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Frühchen im Lebenslauf und Soziale Arbeit
About this book
Wenn man von Frühgeborenen hört, ist man automatisch zumeist auf den Beginn des Lebens fokussiert. Es stellt sich die Frage, wie die Eltern von Frühchen diese ersten, oft sehr schweren Wochen erleben. Doch nach dem Krankenhausaufenthalt ist für viele Eltern und ihre frühgeborenen Kinder die belastende Zeit nicht abgeschlossen. Frühchen werden älter – sie kommen aus dem Krankenhaus nach Hause, sie besuchen später Kindertageseinrichtungen, sie gehen in die Schule. Forschungsergebnisse zeigen auf, wie es den Frühchen und ihren Eltern in diesen verschiedenen Lebensphasen geht, und es wird herausgearbeitet, wie die Soziale Arbeit die Familien an Schlüsselstellen am besten unterstützen kann.
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Information

Teil 1: Frühchen am Beginn des Lebens
Nina Wendl
Informationen zu Frühchen
Zunächst soll geklärt werden, welche Kinder unter den Begriff „Frühchen“ fallen, warum es zu Frühgeburten kommt und welche Schwierigkeiten Frühchen am Beginn des Lebens haben.4
Als frühgeboren werden seit der Definition der World Health Organisation (WHO) von 1962 Neugeborene bezeichnet, die vor der vollendeten 37. Schwangerschaftswoche (SSW), d. h. mit einem Gestationsalter von weniger als 259 Tagen, zur Welt kommen (Baumgartner 2010: 17). Gestationsalter beschreibt die Dauer der Schwangerschaft ab dem Zeitpunkt der Befruchtung und damit das Alter des Fötus in Wochen und Tagen.5 Eine normale Schwangerschaft dauert danach etwa 40 Wochen (Jorch 2013: 9).
Das Erreichen der 23. SSW bildet in Deutschland die Grenze der Lebensfähigkeit eines Frühgeborenen (Bundesverband „Das frühgeborene Kind“ 2011: 9). Frühgeborene, die zwischen der vollendeten 28. und 31. SSW geboren werden, bezeichnet man als sehr unreife Frühgeborene (Jorch 2013: 11) und Frühchen, die davor zur Welt kommen, werden als extrem kleine Frühgeborene definiert (Jorch 2013: 12). Mit jedem Tag, den das Baby im Mutterleib heranreifen kann, steigt seine Überlebenschance um 2 % und sinkt sein Risiko auf bleibende Schäden (Jorch 2013: 10).
1Statistische Daten
Laut Bundesverband „Das frühgeborene Kind e. V.“ kommen jährlich ungefähr 60.000 Frühchen in Deutschland zur Welt (Bundesverband „Das frühgeborene Kind“ 2011: 10), das waren im Jahr 2012 6,9 % der insgesamt 673.544 Lebendgeborenen (Destatis 2013).6 Laut einer Studie des statistischen Bundesamts in Wiesbaden aus dem Jahr 2013 kamen 2012 3657 Frühchen mit einem Geburtsgewicht von unter 1000 Gramm und 4846 Frühgeborene mit 1000 bis 1500 Gramm zur Welt. Insgesamt 46.492 Kinder wogen bei ihrer Geburt weniger als 2500 Gramm (Destatis 2013). Frühgeborene bilden somit die größte Kinderpatientengruppe in Deutschland (Bundesverband „Das frühgeborene Kind“ 2011: 10).
6,4 % der im Jahr 2012 männlichen Neugeborenen waren Frühchen, bei den weiblichen Neugeborenen lag der Anteil bei 7,4 % (Destatis 2013).
Vergleicht man die Daten der Perinatalzentren zu der Überlebensrate von Frühgeborenen, so ergeben sich folgende Zahlen: Während nur ca. 15 % aller Frühchen der vollendeten 22. SSW überleben, sind es schon 70 bis 80 % bei den Frühchen mit einem Gestationsalter von 24 bis 25 Schwangerschaftswochen. Bei Kindern, die nach der 27. SSW geboren werden, steigt die Rate auf 95 %. Auf das Geburtsgewicht bezogen steigt die Überlebenschance von 75 bis 80 % bei den Frühchen mit einem Gewicht von 500 bis 750 Gramm auf 95 % bei den Kindern, die 1000 bis 1500 Gramm bei ihrer Geburt wiegen (Baumgartner 2010: 16).
80 % der Frühgeborenen kommen per Sectio (Kaiserschnitt) zur Welt, da eine natürliche Geburt eine noch zu hohe Belastung für sie darstellen würde (Jorch 2013: 24). Im Vergleich dazu sind es 20 % der Reifgeborenen, die durch einen Kaiserschnitt auf die Welt geholt werden (Jorch 2013: 24).
2Internationaler Vergleich
Laut WHO kommen jährlich 15.000.000 Kinder weltweit zu früh zur Welt,7 bei einer weltweiten Gesamtzahl von 142.634.000 Geburten pro Jahr.8 Das bedeutet, dass fast jedes zehnte Baby, das geboren wird, ein Frühchen ist. Jedes Jahr sterben etwa 1.000.000 Kinder an den Folgen und Komplikationen einer Frühgeburt. Damit ist die Frühgeburt die häufigste Ursache der Säuglingsmortalität in den ersten vier Wochen nach der Geburt.9
3Risikofaktoren und Ursachen einer Frühgeburt
Die Zahl der Frühgeburten stieg trotz des medizinischen Fortschritts in den letzten Jahren an, anstatt zurückzugehen (von der Wense/Bindt 2013: 31) Ein Grund hierfür ist, dass durch die verbesserte Versorgung während der Schwangerschaft eine Fehlgeburt zwar verhindert werden kann, es stattdessen jedoch oft zu einer Frühgeburt kommt (Jorch 2013: 8). Das ist vermutlich auch dem höheren Durchschnittsalter der Frauen bei einer Schwangerschaft, der steigenden Zahl an Mehrlingsschwangerschaften und Kinderwunschbehandlungen und den daraus folgenden Komplikationen geschuldet (von der Wense/Bindt 2013: 31).
Es gibt einige Faktoren, die sich im Laufe der Zeit als risikoreich für eine zu frühe Geburt herausgestellt haben bzw. eine solche begünstigen können. Wenn es bereits vorangegangene Frühgeburten, Fehlgeburten oder Totgeburten gab, ist das Risiko einer erneuten Frühgeburt erhöht (von der Wense/Bindt 2013: 19). Einerseits kann das an einer genetischen Veranlagung liegen (von der Wense/Bindt 2013: 18). Andererseits ist die Mutter zum Zeitpunkt der erneuten Schwangerschaft wegen des traumatischen Erlebnisses der vorangegangenen Geburt voller Angst und Anspannung, was wiederum eine Frühgeburt auslösen kann (Baumgartner 2010: 22).
Auch bei einer Schwangeren unter 16 Jahren erhöht sich das Risiko einer Frühgeburt, da der Körper eines Mädchens in diesem Alter biologisch noch nicht für eine Schwangerschaft bereit ist und diese im jugendlichen Alter zudem eine schwere Belastungssituation für ein Mädchen darstellt (Baumgartner 2010: 21). Ein Lebensalter von über 38 Jahren erhöht ebenso die Wahrscheinlichkeit einer Frühgeburt (Strobel 1998: 14). Frauen aus Familien, die in Armut leben, oft mit wenig Nahrung und Wohnraum ausgestattet und schädlichen Umwelteinflüssen ausgesetzt sind, sind öfter von einer Frühgeburt betroffen, vor allem auch, weil diese Frauen selten oder gar keine Vorsorgeuntersuchungen wahrnehmen (Baumgartner 2010: 19).
Rauchen, Alkohol– und Drogenkonsum während der Schwangerschaft können als weitere Risikofaktoren festgehalten werden (Jorch 2013: 21). Rauchen stellt mit 30 % eines der größten Risiken dar (Strobel 1998: 15). In seltenen Fällen können eine Reise und die damit verbundenen klimatischen Veränderungen eine Frühgeburt auslösen (Strobel 1998: 15). Ein Über– oder Untergewicht und falsche bzw. einseitige Ernährung erhöhen ebenfalls das Risiko (Baumgartner 2010: 22).
Des Weiteren muss davon ausgegangen werden, dass jegliche Art von Belastung, vor allem im sozialen, psychischen, wirtschaftlichen und finanziellen Bereich, das Frühgeburtsrisiko drastisch erhöht (Jorch 2013: 21). Auch Schwierigkeiten in der Partnerschaft, Angst (Strobel 1998: 16), Stress und schwere Arbeit während der Schwangerschaft erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer Frühgeburt (Müller-Rieckmann 2000: 14).
Leidet eine schwangere Frau an einer Krankheit, so kann dies die Ursache für eine zu frühe Entbindung des Kindes sein. Krankheiten, die eine Frühgeburt verursachen können, sind Gestose, Anämie, Herz– und Lungenerkrankungen, Diabetes, Hyperthyreose, das HELLP-Syndrom und Infektionen (Müller-Rieckmann 2000: 14), wobei letztere die häufigsten Auslöser für Frühgeburten sind (Baumgartner 2010: 22). Auch Anomalien und Erkrankungen der Gebärorgane führen zu einer verfrühten Geburt (Müller-Rieckmann 2000: 15). Die zunehmende Größe der Föten bei einer fortschreitenden Mehrlingsschwangerschaft, die dadurch entstehende Enge im Uterus und die mehrfach ausgeschöpfte Plazenta können eine Frühgeburt auslösen (Baumgartner 2010: 22). In einigen Fällen muss die Geburt auch vorzeitig eingeleitet werden, um einer Gefährdung von Mutter oder Kind durch die weitere Austragung vorzubeugen (Jorch 2013: 18). Eine Frühgeburt kann auch die Folge sein, wenn der Hormonhaushalt der Mutter gestört ist, die Sauerstoff– und/oder die Nährstoffversorgung nicht mehr ausreichend sind oder wenn in der Gebärmutter zu wenig oder zu viel Fruchtwasser vorhanden ist (Dick et al. 1999: 19).
Auch Erkrankungen des Fötus, wie beispielsweise angeborene Fehlbildungen, Wachstumsstörungen, Infektionen, Blutgruppenunverträglichkeiten (Jorch 2013: 18), Rhesusunverträglichkeiten, Nabelschnur– (Müller-Rieckmann 2000: 15) oder Stoffwechselstörungen (Strobel 1998: 14), können Ursache für eine Frühgeburt sein.
Letztendlich lässt sich festhalten, dass es viele Faktoren gibt, die zu einem Frühgeburtsrisiko führen. Bei 40 % der Frühgeburten bleibt die Ursache allerdings unklar.10 Die Auslöser sind meist vielfältig, komplex und multifaktoriell (von der Wense/Bindt 2013: 30), selten gibt es eine einzige Ursache (Jorch 2013: 18).
4Schwierigkeiten für Frühgeborene
Frühgeborene sind von Beginn ihres Lebens an diversen körperlichen und seelischen Belastungen ausgesetzt. Durch die frühe Geburt und die Trennung von der Schutz bietenden Mutter muss sich das Frühchen verschiedenen Herausforderungen stellen. Häufig sind die Auswirkungen einer Frühgeburt noch lange nach der Entbindung zu spüren, teilweise aber auch erst in späteren Jahren feststellbar.
Abhängig vom Reifegrad des Frühgeborenen kann es in den ersten Wochen nach der Geburt zu diversen körperlichen Komplikationen kommen (Sarimski 2000: 16). Sowohl Niere als auch Leber sind neben der Lunge zumeist noch nicht voll entwickelt. Daneben leiden die Frühchen häufig an Hypothermie, Atemstörungen, Frühgeborenenretinopathie, Problemen mit dem Gastrointestinaltrakt, Störungen des zentralen Nervensystems, Anämie und Hypotension (Müller-Rieckmann 2000: 19 ff.). Frühchen sind sehr infektionsanfällig, und es können Blutungen auftreten (Müller-Rieckmann 2000: 19 ff.). Die Unreife eines Frühchens birgt somit ein großes Risiko für seine gesunde körperliche Entwicklung (Sarimski 2000: 15).
Jedes Frühchen ist auf der Neugeborenenintensivstation Bedingungen ausgesetzt, die es ihm erschweren, einen stabilen Tagesrhythmus aufzubauen, sich zu erholen und normal zu entwickeln. Dabei gilt es, dem Frühchen den Übergang in diese fremde, beängstigende Welt so angenehm wie möglich zu gestalten. Das Frühchen ist in einer Zeit, in der es sowohl körperlich als auch psychisch besonders verletzlich ist, schädigenden Einflüssen ausgesetzt (Marcovich 2008: 48). Auf der Station ist es normalerweise sehr laut und hell (Marcovich 2008: 48), das Frühchen ist umgeben von technischen Geräten und Kabeln (Bundesverband „Das frühgeborene Kind“ 2011: 26), es muss erhebliche Schmerzen erleiden, ihm werden unzählige Medikamente verabreicht (Marcovich 2008: 56 ff.). All das ist für ein Frühchen enorm strapaziös, zudem liegt es völlig isoliert im Inkubator (Jotzo 2004: 19) und wird durch das Fachpersonal ständig in seinen Schlaf– und Ruhephasen unterbrochen (Marcovich 2008: 50). Oft haben Frühchen noch nicht die Kraft zum Aufnehmen von Mahlzeiten, weshalb sie zusätzlich durch eine Sonde ernährt werden müssen und dadurch kein Gefühl für einen Lebensrhythmus entwickeln können (Müller-Rieckmann 2000: 30).
Häufig haben Frühchen nach der Entlassung aus der Klinik, in der sie meist mehrere Wochen verbringen mussten, Schwierigkeiten, sich an die neue Umgebung und Situation in ihrem zu Hause anzupassen (Jotzo 2004: 37). Sie sind leicht zu irritieren, geraten aus dem Gleichgewicht, ihre Stimmung schwankt sehr schnell, sie reagieren negativ auf Veränderungen (Jotzo 2004: 37), was sich in Schlaf– und/oder Fütterstörungen sowie exzessivem Schreien äußern kann (Sarimski 2000: 117). Diese Schwierigkeiten sind der Unreife der Frühchen und den daraus resultierenden Problemen in der „[…] sensorischen Erregbarkeit, der Modulation von Erregung und Aufmerksamkeit, sowie der zentralen Steuerung der Koordination motorischer Reaktionen […]“ (Sarimski 2000: 117) geschuldet. Durch die lange Zeit auf der Station sind sie es gewohnt, dass es hell und laut ist, weshalb ihnen die Dunkelheit und Stille im neuen zu Hause oft Angst macht. Jedoch muss der Vollständigkeit halber erwähnt werden, dass auch bei reifgeborenen Säuglingen Regulationsstörungen auftreten können (Sarimski 2000: 117).
Eine besondere Sorge von Frühgeboreneneltern muss dem plötzlichen Kindstod – aus dem Englischen übernommen auch „Sudden Infant Death Syndrome“ (SIDS) genannt – gelten. Als plötzlicher Kindstod werden unerwartete Todesfälle ohne erkennbare Ursache bei Säuglingen bezeichnet.11 In Deutschland sind jährlich etwa 2000 Kinder betroffen (Steidinger/Uthike 1985: 142). Der plötzliche Kindstod ist für 50 % der Todesfälle von Säuglingen verantwortlich, die mehr als einen Monat alt sind (Steidinger/Uthike 1985: 142). Risikokinder wie untergewichtige Neugeborene, Kinder mit einer schwierigen Geburt oder Frühgeborene machen 75 % der Todesfälle aus (Strobel 1998: 159). Je unreifer ein Frühchen bzw. je niedriger sein Geburtsgewicht war, desto höher ist sein Risiko, am plötzlichen Kindstod zu sterben (Jorch 2013: 148).
5Folgen einer Frühgeburt
Die Unterbrechung des vorgesehenen Entwicklungsverlaufs im Uterus der Mutter kann erhebliche Folgen für das weitere k...
Table of contents
- Cover
- Titelseite
- Impressum
- Hingabe
- Inhalt
- Vorwort der Herausgeberin
- Anmerkungen der Herausgeberin zum methodischen Vorgehen
- Teil 1: Frühchen am Beginn des Lebens
- Teil 2: Familien mit besonderen Belastungen
- Teil 3: Frühchen in Institutionen: Krippe, Kindergarten und Grundschule und die daraus folgenden Herausforderungen
- Teil 4: Frühchen bis zum Erwachsenenalter
- Ausblick der Herausgeberin
- Literatur
- Verzeichnis der Autor(innen)