Dimensionen der Einheit
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Dimensionen der Einheit

Ekklesiologische Konzeptionen der Kirche von England im 19. Jahrhundert

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Dimensionen der Einheit

Ekklesiologische Konzeptionen der Kirche von England im 19. Jahrhundert

About this book

Die Untersuchung geht der Frage nach der Vereinbarkeit unterschiedlicher ekklesiologischer Konzeptionen innerhalb der Kirche von England im 19. Jahrhundert sowie den daraus erwachsenden Chancen und Grenzen fĂŒr den heutigen ökumenischen Dialog nach. Die jeweiligen Positionen werden zunĂ€chst rekonstruiert, auf ihre Unterschiede und Gemeinsamkeiten hin analysiert und im Anschluss daran daraufhin befragt, inwiefern es eine inhaltliche Grundlage fĂŒr ihre Einigung als Teile der einen Kirche von England gibt. Abschließend wird anhand ökumenischer Basisdokumente der Gegenwart der inhaltliche Niederschlag der einzelnen Konzeptionen im Blick auf die Verwendung unterschiedlicher ekklesiologischer Paradigmen im Dialog untersucht. So lĂ€sst sich zeigen, wie hierbei Elemente aller Positionen funktionalisiert werden, ohne dass es zu einer echten Vermittlung zwischen den verschiedenen Grundausrichtungen kommt. Die intensive Auseinandersetzung mit dem anglikanischen KirchenverstĂ€ndnis des 19. Jahrhunderts dient damit ĂŒber die Diskussion der Implikationen fĂŒr die mögliche innere Einheit der Kirche hinaus als Grundlage fĂŒr einen Einblick in die Konsequenzen der damaligen Differenzen fĂŒr den ökumenischen Dialog der Gegenwart.

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Information

1 Einleitung

1.1 Konzeption der Arbeit

1.1.1 Thema und Fragestellung

Die vorliegende Untersuchung befasst sich mit den divergierenden ekklesiologischen Vorstellungen der drei dominierenden theologischen Richtungen in der Kirche von England des 19. Jahrhunderts. Sie hat das Ziel, die Konzeptionen dieser Gruppierungen systematisch zu rekonstruieren und einem kritischen Vergleich zuzufĂŒhren, um so die komplexen Herausforderungen an die innere Einheit der Kirche von England im viktorianischen Zeitalter zu erhellen. Auf dieser Basis sollen schließlich die prinzipiellen Potentiale und faktischen Möglichkeiten der drei Richtungen des 19. Jahrhunderts fĂŒr die Rolle der Kirche von England im ökumenischen Diskurs der Gegenwart eruiert werden.1
Ausgangspunkt fĂŒr diese Fragestellung ist die ekklesiologisch und ökumenisch hochrelevante Situation der anglikanischen Kirche von England im 19. Jahrhundert, in der es aufgrund der umfassenden Reformgesetzgebung der 1820er und 1830er Jahre zu einer grundlegenden VerĂ€nderung im VerhĂ€ltnis von Staat und Kirche kommt: Mit der RĂŒcknahme der Test and Corporation Acts, einer Gesetzgebung, die Nicht-Anglikaner von der Teilhabe an jeglicher politischer Körperschaft ausschloss,2 im Jahre 1828, wird die fortschreitende politische Gleichberechtigung nicht-anglikanischer BĂŒrger eingeleitet. 1829 werden römisch-katholische EnglĂ€nder durch die Catholic Emancipation Bill zur Mitgliedschaft im Parlament berechtigt; im Zuge des Regierungswechsels von 1832 wird die Anzahl anglikanischer Diözesen in Irland durch die Church Temporalities Bill von 1833 reduziert.3 War zuvor im nachreformatorischen England eigentlich mit Richard Hookers maßgeblichem Werk Of the Laws of Ecclesiastical Polity (1593) die Einheit von Kirche und Staat postuliert worden,4 so fĂŒhrt diese politische Entwicklung nunmehr dazu, dass auch NichtAnglikaner in staatlichen Gremien mitwirken und ĂŒber die Belange der Kirche von England entscheiden können:5 Kirche und Staat können nicht mehr im gleichen Sinne wie vorher miteinander identifiziert werden.
Die Frage nach dem Umgang mit dieser neuen Situation provoziert bei anglikanischen Theologen und Geistlichen eine grundlegende Reflexion auf die Ekklesiologie: Die Theologen der Kirche von England mĂŒssen sich mit den Kennzeichen der wahren Kirche und der Definition ihrer KatholizitĂ€t auseinandersetzen und zu einer Bestimmung der Relation zwischen einer Idee der Kirche und ihrer konkreten Institution gelangen, um das VerhĂ€ltnis von Kirche und Staat neu bestimmen zu können.6 In dieser Situation profilieren sich vor dem Hintergrund der in der Kirche von England bereits existenten theologischen Denkrichtungen7 drei Gruppierungen, 8 deren Einfluss bestimmend fĂŒr die ekklesiologische Entwicklung der Folgezeit wird.
Auf Seiten der konservativ im Sinne einer Staatskirche orientierten Hochkirche entsteht in direkter Antwort auf die Krise von Staat und Kirche die sogenannte Oxford Bewegung oder der Traktarianismus9, der sich von der traditionellen Hochkirche abgrenzt, indem er die Kirche als in allen geistlichen Dingen unabhÀngige Institution neben dem Staat verstanden wissen möchte.10
Auch die liberalen Theologen, fĂŒr die das VerhĂ€ltnis von Kirche und Staat mit anderer Schwerpunktsetzung ebenfalls ein bestimmendes Element ihrer Ekklesiologie darstellt, reagieren rasch auf die neue Situation, da sie gerade in der Emanzipation anderer christlicher Konfessionen eine BestĂ€tigung ihrer Lehre von der Weite der anglikanischen Kirche erkennen. Sie haben eine „vision of the Church of England as tolerant of dissenting opinions“11. In der Folgezeit werden ihre AnhĂ€nger unter dem Terminus Broad Church zusammengefasst.12
Eine dritte Gruppe bilden die Evangelikalen der Kirche von England, fĂŒr die eine VerĂ€nderung des VerhĂ€ltnisses zur staatlichen AutoritĂ€t zunĂ€chst keine Rolle zu spielen scheint, bis sie sich schließlich durch die Äußerungen der beiden anderen Gruppierungen, die in ihren Augen der Gefahr einer Romanisierung bzw. unzulĂ€ssigen Liberalisierung der Lehre erliegen, zur Reaktion herausgefordert sehen.13
Infolgedessen ergibt sich eine einzigartige Konstellation, in der sich die drei unterschiedlichen theologischen Richtungen, die sich jeweils als ReprĂ€sentanten der einen Kirche Englands begreifen, bewusst sowohl mit ihren inneren Differenzen als auch mit ihrem VerhĂ€ltnis zu nicht-anglikanischen Gruppierungen und dem Staat befassen. Die drei Richtungen spiegeln gleichzeitig klassische theologische Strömungen wider: WĂ€hrend sich die Oxford Bewegung zunehmend am römischen Katholizismus orientiert, nehmen die Theologen der Broad Church den liberalen Einfluss vor allem aus Deutschland auf, und die Evangelikalen vertreten schließlich die klassischen reformatorischen Positionen der protestantischen Kontinentalkirchen sowie der nonkonformistischen Gruppierungen im eigenen Land. Es kommt in diesem Zusammenhang zu einer beispielhaften Standortbestimmung jeder Gruppe in Auseinandersetzung mit inneren und Ă€ußeren Divergenzen und dem eigenen konfessionellen Hintergrund, welche die Frage nach der ökumenischen ProduktivitĂ€t der einzelnen ekklesiologischen Strömungen nahelegt: Vor dem Hintergrund dieser inneren Differenzen drĂ€ngt sich die Frage nach der InklusivitĂ€t bzw. ExklusivitĂ€t des jeweiligen Kirchenbegriffs sowie nach der theologischen Grundlage der Einheit der gesamten Kirche von England auf.
Unter dieser Fragestellung wird zunĂ€chst in einer ekklesiologischen VerhĂ€ltnisbestimmung die Definition von Wesen, Funktion und AutoritĂ€tsbasis der Kirche in den einzelnen Gruppierungen im Vergleich untersucht, um Grundlagen, Abgrenzungen und Zielperspektiven des jeweiligen Kirchenbegriffs herauszustellen (Kap. 2 – 4).14 In einem weiteren Schritt soll die ökumenische Relevanz durch die Herausarbeitung des KatholizitĂ€ts- und Einheitsgedankens sowie des Dialogpotentials der jeweiligen Richtungen untersucht werden (Kap. 5). Vor diesem Hintergrund geht es dann um die Frage nach der Existenz einer gemeinsamen Grundlage fĂŒr die Gemeinschaft der drei unterschiedlichen Gruppierungen in der einen Kirche von England, woraus sich die Frage nach der Möglichkeit wechselseitiger ökumenischer Aufgeschlossenheit angesichts der gegebenen inneren Differenzen ergibt (Kap. 6). Abschließend soll nach der Bedeutung des inneranglikanischen Diskurses im 19. Jahrhundert fĂŒr die gegenwĂ€rtige ökumenische Dialogsituation gefragt werden. Konkret wird dabei gefragt, ob die AnsĂ€tze des 19. Jahrhunderts in der gegenwĂ€rtigen ökumenischen und ekklesiologischen Positionierung der Kirche von England, wie sie in den Konsenspapieren deutlich wird, inhaltlich aufgenommen werden und ob die innere DiversitĂ€t das Dialogpotential der Kirche beeinflusst (Kap. 7).

1.1.2 Forschungsstand

Eine vergleichende Analyse der ekklesiologischen Strömungen innerhalb der Kirche von England im 19. Jahrhundert existiert bislang nicht. Gerade in der deutschsprachigen wissenschaftlichen Theologie bleibt diese fĂŒr die Ekklesiologie der Kirche von England weichenstellende Epoche oft unberĂŒcksichtigt, so dass ein systematisch-theologisch angelegter Vergleich der ekklesiologischen Entwicklungen innerhalb der theologischen Hauptrichtungen des 19. Jahrhunderts hier eine ForschungslĂŒcke schließen kann.
Insgesamt ist vor allem die Ekklesiologie der Oxford Bewegung, insbesondere die Lehre John Henry Newmans, bereits hĂ€ufig behandelt worden; wesentlich seltener sind die Liberalen und gerade die Evangelikalen in Bezug auf ihre Ekklesiologie Thema der wissenschaftlichen Forschung. Die im Folgenden aufgefĂŒhrten Werke bieten einen Überblick ĂŒber die entsprechende SekundĂ€rliteratur seit 193015, die hinsichtlich der oben genannten inhaltlichen Schwerpunktsetzungen thematisch relevant erscheint:
Im Rahmen der SekundĂ€rliteratur, die sich mit der Oxford Bewegung befasst, konzentriert sich W.H. van de Pol mit seinem Werk Die Kirche im Leben und Denken Newmans (1937) auf eine weitgehend chronologische Nachzeichnung der Entwicklung der Theologie und Ekklesiologie John Henry Newmans. Die kurze, aus einer Artikelserie entstandenen Studie The Oecumenical Ideals of the Oxford Movement (1947) von Henry R.T. Brandreth behandelt das VerhĂ€ltnis der Bewegung zur römisch-katholischen Kirche. Den Einheitsgedanken der Kirche verfolgt auch Norbert Schiffers in seiner Untersuchung Die Einheit der Kirche nach John Henry Newman (1956). Der zugrundegelegte Einheitsbegriff wird dabei sowohl von Newmans vor- als auch von seinen nach-konversionellen Schriften her erschlossen. Max Keller-HĂŒschemenger beschĂ€ftigt sich in seiner Monographie Die Lehre der Kirche in der Oxford Bewegung (1974) mit der Bedeutung von theologischer Lehre ĂŒberhaupt fĂŒr die Bewegung. Ihm geht es um die Rolle von Schrift, Vernunft und Geschichte als Quellen der Lehre und um deren Funktion in der Kirche bezĂŒglich des Gottesdienstes und AmtsverstĂ€ndnisses. In Rune Imbergs Monographie In quest of authority: the ‚Tracts for the time‘ and the development of the Tractarian leaders, 1833 –1841 (1987) stehen vor allem die Theologie der Tracts for the Times und ihre Autoren aus der Oxford Bewegung im Vordergrund. Eine weitgehend kirchen- bzw. quellengeschichtliche Betrachtung der ekklesiologischen Entwicklung der Oxford Bewegung im Vergleich zur römisch-katholischen Kirche und den protestantischen Kontinentalkirchen findet sich schließlich bei Peter Benedict Nockles in seiner Studie The Oxford Movement in Context. Anglican High Churchmanship. 1760 – 1857 (1997).
Die Oxford Bewegung wird in der SekundĂ€rliteratur zum Teil bereits mit den anderen Richtungen in Beziehung gesetzt. Das VerhĂ€ltnis der evangelikalen und der hochkirchlichen Bewegung im Verlauf der Kirchengeschichte des 19. Jahrhunderts wird von Dieter Voll in dem kurzen Band Hochkirchlicher Pietismus. Die Aufnahme der evangelikalen Tradition durch die Oxford-Bewegung in der zweiten HĂ€lfte des neunzehnten Jahrhunderts (1960) skizziert. Dabei liegt der Fokus primĂ€r auf gelebter Kirchlichkeit bzw. Frömmigkeit. FĂŒr John Coulson dient in seiner Untersuchung ĂŒber John Newman and the Common Tradition. A Study in the Language of Church and Society (1970) die Ekklesiologie als Beispiel, an dem eine Untersuchung der Bedeutung von Sprache durchgefĂŒhrt wird: Die Kirche als Sprachsystem wird bei der ErfĂŒllung ihrer Funktion betrachtet. Coulson konzentriert sich auf das VerhĂ€ltnis unterschiedlicher Ideen von Kirche zueinander und auf den Gedanken der Idee und ihrer Regulierung: Er postuliert eine gemeinsame Tradition von Maurice und Newman basierend auf Coleridge.
Betrachtet man nun die Literatur zur liberalen Bewegung, so zeigt sich, dass hier die BeschĂ€ftigung mit einzelnen Theologen ĂŒberwiegt. C...

Table of contents

  1. Dimensionen der Einheit
  2. Theologische Bibliothek Töplmann
  3. Titel
  4. Impressum
  5. Widmung
  6. Vorwort
  7. Inhaltsverzeichnis
  8. 1 Einleitung
  9. 2 Das Wesen der Kirche
  10. 3 Die Funktion der Kirche
  11. 4 Die AutoritÀt in der Kirche
  12. 5 Einheit und Offenheit in der Kirche von Englandim 19. Jahrhundert
  13. 6 Die Kirche von England als „eine“ Kirche –die Basis der Koexistenz von hochkirchlichen,evangelikalen und liberalen Strömungen
  14. 7 Die Bedeutung der anglikanischenEkklesiologien des 19. Jahrhunderts fĂŒr denökumenischen Dialog im 20. Jahrhundert
  15. 8 Quellenverzeichnis
  16. 9 Literaturverzeichnis
  17. Personenregister
  18. Sachregister