Technik und Lebenswirklichkeit
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Technik und Lebenswirklichkeit

Philosophische und theologische Deutungen der Technik im Zeitalter der Moderne

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Technik und Lebenswirklichkeit

Philosophische und theologische Deutungen der Technik im Zeitalter der Moderne

About this book

Philosophen, Theologen und Soziologen deuteten in der ersten HÀlfte des 20. Jahrhunderts die Technik als ein die gesamte Lebenswirklichkeit prÀgendes PhÀnomen. Dabei entwickelten sie sehr unterschiedliche Positionen. Walter Benjamin sah in der Technik einen Weg, die Wirklichkeit neu zu konstruieren; Rudolf Bultmann nahm die Technik zum Anlass, das Transzendente neu zu bestimmen.Der Band bietet in Teil I Rekonstruktionen klassischer Positionen der Technikdeutung: Max Weber, Ernst Troeltsch, Paul Tillich, Rudolf Bultmann, Dietrich Bonhoeffer, Walter Benjamin, Martin Heidegger.Die BeitrÀge in Teil II des Bandes thematisieren neuere theologische ZugÀnge zur Technik.

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Information

Publisher
Kohlhammer
Year
2014
eBook ISBN
9783170241404
Edition
1
Subtopic
Theology

I
Theologische und philosophische Technikdeutungen

Georg Neugebauer

Max Weber als Theoretiker technischer RationalitÀt

Zwar findet Max Weber in fast jeder Untersuchung zum Technikbegriff ErwĂ€hnung, als ein eigenstĂ€ndiger Theoretiker desselben wird er indes selten wahrgenommen. Das scheint seinen Grund darin zu haben, dass seine AusfĂŒhrungen zu diesem Thema sehr verstreut sind und meist als im Schatten seiner Rationalisierungsthese stehend wahrgenommen werden. Auch wenn letzterer zweifelsohne eine ĂŒberragende Bedeutung innerhalb seines Denkens beizumessen ist, darf die Konzentration darauf nicht dazu fĂŒhren, dass andere, weniger markante Theoriedimensionen ins Hintertreffen geraten, zumal wenn mit ihnen interessante Nuancierungen jener These verbunden sind. Das gilt auch fĂŒr den Technikbegriff.
Dieser Begriff zeichnet sich in der Sicht Max Webers durch eine spezifische MehrdimensionalitĂ€t aus und wird von ihm im Rahmen der Handlungstheorie, Kulturgeschichte, Ökonomie, Ordnungssoziologie, Sozialanthropologie und Zeitdiagnose reflektiert. Auf diesem Wege gelingt es ihm, einem zentralen Kriterium der neueren Debatte um diesen Begriffs gerecht zu werden: Technik als „intersektorales PhĂ€nomen“1 zu bestimmen. Diese unterschiedlichen Dimensionen gilt es in diesem Beitrag – zumindest ansatzweise – herauszuarbeiten. Doch ist damit nicht der Fluchtpunkt der folgenden Überlegungen bezeichnet. Dieser liegt vielmehr in dem antinomischen Charakter, den Weber der modernen, von ihm als „rational“ bezeichneten Technik bescheinigt. Er ist der Überzeugung, dass die Durchsetzung „rationaler Technik“ – im Zusammenspiel mit Naturwissenschaft und Wirtschaft – in der Moderne den Effekt einer Entfremdung von den rationalen Grundlagen der LebensfĂŒhrung hat.
Vor diesem Hintergrund betrachtet kristallisiert sich ein Technikbegriff heraus, der sich durch die GegenlĂ€ufigkeit von VerfĂŒgbarkeit und Entzogenheit auszeichnet.

1. Die Kategorie der Technik

In den Eingangspassagen zum wirtschaftssoziologischen Teil aus „Wirtschaft und Gesellschaft“ geht Max Weber eigens auf den Begriff der Technik ein.2 Seine Überlegungen zielen allerdings nicht darauf, diesen Begriff als eine primĂ€r ökonomische Kategorie zu entfalten, sondern vielmehr von der Wirtschaftssoziologie im engeren Sinne abzugrenzen und als allgemeine Kategorie im Aufbau der Handlungswelt zu plausibilisieren.3 Diese handlungstheoretische Ausrichtung des Technikbegriffs bildet ein grundlegendes Charakteristikum desselben und wird zunĂ€chst anhand der Zweck-Mittel-Relation spezifiziert: „‚Technik‘ eines Handelns bedeutet uns den Inbegriff der verwendeten Mittel desselben im Gegensatz zu jenem Sinn oder Zweck, an dem es letztlich (in concreto) orientiert ist“ (WuG, 32). Die Technik hat es somit mit den Mitteln zu tun, die dem Erreichen eines Handlungsziels dienen. Damit bedient sich Weber einer ausgesprochen elastischen Bestimmung des Technikbegriffs, der bei ihm keineswegs als auf die Verwendung von SachgĂŒtern beschrĂ€nkt begriffen werden kann. Vielmehr spricht er ĂŒberall dort von Technik, wo Mittelreflexion und -verwendung stattfindet. Dieser elastischen Zugangsbestimmung entsprechend findet sie sich in allen Bereichen der Kultur. Weber fĂŒhrt die Religion („Gebetstechnik, Technik der Askese“), die Wissenschaften („Denkund Forschungstechnik“), die PĂ€dagogik („Erziehungstechnik“), die Politik („Technik der politischen oder hierokratischen Beherrschung“), die BĂŒrokratie („Verwaltungstechnik“), den Krieg, die Erotik, die Kunst u.a. an (WuG, 32). Bezogen auf die jeweils spezifische Relationierung von Mittel und Zweck lassen sich Webers Auffassung nach jedoch ganz unterschiedliche RationalitĂ€tsgrade identifizieren (vgl. WuG, 32).
Im Rahmen der Wirtschaftssoziologie stellt Weber die „rationale Technik“ in den Mittelpunkt seiner Überlegungen. Rationale Technik zeichnet sich dadurch aus, dass die Reflexion der Mittel „bewußt und planvoll orientiert ist an Erfahrungen und Nachdenken“ (WuG, 32). Wenn Weber von einer bewussten und planvollen Orientierung spricht, so zielt diese Formulierung auf den Sachverhalt, dass die Mittelreflexion an RationalitĂ€tsmustern orientiert und nicht dem Zufall unterworfen ist. Mit den AusdrĂŒcken Erfahrung und Nachdenken sind sodann die rationalen Bezugspunkte jener bewussten und planvollen Orientierung bezeichnet. Sie stehen fĂŒr die Ausrichtung an Regeln der Erfahrung sowie fĂŒr die der MittelabwĂ€gung zugrundeliegenden Reflexionsprinzipien. Als „Höchstfall der RationalitĂ€t“ gilt Weber die Orientierung „an wissenschaftlichem Denken.“ (WuG, 32). Rationale Technik vollendet sich in diesem Bereich insofern, als die Mittelreflexion hier das Höchstmaß an Berechenbarkeit erreicht hat, wodurch sie von zufĂ€lligen EinflĂŒssen weitestgehend isoliert ist.4
Seiner Sichtweise entsprechend, dass sich Wirtschaft und Technik nicht identifizieren lassen, stellt Weber sodann fest, dass die Entwicklung der Technik nicht allein von wirtschaftlichen Interessen abhĂ€ngig sei (vgl. WuG, 33). Das lasse sich bereits daran ermessen, dass die rationale Technik als solche nach den „ krĂ€fteökonomischsten Mitteln“ (WuG, 32) fragt und somit nicht an wirtschaftlichen Kriterien orientiert ist. Die Frage nach den Herstellungskosten oder nach dem Bedarf liegt außerhalb ihres RationalitĂ€tsbereiches, sodass es fĂŒr sie unerheblich ist, eine „Maschine aus Eisen oder aus Platin“ (WuG, 32) herzustellen. Daher kann rational technisches Denken – am Kanon wirtschaftlicher RationalitĂ€t gemessen – zu außerordentlich irrationalen Ergebnissen fĂŒhren. Entscheidend ist somit allein die fĂŒr das Erreichen des Zieles optimale Verwendung von Mitteln und nicht der Verwendungszweck, an dem die Wirtschaft orientiert ist (vgl. WuG, 33).
Aber auch wenn die Technik keineswegs als eine primĂ€r wirtschaftssoziologische Kategorie begriffen werden dĂŒrfe, lĂ€sst Weber keinen Zweifel daran, dass die Wirtschaft fĂŒr die Entwicklung der technischen RationalitĂ€t von grundlegender Bedeutung ist:
„Allerdings liegt von jeher und zumal heute der Schwerpunkt auf der ökonomischen Bedingtheit der technischen Entwicklung; ohne die rationale Kalkulation als Unterlage der Wirtschaft, also ohne höchst konkrete wirtschaftsgeschichtliche Bedingungen, wĂŒrde auch die rationale Technik nicht entstanden sein.“ (WuG, 33).
Damit steht Webers Begriff der rationalen Technik v.a. unter zwei Voraussetzungen, zum einen die der Wissenschaft und zum anderen die der Wirtschaft. Auf diese Trias von Technik, Wissenschaft und Wirtschaft gilt es spĂ€ter noch einmal einzugehen. Zuvor ist jedoch Webers Hinweis zu verfolgen, dass die technische Entwicklung nicht allein vor dem Hintergrund der ökonomischen VerhĂ€ltnisse betrachtet werden kann, sondern auch unter Inblicknahme ideeller Faktoren.5 Um diesen Gesichtspunkt zu illustrieren, soll im Folgenden das VerhĂ€ltnis von Religion und Technik in den Fokus rĂŒcken, was es erforderlich macht, auf Webers religionssoziologische Studien zu sprechen zu kommen.

2. Die Evolution technischer RationalitÀt

2.1 Religion und Technik

Technik war innerhalb der religiösen Entwicklung zu allen Zeiten integraler Bestandteil im Aufbau religiöser Praktiken. Das gilt Webers Auffassung nach bereits fĂŒr die Magie. Zwar ist er innerhalb seiner Religionssystematik im Hinblick auf das – wie er sagt – religiös oder magisch motivierte Handeln ausgesprochen zurĂŒckhaltend, es als im strengen Sinne rational zu qualifizieren. Gleichwohl begreift Weber die magische ReligiositĂ€t keineswegs als eine technikfreie Zone, was sich bereits daran ermessen lĂ€sst, dass er immer wieder auf die darin zum Einsatz kommenden „magische[n] Mittel“ zu sprechen kommt.6 Letztere dienen einerseits dazu, bestimmte GegenstĂ€nde oder Personen mit charismatischen, d.h. fĂŒr Weber in diesem Zusammenhang außeralltĂ€glichen QualitĂ€ten auszustatten.7 Andererseits sei die sachgemĂ€ĂŸe Anwendung magischer Mittel ihrerseits Ausdruck einer charismatischen Qualifikation, wobei Weber hier in erster Linie an die Zauberer denkt.8 Ihr „Beruf“9 bestehe in der Beeinflussung außeralltĂ€glicher KrĂ€fte und dementsprechend obliege ihnen die Verwaltung der fĂŒr dieses Ziel geeigneten Mittel. Die Palette von Manipulationsmöglichkeiten reicht dabei von stark „naturalistisch“ gefĂ€rbten Verhaltensmustern, z.B. die Vorstellung einer direkten KraftĂŒbertragung durch den Verzehr des Blutes von als stark geltenden Tieren, bis hin zu rein „symbolische[n] Handlungen“.10 Der fĂŒr Weber entscheidende Beitrag, den die magisch bestimmte Religion fĂŒr die Regulierung des Handelns leistet, liegt in der Stereotypierung der LebensfĂŒhrung.11 Bezogen auf den Technikbegriff kommt Weber auf diesen Gesichtspunkt mehrfach in seinen Studien zur „Wirtschaftsethik der Weltreligionen“ zu sprechen.
Weber bescheinigt dem Konfuzianismus und Hinduismus eine unausrottbare Verwobenheit mit der Magie, worin der entscheidende Grund dafĂŒr liege, dass sich dort keine rationale Technik herausbilden konnte. So existiere in China allein eine „magische Stereotypierung der Technik und Ökonomik“.12 Von der Technik heißt es, sie mĂŒsse als „sublimierte Empirie“13 begriffen werden. An anderer Stelle spricht Weber ausdrĂŒcklich von einer „empirischen“ Technik.14
Einen Ă€hnlich gelagerten Befund arbeitet Weber auch im Rahmen seiner Indienstudien heraus. Auch wenn die indische Kultur das „heutige rationale Zahlensystem, die Grundlage aller ‚Rechenhaftigkeit‘“15 geschaffen, „rationale Wissenschaft“16 gepflegt und die „Vorhöfe des rationalen Experiments“17 betreten habe, konnte sich auch dort keine im strengen Sinne rationale Technik herausbilden. Den Grund sieht Weber auch hier im magisch imprĂ€gnierten Traditionalismus der indischen Kastenordnung begrĂŒndet.18
Rationale Technik sei erst in dem Augenblick entstanden, in dem Bewegungen innerhalb der religiösen Entwicklung eine Rolle zu spielen begannen, die darauf zielten, der Magie den Garaus zu machen. Bekanntlich erfĂŒllen innerhalb der Weberschen Religionssoziologie v.a. die Propheten diese Funktion: „Die Magie zu brechen und Rati...

Table of contents

  1. Deckblatt
  2. Titelseite
  3. Impressum
  4. Inhaltsverzeichnis
  5. Danksagung
  6. Technik und Lebenswirklichkeit in der Moderne. Zwischen UnverfĂŒgbarkeit und Handlungsfreiraum – Eine Einleitung
  7. I Theologische und philosophische Technikdeutungen
  8. II Zugangsmethoden und Kategorien der Technikdeutung
  9. Autorenverzeichnis