische Studie
- III. Exegetische Untersuchungen zum Matthäusevangelium
- IV. Der Ertrag der interdisziplinären Untersuchung
- V. Literaturverzeichnis
- VI. Stichwortverzeichnis