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Worte, die Geschichte schrieben

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Worte, die Geschichte schrieben

About this book

Die Friedliche Revolution begann in der Kirche. Der Herbst 1989 ist untrennbar mit den Friedensgebeten in der Nikolaikirche Leipzig verbunden. Gefühle des Hoffens und Bangens sind es, die Christen wie Nicht-Christen vor 25 Jahren in wachsenden Mengen in das Gotteshaus zogen. Für Christian Führer ist das gewaltlose Gelingen der Friedlichen Revolution die unzweifelhafte Erfüllung der Bergpredigt Jesu, der 9. Oktober ein Wunder biblischen Ausmaßes.Doch auch nach 1990 hält Führer sich nie mit Kritik am System zurück, scheut sich nicht, Einsatz zu zeigen – mit dem steten Hinweis auf Gott. Seine Predigten, Reden, Ansprachen und Interviews zeichnen sich durch Leidenschaft und Kampfeswillen aus, durch Einsatz für die Schwachen und Unterdrückten. Der Kampf gegen rechte Ideologien und rücksichtslosen Kapitalismus bleibt für ihn erste Christenpflicht. So finden auch die Friedensgebete neue Anlässe. Nicht zuletzt enthält diese Textsammlung Sonntagspredigten, die besonders die mitreißende wie alltagstaugliche Glaubensstärke des Nikolaipfarrers zeigen.

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Information

Edition
2
Topic
History
Index
History

Vorwort zur 1. Auflage 1

Viele kennen Christian Führer als den »Pfarrer mit der Jeansweste«. So ist er in Leipzig bekannt und auch im Film »Nikolaikirche« zu sehen. Dieser Film geht auf den bekannten Roman von Erich Loest zurück, der den Protagonisten der Friedlichen Revolution ein literarisches Denkmal setzt.
In der Tat, Christian Führer schaut auf ein bewegtes Leben zurück. Seine Autobiografie trägt den Titel »Und wir sind dabei gewesen«. Dabeisein, sich engagieren anstatt wegzuschauen – das ist sein Programm, seine Grundhaltung. Der inhaltliche Kompass dieser Haltung aber ist für Christian Führer die biblische Botschaft! Genau das kommt in seinen hier gesammelten Predigten, Reden und Vorträgen zum Ausdruck. Wir sehen: Die Geschichte von Christian Führer endet nicht 1989. Er bleibt seinen Themen treu und misst sein Handeln am Evangelium, das er jeden neuen Tag zu verkündigen und umzusetzen sucht – immer mitten in der Welt. Da geht es um eine Demonstration am Waffendepot, ein Friedensgebet nicht in Leipzig, sondern in München, um eine Demonstration gegen Nazis.
»Keine Gewalt!« – Dieser Ruf, der 1988 / 89 aus den Kirchen von Leipzig, Dresden, Ostberlin auf die Straßen der DDR getragen wurde, ist der Leitfaden der Predigten und Beiträge Christian Führers. Er steht damit in großer Tradition: in der Nachfolge des Jesus aus Nazareth natürlich, der die Friedensstifter selig pries und im Garten Gethsemane sagte: »Stecke dein Schwert an seinen Ort!« (Matthäus 26,52). Aber er steht auch in der Tradition Martin Luthers, der »weder in den frühen Sturmjahren der Reformation noch je später« wollte, dass »mit Gewalt und Töten für das Evangelium gestritten wird«.2 Und Christian Führer steht in der Nachfolge Martin Luther Kings, der an Gewaltlosigkeit festhielt, als viele Gewalt als einzige Lösung ansahen.
Christian Führer hat mit dem konsequenten Ruf »Keine Gewalt!« bei gleichzeitiger Entschlossenheit, die Welt im Sinne von Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung zu verändern, unserer Kirche einen großen Dienst erwiesen. Dabei war er manches Mal ein Einzelkämpfer. Für Kirchenleitungen sind Pfarrerinnen und Pfarrer wie er eine Herausforderung, weil sie sich nicht einordnen, sondern je nach ihrem eigenen Gewissen handeln. Auch für Kollegen war er das sicher manches Mal, weil sich der Blick schnell auf den Einen richtet und all die anderen nicht mehr gesehen werden. Und ja, starrköpfig konnte Christian Führer auch sein. Ich erinnere mich an die Zeit, als ich als Generalsekretärin des Kirchentages die Vorbereitungen für den Leipziger Kirchentag 1997 zu verantworten hatte. Christian Führer erklärte, dass im Umkreis »seiner« Nikolaikirche keine Pfadfinder auftauchen dürften. Die besten Argumente dafür, dass Pfadfinder nun »weiß Gott« etwas völlig anderes seien als Hitlerjungen oder Pioniere, halfen nichts.
Dieses Buch mit den Beiträgen von Christian Führer finde ich bedeutsam, weil klar wird: Aus dem Wort Gottes, aus der Predigt kommt das Engagement von Christinnen und Christen in der Welt. Manches Mal wird ja gefragt: Darf denn die Kirche politisch sein? Oder es kommt die Aufforderung: Wenden Sie sich doch dem Eigentlichen zu. Und damit ist dann gemeint, Verkündigung und Seelsorge ins Zentrum zu stellen. Christian Führer zeigt auf wunderbare Weise, wie die Rückbesinnung auf die Bibel immer mitten in die Welt führt: Wenn die Trauernden getröstet werden, die Sehnsucht nach Gerechtigkeit wachgehalten wird und diejenigen, die reinen Herzens sind, seliggepriesen werden, dann hat das Konsequenzen. Wenn gefordert wird, die »Fremdlinge«, die unter uns wohnen, zu schützen, dann hat das etwas zu tun mit den Flüchtlingen heute. Wenn für die Bibel die »Armen im Land« der Maßstab für Gerechtigkeit sind, kann nicht ignoriert werden, wie es Hartz-IV-Empfängern, Alleinerziehenden und Obdachlosen im reichen Deutschland unserer Gegenwart geht. Wenn der Prophet von der Vision spricht, Schwerter zu Pflugscharen umzuschmieden, macht das nachdenklich mit Blick auf Kriege und Rüstungsexporte.
Die hier versammelten Predigten und Vorträge von Christian Führer sind ein anregendes, lebendiges Beispiel dafür, dass Bibellektüre immer mitten in die Welt weist! Das wussten schon die Reformatoren. Für sie war beispielsweise der Schritt hin zur Ehe ein Zeichen dafür, dass auch das Leben in einer Familie mit Sexualität und Kindern in gleicher Weise von Gott gesegnetes Leben ist. Die öffentliche Heirat bisher zölibatär lebender Priester, Mönche und Nonnen war ein theologisches Signal. Die Theologin Ute Gause erklärt, diese habe »etwas für die Reformation Elementares« deutlich machen wollen: »die Weltzuwendung und demonstrative Sinnlichkeit des neuen Glaubens«.3 Die Reformatoren wollten zeigen: Weltliches Leben ist nicht weniger wert als priesterliches oder klösterliches. Es geht darum, den Glauben an Gott zu leben im Alltag der Welt.
Wie das möglich ist, dafür sind das Leben und die Predigten und Reden von Christian Führer ein lebendiges Zeugnis. Als Pfarrerin finde ich die Texte des Kollegen ungeheuer ermutigend. Als Christin bewundere ich seine Standfestigkeit. Und als Seelsorgerin wünsche ich ihm die Kraft, auch nach dem Verlust seiner Frau und in der Dankbarkeit für seine Kinder und Enkel weiterhin nicht zu schweigen, sondern zu reden. Ganz im Sinne von Psalm 35,28: »Und meine Zunge soll reden von deiner Gerechtigkeit und dich täglich preisen.« Genau das tut Christian Führer: Gott loben. Und das Lob Gottes umsetzen in den Alltag der Welt. Das ist anrührend, ermutigend und zukunftsweisend.
Reformationstag 2013
Margot Käßmann

Inhalt

Cover
Titel
Impressum
Widmung
Vorwort zur 1. Auflage
Als Schwache zu Kräften gekommen
Predigt über 1Kor 15,20 1. Osterfeiertag, St. Nikolai, 1990
Hilft beten? – Zur Entstehung des Friedensgebets
Vortrag: »Leben und Bleiben in der DDR« – St. Nikolai, 1988
Predigt über 1Mose 28,10 19a – Friedensgebet, St. Nikolai, 1989
»Kraft den Müden« – Ansprache während der Friedensdekade
Andacht vor der konstituierenden Sitzung der neu gewählten Stadtverordnetenversammlung Leipzigs – St. Nikolai, 1990
Ansprache zur Verleihung des Augsburger Friedenspreises zusammen mit M. S. Gorbatschow – Augsburg 2005
Michail S. Gorbatschow zum 75. Geburtstag – 2007
26 Jahre Beginn der Friedensgebete, 25 Jahre wöchentliche Friedensgebete in St. Nikolai – 2007
Friede auf Erden – eine Betrachtung nicht nur zur Weihnachtszeit – 2008
Fürchte dich nicht, sondern rede
Ansprache bei der Demonstration am Atomwaffendepot Große...

Table of contents

  1. Cover
  2. Titel
  3. Impressum
  4. Widmung
  5. Vorwort zur 1. Auflage
  6. Inhalt
  7. Als Schwache zu Kräften gekommen
  8. Fürchte dich nicht, sondern rede
  9. Freundlich und mit Salz gewürzt
  10. So kommt der Glaube aus der Predigt
  11. Nach 40 Jahren
  12. Weitere Bücher
  13. Fußnoten