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Der Übergang von der KiTa in die Grundschule
Der Übergang von der Institution KiTa in die Institution Grundschule stellt, wie zuvor erwähnt, ein zentrales Ereignis im Leben eines Kindes dar. Wann ein Kind in die Schule eintritt, ist sowohl von gesetzlichen Grundlagen als insbesondere auch vom jeweils vorherrschenden Schulreife- bzw. Schulfähigkeitsverständnis abhängig. Daher wird in Kapitel 1.1 zunächst ein Verständniswandel von der Schulreife zur Schulfähigkeit thematisiert, um schließlich zentrale Charakteristika einer aktuellen Auffassung von Schulfähigkeit herauszuarbeiten und die damit verbundenen Konsequenzen für die Schuleingangsdiagnostik und Einschulungspraxis aufzuzeigen. Der Übergang selbst ist wiederum aus Perspektive der Kinder und auch Eltern als Transition zu verstehen, d. h. als Veränderungsprozess, der mit massiven Umstrukturierungen einhergeht und intensive Lernerfahrungen notwendig macht. Auf das diesem Verständnis zugrunde liegende Transitionsmodell und seine Hintergründe wird in Kapitel 1.2 eingegangen, bevor in Kapitel 1.3 ein Überblick über Maßnahmen zur Gestaltung eines anschlussfähigen Übergangs von der KiTa in die Grundschule gegeben wird, die im Verlauf des Buches immer wieder aufgegriffen werden.
1.1 Die Einschulung in die Grundschule im Kontext eines veränderten Schulfähigkeitsverständnisses
Das Verständnis von der Schulreife bzw. Schulfähigkeit eines Kindes hat sich in den vergangenen Jahrzehnten stark gewandelt. Hiermit geht auch eine Veränderung der Schuleingangsdiagnostik und Schuleintrittspraxis einher sowie der Vorstellungen darüber, wie Kinder bezogen auf die Entwicklung von Schulfähigkeit unterstützt werden können und welche Kontextbedingungen hierbei von Bedeutung sind (vgl. im Folgenden Hanke, 2007; Kammermeyer, 2005; Kammermeyer, 2014; Knörzer, Grass & Schumacher, 2007).
So wurde in den 1950er und 1960er Jahren auf der Grundlage der Reifungstheorie nach Kern davon ausgegangen, dass Schulreife als Resultat eines endogen gesteuerten Entwicklungsprozesses des Kindes anzusehen ist, auf den eine Förderung in Elternhaus, KiTa oder Schule keinen Einfluss nehmen kann. Vielmehr wurde angenommen, dass die Fähigkeiten eines Kindes sich nach einem »inneren Bauplan« (Knörzer, Grass & Schumacher, 2007, S. 117) entwickeln und jedes Kind somit irgendwann automatisch schulreif wird. Ziel der Schulreifediagnostik war es daher, im Sinne einer Selektion zu überprüfen, ob ein Kind diesen Status bereits erreicht hat oder ob zunächst noch eine Zurückstellung vom Schulbesuch erfolgen sollte. Zugleich wurde die Auffassung vertreten, dass unterschiedliche Fähigkeiten des Kindes in etwa gleichschrittig heranreifen und somit vom Reifestand einer Fähigkeit auf andere geschlossen werden kann. Daher konzentrierte sich die Schuleingangsdiagnostik in der Regel lediglich auf ein Merkmal, wie die visuelle Gliederungsfähigkeit des Kinders oder auch sein körperlicher Entwicklungsstand. Im Rahmen der Philippinerprobe wurde beispielsweise geschaut, ob ein Kind mit dem Arm über dem Kopf bereits das linke Ohr erreichen kann. So sollte überprüft werden, ob sich die für die ersten Lebensjahre charakteristische relative Unproportionalität des Körpers, mit einem großen Kopf und kurzen Gliedmaßen, bereits hin zu einer stärkeren Proportionalität, d. h. einem längeren Körper und längeren Armen und Beinen, gewandelt hat (vgl. ebd.). Das zuvor skizzierte Verständnis von Schulreife gilt heute allerdings als eindeutig widerlegt (vgl. Hanke, 2007; Kammermeyer, 2014).
Als ebenfalls widerlegt gelten eigenschaftstheoretische Vorstellungen, im Kontext derer davon ausgegangen wurde, dass ein Mensch über »ein ganzes Bündel von relativ stabilen Fähigkeiten und Eigenschaften« (ebd., S. 295) verfügt, die ihn von anderen Menschen unterscheiden. Schuleingangsdiagnostik berücksichtigte demnach nicht länger nur ein Kriterium, sondern wurde durch weitere Kriterien ergänzt wie z. B. Gedächtnis- und Wahrnehmungsleistungen, feinmotorische Fähigkeiten und die Fähigkeit zur Mengenerfassung. Sie diente allerdings weiterhin der Selektion der Kinder, bei denen bestimmte, für den Schulbeginn als notwendig erachtete Kompetenzen und Eigenschaften noch nicht ausreichend gereift bzw. entwickelt waren (vgl. ebd.; Kammermeyer, 2005).
Ein Paradigmenwechsel in der Entwicklungspsychologie in den 1970er Jahren führte schließlich dazu, dass aus einer lerntheoretischen Perspektive heraus ein Verständnis von Schulfähigkeit als einer naturgegebenen Eigenschaft des Kindes verworfen wurde. Entwicklungs- und lernpsychologische Studien hatten gezeigt, dass die Entwicklung von Kindern durch Förderung gezielt unterstützt werden kann. Als Konsequenz wurden Kinder z. B. mit Vorschulmappen und Trainings intensiv auf die Schule vorbereitet. Das Verständnis von Schulfähigkeit orientierte sich nun an den Anforderungen der Schule und daran, was ein Kind zu Schulbeginn können muss, um im weiteren Verlauf den Lehrzielen gerecht werden zu können (vgl. Hanke, 2007). Schuleingangsdiagnostik sollte daher Einblicke in die Stärken und Schwächen sowie die Lernbedingungen von Kindern ermöglichen (vgl. ebd.; Kammermeyer, 2005).
Der Blick auf die Kontextbedingungen kindlicher Entwicklung wurde seit den 1980er Jahren im Rahmen eines ökologisch-systemischen Verständnisses von Schulfähigkeit, welches maßgeblich auf Nickel zurückzuführen und auch heute noch von Bedeutung ist, stark erweitert. Schulreife, wie Nickel es nun wieder nannte, bzw. Schulfähigkeit wird in diesem Zusammenhang als ein »interaktionistisches ökopsychologisches Konstrukt« (Kammermeyer, 2014, S. 296) verstanden, welches von vier Teilkomponenten abhängig ist, die wiederum in enger Wechselwirkung zueinander stehen (vgl. im Folgenden Knörzer, Grass & Schumacher, 2007; Nickel, 1988; Plehn, 2012). Eine Teilkomponente stellt die Schule mit ihren spezifischen Strukturen (z. B. Stellung und Aufgaben der Grundschule im Schulsystem), ihren Anforderungen (z. B. im Kontext von Richtlinien und Lehrplänen) und Lernbedingungen (z. B. Unterrichtsorganisation, praktizierte Methoden, Unterrichtsatmosphäre, Handeln der Lehrkraft) dar. Hinzu kommt die Teilkomponente der einzelnen Schülerinnen und Schüler mit ihren individuellen körperlichen, geistigen, sozial-emotionalen und motivationalen Voraussetzungen etc. Diese ist wiederum u. a. in Wechselbeziehung zur Teilkomponente Ökologie zu betrachten, zu der neben der familiären Ökologie (z. B. sozioökonomischer Hintergrund, häusliche Anregungen) auch die vorschulische Ökologie (z. B. Struktur und Ausstattung der Vorschuleinrichtung, pädagogische Qualität) und erneut die schulische Ökologie (z. B. räumliche, materielle und personelle Ausstattung) gezählt werden kann. Das Zusammenspiel dieser unterschiedlichen Komponenten ist wiederum eingebettet in einen gesamtgesellschaftlichen Kontext, welcher z. B. durch gewisse soziale und ökonomische Strukturen, gesetzliche Rahmenbedingungen, allgemeine Ziel- und Wertvorstellungen oder auch eine spezifische gesellschaftliche Leistungskultur geprägt wird. Schulfähigkeit hängt demnach nicht nur vom einzelnen Kind und seiner Familie ab, sondern auch von den jeweiligen Institutionen, wie die abgebende KiTa und die aufnehmende Grundschule, und vom gesellschaftlichen Kontext.
Ein Beispiel für ein Diagnoseverfahren im Sinne eines ökologisch-systemischen Verständnisses von Schulfähigkeit ist das »Kieler Einschulungsverfahren« (Fröse, Mölders & Wallrodt, 1986). Dieses beinhaltet u. a. ein Elterngespräch zur sozialen, emotionalen und motivationalen Entwicklung der zukünftigen Schulanfänger. Ebenso ist das Einholen von Informationen aus der vorschulischen Einrichtung vorgesehen, z. B. in Form eines Berichtes, was heute über eine Bildungsdokumentation möglich wäre. Mit den Kindern selbst wird in Gruppen ein Unterrichtsspiel durchgeführt, welches der Diagnose verschiedener Entwicklungsbereiche dient, z. B. Gliederungsfähigkeit, Grob- und Feinmotorik, Auge-Hand-Koordination, Verständnis von Anweisungen und freies Erzählen. Bei Bedarf können weitere Einzeluntersuchungen folgen. Kritisiert wird an dem Verfahren, dass die klassischen Testgütekriterien (Objektivität, Reliabilität und Validität) nicht berücksichtigt werden und somit das Ergebnis stark an die subjektive Einschätzung der durchführenden Lehrkraft gebunden ist (vgl. Kammermeyer, 2014; Knörzer, Grass & Schumacher, 2007). Dennoch findet das Verfahren auch heute noch vielfach Anwendung und dient teilweise als Grundlage für weitere, z. B. von Schulen selbst entwickelte informelle Verfahren der Schuleingangsdiagnostik (vgl. ebd.). Kammermeyer weist als Kritikpunkte am Verfahren bzw. Weiterentwicklungspotenziale beispielsweise darauf hin, dass eine stärkere Einbindung der KiTa denkbar wäre ebenso wie eine stärkere Berücksichtigung spezifischer Übergangsbewältigungs- und lernbereichsspezifischer (Vorläufer-)Kompetenzen (vgl. Kammermeyer, 2014). Zwei Beispiele für neuere Verfahren, die stärker noch als das Kieler Einschulungsverfahren lernbereichsspezifische Vorläuferkompetenzen von Kindern untersuchen, wären »Die Diagnostischen Einschätzskalen (DES) zur Beurteilung des Entwicklungsstands und der Schulfähigkeit« (Barth, 2012) und »Handreichungen Schulstarter. Screening zum Erfassen der Lernvoraussetzungen für Klasse 1« (Ullmann, 2008).
Insgesamt zeichnet sich ein aktuelles Verständnis von Schulfähigkeit dadurch aus, dass im Sinne eines ganzheitlichen Verständnisses eine Vielzahl kindlicher Entwicklungsbereiche in den Blick genommen werden, z. B. die körperliche und motorische Entwicklung, die Entwicklung personaler, emotionaler und sozialer Kompetenzen ebenso wie die Entwicklung allgemeiner kognitiver und (lern-)methodischer Kompetenzen und die Entwicklung lernbereichsspezifischer Vorläuferkompetenzen, z. B. im schriftsprachlichen und mathematischen oder auch natur- und gesellschaftswissenschaftlichen Bereich (vgl. u. a. MSW & MFKJK NRW, 2011). Aus ökosystemischer Sicht ist nicht nur das einzelne Kind in den Blick zu nehmen, sondern es gilt auch die jeweiligen familiären, institutionellen und gesellschaftlichen Kontextbedingungen seiner Entwicklung zu berücksichtigen. Die Entwicklung von Schulfähigkeit wird demnach auch nicht allein als Aufgabe des Kindes angesehen, sondern vielmehr als gemeinsame Entwicklungsaufgabe bzw. gemeinsamer Entwicklungsprozess von KiTa, Schule, Kind und Familie, der weit vor dem Schuleintritt beginnt und auch darüber hinaus noch andauert. Ziel der Schuleingangsdiagnostik ist demnach keine Selektion, sondern eine prozessorientierte, ganzheitliche Erfassung der individuellen Voraussetzungen eines Kindes unter Berücksichtigung der jeweiligen Kontextbedingungen seiner Entwicklung, um diese Informationen für eine anschlussfähige Förderung im Übergang von der KiTa in die Grundschule nutzen zu können (vgl. Hanke, 2007). Jürgens schlägt in diesem Zusammenhang beispielsweise vor, den Begriff der Schulfähigkeit durch den Begriff der »Kindfähigkeit« (Jürgens, 2013, S. 5) von KiTa und Grundschule zu ersetzen, um den Blick auf diese Weise »weg von der ›Bringschuld‹ des künftigen Schulkindes, hin zur systemischen Betrachtung und gemeinsamen Verantwortung von Kita, Eltern und Grundschule in der Kind-Umfeld-Beziehung« (ebd., S. 5) zu lenken, was z. B. eine stärkenorientierte Förderung der Kinder anbelangt.
Ein verändertes Schulfähigkeitsverständnis spiegelt sich auch in der aktuellen Einschulungspraxis in Deutschland wider. Der Zeitpunkt, wann ein Kind in die Schule kommt, wird hier, wie in anderen Staaten auch, durch einen Stichtag geregelt. Im europäischen Vergleich schwankt das Einschulungsalter von vier bzw. fünf Jahren, wie in Luxemburg oder den Niederlanden, bis hin zu sieben Jahren, wie in Dänemark (vgl. Faust, 2013; Oberhuemer, 2012; Wolf & Grgic, 2009). Ein direkter Vergleich zwischen den Ländern ist allerdings schwer möglich, da jeweils die länderspezifischen Strukturen des Elementar- und Primarbereichs zu berücksichtigen sind. Die pädagogische Arbeit in den unteren Klassenstufen der basisschool in den Niederlanden, d. h. mit den Vier- und Fünfjährigen, weist zwar bereits eine schulische Ausrichtung auf und es sind Grundschullehrkräfte in den Klassen tätig, dennoch gehören relativ hohe Spielanteile zum pädagogischen Alltag (vgl. Küppers, 2014). In Dänemark, als Land mit einem relativ späten Einschulungsalter, ist wiederum der Besuch des letzten KiTa-Jahres verpflichtend und entspricht einer Art Vorschulklasse (vgl. Oberhuemer, 2012).
In Deutschland liegt das Einschulungsalter im Regelfall bei ca. sechs Jahren und ist somit im europäischen Vergleich im Mittelfeld anzusiedeln. Aber auch innerhalb Deutschlands sind leichte Variationen des Einschulungsalters festzustellen, zwischen einem durchschnittlichen unteren Einschulungsalter von 5,7 Jahren bis hin zu 6,2 Jahren (vgl. Autorengruppe Bildungsberichterstattung, 2014), da die Festsetzung des konkreten Einschulungsstichtages den Bundesländern überlassen ist. Als gemeinsame Orientierungsgrundlage dienen die 1997 von der Kultusministerkonferenz beschlossenen »Empfehlungen zum Schulanfang« (KMK, 1997), die einen Stichtag zwischen dem 30. Juni und dem 30. September vorsehen und in deren Folge es in verschiedenen Bundesländern zu einer schrittweisen Vorverlegung des Einschulungsstichtages kam, z. B. in Nordrhein-Westfalen vom 30.06. auf den 30.09. In Berlin wurde der Einschulungsstichtag sogar auf den 31.12. vorverlegt, so dass dort alle Kinder, die im Verlauf eines Kalenderjahres sechs Jahre alt werden, zum 1. August desselben Jahres schulpflichtig und somit zu Unterrichtsbeginn nach den Sommerferien eingeschult werden (vgl. http://www.bildungsserver.de/innovationsportal/bildungplus.html?artid=846, Zugriff am 07.12.2014). Die Empfehlungen der Kultusministerkonferenz regen darüber hinaus dazu an, eine vorzeitige Einschulung von Kindern zu erleichtern und die Quote an vom Schulbesuch zurückgestellten Kindern deutlich zu reduzieren (vgl. KMK, 1997).
Dementsprechend ist in den letzten Jahren auch der Anteil an zurückgestellten Kindern gesunken und lag im Jahr 2012 beispielsweise durchschnittlich bei ca. 7%. Der Anteil an vorzeitig eingeschulten Kindern ist allerdings z.T. ebenfalls zurückgegangen, auf zuletzt durchschnittlich 3,1%, wobei erneut erhebliche Unterschiede zwischen den einzelnen Bundesländern festzustellen sind (vgl. Autorengruppe Bildungsberichterstattung, 2014). Dies hängt sicherlich auch mit der teilweisen Vorverlegung des Einschulungsstichtages und anderen Kontextbedingungen in den Bundesländern zusammen. Die aktuelle Situation gestaltet sich beispielsweise so, dass ein Antrag auf eine vorzeitige Einschulung von Kindern, die nach dem entsprechenden Stichtag geboren wurden, jeweils von den Erziehungsberechtigten gestellt werden kann. Über die Bewilligung des Antrages und die Aufnahme der Kinder in die Schule entscheidet dann in der Regel die Schulleitung, z.T. unter Berücksichtigung eines schulärztlichen Gutachtens (z. B. in Nordrhein-Westfalen, Saarland, Schleswig-Holstein). Eine Zurückstellung vom Schulbesuch ist oft nur noch aus erheblichen gesundheitlichen Gründen möglich (z. B. in Bremen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz), teilweise aber auch dann, wenn auf Grund des geistigen, körperlichen und/oder sozial-emotionalen Entwicklungsstandes des Kindes keine ›erfolgreiche‹ Teilnahme am Unterricht der Grundschule (z. B. in Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg) bzw. eine ›bessere‹ Förderung in einer KiTa zu erwarten ist (z. B. in Berlin). Lediglich in einzelnen Bundesländern existieren noch spezielle Einrichtungen für vom Schulbesuch zurückgestellte Kinder im Sinne von Schulkindergärten oder Vorschulklassen (z. B. in Hamburg, Hessen, Niedersachsen) (Stand der Recherche auf den Homepages der Ministerien: Mai 2014; für Befunde der BIKS-Studie zu Hintergründen einer vorzeitigen bzw. verspäteten Einschulungspraxis vgl. Kluczniok, 2012 bzw. Wehner, 2013).
Im Sinne eines veränderten Schulfähigkeitsverständnisses (siehe oben) und im Kontext einer Neugestaltung der Schuleingangsphase (vgl. Kapitel 6.1) wäre es allerdings ein Ziel, dass möglichst alle schulpflichtig gewordenen Kinder eingeschult werden, um dann in der Grundschule, anknüpfend an die pädagogische Arbeit in der KiTa, mit einer an den individuellen Voraussetzungen der Kinder orientierten Förderung fortzusetzen.
1.2 Der Übergang von der KiTa in die Grundschule als Transition
Wenn ein Kind schließlich eingeschult wird, stellt dies einen wichtigen Übergang in seiner Bildungslaufbahn dar. Die mit Übergängen in der Bildungslaufbahn generell verbundenen spezifischen Charakteristika und Herausforderungen fassen Griebel und Niesel (2011) in dem von ihnen entwickelten IFP-Transitionsmodell zusammen, welches sie u. a. für den Übergang von der KiTa in die Grundschule weiter spezifiziert haben (vgl. zum Übergang von der Familie in die KiTa in der Buchreihe Niesel & Griebel, 2015). Die Entwicklung des Modells erfolgte u. a. auf der Basis von Forschungsergebnissen sowie der Auseinandersetzung mit verschiedenen (theoretischen) Ansätzen. Hierzu zählen z. B. der ökosystemische Ansatz von Bronfenbrenner, Erkenntnisse der Stressforschung im Sinne von Lazarus oder auch die Theorie kritischer Lebensereignisse nach Filipp (zu weiteren Grundlagen des Ansatzes vgl. Griebel & Niesel, 2007; Griebel & Niesel, 2011). Bevor zentrale Merkmale des Transitionsmodells herausgearbeitet werden, wird nun zunächst ein kurzer Überblick über für das Modell besonders bedeutsame Aspekte der drei exemplarisch ausgewählten Ansätze gegeben.
Aus Sicht von Filipp (1995) stellt der Übergang von der KiTa in die Grundschule ein normatives kritisches Lebensereignis dar, welches, in Abgrenzung zu nichtnormativen Lebensereignissen, in unserem gesellschaftlichen Kontext in der Regel zum typischen Lebensverlauf eines Menschen dazu gehört (vgl. hierzu auch Denner & Schumacher, 2014). Allgemein werden als ›kritische Lebensereignisse‹ zeitlich begrenzte Lebenssituationen bzw. -phasen bezeichnet, die sich auf Grund von biologischen, sozialen oder physikalischen Ereignissen vom »üblichen Lebensfluss des Alltags« (Knörzer, Grass & Schumacher, 2007, S. 172) abheben und neue Herausforderungen stellen, die durch vorhandene Routinen nicht bewältigt werden können. Stattdessen werden veränderte Handlungsmuster und emotionale Umstellungen notwendig. Die Verarbeitung kritischer Lebensereignisse erfordert somit eine Bewältigungsarbeit, die entweder gelingen oder auch misslingen kann. Kritische Lebensereignisse können in diesem Sinne nicht nur als Risiko, sondern bei gelungener Bewältigung auch als Chance und Impuls betrachtet werden (vgl. Filipp, 1995; Knörzer, Grass & Schumacher, 2007; Griebel & Niesel, 2007; Griebel & Niesel, 2011). Hierfür ausschlaggebend ist die individuelle Verarbeitung, z. B. ob...