KAPITEL 1
BUSINESS BASICS
So schwer kann es doch nicht sein
Du hĂ€ltst wahrscheinlich dieses Buch in der Hand, weil Du mit der verrĂŒckten Idee spielst (oder im schlimmsten Fall schon an sie verloren bist), Fotograf zu sein. Herzlichen GlĂŒckwunsch und willkommen im Club!
Der Weg wird abwechslungsreich, spannend und nicht immer leicht sein. Es gibt viele kleine und groĂe Herausforderungen, die es zu meistern gilt. Das eigene Vorankommen nur von den eigenen empirischen Lernerfahrungen abhĂ€ngig zu machen, kann leidvoll, teuer oder sogar beides werden. Im schlimmsten Fall verliert man die Lust und ein bisschen Geld. Im besten Fall wird und bleibt man ein erfolgreicher Fotograf.
Vielleicht denkst Du, dass es gar nicht so schwer sein kann, als Fotograf selbststĂ€ndig zu sein. Dann gehörst Du anscheinend zu den Optimisten. Keine Sorge, das geht wieder vorbei. SpĂ€testens, wenn Du Dich mit dem Thema Urheberrecht, Datenschutz, zahlungsunwilligen Klienten oder der SteuererklĂ€rung beschĂ€ftigen musst, weiĂt Du, dass man nicht nur GlĂŒck braucht, sondern eben auch Ausdauer und einen Plan.
Fotograf zu werden, mag auf den ersten Blick nicht schwierig wirken. Fotograf zu sein, mit der Fotografie tÀglich seine Brötchen zu verdienen, ist jedoch kein leichtes Unterfangen. Die Lage ist aber nicht vollkommen hoffnungslos. Es scheint nur manchmal so.
Es ist wie mit der Jahresmitgliedschaft im Fitnessclub: Jetzt, wo man das ganze Equipment, die Idee und das Modell hat, wĂ€re es schade, einfach nicht hinzugehen. Auch beim Shooting kommt man oft ins Schwitzen, nicht erst wenn man den Drill Sergeant herausholt. Entschuldigung, das heiĂt ja heute »Image-Coach«.
Gut fotografieren alleine reicht nicht
Einfach nur fotografieren zu können, reicht heutzutage nicht mehr aus. Du brauchst ein GrundverstÀndnis von Marketing, Finanzplanung und Unternehmensorganisation.
Wenn Du Dich in der Rolle, Dein eigener Chef zu sein, gut organisieren kannst, bietet es Dir eine Menge Freiheiten, die sich auf die persönliche LebensqualitÀt durchaus positiv auswirken können. Die RealitÀt der SelbststÀndigkeit ist jedoch auch: Du brauchst Vertrauen in Dich, musst lernen, Dich selbst zu managen, und aufhören, zu hoffen, dass man Dich irgendwann zufÀllig entdeckt.
Erfolg ist planbar, genau wie Deine Zeit
Erfolg kommt selten von heute auf morgen. Ein Business zu etablieren, dauert im Schnitt drei Jahre. Mit der unternehmerischen Freiheit entsteht daher auch eine groĂe Verantwortung, mit der eigenen Zeit tĂ€glich sinnvoll umzugehen und das groĂe Ziel nicht aus den Augen zu verlieren. Das Nicht-arbeiten ist genauso sinnvoll, wenn man daraus wieder Antrieb und neue Ideen gewinnt und aus der Ruhe Energie zur Umsetzung schöpft.
Man wird nie erfahren, ob man das Zeug dazu hat, wenn man es nicht versucht
Wer sich ausprobiert, der wird Fehler machen, an sich zweifeln, auch mal alles an den Nagel hĂ€ngen wollen. Das ist ein Teil des Prozesses, um als KĂŒnstler und Unternehmer besser zu werden. Auf diesem Weg nicht aufzugeben und fĂŒr das zu arbeiten, was man erreichen möchte, vereint beide im Geiste. Also kann der KĂŒnstler die Richtung vorgeben und seine Werke produzieren, wĂ€hrend der Unternehmer im Hintergrund arbeitet, so dass sich das Ganze am Ende auch rechnet und funktioniert.
Daher ist es wichtig, nicht nur zu lernen, wie man gute Businessfotos macht, sondern auch, wie man das eigene Business entwirft und weiterdenkt. Es ist auf Dauer recht ermĂŒdend, nur auf das nĂ€chste Licht am Horizont zu warten. Doch es scheint RealitĂ€t zu sein, zumindest am Anfang â also wĂ€re es ratsam, zu lernen, damit umzugehen und sich so aufzustellen, dass die guten Jobs konstant zu Dir kommen.
Tipp: Das Geheimnis ist es, niemals aufdringlich zu erscheinen, sondern sich selbst und seine Leistungen in das rechte Licht zu rĂŒcken, so dass der Kunde zu Dir findet.
Gefunden werden mit ein bisschen Nachhilfe
- Organisiere eigene Events.
- Entwickle kleine Bildgeschichten fĂŒr Deine Webseite.
- Erstelle Postkarten und bring sie in Umlauf.
- Suche Dir passende lokale, nationale und internationale Wettbewerbe.
- KnĂŒpfe neue Kontakte und erweitere Dein Netzwerk.
- Bleibe positiv in Erinnerung und bring Deinem Netzwerk einen Mehrwert.
- Halte Deine Produkte und Leistungen im Hintergrund, aber sichtbar z. B. auf Deiner Webseite.
Ob Du Dich auf wenige Produkte und Leistungen mit viel Hingabe zum Detail spezialisieren oder eine Vielzahl von Produkten anbieten möchtest, bleibt natĂŒrlich Dir ĂŒberlassen. Damit Du konstant gute Leistungen anbieten kannst, die Deine potenziellen Kunden auch brauchen, schĂ€tzen und immer wieder haben wollen, zĂ€hlen die Prozesse dahinter, Deine Vision fĂŒr das gesamte eigene GeschĂ€ft, das diese Leistungen produziert und anbietet.
Deine Produkte wollen entwickelt, verfeinert und angepasst werden, damit sie stark werden und Dir das zurĂŒckgeben können, was Du in sie reingesteckt hast. Dieser Entwicklungsprozess, der das eigene Können auf die Probe stellt, erfordert von vornherein eine langfristige Perspektive und ein gutes GerĂŒst, damit alles bestens funktioniert und sich entwickeln kann.
Tipp: Das eigene Business als Fotograf verantwortungsbewusst zu fĂŒhren, hilft dabei, sich in der Zusammenarbeit mit Unternehmen einen verlĂ€sslichen Ruf zu erarbeiten. Denn Unternehmen arbeiten gern mit Unternehmen zusammen oder mit Unternehmern, die es schaffen, den Standards, Erwartungen und AnsprĂŒchen der professionellen Zusammenarbeit gerecht zu werden.
Niemand sagt, dass man von Anfang an alles wissen muss, wenn man als Fotograf arbeiten möchte. Manche meinen, man muss nur wissen, wo die gesuchte Information zu finden ist. Dennoch gibt es viele Dinge, die wir von klein auf lernen, von den Geschwistern, aus den MĂ€rchen, aus der Schule und auch von den Eltern. Doch wo lernt man, wie man sein eigenes Unternehmen fĂŒhrt, eine persönliche Marke etabliert, ein ehrbarer Kaufmann ist, in GeschĂ€ftsverhandlungen erfolgreiche AbschlĂŒsse erzielt und sowohl die eigenen Urheberrechte als auch die Persönlichkeitsrechte seiner Klienten respektiert? Um als Fotograf zu arbeiten, muss man nicht nur wissen, wie man ein gutes Bild macht. Es geht um viel mehr als nur die Art und Weise, in Fotos Geschichten zu erzĂ€hlen.
Um als Businessfotograf schnell die Rollen der Personen zu verstehen, sollte man wissen, wie ein Unternehmen funktioniert; welche Terminologien und AbkĂŒrzungen aus der Businesssprache welche Bedeutung haben; was die einzelnen Abteilungen und Akteure vor der Kamera grob beruflich machen und thematisch auf dem Schirm haben. Dieses Wissen ist nicht nur essenziell, weil man fĂŒr Unternehmen, Organisationen und unternehmerische Einzelakteure arbeitet, die ein gewisses GrundverstĂ€ndnis voraussetzen, sondern auch, weil man selbst ein kleines Unternehmen aufbaut und seine eigene Marketing-, Finanz- und Personalabteilung leitet und bei der Arbeit vieles lernt, das spĂ€ter fĂŒr einen selbst mal wichtig werden könnte.
Das erste Kapitel widmet sich daher der Frage, wie man sein eigenes Fotobusiness entwirft, aufbaut und fĂŒhrt. Hier wird ein strategisches GrundgerĂŒst sowohl fĂŒr den ambitionierten Amateur als auch den erfahrenen Fotografen aufgezeigt, der sich bei einigen Fragestellungen einen Leitfaden oder manchmal nur eine Anregung wĂŒnscht.
Tipp: Bleibe authentisch bei dem, was Du machen willst und Deinen Kunden versprichst. Versuche, eigene Ideen einzubringen, die Dich auszeichnen und Dir helfen, Nischen zu finden, die mit Deinen persönlichen Erfahrungen harmonieren. So wirst Du langfristig erfolgreich(er) und glĂŒcklicher sein, als wenn Du nur das kopierst, was Du bei anderen siehst.
1.1DER MARKT DER BILDER
Als vor knapp 200 Jahren die ersten Foto-Pioniere noch mechanische und chemische Fachkenntnisse sowie bis zu acht Stunden Belichtungszeit fĂŒr ein einziges Bild brauchten, wĂ€re es unvorstellbar gewesen, wie schnell heutzutage Bilder gemacht und vervielfĂ€ltigt werden. Bald wird es womöglich nur noch ein Augenzwinkern brauchen, um ein Foto zu erstellen und mit einem zweiten bereits zu teilen.
Der Markt der Fotografie verĂ€ndert sich schneller denn je und mit ihm auch die Fotografen, die in ihm arbeiten. FĂŒr einige mag es ein hart umkĂ€mpfter Markt sein. Andere sehen einen Ozean voller Möglichkeiten, finden Inspiration in der Arbeit der anderen Fotografen und fĂŒhlen sich, als könnten sie nur gewinnen. Mit der technischen Entwicklung verĂ€ndern sich der Markt und die Jobs im Fotobusiness. Doch Bilder werden ja eigentlich immer gebraucht, egal ob man mit Privat- oder Unternehmenskunden oder beiden arbeitet.
Die Geschichte der ersten Fotografen
1826 fertigte Jospeh NiĂ©pce die Heliografie an, die heute als die Ă€lteste erhaltene fotografische Reproduktion der Welt gilt. Der Blick aus seinem Arbeitszimmer brauchte damals noch acht Stunden Belichtungszeit. Drei Jahre und viele Versuche mit chemischen Prozessen spĂ€ter begann NiĂ©pce in einem Briefwechsel mit Louis Daguerre, auch die kommerzielle Verwertbarkeit von seiner Erfindung zu diskutieren. Doch er starb, bevor er wirtschaftlich davon profitieren konnte. Dank seiner Versuche gelang jedoch der Daguerreotypie 1839 endlich der groĂe Durchbruch. Die Daguerreotypien waren bald nicht nur als Architekturaufnahmen, sondern auch als PortrĂ€t- und Aktfotos in aller HĂ€nde, da sie gĂŒnstiger waren als die bis dahin ĂŒblichen gemalten Miniaturen. Die Basis der Aufnahme bildeten dabei lichtempfindliche Kupferplatten, die anschlieĂend mit QuecksilberdĂ€mpfen entwickelt wurden. Fixiert wurde in einer Meersalz- oder Zyankalilösung. Das von William Henry Talbot entwickelte Positiv-Negativ-Verfahren wurde zum eigentlichen Grundstein der fotografischen Praxis und er zum Erfinder der Fotografie, da er mit Papiernegativen arbeitete, die man zwar mit Mehraufwand, dafĂŒr in beliebiger Anzahl auch mit PositivabzĂŒgen anbieten konnte. Die AbzĂŒge waren noch nicht besonders lichtbestĂ€ndig und bleichten schnell aus. Es sollte noch einige Jahre dauern, bis Frederick Scott Archer 1851 mit dem Kollodium-Verfahren den chemischen Prozess des Positiv-Negativ-Verfahrens weiterentwickelte, bei dem Negative auf eine nasse Glasplatte aufgenommen wurden. SpĂ€ter hat John Wesley Hyatt das Herstellungsverfahren von Zellulose erheblich verbessert und dem Erfinder Alexander Parkes das Patent fĂŒr sein Parkesin genanntes, jedoch weniger stabiles Zelluloidgemisch abgekauft. Das Zelluloid ermöglichte es, die Glasplatte zu ersetzen. Es war leichter zu verarbeiten und sicherte den Aufstieg der 1887 von Hannibal Goodwin erfundenen Filmrollen, doch Zelluloidfilm fĂ€llt heute unter das Bundessprengstoffgesetz, da es dem Schwarzpulver in Sprengkraft Ă€hnelt und schlieĂlich 1951 verboten wurde.
Die Fotografie erlebte den ersten groĂen Boom, als Eastman Kodak um 1900 die erste erschwingliche Kamera (Brownie) herausbrachte. Der Film wurde per Post ans Labor geschickt und die AbzĂŒge kamen nach einer Woche zurĂŒck. Was in den letzten zehn Jahren passierte, schien damals sicher noch unmöglich. Bilder sind auf einmal ĂŒberall und ...