Handlungsfeldorientierung in der Sozialen Arbeit
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Handlungsfeldorientierung in der Sozialen Arbeit

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Handlungsfeldorientierung in der Sozialen Arbeit

About this book

Unter den konkurrierenden Ansätzen und Konzepten der Sozialen Arbeit hat in letzter Zeit die "Handlungsfeldorientierung" als ein integrierender Ansatz erheblich an Bedeutung gewonnen und bildet inzwischen an vielen Hochschulen zentrales Strukturierungsprinzip des Studiums. Kennzeichen der Handlungsfeldorientierung ist der systematische Bezug auf bestimmte Handlungsfelder der Sozialen Arbeit, die in ihrem gesellschaftlichen und demografischen Wandel zu erfassen sind. Daraus abgeleitet werden dann der notwendige Handlungsbedarf und die darauf abgestimmten Aktionen und Interventionen der Sozialen Arbeit. Von hier aus werden die Studierenden an die Handlungskonzepte und Methoden der Sozialen Arbeit herangeführt. Charakteristisch für den handlungsfeldorientierten Ansatz, wie er in diesem Buch einführend dargestellt wird, ist also neben der kritischen Wahrnehmung der Problemlagen im jeweiligen Handlungsfeld die strikte Anwendungsorientierung und damit der konsequente Theorie-Praxis-Transfer.

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Information

1 Handlungsfeld Soziale Arbeit in der Straffälligenhilfe

Werner Nickolai, Annette Bukowski

1.1 Einleitung

Dieser Beitrag beschäftigt sich mit dem Handlungsfeld Straffälligenhilfe. An unserer Hochschule findet dazu ein Handlungsfeldseminar mit dem Titel »Soziale Arbeit mit straffällig gewordenen Menschen« statt. Darüber hinaus wird ein Fall-/Feldseminar zum Handlungsfeld angeboten.
Im Modulhandbuch werden für diese Seminare u. a. folgende Ziele formuliert:
• Studierende sind in der Lage ihre Berufsrolle/n zu reflektieren und sich kritisch mit beruflichen Dienstleistungen auseinanderzusetzen;
• die Studierenden sind in der Lage, bezugswissenschaftliche Grundlagen in die Ziele und Aufgaben der Sozialen Arbeit zu integrieren;
• die Studierenden kennen unterschiedliche Theorien und Handlungsansätze und können diese auf aktuelle Fragestellungen anwenden;
• sie analysieren theoriegeleitet Fälle, Problemkonstellationen und Handlungsanforderungen aus der Fachpraxis;
• sie entwickeln durch die exemplarische Bearbeitung von Fällen, Problemkonstellationen und aktuell erkennbaren Handlungsanforderungen ihr professionelles Handeln;
• sie können berufliches Handeln theoretisch begründen, planen, reflektieren und evaluieren.
An Inhalten werden genannt:
• Berufsrolle/n
• Strukturprinzipien (Partizipation, Subsidiarität, Mandatierung Sozialer Arbeit)
• Sozialpolitische Strukturen
• Hilfesysteme und Hilfestrukturen
• Rechtliche Rahmenbedingungen
• Konzepte der Lebenswelt, Lebenslage, des Sozialraums
• Rekonstruktive Fallbetrachtung und Handlungsanalyse
• Interventions- und Hilfeplanung in interdisziplinären Settings
Die im Handlungsfeldseminar sowie in einem weiteren Seminar zu Kriminalitätstheorien angebotenen Lehrinhalte sollen im interdisziplinären Fallseminar, das von beiden Autor*innen verantwortet wird, angewandt werden. Dies geschieht im Rahmen der Bearbeitung von authentischen Fällen aus der Jugendgerichtshilfe/Jugendhilfe im Strafverfahren. Dabei haben die Studierenden die Aufgabe, den vorgegebenen Fall aus der Perspektive der Jugendgerichtshilfe/Jugendhilfe im Strafverfahren zu bearbeiten.
Die Darstellung und Bearbeitung eines solchen Falles sollen im Mittelpunkt dieses Beitrags stehen. Es würde den Rahmen sprengen, alle Inhalte der Seminare anzusprechen.
Im weiteren Verlauf werden wir zunächst die Zielgruppe, mit der wir es in der Straffälligenhilfe zu tun haben, kurz umreißen. Es schließt sich eine Darstellung der Arbeitsfelder in der Straffälligenhilfe an, wobei wir hier insbesondere auf die Jugendgerichtshilfe/Jugendhilfe im Strafverfahren eingehen. Nach der Darstellung eines konkreten Falls der Jugendgerichtshilfe/Jugendhilfe im Strafverfahren werden wir den methodischen Ablauf der Fallbearbeitung vorstellen. Mit der (exemplarischen und damit auch nicht vollständigen) Falllösung enden unsere Ausführungen.

1.2 Zielgruppe

Als Straffällige werden solche Jugendlichen oder Erwachsenen bezeichnet, bei denen gerichtlich das Vorliegen einer Straftat festgestellt wurde. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Angebote und Aktivitäten der Straffälligenhilfe nur konzipiert wurden oder nur erreichbar sind für verurteilte Straftäter*innen. So ist etwa die Jugendgerichtshilfe damit befasst, bereits vor der Entscheidung des Gerichts »die erzieherischen, sozialen und fürsorgerischen Gesichtspunkte im Verfahren vor den Jugendgerichten zur Geltung« zu bringen (§ 38 Jugendgerichtsgesetz –JGG). Dabei gilt bis zum rechtskräftigen Urteil die Unschuldsvermutung.
Klient*innen der Straffälligenhilfe können auch Strafentlassene sein, die ohne vorzeitige Entlassung ihre ganze Strafe verbüßt haben und in Anspruch nehmen dürfen, nicht weiter als Straftäter*innen abgestempelt zu werden. Nicht zuletzt ist die Straffälligenhilfe auch eine Anlaufstelle für die Angehörigen eines straffällig gewordenen Menschen.
Voraussetzung für die Straffälligkeit ist die Strafmündigkeit. Kinder bis zum 14.Lebensjahr gelten als strafunmündig. Das Jugendgerichtsgesetz (JGG) unterscheidet in § 1 Abs. 2 zwischen Jugendlichen und Heranwachsenden. »Jugendlicher ist, wer zur Zeit der Tat vierzehn, aber noch nicht achtzehn, Heranwachsender, wer zur Zeit der Tat achtzehn, aber noch nicht einundzwanzig Jahre alt ist.«
Die Bezeichnung Straffälligenhilfe drückt also nur aus, dass Menschen im Zusammenhang mit dem Entstehen und dem Verlauf von Kriminalität in Situationen kommen, in denen sie einen spezifischen Hilfebedarf haben können, der mit dem Straf- und Vollstreckungsverfahren zusammenhängt und mit Problemen ihrer gesellschaftlichen (Wieder-)Eingliederung.

1.3 Arbeitsfelder der Straffälligenhilfe

Der Begriff Straffälligenhilfe steht für alle öffentlichen und privaten Hilfs- und Unterstützungsangebote Sozialer Arbeit, die auf die Resozialisierung von Straftäter*innen abzielen. Soziale Arbeit als Straffälligenhilfe verfolgt das Ziel, die Lebenssituation und die gesellschaftliche Lage straffällig gewordener Menschen, aber auch deren Angehöriger dauerhaft zu verbessern (Maelicke/Simmedinger 1987).
Die klassischen Arbeitsfelder, in denen Straffälligenhilfe geleistet werden, sind:
• die freie Straffälligenhilfe, die meist von den Wohlfahrtsverbänden geleistet wird und überwiegend (erwachsene) Männer und Frauen anspricht;
• die Jugendgerichtshilfe, oder auch Jugendhilfe im Strafverfahren genannt, die eine Aufgabe des Jugendamtes darstellt;
• die Gerichtshilfe (nur für Erwachsene);
• die Bewährungshilfe;
• die Führungsaufsicht;
• die Soziale Hilfe in der Untersuchungshaft, im Strafvollzug wie auch in der Jugendarrestanstalt.
Die Arbeitsfelder ließen sich auch nach der freien und kommunalen Hilfe für Straffällige (freie Träger und Kommunen) und der justiziellen Straffälligenhilfe (Gerichtshilfe, Bewährungshilfe, Führungsaufsicht, Soziale Arbeit in der Untersuchungshaft, im Strafvollzug und in der Jugendarrestanstalt als Aufgabe der Justiz) gliedern. Hier sei nur am Rande vermerkt, dass sich die Trägerlandschaft gerade in dem etablierten justiziellen Bereich verändern kann. So wurden beispielsweise in Baden-Württemberg die Gerichtshilfe, die Bewährungshilfe und die Führungsaufsicht privatisiert. Träger war der Verein »Neustart« (gemeinnützige GmbH). Eine erste Teilprivatisierung fanden wir auch im Strafvollzug. So waren in der Justizvollzugsanstalt Offenburg die Mitarbeiter*innen des Sozialen Dienstes, mit Ausnahme der beiden geschäftsführenden Sozialarbeiter, nicht bei der Justiz, sondern bei der Firma Kötter angestellt. Dies traf auch auf die Mitarbeiter*innen des psychologischen Dienstes und des pädagogischen Dienstes zu. Während der Verein »Neustart« schon seit vielen Jahren in Österreich die Bewährungshilfe durchführt, ist die Firma Kötter auch in völlig anderen Bereichen außerhalb der Sozialen Arbeit, etwa in der Chemischen Industrie, in der Immobilienverwaltung oder im Maschinenbau tätig. Es wäre lohnend, hier nochmals genauer zu hinterfragen, inwieweit sich eine »privatisierte« Straffälligenhilfe von einer »justiziellen« Straffälligenhilfe unterscheidet. Heute befindet sich wieder alles unter staatlicher Obhut. Die Trägerlandschaft kann sich auch von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich darstellen.

Jugendgerichtshilfe/Jugendhilfe im Strafverfahren

Wird strafrechtlich gegen Jugendliche oder Heranwachsende ermittelt, ist immer das Jugendamt zu beteiligen.
Nach § 1 Abs. 1 SGB VIII (Kinder- und Jugendhilfegesetz) hat jeder junge Mensch ein Recht auf Förderung seiner Entwicklung und auf Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit. Um dieses Recht zu gewährleisten, soll die Jugendhilfe junge Menschen in ihrer individuellen und sozialen Entwicklung fördern und dazu beitragen, Benachteiligung zu vermeiden oder abzubauen (§1 Abs. 3 Nr. 1 SGB VIII).
Erstmals wurde die Jugendgerichtshilfe (JGH) im Reichsjugendwohlfahrtsgesetz (1922) und im Reichsjugendgerichtsgesetz (1923) verankert. Historisch war die JGH zunächst völlig auf die gerichtliche Hauptverhandlung ausgerichtet. Die wesentliche Aufgabe sah man darin, Jugendrichter zu unterstützen. Seit dem Jugendgerichtsgesetz (JGG) von 1953 soll die JGH im Jugendstrafverfahren die »erzieherischen und fürsorgerischen Gesichtspunkte zur Geltung bringen und dabei insbesondere die in § 38 JGG normierten Aufgaben erfüllen« (Trenczek 2009).

§ 38 Jugendgerichtsgesetz

(1) Die Jugendgerichtshilfe wird von den Jugendämtern im Zusammenwirken mit den Vereinigungen für Jugendhilfe ausgeübt.
(2) Die Vertreter der Jugendgerichtshilfe bringen die erzieherischen, sozialen und fürsorgerischen Gesichtspunkte im Verfahren vor den Jugendgerichten zur Geltung. Sie unterstützen zu diesem Zweck die beteiligten Behörden durch Erforschung der Persönlichkeit, der Entwicklung und der Umwelt des Beschuldigten und äußern sich zu den Maßnahmen, die zu ergreifen sind. In Haftsachen berichten sie beschleunigt über das Ergebnis ihrer Nachforschung. In die Hauptverhandlung soll der Vertreter der Jugendgerichtshilfe entsandt werden, der die Nachforschungen angestellt hat. Soweit nicht ein Bewährungshelfer dazu berufen ist, wachen sie darüber, dass der Jugendliche Weisungen und Auflagen nachkommt. Erhebliche Zuwiderhandlung teilen sie dem Richter mit. Im Fall der Unterstellung nach § 10 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 üben sie die Betreuung und Aufsicht aus, wenn der Richter nicht eine andere Person damit betraut. Während der Bewährungszeit arbeiten sie eng mit dem Bewährungshelfer zusammen. Während des Vollzugs bleiben sie mit dem Jugendlichen in Verbindung und nehmen sich seiner Wiedereingliederung in die Gemeinschaft an.
(3) Im gesamten Verfahren gegen einen Jugendlichen ist die Jugendgerichtshilfe heranzuziehen. Dies soll so früh wie möglich geschehen. Vor der Erteilung von Weisungen (§ 10) sind die Vertreter der Jugendgerichtshilfe stets zu hören; kommt eine Betreuungsweisung in Betracht, sollen sie sich auch dazu äußern, wer als Betreuungshelfer bestellt werden soll.
Wenn auch die Aufgabe der Jugendgerichtshilfe dem Jugendamt obliegt, kann sie aber auch von einem anerkannten Träger der freien Jugendhilfe übernommen werden. Die rechtliche Grundlage hierzu finden wir in § 52 SGB VIII (Kinder- und Jugendhilfegesetz). In größeren Städten ist die Jugendgerichtshilfe ein eigenständiger Fachdienst, während in Landkreisen die JGH meist eine von vielen Aufgaben des Allgemeinen Sozialen Dienstes ist.

§ 52 SGB VIII – Mitwirkung in Verfahren nach dem Jugendgerichtsgesetz

(1) Das Jugendamt hat nach Maßgabe der §§ 38 und 50 Abs. 3 Satz 2 des Jugendgerichtsgesetzes im Verfahren nach dem Jugendgerichtsgesetz mitzuwirken.
(2) Das Jugendamt hat frühzeitig zu prüfen, ob für den Jugendlichen oder den jungen Volljährigen Leistungen der Jugendhilfe in Betracht kommen. Ist dies der Fall oder ist eine geeignete Leistung bereits eingeleitet oder gewährt worden, so hat das Jugendamt den Staatsanwalt oder den Richter umgehend davon zu unterrichten, damit geprüft werden kann, ob die Leistung ein Absehen von der Verfolgung (§ 45 JGG) oder eine Einstellung des Verfahrens (§ 47 JGG) ermöglicht.
(3) Der Mitarbeiter des Jugendamtes oder des anerkannten Trägers der freien Jugendhilfe, der nach § 38 Abs. 2 Satz 2 des Jugendgerichtsgesetzes tätig wird, soll den Jugendlichen oder den jungen Volljährigen während des gesamten Verfahrens betreuen.
Bis Anfang der 1980er Jahre überwog in der Jugendgerichtshilfe die Hilfe für das Gericht bzw. den*die Jugendrichter*in als zentrale Person des Prozesses, sozialpädagogische Aufgaben erschienen nachrangig.
Trenczek (2009) verweist mit Recht darauf, dass die einerseits jugendhilfeorientierte und andererseits jugendstrafrechtliche Aufgabenstellung zwangsläufig zu Konflikten im Aufgaben- und Selbstverständnis der Sozialen Arbeit führt. Die Praxis, so Trenczek, habe sich in weiten Teilen pragmatisch...

Table of contents

  1. Deckblatt
  2. Titelseite
  3. Impressum
  4. Inhaltsverzeichnis
  5. Einleitung: Handlungsfeldorientierung in der Sozialen Arbeit
  6. 1 Handlungsfeld Soziale Arbeit in der Straffälligenhilfe
  7. 2 Soziale Arbeit in gerontologischen Handlungsfeldern und im Gesundheitswesen
  8. 3 Handlungsfeld Soziale Arbeit mit Kindern in unterschiedlichen Lebenslagen
  9. 4 Handlungsfeld Soziale Arbeit in und mit Gemeinwesen
  10. 5 Handlungsfeld Soziale Arbeit und Migration: Migration nach Deutschland und ihre Herausforderung für die Soziale Arbeit
  11. 6 Handlungsfeld Soziale Arbeit mit Familien
  12. 7 Handlungsfeld und Konzepte Sozialer Arbeit mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen
  13. 8 Handlungsfeld Soziale Arbeit mit verhaltensauffälligen und seelisch behinderten jungen Menschen
  14. 9 Soziale Arbeit im Handlungsfeld Sucht und Sozialpsychiatrie
  15. Die Autor*innen