Diakonischer Corporate Governance Kodex

Ein wertbasiertes Führungsinstrument in unternehmerischer Reflexion

Robert Bachert

• Publisher: Evangelische Verlagsanstalt
• Year: 2016
• eBook ISBN: 9783374047512
• Edition: 1
• Topic: Theology & Religion
• Subtopic: Religion

Diakonie und Caritas haben vor zehn Jahren begonnen, Regeln guter Unternehmensführung festzuschreiben. Unter anderem wurden durch die Caritas Empfehlungen zur wirtschaftlichen Aufsicht aus dem Deutschen Corporate Governance Kodex übernommen. Die Diakonie verabschiedete 2005 einen eigenen Corporate Governance Kodex, der von den angeschlossenen Mitgliedern als Selbstverpflichtung eingeführt wurde. Vor allem die klare Trennung zwischen Führung und Kontrolle wurde in ihnen vorgeschrieben.Wie wirkt sich ein Kodex auf das sittliche Verhalten der Leitungs- und Aufsichtspersonen aus und welche Funktionen soll er leisten? Auf diese und weitere Fragen werden Antworten gesucht. Außerdem wird im Rahmen von vier Weiterentwicklungsmöglichkeiten ein sogenannter Führungskräftekodex (Code of Conduct) für die Diakonie entwickelt und vorgestellt.[Diaconal Corporate Governance Code. A Value-Based Management Tool in Entrepreneurial Reflection. Publications of the Institute of Diaconical Studies at the Heidelberg University(VDWI) | 56]Ten years ago "Diakonie" and "Caritas", the social welfare organisations of the Protestant and Catholic churches in Germany, started to lay down the rules of good corporate governance for their organizations. Among other things the Caritas adapted recommendations for economic oversight from the German Corporate Governance Code. In 2005, the Diakonie adopted its own corporate governance code which was implemented by the affiliated members on the basis of a voluntary commitment. Above all a clear separation between management and control has been prescribed to them.What is the impact of a code on the ethical behavior of leaders and supervisors and what functions it is intended to fulfill? The present publication is seeking an answer to this questions. Furthermore, in the context of four development opportunities a so-called code of conduct for leadership in diaconia is developed and presented.

Fußnoten

Einleitung

1

Im Zusammenhang mit dem organisationalen Wandel, welchem die Dienstleistungserbringung in diakonischen Einrichtungen unterworfen ist, muss auf die Thematik der Hybridisierung bzw. der hybriden Organisationsformen hingewiesen werden. Diese zeichnen sich durch eine heterogene Finanzierung, multiple und oft konfliktäre Zielsysteme, eine komplexe Steuerungslogik und Identitäten aus (vgl. Eurich 2012a: 48 ff). Im weiteren Verlauf der Arbeit wird diese Thematik entsprechend ihrem idealtypischen Modellcharakter gewürdigt. Schuhen hat ebenfalls bereits 2002 in diese Richtung argumentiert und folgende Merkmale der organisatorischen Besonderheiten der freien Wohlfahrtspflege benannt: Strukturheterogenität, Ehrenamtlichkeit, multidimensionale Zielsysteme und Heterogenität von Träger und Rechtsformmodellen (vgl. Schuhen 2002:7).

2

„Vgl. beispielsweise die Diskussion um die (umstrittenen) Vorschläge des Verbands diakonischer Dienstgeber in Deutschland zur Einführung leistungsabhängiger Entlohnungssysteme. Vgl. Mathias Drobinski, Ökumenischer Abschied vom Tarif: Kirchliche Sozialträger wollen künftig nicht mehr wie im öffentlichen Dienst bezahlen, in Süddeutsche Zeitung, Nr. 28 vom 2. Februar 1999, S. 2.“ (Schuhen 2002 S. 53).

3

Eine Reihe von aktuellen Gerichtsurteilen im ganzen Bundesgebiet in unterschiedlichen Dienstleistungs-bereichen (z. B. Schuldnerberatung und ausbildungsbegleitende Hilfen, sogenannte abH Maßnahmen nach SGB III; u. a.) befassen sich mit der Thematik: OLG München, B. v. 25. 03. 2011, Verg. 4/11, VK Nordbayern, B. v.19. 01. 2011, 21-3194-48/10, OLG Hamburg. B. v. 07. 12. 2007 1 Verg 4/07, OLG Düsseldorf, B.v. 08. 09. 2011, VII-Verg 48/11. Im Vorstandsbericht des Diakonischen Werks Württemberg 2012 wird berichtet, dass durch eine Initiative ein eurpaweites Ausschreibungsverfahren für die ambulante Erziehungshilfe gestoppt wurde (vgl. Diakonisches Werk der evangelischen Kirche in Württemberg e. V. 2012b: 21).

4

Die Statistik im Bereich der stationären Betreuung in Baden-Württemberg zeigt eine deutliche Zunahme Privater Anbieter seit Einführung der Pflegeversicherung. Für das Jahr 2003 stellen Pristl und Weber fest, dass die größten Anbieter im Bereich der stationären Pflege in Baden-Württemberg mit 27Prozent die Privaten Träger sind (vgl. Pristl/Weber 2005:1).

5

Siehe dazu das Tarifarchiv im Beitrag Novum im Norden, hier werden zahlreiche Beispiele einzelner Organisationen und Tarife benannt, die z. B. ergebnisabhängig entlohnen (Krämer 2012:14 ff).

6

Die Diskussion um das Proprium Diakonischer Unternehmen fragt nach den theologischen Wurzeln der Leistungserbringung („Samariter-Diakonie“) angesichts der Notwendigkeit, mit diesen Leistungen Gewinne zu erwirtschaften („Wirts-Diakonie“), entsteht ein Spannungsverhältnis, welches sich in ähnlicher Art und Weise auch im Kontext der Begriffe: Ethik und Wirtschaft auftut. (Zur Bestimmung des Propriums vgl. auch Haslinger 2009:192 f).

7

Die Begrifflichkeiten rund um die Thematik Werte sind vielfältig. Mit „Wertorientierung“ ist im Zusammenhang dieser Dissertation gemeint, dass die moralische Dimension in die ökonomische Theoriebildung (vgl. Wieland 2007a: 9) und diakonische Praxis der Leistungserbringung einbezogen wird, ohne dass die Identität der Moral aufgegeben wird (vgl. ebd.). In diesem Sinne spiegeln sich Werte in Verhaltensstandards, zeigen Verhaltenspräferenzen und stellen ein Auswahlkriterium dar, sich für das Richtige in konfliktreichen Situationen zu entscheiden (a.a.O. S. 99 f).

8

Die strikte Ausrichtung an der Wertorientierung in der Diakonie unter dem Aspekt einer zunehmenden Ökonomisierung des Sozialen, stellt in der einschlägigen Fachliteratur lediglich einen möglichen Lösungsansatz dar, um der geschilderten Problematik zu begegnen (vgl. u. a. Eurich 2005:64; vgl. Schwartz 2011:177 f).

9

Seit der Verabschiedung des Deutschen Corporate Governance Kodex im Jahr 2002 wurde er immer wieder aktuellen Entwicklungen angepasst. Der Kodex soll in erster Linie dazu beitragen, das öffentliche Vertrauen in die Unternehmensführung und -kontrolle von börsennotierten Gesellschaften zu fördern (vgl. Just 2007:2).

10

Es könnte hier hinterfragt werden, wieweit diese Orientierung und Anlehnung an wirtschaftliche Zwänge gehen darf, ohne dass die eigentlichen Ziele der Diakonie verloren gehen. Geld oder Gott? ist die zentrale Frage, die in der Aussage von Jesus zugespitzt wird: „Es ist leichter, dass ein Kamel durch ein Nadelöhr gehe, als ein Reicher ins Reich Gottes komme“ (Mk 10, 25).

11

Dies gilt insbesondere dann, wenn der eine oder andere Theorieansatz lediglich die Mikro-, Meso- oder Makroebene fokussiert und damit die Funktionen der anderen Akteure moralischen Handelns ausblendet.

1.1 Der Begriff der Corporate Governance

12

Allen anderen Wohlfahrtsverbänden voran sind die Diakonie und die Caritas Deutschland zu nennen. So weisen u. a. Peter Neher und Johannes Stockmeier ausdrücklich auf die Bedeutung der Corporate Governance für effiziente Leitungs- und Aufsichtsstruk...

Table of contents

• Cover
• Titel
• Impressum
• GELEITWORT I
• GELEITWORT II
• VORWORT
• INHALT
• ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
• TABELLENVERZEICHNIS
• ABBILDUNGSVERZEICHNIS
• EINLEITUNG
• I. TEIL: GRUNDLAGEN DER CORPORATE GOVERNANCE
• II. TEIL: GESICHTSPUNKTE DER UNTERNEHMENSETHIK
• III. TEIL: WEITERENTWICKLUNG DES CORPORATE GOVERNANCE KODEX DER DIAKONIE
• LITERATURVERZEICHNIS
• NACHWORT
• Fußnoten