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Die Natur und ihr Recht
Sie ist klug, sensibel, erfinderisch und genügt sich selbst
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Die Natur und ihr Recht
Sie ist klug, sensibel, erfinderisch und genügt sich selbst
About this book
In der Natur, zu Lande und zu Wasser, existieren Geschöpfe, die uns Menschen in vielerlei Hinsicht das Wasser reichen können. Im Gegensatz zum Menschen wandeln sie das Klima nicht, verursachen in der Folge weder Tsunamis noch Dürreperioden. Keines dieser Mitgeschöpfe behauptet, die Erde oder auch nur einen Teil davon zu besitzen. Der bedingungslose Besitzanspruch, wie ihn moderne Gesellschaften kennen und durchsetzen, führt zum Ungleichgewicht – ja zur ökologischen Ungerechtigkeit.Ein Plädoyer für einen gerechten Umgang mit der Natur.
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Information
TEIL 1
DIE RECHTE DER TIERE
»Wenn es um Tiere geht, befinden wir uns gerade in einer ethischen Revolution – wir sehen sie nicht mehr als Objekte, Güter und Ressourcen, sondern als Geschöpfe ihrer selbst.«
Andrew Linzey, Theologe, University of Oxford
Wirbeltier ehrenhalber
»Obwohl sie Weichtiere sind, wie Muscheln und Austern, haben diese Tiere ein sehr großes Gehirn und verfügen über eine seltsame, enigmatische Intelligenz.«
Peter Godfrey-Smith, Professor für Philosophie und Autor von Other Minds: The Octopus, the Sea, and the Deep Origins of Consciousness
Ein Krake namens Paul wurde im Jahr 2010 dadurch berühmt, dass er die Ergebnisse von acht Fußballweltmeisterschafts-Spielen, das Finale eingeschlossen, richtig vorhersagte. Er entschied sich jeweils zwischen zwei Kisten, auf denen die Flaggen der teilnehmenden Mannschaften klebten. Das war natürlich Zufall, aber die Geschichte zog zum Teil auch dadurch weltweite Aufmerksamkeit auf sich, weil gleichzeitig neue wissenschaftliche Erkenntnisse über die erstaunliche Intelligenz von Kraken aufkamen.
Es fällt uns leicht, uns Orang-Utans, Schimpansen, Delfine, Wale oder Elefanten als höchst intelligente Tiere voller komplexer Emotionen und mit verzweigten sozialen Netzwerken vorzustellen. Obwohl wir diese Tiere vielleicht noch nie in der Wildnis gesehen haben, sind sie uns vertraut, und wir erzählen unseren Kindern Geschichten von Babar, Free Willy oder Coco, dem neugierigen Affen.
Ein Krake ist uns fremder. Evolutionär gesehen gehen Menschen und Kraken bereits seit 600 Millionen Jahren getrennte Wege. Das sieht man. Kraken haben acht Arme mit Hunderten flexiblen Saugnäpfen, die nicht nur festhalten, sondern auch schmecken können. Formal sind Kraken Weichtiere, wie Austern, Muscheln oder Schnecken, aber im Lauf der Evolution haben sie ihre Gehäuse eingebüßt. Sie haben Schnäbel wie Papageien. In ihrer Haut sind Licht wahrnehmende Zellen eingelagert. Zwischen den verschiedenen Unterarten der Kraken gibt es enorme Größenunterschiede: Der Atlantische Zwergkrake wiegt ausgewachsen ungefähr 30 Gramm, der Pazifische Riesenkrake kann mehr als 100 Kilogramm wiegen. Sie benutzen ein Rückstoßprinzip, wobei sie Wasser durch einen Trichter schießen, um sich fortzubewegen, im Sand Löcher zu graben oder Feinde abzuwehren. Sie können verlorene Arme nachwachsen lassen. Sie haben drei Herzen und blaues Blut. Manche Krakenarten können Tinte versprühen, um in einer dichten Wolke zu verschwinden. Andere spritzen ihrer Beute Gift. Australische Blaugeringelte Kraken können Menschen töten. Und am erstaunlichsten ist es, dass sie unsere Vorstellungen der Verbindung von Körper und Geist infrage stellen. Neben einem zentralisierten Gehirn haben Kraken auch ein dezentralisiertes, sodass sich ihre Arme unabhängig voneinander bewegen können.
Trotz all dieser Unterschiede haben Kraken etwas, das uns fasziniert und berührt. Vielleicht sind es ihre Augen, die fast wie menschliche Augen aufgebaut sind. Der kanadische Zoologe N. J. Berrill nannte diese Ähnlichkeit einmal »die verblüffendste Eigenschaft im gesamten Tierreich«. Der Unterschied liegt darin, dass Kraken horizontale Schlitze haben und keine runden Pupillen wie wir.
Die Faszination kann auch daher rühren, dass Kraken schlau sind und ganz eigene Persönlichkeiten haben. Kraken haben Hunderte Mal mehr Neuronen als alle anderen wirbellosen Tiere. Mit geschätzten 500 Millionen Neuronen sind sie schlauer als Mäuse und Ratten und beinahe gleichauf mit Katzen (700 Millionen).
Je mehr die Wissenschaft über diese achtarmigen wirbellosen Tiere herausfindet, desto beeindruckender scheinen sie. Ihre Fähigkeit, aus Gefangenschaft zu entkommen, ist legendär. Kraken, die in Aquarien gehalten werden, sind bekannt dafür, nachts aus ihren Becken auszubrechen, sich in einem anderen Becken etwas zu essen zu suchen und dann wieder zurückzukehren, ohne dass sich die Pfleger das erklären können. Dadurch, dass sie keine Knochen haben, können sich Kraken durch unglaublich kleine Löcher und Spalten quetschen. Ein Krake kann sich in den Krabbenkorb eines Fischers zwängen, dort alle Krabben essen und wieder verschwinden.
Inky war ein wilder Krake, den ein Fischer in einer Langustenfalle fand und ins staatliche Aquarium Neuseelands in der Küstenstadt Napier brachte. Zwei Jahre lang war Inky einer der Stars des Aquariums, aber im Jahr 2016 verschwand er. Ein nachlässiger Wartungstechniker hatte beim Abdecken von Inkys Becken eine Lücke gelassen, die der Krake sich zunutze machte. Er verließ sein Becken und kroch über den Fußboden zu einem 15 Zentimeter breiten Abflussrohr, das zurück zum Meer führte, quetschte sich hindurch und entkam. Als Flundern für ein Forschungsprojekt aus ihrem Becken im selben Aquarium verschwanden, wurde ein anderer Krake schnell als Täter identifiziert, obwohl sein Becken mehr als vier Meter entfernt stand.
Kraken benutzen Hilfsmittel. Sie suchen sich Steine, um den Zugang zu ihren Verstecken zu verkleinern oder zu tarnen. Der Ader-Oktopus versteckt sich in Muschelschalen und wird im Englischen auch Coconut Octopus genannt, weil er manchmal eine Kokosnussschale als Notfallversteck mit sich trägt. Kraken können außerdem auf erstaunliche Art und Weise ihre Form, Farbe oder Hautstruktur ändern, um sich zu tarnen. Ihre Haut kann sich blitzschnell einem sandigen Meeresboden, Korallen, Algen oder Steinen anpassen. Sie können Legosteine auseinandernehmen und sogar Tablettendosen mit Kindersicherung öffnen. Sie mögen Spielzeuge und erfinden eigene Spiele. Ein Krake benutzte Wasserstrahlen, um eine Flasche in seinem Aquarium kreisen zu lassen. Sie können durch Labyrinthe hindurch finden, mehrere verschlossene Gefäße nacheinander öffnen, um an Essen zu gelangen, und sich später an die Lösungen solcher Probleme erinnern. Ein Krake an der Universität von Otago in Neuseeland fand heraus, dass er durch einen geschickten Wasserstrahl ein Licht im Raum löschen konnte. Die Glühbirne zu ersetzen wurde irgendwann so teuer, dass man den Kraken zurück ins Meer entließ.
Jennifer Mather, Psychologin an der University of Lethbridge und Autorin des Buches Octopus: The Ocean’s Intelligent Invertebrate, ist der Meinung, dass diese Tiere Persönlichkeiten haben und dass es sowohl schüchterne als auch mutige, aktive oder passive sowie emotionale oder zurückhaltende Exemplare gibt. In den Fünfzigerjahren des 20. Jahrhunderts unternahm der Harvard-Wissenschaftler Peter Dews Versuche mit drei Kraken namens Albert, Bertram und Charles. Albert und Bertram fanden schnell heraus, dass sie ein Stück Sardine bekamen, wenn sie an einem Hebel zogen und ein kleines Licht zum Leuchten brachten. Auch Charles merkte das, interessierte sich jedoch mehr für den Hebel und das Licht. Er griff mit seinen Tentakeln nach der Lampe und zog sie in sein Versteck. Außerdem schoss er ständig Wasserstrahlen nach Dews. Letzten Endes zog Charles so heftig am Hebel, dass er kaputtging und das Experiment abgebrochen werden musste.
Andere Experimente haben gezeigt, dass Kraken verschiedene Menschen unterscheiden und wiedererkennen können. Wissenschaftler sind außerdem der Meinung, dass Kraken ihre Farbe wechseln, um verschiedene Gemütszustände anzuzeigen. Ein pazifischer Riesenkrake ist weiß, wenn er entspannt ist, und wird bei Aufregung rot.
Kraken sind so intelligent, dass sie 1993 zu »Wirbeltieren ehrenhalber« erklärt wurden und somit die einzige wirbellose Tierart sind, die unter britischem Recht von gewissen Experimenten ausgeschlossen ist. Die Europäische Union erließ im Jahr 2010 strikte Richtlinien für die experimentelle Erforschung von Kraken, da »es wissenschaftlich bewiesen ist, dass sie Schmerzen und Not leiden und bleibende Schäden zurückbehalten können«.
KAPITEL 1
Durchbrüche in der Auffassung tierischen Verständnisses
»Da wir inzwischen wissen, dass wir inmitten von empfindenden Wesen leben und nicht unter Maschinen, die auf gewisse Stimuli reagieren, müssen wir uns die Frage stellen, wie wir diese empfindsamen, denkenden Wesen behandeln sollten.«
Virginia Morell: Animal Wise
Menschen vergessen oft und gern, dass wir alle Tiere sind. Denken wir nur an das oft gesehene Schild in Schaufenstern oder Einkaufszentren: »Keine Tiere erlaubt.« Wenn wir das ernst nähmen, wären sämtliche Unternehmer ruiniert! Oder die Redewendung »sich wie ein Tier benehmen«. Wie könnten wir uns denn anders verhalten?
Bis in die Siebzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts hinein vertrat man weithin die Ansicht, nicht menschliche Tiere seien lediglich Automaten, die instinktiv auf gewisse externe Stimuli reagierten. Dann kam Dr. Donald Griffin, ein amerikanischer Zoologe, der 1944 mit der Feststellung bekannt geworden war, dass Fledermäuse Echolot zur Navigation benutzen. Im Jahr 1976, nachdem er jahrzehntelang verschiedene Arten in Laboren und in freier Wildbahn untersucht hatte, schlug Griffin vor, dass die Wissenschaft das Verständnis von Tieren untersuchen sollte, um zu verstehen, wie sie denken. Er vertrat die Ansicht, Tiere seien denkende Wesen, selbst wenn sie anders oder über andere Dinge nachdächten als Menschen. Damit ebnete er den Weg für eine völlig neue wissenschaftliche Disziplin namens Kognitive Ethologie – die Erforschung des Verständnisses und des Bewusstseins nicht menschlicher Tiere.
Seit Griffin diese Aufgabe gestellt hat, ist es in der wissenschaftlichen Forschung zu großen Fortschritten auf dem Gebiet tierischen Bewusstseins gekommen, die viele unserer bisherigen Vermutungen infrage stellen. Zurzeit erforschen und beobachten Wissenschaftler mehr Tierarten als jemals zuvor. Es werden mehr und mehr wissenschaftliche Artikel über das Bewusstsein und die Fähigkeiten von Tieren veröffentlicht. In den Disziplinen Neuroanatomie, Neurochemie und Entwicklungsbiologie sind Durchbrüche in unserem Verständnis von tierischen Gehirnen gemacht worden.
Die Vorstellung menschlicher Überlegenheit, die sich von Aristoteles’ Hierarchie des Lebens über Descartes’ fälschliche Annahme von Tieren als Maschinen zieht, hätte mit Darwin und den darauffolgenden Entdeckungen zur Evolution ausradiert werden sollen. Aber die alten Mythen von uns und dem, was wir sind, sind schwer zu überwinden. Wir Menschen wollen schon seit Langem nicht einsehen, dass wir entfernte Verwandte aller anderen Tierarten sind, die sich vor Jahrmillionen aus gemeinsamen Vorfahren entwickelt haben. Aber zuzugeben, dass andere Arten auch besonders sind, heißt keinesfalls, unsere eigenen Besonderheiten zu verleugnen. Zu den Charakteristika, auf die sich Menschen immer schon berufen haben, um sich von anderen Tierarten abzugrenzen – jenen »Merkmalen der Menschlichkeit« – gehören Intelligenz, Gefühle, Sprache, Werkzeuggebrauch, Erinnerung, Kultur, Weitsicht, Zusammenarbeit, Altruismus und Selbstwahrnehmung. Die Wissenschaft beweist nach und nach, dass wir all diese Merkmale mit anderen Tieren gemein haben.
Intelligenz
Wissenschaftler sind der Ansicht, dass sich die großen Gehirne von Primaten, Walen und Elefanten entwickelt haben, um sich einer immer größeren sozialen Komplexität anzupassen – Freunde und Feinde zu unterscheiden, lebenslange soziale Beziehungen einzugehen, zum gegenseitigen Wohl zusammenzuarbeiten und einzigartige Kulturen zu entwickeln. Menschen, so die gängige Meinung, haben die größten Gehirne und damit den Preis für die höchste Intelligenz schon gewonnen. Doch nicht so schnell. Die Gehirne von Menschen sind kleiner als die von Delfinen, Elefanten und Walen. Zur Verteidigung haben wir schlauerweise bedacht, dass das Gewicht von Gehirnmasse keinen direkten Vergleich zulässt, und uns für eine Verhältnismäßigkeit von Gehirn- und Körpermasse entschieden. Danach sticht uns das Spitzhörnchen aus, also kann auch das keine gute Vergleichsgröße sein. Obwohl menschliche Gehirne kleiner als die von Walen sind, haben sie mehr Neuronen (aha!), aber Walhirne haben mehr Glia, besondere Zellen, die zur Verarbeitung von Informationen nötig sind.
Es steht außer Frage, dass Delfine, Wale, Primaten und Elefanten höchst intelligent sind. Delfine haben nicht nur große Gehirne, sondern auch außerordentliche Fähigkeiten wie Sonar oder Echolot. Dabei senden sie Schallwellen aus, die als Echo zurückkehren und ihnen zahlreiche Informationen über ihre Umgebung liefern. Echolot erlaubt es Delfinen, durch feste Objekte zu »sehen«, wie es Superhelden mithilfe ihres Röntgenblicks tun. Zum Beispiel können Delfine feststellen, ob ein anderer Delfin, oder ein Mensch, schwanger ist – ihr Sonar ermöglicht es ihnen, zwei verschiedene Herzschläge wahrzunehmen. Vor ein paar Jahren fanden Wissenschaftler heraus, dass Delfingehirne eine große Menge spezialisierter Von-Economo-Neuronen enthalten, die man vorher nur bei Menschenaffen gefunden hatte. Diese Neuronen werden mit der schnellen Übermittlung wichtiger sozialer und emotionaler Informationen in Verbindung gebracht. Delfingehirne verfügen sogar über noch mehr dieser Neuronen als Menschenhirne. Dale Peterson schreibt in The Moral Lives of Animals: »[Delfine] haben eine sehr gute Erinnerungsgabe und eine große soziale und persönliche Selbstwahrnehmung, können das Verhalten anderer fantastisch nachahmen und auf symbolische Darbietungen reagieren; sie bauen komplexe und kreativ anpassungsfähige Sozialsysteme auf und haben ein umfassendes Vermögen, erlernte Verhaltensweisen kulturell weiterzugeben.« Kurzum: Delfine sind wirklich schlau.
Obwohl der Ausdruck »Spatzenhirn« immer negativ belegt war, müsste er als Verweis auf Vogelhirne eigentlich ein Kompliment sein. Im Jahr 2004 benannten Wissenschaftler aufgrund neugewonnener evolutionärer Erkenntnisse alle Teile des Vogelhirns um. Entgegen früherer Annahmen ähneln die Gehirne von Vögeln strukturell denen von Säugetieren. Trotz der geringen Größe ihrer Gehirne haben sich Krähen, Raben und Häher – allesamt Rabenvögel – als talentierte Problemlöser und Hilfsmittelnutzer herausgestellt. In einem Experiment schaffte es eine Geradschnabelkrähe, acht Hindernisse zu überwinden, um zu einem Stück Aluminium zu gelangen, das sie anschließend akkurat zu einem Haken formte, um ein Stückchen Futter zu erreichen. Dies gelang ihr bereits beim ersten Versuch.
Intelligenz ist nicht auf Primaten, Wale und Vögel beschränkt. Schützenfische können blitzschnell komplizierte mathematische Berechnungen über Entfernung, Geschwindigkeit und Zeit vornehmen, bevor sie ihre Beute mit einem Wasserstrahl abschießen. Sie können ihre Jagdkünste verbessern, indem sie geübteren Artgenossen zusehen. Viele Tierarten, von Monarchfaltern und Buckelwalen zu Pazifischen Lachsen und Küstenseeschwalben, legen alljährlich große Wanderungen ohne Karte, Kompass oder Navigationsgerät zurück.
Viele verschiedene Tierarten verhalten sich gezielt auf eine Art, die Feinde oder sogar eigene Artgenossen täuschen soll. In seinem Bestseller The Parrot’s Lament erzählt Eugene Linden von Täuschungen unter Papageien, Elefanten, Orang-Utans, Delfinen und Falken. Manche Vögel täuschen eine Verletzung vor, um Räuber von ihren Nestern wegzulocken. Häher verstecken keine Nahrung, wenn ihnen andere Tiere zusehen, oder sie kommen später zurück und verstecken sie neu. Schimpansen oder Gorillas tun so, als ob sie Nahrung, die sie haben wollen, nicht sehen, wenn ranghöhere Artgenossen dabei sind. Später kehren die rangniederen Tiere allein zurück, um die Nahrung einzusammeln. Der Bandschwanzbussard imitiert den Flugstil eines Geiers, der als Aasfresser für lebende Vögel keine Gefahr darstellt, und taucht dann blitzschnell auf die nichts ahnenden Beutevögel hinab. Solche Beispiele von Täuschung lassen vermuten, dass manche Tierarten die Denkweisen anderer Tiere durchschauen.
Gefühle
Laut Barbara J. King, Autorin des Buches How Animals Grieve, bedeutet Trauer, »wenn ein überlebendes Tier sich offensichtlich betroffen oder anders als sonst verhält, nachdem ein Gefährte gestorben ist, der ihm oder ihr etwas bedeutet hat«. Delfine, Primaten und Elefanten zeigen Verhaltensweisen, die offensichtlich Trauer ausdrücken. Jeffrey Kluger schreibt im Time Magazine: »Es ist längst bekannt, dass Elefanten um ihre Toten trauern. Sie scharen sich in offensichtlichem Kummer um die Körper ihrer toten Familienmitglieder, und Afrikanische Elefanten haben Bestattungsrituale, bei denen sie ihre toten Artgenossen mit Blättern und Schmutz bedecken. Elefanten zeigen großes Interesse – manche Wissenschaftler sprechen sogar von Respekt, wenn sie Elefantenknochen finden, und sie untersuchen sie genau, vor allem die Schädel und Stoßzähne.« Primaten verhalten sich ähnlich und bleiben oft tagelang in der Nähe von toten Gruppenmitgliedern.
Es gibt Erzählungen aus Afrika und Asien, in denen Elefantenherden und Tiger Rache an bestimmten Menschensiedlungen oder Jägern nehmen, die ihre Familienmitglieder getötet, ihre Nahrung gestohlen oder sie zu töten versucht hatten. Elefantenbabys haben manchmal regelrechte Wutanfälle, wenn ihre Mütter ihnen keine Milch geben wollen. Zusätzlich zu Beobachtungen können Wissenschaftler nun auch physiologisches Datenmaterial zu Hilfe nehmen, um Veränderungen der emotionalen Verfassung von Tieren zu untersuchen. Neuere Studien haben bewiesen, dass Hunde in Gegenwart ihrer Besitzer Glücksgefühle verspüren.
In den 1970er-Jahren fuhr ein gefangener Schwertwal namens Orky in Marineland in Palos Verdes, Kalifornien, mit seinem Schnabel vier- oder fünfmal über den Bauch seiner Artgenossin Corky, ganz so, wie ein Arzt einer schwangeren Frau mit einer Ultraschallsonde über den Bauch streicht. Anschließend begann Orky, seinen Kopf wiederholt gegen den Beckenrand zu schlagen. Das hatte er vorher noch nie gemacht. Zwei Stunden später hatte Corky eine Fehlgeburt. Da Orcas Schwangerschaften überwachen können, kann man annehmen, dass Orky mit seinem Verhalten Betroffenheit oder Trauer ausdrücken wollte.
Sprache
Menschen mögen die einzige Spezies mit einer Schriftsprache sein, aber viele Tiere haben ausgeklügelte Kommunikationsarten, die unser Verständnis weit übersteigen. Dazu gehört der Gebrauch von Lauten oder Sonar. Primaten können Symbole und Zeichensprache erlernen. Wissenschaftler haben bei in der Wildnis lebenden Schimpansen mindestens 66 verschiedene Gesten wie Heranwinken und Zuwinken beobachten können. Kanzi, ein Bonobo, der dem Great Ape Trust »gehört« und in einer Forschungsanlage in Iowa gehalten wird, ist berühmt geworden, weil er über 400 Wörter in Zeichensprache beherrscht. Als er mit Grünkohl gefüttert wurde, beschrieb Kanzi diesen als »langsamen Salat«, weil er länger gekaut werden musste. Pizza hieß für ihn »Käse-Tomaten-Brot«. Noch viel interessanter ist es, dass er auch Wörter für Gefühle und abstr...
Table of contents
- Cover
- Titel
- Impressum
- Widmung
- INHALT
- Vorwort
- Einleitung: Drei schädliche Vorstellungen und eine mögliche Lösung
- Teil 1: Die Rechte der Tiere
- Teil 2: Die Rechte von Arten
- Teil 3: Die Rechte der Natur: Von Bäumen zu Flüssen und Ökosystemen
- Teil 4: Die Rechte der Natur: Neue konstitutionelle und juristische Grundlagen
- Fazit: Zur rechten Zeit auf dem richtigen Planeten
- Bibliografie
- Danksagung