Nach der Volkskirche
eBook - ePub

Nach der Volkskirche

Gottesdienste feiern im konfessionslosen Raum

  1. 184 pages
  2. English
  3. ePUB (mobile friendly)
  4. Available on iOS & Android
eBook - ePub

Nach der Volkskirche

Gottesdienste feiern im konfessionslosen Raum

About this book

Die kirchliche Situation in den östlichen BundeslĂ€ndern stellt die gottesdienstliche Feier vor ganz neue Herausforderungen. Zentrale Begriffe liturgiewissenschaftlicherReflexion geraten in SchrĂ€glage: Was heißt Tradition, wenn deren Weitergabe abbricht? Wie kann Liturgie "wirken" ohne oder nur mit erodierten religiösenBildungsgrundlagen? Was fĂŒr eine liturgische Sprache ist gefordert? Unsere Vermutung ist, dass der ostdeutsche Kontext mit seinen tiefen SĂ€kularisierungsbrĂŒchen einSensor ist fĂŒr grundlegende liturgische Entwicklungen in Mitteleuropa. In Leipzig, einer Stadt, deren ĂŒberwiegende Mehrheit keiner Kirche angehört, wurden zwei Kirchen neu gebaut: die katholische Propsteikirche St. Trinitatis (der grĂ¶ĂŸtekatholische Kirchenneubau im Osten Deutschlands seit der Friedlichen Revolution) und die UniversitĂ€tskirche. Der Band untersucht, ausgehend von den architektonischen, liturgischen und gemeindepraktischen Vorgaben dieser beiden SakralrĂ€ume, die Möglichkeiten gottesdienstlicher Gestaltungen in konfessionslosem Kontext. Zudem wird versucht, die Wirklichkeit hinter dem Adjektiv "konfessionslos" genauer zu fassen, um die liturgischenHerausforderungen besser zu verstehen.[After the Majority Church (Volkskirche). Worshipping in a Non-Confessional Social Space]The ecclesial situation in Eastern Germany confronts the church service with totally new challenges. Key terms of liturgical theology are involved: What is the meaning of tradition when it is not transmitted? How can liturgy be "effective" when there is no or only little religious knowledge? What kind of liturgical language is needed? The Eastern German context with its deep impacts of secularisation is perhaps a sensor for fundamental liturgical developments in Central Europe.In Leipzig, where the majority of the population is not affiliated to any church, two new churches have been built: the catholic Provost Church of St. Trinitatis and the University Church. The present volume explores possible conceptions of church service in a non-confessional context, basing its reflections on the architectonical, liturgical and practical conditions of these two sacral spaces.

Frequently asked questions

Yes, you can cancel anytime from the Subscription tab in your account settings on the Perlego website. Your subscription will stay active until the end of your current billing period. Learn how to cancel your subscription.
No, books cannot be downloaded as external files, such as PDFs, for use outside of Perlego. However, you can download books within the Perlego app for offline reading on mobile or tablet. Learn more here.
Perlego offers two plans: Essential and Complete
  • Essential is ideal for learners and professionals who enjoy exploring a wide range of subjects. Access the Essential Library with 800,000+ trusted titles and best-sellers across business, personal growth, and the humanities. Includes unlimited reading time and Standard Read Aloud voice.
  • Complete: Perfect for advanced learners and researchers needing full, unrestricted access. Unlock 1.4M+ books across hundreds of subjects, including academic and specialized titles. The Complete Plan also includes advanced features like Premium Read Aloud and Research Assistant.
Both plans are available with monthly, semester, or annual billing cycles.
We are an online textbook subscription service, where you can get access to an entire online library for less than the price of a single book per month. With over 1 million books across 1000+ topics, we’ve got you covered! Learn more here.
Look out for the read-aloud symbol on your next book to see if you can listen to it. The read-aloud tool reads text aloud for you, highlighting the text as it is being read. You can pause it, speed it up and slow it down. Learn more here.
Yes! You can use the Perlego app on both iOS or Android devices to read anytime, anywhere — even offline. Perfect for commutes or when you’re on the go.
Please note we cannot support devices running on iOS 13 and Android 7 or earlier. Learn more about using the app.
Yes, you can access Nach der Volkskirche by Alexander Deeg, Christian Lehnert in PDF and/or ePUB format, as well as other popular books in Theology & Religion & Christian Rituals & Practice. We have over one million books available in our catalogue for you to explore.

BLUE RELIGION

In der Stadt geht Gott fremd

Matthias Krieg

Sehr geehrte Damen und Herren vom Fach,
ich danke Ihnen fĂŒr die Einladung zu Ihrem FachgesprĂ€ch.
Hoffentlich wird mein ungewohntes Fachwerk interessant fĂŒr Sie.
Meine Rede1 hat, wie es sich gehört, drei Teile:
eine Exposition, die ziemlich persönlich daherkommt,
eine DurchfĂŒhrung, die nahezu reine Sachlichkeit verströmt,
eine Reprise, die persönlich und sachlich nach vorn schaut.

EXPOSITION

Biographische AnnÀherungen
Es war 1969, irgendwo in Frankfurt, irgendwo in einem Saal: Schwere LĂŒster hingen von der Decke, geschliffenes Glas blitzte.
Vornehme Damen mit Stolen lÀchelten, reife Herren diskutierten.
Dabei lag doch die Revolution lÀngst in der Luft.
Allenthalben roch es nach Schnapsmatrizen.
Ich war vierzehn und ebenso frĂŒhreif wie altklug.
Ein Junge vom Land mit Sehnsucht nach der Stadt.
Das Kommunistische Manifest hatte ich bereits verschlungen.
Tillichs The Courage tobe und Sartres Huis Clos.
Existentialismus und Marxismus interessierten mich gleichzeitig, Kierkegaards Krankheiten und Trotzkis Permanenzen.
Jesus war der Befreier der Kleinen, Geplagten und Vergessenen.
Mein großes Bubenherz fĂŒhlte so revolutionĂ€r wie romantisch.
Nun sitze ich in diesem Saal, der lĂŒsterne BĂŒrgerhimmel ĂŒber mir, vor mir eine leere BĂŒhne, einzig ein riesiger FlĂŒgel in ihrer Mitte.
Mein Klavierlehrer hat mich mitgenommen zu einem Liederabend.
Schuberts Winterreise, das erste Konzert meines Lebens.
Fremd bin ich eingezogen 

Hermann Prey singt. Er tut es weich und leicht.
Konrad Richter begleitet ihn. Er tut es prÀzis und exakt.
Wunderlicher Alter, soll ich mit dir geh’n?
Willst zu meinen Liedern deine Leier dreh’n?2
Und wie ich das will!
Ich schmelze, bin weggetragen, leide an Wörtern und Tönen.
Diese Musik bin ich, sie spricht mir aus der Seele.
Was nie wieder geschehen wĂŒrde, nun geschieht es:
Ich stelle mich in die Reihe der JĂŒngerinnen und JĂŒnger, die linke Strickjacke zwischen bĂŒrgerlichen Stolen und FrĂ€cken.
Bis ich vorgelassen werde ins Allerheiligste, wo sie mich fragen:
Du spielst Klavier? Ja. Singst Du auch? Ja.
Ich weise mein Schubertalbum vor, Edition Peters, Band 1.
Ein Geschenk der Nachbarin, die nichts anzufangen weiß damit.
Die Götter lÀcheln gnÀdig, klopfen mir auf die Schultern.
So kam ich zu den einzigen Autogrammen meines Lebens.
Fortan spielte und sang ich Schubert, Schumann, Brahms, Wolf.
TĂ€glich, wohl nicht immer zur Freude der spendablen Nachbarin.
SpÀter dann auch Fauré, Chausson, Poulenc, auch mit anderen.
Deutsches Lied und französische Mélodie.
Meine erste Liebe.
Es war am GrĂŒndonnerstag 1999, in Sankt Jakob, in ZĂŒrich: Bachs gewaltige Messe in h-moll.
Ich stand mit vier anderen fĂŒr zwei Stunden auf der Empore, im Bass, unter Spannung, bei Kammerbesetzung. Auch die anderen Stimmen hatten nur vier oder fĂŒnf Leute.
Zwei Stunden lang war jeder von uns gefragt und verantwortlich.
Kein Verschwinden mehr in der Wolke der Zeugen.
Kein AusfÀdeln an heiklen Stellen.
Keine DrĂŒckebergerei.
Voll verantwortlich war ich und zwei Stunden gut zu hören.
Wir hatten intensiv geĂŒbt, einzeln, im Quartett, als Kammerchor.
Nun kam alles auf alle zu und alles auf jeden an.
Im Credo steigert sich gerade die Anspannung.
Wir sind am Angelpunkt der Anlage angelangt.
Das Crucifixus3 singen wir wie HammerschlÀge, immer drei schwere, versetzt mit zwei leichten.
Eine Stimme reicht der anderen den Hammer weiter.
Hier wird genagelt und gefoltert, mitgegangen und mitgehangen.
Über meinen RĂŒcken laufen kalte Schauder.
Zwölfmal hat das continuo dieselbe Chromatik schon gespielt.
Den stereotypen passus duriusculus.
Die endlose HinfÀlligkeit menschlichen Lebens.
FĂŒr jeden aus der Schar um Jesus einen passus.
Doch nun, beim dreizehnten, folgt dem c kein h, sondern ein cis.
Das mag ein Wechsel sein.
Totenstill die Kirche. Alles ist aus.
Fermate.
Doch plötzlich eine Eruption.
Aus der Tiefe himmlischer Jubel!
Das Resurrexit mit Pauken und Trompeten!
Elektrisierend, habe ich beim Proben notiert!
Unsere Stimmen werden zu leichtfĂŒĂŸigen Instrumenten.
Die vox humana mutiert zur vox coelestis.
Kaum bleibt mir Zeit zum Lufthol...

Table of contents

  1. Cover
  2. Hinweise
  3. Titel
  4. Impressum
  5. Vorwort
  6. Inhaltsverzeichnis
  7. Daniel Weidner: Sind wir »sĂ€kular« – und wie sind wir es geworden? - Neue BeitrĂ€ge zum Problem der SĂ€kularisierung
  8. Michael Meyer-Blanck: Raum des Unbekannten - Gottesdienst, Konfession und Konfessionslosigkeit
  9. Gregor Giele: Die Leipziger Propsteikirche St. Trinitatis als Heterotopie
  10. Peter Zimmerling: Die neue UniversitĂ€tskirche St. Pauli in Leipzig - Kirche als Aula – Aula als Kirche
  11. Stefan Böntert: Kirchenbauten der Gegenwart in der Kontroverse - Eine Spurensuche zwischen theologischem Ideal und sĂ€kularer Öffentlichkeit
  12. Matthias Krieg: Blue Religion - In der Stadt geht Gott fremd
  13. Emilia Handke: BerĂŒhrungen mit einer anderen Welt - Liturgische Transferprozesse im Kontext mehrheitlicher Konfessionslosigkeit
  14. Konrad MĂŒller: Gottesdienst im »konfessionslosen« Raum - PluralitĂ€t – Herausforderung oder Chance?
  15. Alexander Deeg: Gottesdienst feiern im konfessionslosen Raum - Ein Nachwort
  16. Verzeichnis der Autorinnen und Autoren