Fünf Puzzlestücke
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Fünf Puzzlestücke

Füge alles zusammen. Eine kafkaeske Erzählung

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Fünf Puzzlestücke

Füge alles zusammen. Eine kafkaeske Erzählung

About this book

Eine kafkaeske Erzählung in fünf Puzzlestücken. Füge alles zusammen - von innen nach außen und von außen nach innen säubern.Inklusive der Novelle "Der Wanderer - Eine literarische Dokumentation".Ich sage: Unmöglich ist eine Illusion. Ich sage: Unmöglich ist kein Fakt. Es lebe die Aufklärung. Tod der Schablone. Nicht vorprogrammiert. Tod der Genetik. Kein reduzierter Weg mehr. Sagen Sie es dir? Dann erschlage deinen Vater. Denn Menschen sterben, bevor sie geboren sind. Mein Körper, mein Leben, kein Alien. Wünsche, Träume summieren, nicht subtrahieren. Und immer variabel kotzen, wenn der Magen sauer aufstößt. Zerquetsch dem Opportunismus die Hand. Brich die Knochen.Nicht verstanden? Dann grüße deine Schablone von mir.UND genau in diesem SINNE SCHREIE ICH: Lieber geistiger Vegetarier, als ein Idiot vonALLESFRESSER

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Information

Erstes Puzzlestück

„Des Dichters schwere Tat“

Eine sanfte Schwere umhüllte seine Stirn. Der Rest seines Körpers war federleicht – fast schon zu leicht, um ihn überhaupt wahrzunehmen. Kaum tastbar, kaum fühlbar. Nur er und die Schwere, die wie die Hand eines Vertrauten, mit Fürsorge und aller Vorsicht, als wolle sie die Empfindlichkeit nicht zerbrechen, über seine Stirn strich. Immer und immer wieder. Vor ihm das unendliche Nichts einer schwarzen, düsteren Wolke, durch die er hindurchschwebte. In unerreichbarer Entfernung, am Horizont des Unendlichen, brachen hier und da kleine Risse auf, durch die ein Blau, Rot oder Orange drang, wie eine Farbschliere in einem Wasserglas – erst schwach, transparent und durchsichtig, dann kräftiger und konzentrierter, um ihren Ton zu schärfen und sich beim nächsten Wimpernschlag sogleich wieder im Schwarz aufzulösen, als hätte es sie nie gegeben. In welche Richtung schwebte er? Gab es hier überhaupt eine Richtung, in dieser scheinbar grenzenlosen schwarzen Wolke? Unbemerkt, wie um ihn mit einem unerwarteten Schlag zu begrüßen, durchfloss die Schwere nun seinen Körper, kopfabwärts durch alle Adern, um jeden versteckten Winkel zu finden, um als summierte Last ihn an seinen Füßen zu packen und ihn unaufhaltsam in einem Geschwindigkeitsrausch hinabzureißen. Er kam zu Bewusstsein. Nur langsam und widerwillig öffnete er seine Augenlider.
Es war früher Morgen. Die Nacht zuvor hatte er das Rollo nicht vollständig heruntergelassen, sodass einzelne Sonnenstrahlen durch die Ritzen in das Zimmer fielen. Er schloss die Lider wieder, um den Strahlen wenigstens einen Teil ihrer morgendlichen Penetranz zu nehmen. Mit zusammengekniffenen Augen tastete er nach seiner Decke und riss sie sich herunter. Sein Blick suchte die Uhr. 6 Uhr 32. Noch eine Stunde und achtundzwanzig Minuten, dann begann der Alltag. Dann sollte er beginnen. Mühsam richtete er sich auf.
Doch aufrecht sitzen konnte er noch nicht. Vorgebeugt, den Kopf in die Hände gestützt, fiel sein Blick auf seine Füße.
Immer noch hatte er seine Schuhe an. Nicht geschnürt, locker am Gelenk sitzend. Einen nach den anderen streifte er sie ab. Er ließ sich zurückfallen. Die kleinste Bewegung erschien ihm zu anstrengend. Nicht einmal bis in das Bett hatte er es geschafft. Sich auf die Lehne der Couch stützend, zog er seine Hose aus. Seines T-Shirts musste er sich wohl schon gestern entledigt haben – oder irgendwann in dieser Nacht. Im Licht- und Schattenspiel des Morgens sah er auf dem Boden verstreut drei Flaschen Bier und die geleerte Flasche Wodka, in der nur wenige Tropfen seinem Durst entkommen waren. Direkt daneben, als wäre es ein Naturgesetz der untrennbaren Verbundenheit, seine blutrote Bong. Doch, der gestrige Abend schien ihm fremd. Er konnte sich an ihn erinnern, aber teilnahmslos, als würde er nur einen Film vor dem geistigen Auge abspulen, den er nebenbei, weil eben der Fernseher lief, bruchstückhaft mitbekommen hatte. Aber der immer noch anhaltende Geschmack des Alkohols auf der Zunge und die Last, die seinen Schädel erdrückte, zeigte ihm unmissverständlich, dass es kein fremder Film mit einem fremden Protagonisten gewesen war, sondern er selbst, der in seinem Kopfkino den Flaschenhals an die Lippen drückte und den Rauch aus der Bong tief in die Bronchien inhalierte. Das Fremde blieb trotz allem. Er wusste, was er gedacht hatte, was er gefühlt hatte, doch nachempfinden war ihm jetzt schier unmöglich. Vielleicht bildete er sich auch nur ein, was er gedacht und gefühlt hatte? Wie lange und angestrengt er auch suchte, die Antwort auf seine Frage schien so gut versteckt zu sein, dass er sie nicht fand. In dem Bruchteil der Sekunde, in dem er sich wieder ganz auf sich selbst besann, merkte er, dass er weder zufrieden noch unzufrieden war. Er fühlte keine Freude, aber auch keine Angst. Sein Gemüt war leer, vielleicht sogar entleert, fast neutral. Zu fassen war nur eins: die Nachwirkung des Restalkohols und die der grünen Knospe, die ihm zuflüsterten, dass sie noch nicht weg seien und, solange sie könnten, in ihm haften würden. Plötzlich schoss es durch die Synapsen in seinem Schädel, was fast in Vergessenheit geraten war – der Alltag beginnt. Mit beiden Händen und vollem Krafteinsatz drückte er sich von der Couch hoch. Einen kurzen Moment lang musste er innehalten, um das Gleichgewicht wiederzuerlangen. Langsam, einen Schritt vor den anderen setzend, trat er an das Fenster, packte mit der Rechten die Rolloschnur und zog sie, sich mit der linken Hand auf der Fensterbank abstützend, in einigen Zügen hoch. Die Helligkeit, die schlagartig den Raum in Besitz nahm, empfand er wie eine Riesenwelle, die sich auf ihn stürzte und ihn sich wie einen Spielball zu eigen machte. Nun erst sah er das ganze Chaos. Klamotten, die wild verstreut herumlagen, Flaschen vergangener Tage, die wie Inventar an ihrem Platz verharrten, zerknülltes Papier, auf dem er krampfhaft seine Gedanken festzuhalten versucht hatte, leere kleine Päckchen, verziert mit einem Cannabisblatt auf beiden Seiten, und zwei Aschenbecher, die längst die Grenze ihres Volumens überschritten hatten. Aber das war jetzt alles nebensächlich. Die Zeit schritt, ohne ihm eine Frist zu gönnen, gnadenlos voran – und der Alltag rannte ihm immer schneller entgegen.
„Den Alltag überleben, den Alltag schaffen“, manchmal, da waren seine Gedanken wirklich gute Gedanken und seine Ideen sehr gute Ideen.
Manchmal, da konnte er sich an sie erinnern, aber nicht mehr fühlen.
Nachdem sein Blick im hellen Schein das Chaos überschaut hatte, setzte er wieder mit größter Vorsicht einen Fuß vor den anderen, um der Anziehungskraft entgegenzuwirken, und ging zielstrebig auf das Bad zu. Mit der Linken drehte er den Regler, mit der Rechten fühlte er die Temperatur des Wassers, das als enge Aneinanderreihung von tausenden Wassertropfen aus dem Duschkopf geschossen kam. Einige nutzten seine Hand als Sprungfläche und spritzten in sein Gesicht. Er nahm seine linke Hand vom Regler und die nasse rechte Hand aus dem Duschstrahl und wischte sich kurz über sein Gesicht.
Sein Kopf wurde etwas klarer. Unter der Dusche lehnte er sich mit beiden Unterarmen gegen die kalten, weißen Fliesen an der Wand, den Kopf vorgebeugt. Einige Wassertropfen glitten seine Schädeldecke hinunter, über die Schläfen an den geschlossenen Augen vorbei, um dann von der Nasenspitze herunterzutropfen. Das Wasser prasselte auf seinen Nacken und floss mit angenehmer Wärme den Rücken herunter. Sein Kopf war jetzt völlig klar.
Und genau in diesem Moment erinnerte er sich wieder an die Frage, wieso sein Alltag ein Gewicht hatte, das er nicht zu stemmen in der Lage war. Versuchte er zu gehen, so ging er nur auf der Stelle, versuchte er zu rennen, so rannte er nur auf der Stelle. Wenn überhaupt, kam er nur zäh voran. Beim besten Willen, er konnte sich nicht entsinnen, weshalb.
Das Wasser floss immer noch seinen Rücken hinab.
Doch fühlte sich die Wärme langsam, aber stetig nicht mehr angenehm, sondern immer heißer und brennender an. Hatte er den Regler verschoben? Er neigte seinen Kopf leicht nach links.
Nein, der Regler stand exakt so, wie er ihn eingestellt hatte.
Und doch wurde das Wasser immer heißer, bis es brühend, wie mit Millionen von Nadelstichen, die die Haut bis ins Mark durchbohrten, seinen Rücken hinabfloss. Eine nicht mehr auszuhaltende Hitze!
Mit einem Satz sprang er aus der Dusche, seinen Blick ungläubig auf den Regler gerichtet. Er hatte sich nicht verändert. Hastig drehte er das Wasser ab. Die Hitzewallungen ließen nicht nach. Langsam konnte er wieder fühlen. Langsam wurden die Gedanken wieder fühlbar. Noch weit weg, im hintersten Winkel des Hirns, doch fühlbar. Die Hitzewallungen wurden immer intensiver und schossen ihm wie heiße Flammen über sein Gesicht, um dann über den Hals und durch die Adern den ganzen Körper zu erobern. Schweißperlen quollen aus seinen Poren und liefen kinnabwärts.
Jetzt war er wieder mittendrin statt nur dabei. Jetzt waren seine Gedanken nicht steuerbar. Ganz so wie gestern Abend.
Ganz so wie etliche Abende und Morgen zuvor. Jetzt sah er nicht bloß einen Protagonisten im Kopfkino, sondern befand sich selbst als Protagonist mitten im Geschehen.
Er drehte sich zu dem Waschbecken hinter sich um und ließ das kalte Wasser laufen. Mit beiden Händen, als drohte das Wasser jeden Moment, lange fortzubleiben, schaufelte er es sich gierig ins Gesicht. Den Beckenrand mit beiden Händen umklammernd, ließ er das Wasser von seinem Gesicht heruntertropfen. Es hatte etwas geholfen. Er hob den Kopf und schaute in den Spiegel. War eigentlich alles in Ordnung mit ihm? Er senkte seinen Blick tief in seinen Augen. Er wusste, dass es gleich wiederkommen würde, ihn überrennen würde mit aller Rücksichtslosigkeit und Härte. Aber vielleicht konnte er es diesmal erkennen, tief in seinen eigenen Augen, wie es sie umklammerte und seinen Blick dirigierte, autoritär und fest entschlossen, alle anderen Impulse außer seine eigenen zu verbieten.
Zu spät. Es gab keinen Übergang, keinen Sprecher, der das Publikum langsam einführte, oder einen Kartenverkäufer in seinem kleinen Häuschen, bei dem man aus freiem Willen eine Eintrittskarte erwirbt und vor dem Eintritt in den Saal einlöst, um ein Theaterstück zu verfolgen. Wenn Es es wollte, sog Es ihn willkürlich in seine Dimension und zwang sie ihm auf.
Seit wann raste eigentlich sein Herz? Seit wann war eigentlich diese Panik wieder da, die sich tief im Brustkorb an jede einzelne Rippe schmiegte und dort haftete, ohne dass er sie einfach abschütteln konnte? Mittendrin statt nur dabei!
Jetzt fühlte er den Abend zuvor mit jeder Faser seines Körpers. Sein ungeliebter, ja verhasster Gast hatte, unangemeldet, ihn sich angeeignet.
„Ich bin die Angst, die in dir steckt,
Und gehe erst, wann ich will, wieder weg.
Kämpfe nicht gegen mich, denn es hat keinen Zweck.
Ich bin der Künstler, der den Zweifel in dir weckt.“
Wieder schoss die Hitze durch seinen Körper und legte sich auf seine Haut, um ihn verbrennen zu lassen. Selbst die Höllenglut konnte nicht so heiß sein, da war er sich sicher.
Aber nicht heute – heute würde er dieser unerträglichen Angst und Hitze die Stirn bieten. Fest entschlossen, zielgerichtet, fast im Lauftempo, befahl er seinen Beinen, sich zu bewegen. Das war jedes Mal eine Schlacht, die keinen Sieger nach Punkten kürte, sondern die durch einen Knockout, der entweder ihn oder Es zu Boden streckte, entschieden wurde.
Seine Knie waren weich, seine Beine zitterten. Er zog sich an. Die Schuhe geschnürt, die Tasche umgeworfen, fokussierte er die Tür. Aber wieso verweigerte sein Körper ihm den Dienst, hinauszugehen? Der Alltag rief. In seinem Schädel tönte wieder die Angst: „Kämpfe nicht gegen mich, denn es hat keinen Zweck.“
Der Angstschweiß durchströmte unvermindert seinen Körper. Leicht kitzelnd, glitt er sein Gesicht herunter, floss den Rücken abwärts. Sein T-Shirt war längst durchnässt. Als wäre die Last der Angst nicht genug, klatschte es gegen seine Haut, klebte fest am Körper und schränkte seine Bewegungen ein. Konnte er in diesem Zustand hinaus? Nein, das konnte er nicht. War das jetzt eigentlich seine Antwort?
Die Angst hatte wieder einmal gesiegt, und er sank erschöpft zu Boden. Beide Handflächen presste er gegen seine Schläfen, um den Druck in seinem Kopf zu erdrücken.
Vergeblich.
In diesem Moment hasste er sich selbst. In diesem Moment war er sich selbst fremd. So war er nicht, und doch war er es in diesen Momenten. Die Vergangenheit, in der er sein Haupt noch aufrecht gehalten hatte, verblasste von Tag zu Tag, bis sie eine fremde Vergangenheit zu sein schien. Sein Wille ließ nach, er übergab sich wieder einmal völlig reglos der Angst.
Genau, wie es sein Gast wollte. Und wieder war er fest an seinem Platz verankert und trat auf der Stelle. Die Angst schoss erneut wie eine Welle durch seinen Körper und bestimmte jede Zelle. Die Hände fingen an zu zittern. Aus Wut und Zorn gegen sich selbst und aus Furcht vor seinem Gast. Und doch war er zu gelähmt, um sich wie ein König vom Schlachtfeld zu erheben, das Schwert in die Höhe zu strecken und seine Anhänger zum Sieg zu leiten.
Doch, ganz plötzlich, hielt er inne. Ein Schatten floss aus der Wand. Erst leicht und durchsichtig, wie der Qualm einer Zigarette, um dann emporzusteigen, sich zu konzentrieren, seine Konturen zu schärfen und stolz und aufrecht, mit geschwellter Brust, vor ihm zu stehen.
Täuschten ihn seine Sinne? Er drückte sich vorsichtshalber mit den Füßen vom Boden ab nach hinten.
Die Erscheinung stand still da, vor ihm, voller Kraft und Eleganz. Ihr Gesicht war nicht zu erkennen, der Schatten verzerrte ihren Anblick. Die Erscheinung zupfte den Krage...

Table of contents

  1. Der Autor
  2. Impressum
  3. Der Wanderer: Eine literarische Dokumentation
  4. Fünf Puzzlestücke: Füge alles zusammen
  5. Erstes Puzzlestück: Des Dichters schwere Tat
  6. Zweites Puzzlestück: Irgend-Jemand
  7. Drittes Puzzlestück: Des Wahnsinns Spiel
  8. Viertes Puzzlestück: Die Behörde
  9. Fünftes Puzzlestück: Altes neues Leben zu altem neuem Leben
  10. Nachwort
  11. Weitere Bücher erschienen bei Der Kleine Buch Verlag