Die formative Dimension des Gebets

Pastoraltheologische Grundlegungen einer Gemeindepraxis aus methodistisch-wesleyanischer Perspektive

Stefan Zürcher-Allenbach

• Publisher: Evangelische Verlagsanstalt
• Year: 2019
• eBook ISBN: 9783374059812
• Edition: 1
• Topic: Theology & Religion
• Subtopic: Christian Denominations

Wie sind Beten und christliches Handeln, Gebetstheologie und Ethik aufeinander bezogen? Die These dieses Buches lautet: Christliche Gemeindepraxis ist die Praxis, die durch den Habitus des Gebets der Glaubenden geformt wird. Dabei ist das Verhältnis von Beten und Handeln ein wechselseitiges. Die These wird durch Pierre Bourdieus Habitus-Konzept verdeutlicht.In einem lebenslangen Formierungsprozess wird der Habitus durch das Beten geformt und formt seinerseits alles Handeln der Betenden. Beten wird als christliche Praktik verstanden, in der Gott sich den Betenden zur Erfahrung bringt, sie transformiert und ermächtigt, seine Partner bei der Neuschöpfung des Kosmos zu sein. Die gebetstheologischen Überlegungen weiterführend werden die vier Kriterien Selbstzwecklichkeit, Transformativität, Koinonizität und Kooperativität als Maßstab für die Ausrichtung der Gemeindepraxis vorgeschlagen. Schließlich wird in dieser Arbeit systematisch und umfassend Wesleys Gebetsverständnis untersucht.[The Formational Dimension of Prayer. Principles for a Pastoral Theology of Congregational Praxis from a Methodist/Wesleyan Perspective]How do prayer and Christian action relate to each other. How does a theology of prayer relate to each other? The key argument of this book is: Christian congregational praxis is a praxis that is shaped by the habitus of individual of believers. There is a mutual relationship between prayer and action. Pierre Bourdieu's concept of the habitus reinforces this argument.The habitus is shaped in a lifelong process of formation through prayer; the habitus in turn shapes the action of the praying believers. Praying is understood as Christian practice in which God lets Godself be experienced by the praying believers, transforms them and empowers them to be partners in the new creation of the cosmos. The reflections on a theology of prayer are taken further by formulating four criteria for the leadership in congregational praxis: being a goal in and of itself, transformation, koinonia, cooperation. The dissertation is a comprehensive and systematic treatment of John Wesley's understanding of prayer.

Endnoten

Vorwort

1 »To continual watchfulness and prayer ought to be added continual employment«, schrieb er in A Plain Account of Christian Perfection, 25, Q. 38, 1777, in: Works (ed. Jackson), 11:439.

2 Luibl, H. J., Sprachgestalt, 300.

Teil I: Hinführung

1 Einleitung

3 Die »Ekklesiologie« ist die Lehre von der Kirche.

4 D. h. Bezüge auf die Lehren von Christus, vom Heiligen Geist und von der Vollendung aller Dinge.

5 Zur Frage »Handeln« oder »Wirken« siehe Härle, W., Dogmatik, 283 f. Ich ziehe die Rede vom »Wirken Gottes« dem weniger umfassenden Begriff »Handeln Gottes« vor. Der Handlungsbegriff ist, jedenfalls im engeren Sinn, ein anthropologischer Grundbegriff, der Elemente enthält, die es verbieten, ihn im wörtlichen Sinn auf Gott anzuwenden.

6 Vgl. Schlink, E., Dogmatik, 293.

7 Neu werden in den biblischen Schriften genannt: das Geschöpf (2Kor 5,17, Gal 6,15), Menschen (Eph 2,15; 4,24), Herz und Geist (Hes 11,19; 18,31; 36,26; Röm 7,6), das Leben (Röm 6,4); die menschliche Gemeinschaft (Mt 8,11); Jerusalem (Jes 65,18; Offb 3,12; 21,2); alles Geschaffene (Jes 43,16–21; Röm 8,21 f), Himmel und Erde, ja grundsätzlich alles (Jes 65,17; 66,22; 2Petr 3,13; Offb 21,1.5).

8 Mk 1,15; Mt 4,17; Lk 21,31. Vgl. Joest, W., Dogmatik II, 630.

9 Klaiber, W., Marquardt, M., Gnade, 191.

10 A. a. O., 194.

11 Vgl. Bultmann, R., Theologie, 35.

12 Vgl. Schlink, E., Dogmatik, 370 f.381 f.

13 Zeindler, M., Gotteserfahrung, 212, spricht von der Selbstzwecklichkeit und Funktionalität der Kirche als zwei eng aufeinander bezogenen Aspekten des Kircheseins, wobei der Primat, begründet in ihrem telos, bei der Funktion liegt. Ihr Wechselverhältnis, aber auch der Primat des zweiten, ist nach Zeindler in der Bezeichnung der Kirche als einer Zeugnisgemeinschaft zutreffend ausgedrückt.

14 Barth, K., Einführung, 46: Die Gemeinde »redet nicht nur mit Worten. Sie redet schon im Faktum ihrer Existenz in der Welt […] besonders auch mit ihrem stummen Dienst an allen in der Welt Benachteiligten, Schwachen, Bedürftigen. Sie redet schliesslich einfach damit, dass sie für die Welt betet«.

15 Knapp, M., Art. Herrschaft Gottes, 36. Das heisst auch, dass die Herrschaft Gottes mit der Kirche nicht identisch ist.

16 Stone, B., Evangelism, 179, beschreibt die Berufung der Kirche so: »The church then is not called merely to be political but to be an new an unprecedented politics; not merely in public but as a new and alternative public; not merely in society but as a new and distinct society, a new and extraordinary social existence where enemies are loved, sins are forgiven, the poor are valued, and violence is rejected«.

17 »The kingdom of God must be the primary, unconditional priority of the church, which exists in and for the coming of the rule of God in history. Only as she exists in and for that kingdom is she authentic and valid. […] The first task of the church is to worship: to bow down before the Lord of glory, to celebrate God’s love and majesty, and to invite God to rule over the length and breadth of all creation.« Abraham, W., Evangelism, 182.

18 Missio dei impliziert die trinitarische Begründung des Missionsverständnisses, wonach nicht die Kirche, sondern Gott als das eigentliche ›Subjekt‹ von Mission begriffen wird: »Er ist Sendender und Gesandter zugleich, und die Kirche wird in sein weltumspannendes Heilswirken hineingenommen; d. h. sie ist nicht selbst Subjekt, Ursprung oder Ziel der Mission. Die Teilhabe an der Missio Dei ist ihr ›Strukturprinzip‹.« Grünschloss, A., Art. Missio Dei, 1271. Konsequenz dieses Verständnisses ist die Erkenntnis, dass Gott selbst in seiner Welt unterwegs ist, u. U. auch unabhängig von der Präsenz der Kirche. – Zu einer ähnlichen Sicht mit den entsprechenden Implikationen kommt die methodistische Theologie auf Grund ihres Verständnisses der zuvorkommenden Gnade.

19 Hauschildt, E., Mission, 462. Stone, B., Evangelism, 15, schreibt: »The church is the evangelistic strategy«.

20 Ich verwende die Trias kerygma, koinonia und diakonia, deren Fluchtpunkt ich im Zeugnis (martyria) von der aufkeimenden und wachsenden neuen Schöpfung finde, und ergänze leitourgia, weil auch der Gottesdienst der im Namen Jesu versammelten Gemeinde Zeugnischarakter hat. Dieselben vier Grundvollzüge, jedoch ohne die Erwähnung dieser Begriffe, nennen Ch. Bäumler und N. Mette; vgl. dies., Gemeindepraxis, 20–22. Zu den unterschiedlichen Zuordnungen der Termini vgl. Bloth, P., Praktische Theologie, 152ff, besonders 165. Zu den Begriffen leitourgia, martyria, diakonia und auch koinonia, zu ihrer Herkunft, zu ihrer biblischen Begründung und ihrem heutigen Verständnis siehe Schmidt-Lauber, H.-Ch., Martyria, 160ff.

21 Härtner, A., Gottes Wirken, 111 f.

22 Möller, Ch., Gemeindeaufbau 1:24. Für das Neue Testament gehe es »bei οἰκοδομή niemals bloss um innergemeindliche Zusammenhänge, sondern auch um die Gemeinschaft der Heiligen zwischen den Gemeinden als Kirche.« A. a. O., 24 Das Porto Alegre Statement Called to be One Church (Genf: WCC 2006; zitiert nach Fresh Expressions, 61) formuliert: »Each church is the Church catholic, and not simply a part of it. Each church is the Church catholic, but not the whole of it. Each church fulfils its catholicity when it is in communion with other churches.«

Möller schlägt vor, »aus der Not der doppelten Begrifflichkeit die Tugend einer Komplementarität der Begriffe Gemeinde und Kirche zu entwickeln: Im Begriff ›Kirche‹ kommt die rechtliche, institutionelle, geschichtliche und räumliche ...

Table of contents

• Cover
• Titel
• Über den Autor
• Impressum
• Vorwort
• Geleitwort
• Inhalt
• Teil I: Hinführung
• Teil II: Glaube als Teilhabe an der neuen Schöpfung
• Teil III: Gebet als Modus des Glaubens
• Teil IV: Praxis der Gemeinschaft der Glaubenden
• Teil V: Konkretionen und Ausblick
• Anhang
• Literatur
• Personen- und Sachregister
• Weitere Informationen
• Endnoten