Die Praktische Theologie Otto Haendlers
eBook - ePub

Die Praktische Theologie Otto Haendlers

Spurensicherung eines Epochenwechsels

  1. 160 pages
  2. English
  3. ePUB (mobile friendly)
  4. Available on iOS & Android
eBook - ePub

Die Praktische Theologie Otto Haendlers

Spurensicherung eines Epochenwechsels

About this book

Otto Haendler (1890–1981) hat seit Beginn der 1940er Jahre einen wachsenden Einfluss auf die Praktische Theologie und die Grundfragen kirchlicher Praxis gewonnen. Seine interdisziplinär argumentierenden, unter anderem im direkten Dialog mit C. G. Jung verfassten Texte haben zu weitreichenden Veränderungen im Selbstverständnis und im Berufsbild von Pfarrerinnen und Pfarrern beigetragen. Auf dem Höhepunkt der dialektischen Theologie stellt Haendler die Frage nach der Bedeutung von Person und Subjekt für die Glaubenskultur der Kirche. Ein 2014 gestartetes Editionsprojekt (Otto Haendler. Vorträge und Schriften zur Praktischen Theologie) war Anlass, sich im Rahmen eines Symposions mit seinen Impulsen genauer auseinanderzusetzen und eine entsprechende Spurensicherung vorzunehmen.[The Practical Theology of Otto Haendler. On the Traces of an Epochal Change]Since the beginning of the 1940s Otto Haendler (1890–1981) has exercised a growing influence on practical theology and the fundamental questions of ecclesial practice. His interdisciplinary argumentation, his texts written sometimes in direct dialogue with C. G. Jung, have contributed to far-reaching changes regarding the self-image and the occupational profile of pastors. At the height of dialectical theology, Haendler raised the question of the significance of person and subject for the life of faith of the church. An editorial project starting in 2014 provided the opportunity to address in the context of a symposion the impact of his work and to ensure its achievements.

Frequently asked questions

Yes, you can cancel anytime from the Subscription tab in your account settings on the Perlego website. Your subscription will stay active until the end of your current billing period. Learn how to cancel your subscription.
No, books cannot be downloaded as external files, such as PDFs, for use outside of Perlego. However, you can download books within the Perlego app for offline reading on mobile or tablet. Learn more here.
Perlego offers two plans: Essential and Complete
  • Essential is ideal for learners and professionals who enjoy exploring a wide range of subjects. Access the Essential Library with 800,000+ trusted titles and best-sellers across business, personal growth, and the humanities. Includes unlimited reading time and Standard Read Aloud voice.
  • Complete: Perfect for advanced learners and researchers needing full, unrestricted access. Unlock 1.4M+ books across hundreds of subjects, including academic and specialized titles. The Complete Plan also includes advanced features like Premium Read Aloud and Research Assistant.
Both plans are available with monthly, semester, or annual billing cycles.
We are an online textbook subscription service, where you can get access to an entire online library for less than the price of a single book per month. With over 1 million books across 1000+ topics, we’ve got you covered! Learn more here.
Look out for the read-aloud symbol on your next book to see if you can listen to it. The read-aloud tool reads text aloud for you, highlighting the text as it is being read. You can pause it, speed it up and slow it down. Learn more here.
Yes! You can use the Perlego app on both iOS or Android devices to read anytime, anywhere — even offline. Perfect for commutes or when you’re on the go.
Please note we cannot support devices running on iOS 13 and Android 7 or earlier. Learn more about using the app.
Yes, you can access Die Praktische Theologie Otto Haendlers by Wilfried Engemann in PDF and/or ePUB format, as well as other popular books in Theology & Religion & Christian Ministry. We have over one million books available in our catalogue for you to explore.

DAS SELBST DES PREDIGERS GESTALTEN

Predigtarbeit auf Basis des Personen-Prinzips
von Isolde Meinhard
Otto Haendler war überzeugt, dass das Reden von Gott aus lebendiger geistlicher Erfahrung kommen muss. In seinem Werk »Die Predigt« schlägt er seinen Weg vor, um zu solcher Erfahrung hin zu führen und sie mit Predigtarbeit zu vermitteln. Mit Bezug auf diesen Ansatz Haendlers stelle ich Verknüpfungspunkte zu spezifischen zeitgenössischen praktisch-theologischen Texten her. In einem ersten Teil gehe ich der Frage Haendlers nach, wie wirkungsvolles Predigen vorbereitet und umgesetzt werden kann. Dazu verweise ich auf Aspekte, die Haendler anführt: Psychoanalyse und Meditation, »Fluidum« des Predigers und Gestaltung der Predigt. Jeweils daneben stelle ich, was in unserer Zeit dem entspricht und uns womöglich eine uns näher liegende Sprache anbietet. Im zweiten Teil komme ich auf theologische Fragen zu sprechen, die teilweise im ersten Teil bereits angeschnitten werden: Was ist religiöse Erfahrung? Welchen Stellenwert hat sie im Vergleich mit der Bedeutung biblischer Texte? Und wie gehen wir mit der Nichtmachbarkeit religiöser Erfahrung um?
1. »GEISTLICHE WIRKLICHKEITEN«
Haendler1 begründet und beschreibt, wie ein Prediger zu einer geistlichen Person werden kann, wie er zu Orientierung »im Raume geistlicher Wirklichkeiten«2 und zur »Verkündigung der geistlichen Wirklichkeiten«3 kommt. Diese Wirklichkeiten versteht er umfassend. Statt einer Entgegensetzung von Religion und christlichem Glauben4 akzeptiert Haendler, »dass auch in einem ausgeprägten Christenglauben […] das allgemeinreligiöse Element eine ungleich größere Rolle spielt, als man es in der Regel selber weiß«5. Während er »Die Predigt« schreibt, ist das Dritte Reich auf dem Höhepunkt seiner Macht und Selbstdarstellung. Haendler beschäftigt, welche Kraft und Wirkmächtigkeit christlicher Glaube dem Staatskult entgegensetzen kann. Was können wir Menschen in diesem Zusammenhang tun – und auch versäumen, was überlassen wir angemessen Gottes Wirken? Haendler sieht, dass es nicht um eine Auseinandersetzung mit Argumenten geht, sondern dass tiefliegende Emotionen angesprochen sind. Entsprechend beschreibt er nicht – quasi in der Horizontalen – gesellschaftliche Veränderungen, denn Gegner sind nicht einfach Menschen. Stattdessen sieht er einen metaphysischen Kampf, in dem ganz andere Höhen und vor allem Tiefen und weit übermenschliche Kräfte involviert sind.6 Es geht um eine neue, angemessene Gestalt der »metaphysische[n] Fundierung des Seins«7. Entsprechend ist auch an Predigt und Kultus relevant, inwiefern sie teilhaben an übermenschlichen Mächten, Religion überhaupt, Gefühlen und kollektivem Unbewusstem.
Der gesellschaftliche Kontext in Deutschland in den letzten Jahrzehnten schafft für die Predigt nicht dieselbe Not und nicht dieselbe Herausforderung. In den zeitgenössischen sozialen Medien jedoch bildet sich seit Jahren ab, dass Emotionalität und vor allem Authentizität aufgrund persönlicher Erfahrung einen hohen Stellenwert haben. Und in jüngster Zeit spielt Emotionalisierung auch in der politischen Meinungsmache wieder eine dominante Rolle. Die wissenschaftliche Beschäftigung mit den Phänomenen nimmt nach Generationen der Skepsis gegenüber Religion und Emotionen in verschiedenen Fachgebieten zu.
1.1 Seelsorgedurch Predigt
Das Charakteristische von Haendlers Werk »Die Predigt« liegt in der grundlegenden Bedeutung der Psychoanalyse für seine Arbeit.8 Er sieht »die seelische Gesundheit der Zukunft […] davon abhängen, ob wir die unmittelbare Fähigkeit wiedergewinnen, aus den Kräften des Unbewussten wieder in höherem Maße zu leben«9. Ausdrücklich sieht er die Relevanz psychologischer Erkenntnis und Arbeit nicht nur für die Seelsorge, sondern auch für die Predigt. »Denn Predigt ist auch Seelsorge im intensivsten Sinne.«10
Während er sich auf die psychologischen Aspekte der Predigtarbeit konzentriert, behält Haendler die Perspektive auf die Öffentlichkeit der Predigt und den Anspruch auf eine gesellschaftliche Wirksamkeit bei.11 Der Begriff, mit dem er die Verflechtung von individuellem Lebensweg und gesamtgesellschaftlicher Situation benennt, ist »Schicksal«. Haendler fordert zur »Schicksalsfähigkeit« heraus.12 Dabei geht es um die aktive Annahme der eigenen Lebensgeschichte, der prägenden Begegnungen und Erlebnisse, aber auch der je gegenwärtigen Lebenssituation mit der Anforderung an die persönliche Entwicklung, die sie stellt.13 Auch die Aufgeschlossenheit gegenüber dem Schicksalserleben anderer gehört zu diesen Aufgaben.14 Das Ziel ist »echte Erkenntnis«15, die sich nicht nur auf die eigene Person bezieht, sondern »eine unmittelbare lebensmäßige Beziehung zum Gesamtschicksal« weckt.16 Erkannt werden »die Wirklichkeiten und Mächte der geistigen Welt«17.
In der Seelsorgebewegung sind die Erkenntnisse über die Vielschichtigkeit der menschlichen Psyche für die Analyse von Predigtwirkungen fruchtbar gemacht worden.18 Selbsterforschung, Selbsterprobung in unvertrauten Settings wird auch in der Seelsorgeausbildung angeleitet. Predigen bleibt hier allerdings der Ausbildung zum seelsorgerlichen Gespräch untergeordnet. Wenig berücksichtigt wird auch die Vorstellung von einem kollektiven Unbewussten im Blick auf die Gesellschaft. Bei Haendler trägt sie jedoch wesentlich zur überindividuellen Bedeutung der Predigt bei. Die gesellschaftlich relevante Predigt und die Rolle des Predigers stellt er sich offenbar ähnlich vor wie C. G. Jung den Künstler und seine Dichtung.19 Gesamtgesellschaftlich wirksame Vorstellungen und Bindungen kommen durch ihre Prägekraft in der Person des Predigers zur Konfrontation mit dem Evangelium.
1.2 Religiöses Erleben
Wie kommt es dazu, dass Menschen durch eine Predigt bewegt werden? Es ist Haendlers Verdienst, dass er die Frage nicht mit Machbarkeiten beantwortet, sondern sich zwei grundlegenden, aber lange tabuisierten Aspekten gestellt hat, der persönlichen Spiritualität und der lebensbestimmenden Emotionalität. »Die Auseinandersetzung wird aus der Sphäre der Meinungen und ›Überzeugungen‹ in die der Mächte verlegt.«20 Neben der psychologischen Arbeit traut er der Meditation weitreichende Prozesse zu. In ihr werden »die Erkenntnis, die Erfahrungen, die Hingabe, aber auch Entscheidung und Kampf […] in die Region der wirkenden Urmächte zurückverlegt«21. Zwar ist »zur vollen Durcharbeitung des Seins«22 die »Zusammenarbeit mit dem […] erfahrenen Psychologen«23 wichtig, aber die Meditation als »Autopsychotherapie« steuert die notwendige »ureigene Selbstarbeit« zum Prozess bei.24 In der Beschreibung einzelner Schritte der Meditation gibt Haendler Hinweise, wie »wir der Ausstrahlungen des Unbewussten soweit habhaft werden können, dass wir zu einem Ausgleich zwischen Bewusstsein und Unbewusstem kommen«.25 Dazu gehört das intuitive Denken, das in der Bild-Schicht zwischen Unbewusstem und Bewusstem vermittelt.26 Vorbereitend hilft die Stille.27 Durch den Atem geschieht Entscheidendes.28 Zie...

Table of contents

  1. Cover
  2. Titel
  3. Impressum
  4. Vorwort
  5. Inhalt
  6. Volker Gummelt: Neuenkirchen und Greifswald
  7. Michael Meyer-Blanck: Geburt der Pastoralpsychologie zur Unzeit
  8. Wilfried Engemann: Otto Haendlers Praktische Theologie
  9. Wilfried Engemann: Auf der Suche nach einer Kirche für Menschen
  10. Christian Plate: Wechselwirkungen zwischen Kanzel und Katheder
  11. Jürgen Ziemer: Seelsorglich predigen
  12. Isolde Meinhard: Das Selbst des Predigers gestalten
  13. Christian Plate: Die Frage nach dem Subjekt des Predigers im Spannungsverhältnis von Selbstwerdung und Individualisierung
  14. Wilfried Engemann: »Dass wir des Lebens Herr werden«
  15. Otto Haendler: Jakobs Kampf
  16. Jürgen Ziemer: Solange Gott segnet
  17. Jürgen Ziemer: Predigen im Wirkungsfeld Otto Haendlers
  18. Autorenverzeichnis
  19. Weitere Informationen