BETRACHTUNG ZU AUSGEWÄHLTEN EVANGELIUMSTEXTEN
Evangeliumslesung
1. CHRISTTAG
Johannes 1,1–14
1 Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort.
2 Dasselbe war im Anfang bei Gott.
3 Alle Dinge sind durch dasselbe gemacht, und ohne dasselbe ist nichts gemacht, was gemacht ist.
4 In ihm war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen.
5 Und das Licht scheint in der Finsternis, und die Finsternis hat’s nicht ergriffen.
6 Es war ein Mensch, von Gott gesandt, der hieß Johannes.
7 Der kam zum Zeugnis, damit er von dem Licht zeuge, auf dass alle durch ihn glaubten.
8 Er war nicht das Licht, sondern er sollte zeugen von dem Licht.
9 Das war das wahre Licht, das alle Menschen erleuchtet, die in diese Welt kommen.
10 Es war in der Welt, und die Welt ist durch dasselbe gemacht; und die Welt erkannte es nicht.
11 Er kam in sein Eigentum; und die Seinen nahmen ihn nicht auf.
12 Wie viele ihn aber aufnahmen, denen gab er Macht, Gottes Kinder zu werden: denen, die an seinen Namen glauben,
13 die nicht aus menschlichem Geblüt noch aus dem Willen des Fleisches noch aus dem Willen eines Mannes, sondern aus Gott geboren sind.
14 Und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater voller Gnade und Wahrheit.
Rev. John Raja
wurde in einer traditionellen lutherischen Familie geboren. Vater und Mutter sind Lehrer, die ihren Kindern als überzeugte Lutheraner in allen Aspekten des Lebens stets ein gutes Vorbild waren und sind. John hat vier ältere und einen jüngeren Bruder. Die Mutter erzählte oft, dass sie ihn bereits dem Herrn weihte, als er noch in ihrem Mutterleib heranwuchs.
Er diskutierte mit ihr später gern darüber, welchen Sinn es wohl machte, dass sie ihn dem Herrn weihte und ob es nicht das viel Wichtigere ist, zu gehorchen, wenn der Herr selbst ihn rufe. Dieser Ruf des Herrn wurde ihm deutlich, als er dankbar wahrnahm, dass er mit den Gaben der Musik und des Predigens ausgerüstet war und diese Gaben zur Erbauung und zum Ruhme Gottes einsetzen sollte, um Menschen für das Reich Gottes zu gewinnen.
Zu der Zeit machte er gerade seinen Master of Arts in Englischer Literatur und als er Gottes Ruf hörte, folgte er ihm.
So manche wollten ihn von dem Schritt abhalten, sich in den Dienst Gottes rufen zu lassen, da ihm doch eigentlich eine ganz andere Karriere bevorstand.
Aber er blieb dem Ruf treu, besuchte das Theologische Seminar, schloss seinen Bachelor of Divinity ab und wurde schließlich ein Pfarrer der Tamilischen Evangelisch-Lutherischen Kirche.
Er lernte persönlich immer wieder geistliche Lektionen, sich ganz der göttlichen Fürsorge anzuvertrauen. Nun ist er bereits 38 Jahre im Dienst der Tamilischen Kirche und erlebt immer wieder, dass der HERR gut zum ihm ist. Er hofft und wünscht sich, dass auch die Leser dieser Predigtmeditationen ihn in ihre Gebete einschließen.
Predigtmeditation über
JOHANNES 1,1–14 FÜR DEN 1. CHRISTTAG (1)
EINFÜHRUNG
Die Tradition sagt, dieser Evangeliumstext wurde vom Apostel Johannes verfasst, einem der Söhne des Zebedäus (Mk 1,19). Es wird angenommen, dass das Evangelium irgendwann zwischen 70 und 90 nach Christus geschrieben wurde, aber die genaue Entstehungszeit ist nicht bekannt.
Johannes wird gemeinhin als der Lieblingsjünger Jesu bezeichnet (Joh 13,23; 21,20). Unter den zwölf Jüngern war Johannes wohl derjenige, der Jesus spirituell am nächsten stand. Johannes kannte Jesu Denkweise besser als sonst irgendjemand. Johannes erreichte ein sehr hohes Alter. Viele Jahre verbrachte er in Ephesus. Wir nehmen an, dass sein Evangelium auch dort entstanden ist. Am Ende seines Lebens wurde Johannes auf die Insel Patmos im Mittelmeer verbannt, wo er die Offenbarung Christi erhielt.
Im Johannesevangelium sehen wir besonders tief in die Gedankenwelt und den Geist Jesu hinein. Johannes ist sehr daran interessiert, die Göttlichkeit und Menschlichkeit Jesu zu betonen.
Wir müssen bedenken, dass er das Evangelium geschrieben hat, damit Du glaubst, dass Jesus der Christus ist, der Sohn Gottes und dass Du durch diesen Glauben neues Leben in Seinem Namen gewinnst.
DAS PRÄEXISTENTE WORT
Johannes sagt am Anfang seines Evangeliums richtig, dass Jesus kein durchschnittlicher Mensch war. Er war das Wort Gottes und er war bereits bei Gott vor der Schöpfung der Welt.
Das Wort, das Jesus verkörpert, existierte bereits von Anfang an. Und bevor die Welt geformt wurde, existierte Christus bereits (Joh 17,5). Gen 1,1 sagt uns, dass Gott von Anfang an immer schon sein Wort bei sich hatte. Gott war nie ohne sein Wort. Johannes sagt deutlich, dass dieses Wort als Mensch in die Welt gekommen ist ‒ und das ist Christus.
Jesus Christus, das Wort, ist die einzige wirkliche Inkarnation des lebendigen Gottes, die vor etwa 2.000 Jahren auf die Erde kam.
In der hinduistischen Tradition wird das Wort OM gebraucht, um Gottes Allmacht und seinen Einfluss zu demonstrieren. Ein mächtiges Wort, das der Gott Ishwar nutzt und das zeigt, dass die Welt und das Atmen alles Lebendigen unter Gottes Kontrolle ist. Aber ist das historisch haltbar? Bei Jesus ist es keine Frage. Er war das Wort Gottes, das mit Gott gewesen ist vor der Schöpfung der Welt, und das Fleisch wurde und damit für uns Menschen erlebbar und verstehbar.
Hindus sind sehr religiöse Menschen. Das Wort Gottes, das OM, haben sie immer auf den Lippen. Aber es ist nicht ein Wort, das Fleisch wurde. Weder Vishnu noch Siva repräsentieren Gott in der Weise, wie Jesus es getan hat. In der hinduistischen Religion geht es – anders als im Christentum – auch eher um die Verehrung der Natur und weniger um die Verehrung eines persönlichen Gottes.
Wir erinnern uns daran, dass Jesus sagte: Wer mich sieht, der sieht den Vater (Joh 14,9). Ich bin im Vater und der Vater ist in mir (Joh 14,11). Ich und der Vater sind eins (Joh 10,30).
Damit wird deutlich: Dieser Jesus als Gottes Wort ist etwas ganz besonderes. Er ist in seiner Person Gottes kraftvolles Wort und handelt so, wie Gott spricht. Mit ihm haben wir das Leben und unser Leben hängt von ihm ab. Mit ihm haben wir das Licht, das Gott als erstes schuf.
Wenn wir also Christus annehmen, empfangen wir das Licht Gottes.
Das ist Weihnachten.
In der hinduistischen Tradition wird uns auch vom Licht erzählt, vom Licht des Gottes Vishnu, der den Schrei der Menschen auf der Erde hörte, die um Hilfe riefen, weil der Riese Narakasuran so viele Menschen auf der Erde getötet hatte. Diese Gräuel schrien zum Himmel hinauf, darum sprang der Gott Vishnu herab und kämpfte gegen Narakasuran und erlöste seine Menschen. Deshalb feiern die Hindus ein großes Fest, das DEEPAVALI (Fest des Lichtes) genannt wird. Die Frage ist, wie historisch sind diese hinduistischen Erzählungen zu nehmen und welche Kraft kann man aus ihnen schöpfen?
Wir Christen bekennen Jesus als Gottes Sohn, der in einem historischen Kontext gelebt hat. ER ist das Licht der Welt in einer konkreten Situation, damals wie heute. Johannes sagt von ihm: Das Licht scheint in der Finsternis und meint damit, es beleuchtet und verändert unsere Distanz zu Gott, die wir Sünde nennen.
Wie eine Kerze die Dunkelheit in einem Raum überwindet, so überwindet Christi Licht die Dunkelheit der Welt. Die Dunkelheit muss weichen, selbst wenn es eine kleine Kerze ist, die leuchtet. Menschen, deren Verstand verdunkelt und deren Leben von Sünde und Unglaube geblendet war, werden durch Christus in ein neues und göttliches Licht gestellt.
Verdeutlichen wir uns: die Erde wird vergehen, der Himmel wird vergehen, aber Sein Wort wird nie vergehen. Sein Wort belebt immer wieder neu unsere Seelen (Ps 19,6–7). Das bedeutet, dass Christus in unserer Mitte ist, und das ist der Grund dafür, dass wir das Christfest feiern.
Als Jesus geboren wurde, beherrschte Augustus als römischer Kaiser die Welt. Der Historiker Josephus schreibt: dies war ein dunkles Zeitalter. Überall wurde die Sklaverei eingeführt und im römischen Recht fest verwurzelt.
Deshalb kam das Licht Jesu Christi in diese Welt, damit die Menschen auch aus diesen Klauen der Sünde, die sich tief eingegraben hatten, erlöst werden (Joh 8,12; 1 Joh 1,5).
Das Wort Jesu scheint in der Dunkelheit.
Das ist Weihnachten.
DAS WORT KOMMT ZU DEN MENSCHEN
Jesus Christus kam in die Welt, die er selbst mit geschaffen hat. Er kam zu seinem eigenen Volk Israel, zu seinen Menschen. Er war ein Jude und kam zu Juden. Trotzdem wurde er nicht entsprechend von allen empfangen. Einige nahmen ihn jedoch an und glaubten dem Wort. Alle Menschen sind von Gott geschaffen, aber nicht alle sind seine Kinder.
Es liegt nicht in unserer eigenen Kraft oder an unserem Wunschdenken, dass wir Kinder Gottes werden, es geschieht durch Gottes Gnade.
Deshalb kommt das Wort Gottes immer wieder in unser Leben und fragt uns mit leiser Stimme: Nimmst Du an diesem Christtag das Kind Jesus für Dich an?
Das ist Weihnachten.
DIE MENSCHWERDU...