Update-Exegese 2.2
eBook - ePub

Update-Exegese 2.2

Grundfragen gegenwärtiger Bibelwissenschaft. Mit einem Geleitwort von Heinrich Bedford-Strohm

  1. 368 pages
  2. English
  3. ePUB (mobile friendly)
  4. Available on iOS & Android
eBook - ePub

Update-Exegese 2.2

Grundfragen gegenwärtiger Bibelwissenschaft. Mit einem Geleitwort von Heinrich Bedford-Strohm

About this book

Für viele Pfarrer und Lehrer ist es schwierig, nach dem Studium theologisch "am Ball zu bleiben". Nur wenigen gelingt es, einige gar halten die Theologie für entbehrlich. Und schließlich gibt es eine große Zahl an Studierenden, denen sich bei der Fülle an Einzelheiten kein Blick mehr auf die Gesamtheit des Faches erschließt.An jene Gruppen wendet sich dieser Band. In einer Reihe von Aufsätzen, die seit 2017 im Korrespondenzblatt des Bayerischen Pfarrer- und Pfarrerinnenvereins erschienen, stellen namhafte Vertreter der Bibelwissenschaften aktuelle Diskussionen oder strittige Fragestellungen vor. Dabei handelt es sich um wichtige Themen der gegenwärtigen theologischen Debatte, etwa die Diskussion um Tod und Auferstehung Jesu oder die neuen Perspektiven auf die biblische Anthropologie. Einen Schwerpunkt bilden zudem Artikel zu biblischen Gestalten wie Mose, Herodes, Pilatus oder Petrus. Die Sammlung wird ergänzt um einige bisher unveröffentlichte Artikel.Update-Exegesis 2.2. Basic Questions of Contemporary Biblical StudiesFor many pastors and teachers it is difficult to theologically "stay on the ball" after their studies. Only a few succeed, some even consider theology as dispensable. And finally there are a large number of students who, because of the abundance of details, can no longer see the entirety of the subject.This volume is addressed to those groups. In a series of essays published since 2017 in the "Korrespondenzblatt des Bayerischen Pfarrer- und Pfarrerinnenvereins", renowned representatives of Biblical Studies present current discussions or controversial questions. They address important topics of the current theological debate, such as the discussion on the death and resurrection of Jesus or the new perspectives on biblical anthropology. Another focus is on articles on biblical figures such as Moses, Herod, Pilate or Peter. The collection is supplemented by some previously unpublished articles.

Frequently asked questions

Yes, you can cancel anytime from the Subscription tab in your account settings on the Perlego website. Your subscription will stay active until the end of your current billing period. Learn how to cancel your subscription.
No, books cannot be downloaded as external files, such as PDFs, for use outside of Perlego. However, you can download books within the Perlego app for offline reading on mobile or tablet. Learn more here.
Perlego offers two plans: Essential and Complete
  • Essential is ideal for learners and professionals who enjoy exploring a wide range of subjects. Access the Essential Library with 800,000+ trusted titles and best-sellers across business, personal growth, and the humanities. Includes unlimited reading time and Standard Read Aloud voice.
  • Complete: Perfect for advanced learners and researchers needing full, unrestricted access. Unlock 1.4M+ books across hundreds of subjects, including academic and specialized titles. The Complete Plan also includes advanced features like Premium Read Aloud and Research Assistant.
Both plans are available with monthly, semester, or annual billing cycles.
We are an online textbook subscription service, where you can get access to an entire online library for less than the price of a single book per month. With over 1 million books across 1000+ topics, we’ve got you covered! Learn more here.
Look out for the read-aloud symbol on your next book to see if you can listen to it. The read-aloud tool reads text aloud for you, highlighting the text as it is being read. You can pause it, speed it up and slow it down. Learn more here.
Yes! You can use the Perlego app on both iOS or Android devices to read anytime, anywhere — even offline. Perfect for commutes or when you’re on the go.
Please note we cannot support devices running on iOS 13 and Android 7 or earlier. Learn more about using the app.
Yes, you can access Update-Exegese 2.2 by Wolfgang Kraus, Martin Rösel in PDF and/or ePUB format, as well as other popular books in Theology & Religion & Biblical Studies. We have over one million books available in our catalogue for you to explore.

Information

MOSE

Jan Christian Gertz
Nach dem biblischen Zeugnis ist Mose die zentrale Figur der ältesten Geschichte und klassischen Heilszeit Israels. Moses nie gesetzter Grabstein an seinem unbekannten Grab trägt die Inschrift: »Und in Israel ist nie mehr ein Prophet aufgetreten wie Mose, den der HERR kannte von Angesicht zu Angesicht, mit all den Zeichen und Wundern, die er im Land Ägypten am Pharao, an allen seinen Dienern und an seinem ganzen Land vollbrachte, wozu der HERR ihn gesandt hatte, und mit allen Machtbeweisen und mit all den großen und furchtbaren Taten, die Mose vor den Augen ganz Israels vollbracht hat« (Dtn 34,10–12)1. Mit dieser im Alten Testament einzigartigen Autorität und Gottesnähe privilegiert, hat Mose das Volk Israel aus Ägypten befreit, ihm am Berg Sinai die Gebote Gottes übermittelt und es vierzig Jahre durch die Wüste bis an die Grenze des verheißenen Landes geführt, wo er im Alter von 120 Jahren gestorben ist und von Gott an einem unbekannten Ort begraben wurde. Soweit die Kurzform der biblischen Erzählung über die wichtigste Persönlichkeit des Alten Testaments. Die Gestalt des Mose, ohne die es weder das Judentum noch das Christentum gäbe und ohne die auch der Islam nicht denkbar wäre, fordert die Bibelwissenschaft immer wieder aufs Neue dazu heraus, sich über ihr Mosebild Rechenschaft abzulegen.

1. UMBRÜCHE

Wirken und Leben des Mose sind auf das Engste mit der Geschichte des Volkes Israel von der Zeit seiner Unterdrückung in Ägypten bis zum Vorabend der Inbesitznahme des verheißenen Landes verwoben, so dass sich die Darstellung der Bücher Exodus bis Deuteronomium auch als eine Biographie ihres menschlichen Hauptakteurs Mose lesen lässt. Damit ist die historische Rückfrage nach Mose untrennbar mit der Diskussion um die Entstehung des Pentateuchs verbunden. Diese hat seit den Anfängen der historisch-kritischen Bibelwissenschaft zu einer stetigen Abnahme der positiv gesicherten Kenntnisse über Mose geführt.2 Galt der Tradition Mose vor allem als der Gesetzgeber, der Israel den Willen des einen Gottes JHWH verkündet und in der Tora niedergelegt hat, so hat sich die Bibelwissenschaft schon im 18. und 19. Jh. zunehmend von der mosaischen Autorschaft des Pentateuchs und auch von der mosaischen Herkunft des Gesetzes verabschiedet. Schließlich wurden die Erzählungen über die charismatische Rettergestalt um Jahrhunderte später als die in ihnen dargestellten Geschehnisse datiert.
Unbeschadet aller Umbrüche in der Pentateuchforschung und der Rekonstruktion der Geschichte Israels ist die zunehmende Reduktion dessen, was sich historisch gesichert über Mose aussagen lässt, also keine grundsätzlich neue Erkenntnis.3 Gleichwohl hat sich das Mosebild in den letzten Jahrzehnten deutlich gewandelt, wie ein knapper Vergleich der beiden Artikel zu Mose in der dritten und der vierten Auflage der RGG zeigt.4 Der 1960 von Eva Oßwald verfasste Artikel teilt mit der zeitgenössischen Forschung das Zutrauen in die Möglichkeiten, mittels der Form- und Überlieferungsgeschichte die (mündlichen) Vorstufen der älteren Pentateuchquellen rekonstruieren zu können. Die Pentateucherzählung wird im Gefolge von Martin Noth und Gerhard von Rad auf verschiedene meist kultisch gebundene Traditionskomplexe aufgeteilt, die ihrerseits auf zum Teil sehr altem Sagenmaterial aufruhen.5 Die Verbindung dieser Traditionskomplexe versuchte man mit der in der damaligen alttestamentlichen Wissenschaft alles bestimmenden, inzwischen jedoch zu den Akten gelegten These Martin Noths zu erklären, wonach das vorstaatliche Israel in Analogie zu den griechischen »Amphiktyonien« ein sakraler um ein Zentralheiligtum organisierter Stämmeverbund gewesen sei.6
Anders als Martin Noth stellte Eva Oßwald jedoch fest, dass der Nachweis verschiedener Traditionskomplexe nicht zu der Annahme nötigt, dass »gar keine historischen Zusammenhänge zwischen den überlieferten Ereignissen bestehen«7. Am deutlichsten trete die Gestalt des Mose in der Kadeschüberlieferung hervor: »Kadesch scheint in der Frühzeit amphiktyonisches Zentrum für eine Reihe von Stämmen … gewesen zu sein, unter denen M[ose] als charismatischer Führer wirkte.« Selbst wenn Mose an den Ereignissen des Auszugs nicht direkt beteiligt gewesen sei, so habe er wenigstens als Deuter dieser Ereignisse gedient, was sein Eindringen in die Auszugstradition erkläre. Aus der eng mit den alten Kadeschsagen verzahnten Sinaitradition lasse sich Mose nicht eliminieren, da der Sinai eine wichtige Funktion für die Legitimation des Mose habe. Mose sei sicher nicht als der Gründer des Volkes Israel anzusprechen. Er habe sich aber »Verdienste für die Amphiktyonie von Kadesch« erworben und sei auch »für die Religion Israels von großer Bedeutung« gewesen, sei doch JHWH mit ihm als »Gott des Rechts und der Geschichte« in Erscheinung getreten und dürfte die »Verpflichtung zur alleinigen Verehrung Jahwes« auf Mose zurückgehen.
Im Jahre 2002 erwähnt Eckart Otto die Amphiktyonie nicht einmal mehr in dem Abriss der Forschungsgeschichte. Auch ist von dem Zutrauen, hinter der ausgestalteten Erzählung des Pentateuchs auf die mündliche Überlieferung zurückgreifen zu können, wenig geblieben. Vom historischen Mose bleibt allein die Verbindung zu Midian. Ganz im Vordergrund steht hingegen der »literarische Mose der Hebräischen Bibel«, dessen Karriere nach Eckart Otto in der neuassyrischen Krise (7. Jh. v. Chr.) beginnt und ihn im neubabylonischen und persischen Zeitalter (6.–4. Jh. v. Chr.) zur Zentralgestalt des Pentateuchs werden lässt.8 Das ist nach heutigem Kenntnisstand sicher richtig, doch was ist darunter zu verstehen?

2. MOSE ALS LITERARISCHE GESTALT

Neuere Untersuchungen datieren die älteste literarisch noch mit einiger Zuversicht greifbare Moseerzählung recht übereinstimmend in das 8. oder frühe 7. Jh. v. Chr., und zwar unabhängig von den jeweiligen Modellen zur Entstehung des Pentateuchs.9 Den Auftakt der Erzählung bildet die Unterdrückung der Israeliten in Ägypten, genauer die Einführung der Fronpflicht durch den Pharao zum Bau der Vorratsstädte Pitom und Ramses.10 Nach der Verschärfung der Fron und dem Befehl, die neugeborenen hebräischen Knaben zu töten, folgen auf dem Höhepunkt der Unterdrückung die Geburt und Rettung des Mosekindes. Später flieht Mose nach Midian, wo er die Tochter des dortigen Priesters heiratet und einen Sohn bekommt. Vor allem aber ist Midian der Ausgangspunkt für Moses Berufung in der Dornbuschszene. Am Dornbusch offenbart sich Mose ein zunächst unerkanntes Numen als der Gott JHWH, der die Not seines Volkes wahrgenommen hat und zusagt, die fronpflichtigen Israeliten aus Ägypten zu befreien und in ein gutes Land zu führen. Von JHWH beauftragt, kehrt Mose nach Ägypten zurück, um mit einer List die Israeliten zu befreien. Der Plan gelingt und Israel zieht aus von den ägyptischen Plagen weiß die älteste Moseerzählung noch nichts zu berichten. Als dem Pharao die Flucht der Fronpflichtigen gemeldet wird, setzt er ihnen nach. Am Meer erreichen die Verfolger die Israeliten, diese geraten in Panik, doch Mose sagt ihnen JHWHs Hilfe zu. Und in der Tat werden die Israeliten von dem allein kämpfenden JHWH gerettet, was die Prophetin Mirjam zu ihrem berühmten Siegeslied anregt: »Singet JHWH eine herrliche Tat Ross und Mann hat er ins Meer gestürzt« (Ex 15,21*). Nach dem Triumph am Meer ziehen die Israeliten unter Moses Führung weiter. Ihr Weg führt sie nach wenigen Stationen in die Oase Kadesch und weiter in das Gebiet der Moabiter, wo die Israeliten am Jordan gegenüber von Jericho lagern. Hier stirbt Mose und wird begraben (Dtn 34,5*.6). Das Gesetz haben die Israeliten bei alldem nicht im Marschgepäck, denn die älteste Moseerzählung kennt den Abstecher zum Gottesberg noch nicht. Ebenso ist auch die Verbindung zu den Erzählungen von den Erzeltern Israels in der Genesis erst das Werk späterer Editoren.11
Die referierte älteste literarisch greifbare Moseerzählung handelt unverkennbar von den Ursprüngen Israels. Sie konstruiert eine kollektive Erinnerung und schafft so die Geschichte, in der sich Israel als Israel bestimmt. Zwei Besonderheiten zeichnen diese Identität aus:
1. Das Volk Israel kommt von außen ins Land. Es kommt aus dem Nichts der Wüste, dem Raum, der das krasse Gegenteil zum Kulturland als dem geographischen Ort der tatsächlichen Geschichte Israels darstellt. Das ist mit Sicherheit unhistorisch, dafür ist es aber Programm: Israel gewinnt seine ethnische und kulturelle Identität allein dadurch, dass sich JHWH seiner im »Stiftungserlebnis des Exodus«12 angenommen hat. Die konstruierte Volksgeschichte tritt an die Stelle eines vorfindlichen Gemeinbewusstseins, wie es sich aufgrund einer Reihe sozialer, kultureller, geographischer und ökonomischer Faktoren herausgebildet hat.
2. Anders als im alten Vorderen Orient üblich wird das Verhältnis von Gott und Israel nicht als das heilvolle Zueinander von gottgegebenem Königtum und Dynastie- und Staatsgott bestimmt. Es ist vielmehr das Verhältnis zu einem Gott, der sich Israel als sein Volk erwählt hat. Spätere Rezipienten der Moseerzählung haben dies auf den Begriff des Bundes gebracht.
Wie aber ist der Befund auszuwerten? Einen wichtigen Hinweis auf den historischen Ort bietet der auffällige, vielleicht sogar kritische Verzicht auf die Königsideologie. Er verweist auf nicht-monarchische Verhältnisse. Scheidet die vorstaatliche Zeit für die Formierung der Moseerzählung aus und ist deren neuassyrischer Hintergrund richtig bestimmt, dann kann es sich dabei aber nur um die nach-monarchische Epoche des ehemaligen Nordreiches Israel handeln:13 Bis zum Fall Samarias und der Annexion des Nordreichs als assyrische Provinz im Jahre 722/21 v. Chr. ist JHWH in Israel Dynastie- und Staatsgott, genauso wie in Juda und wie die Götter Kemoš in Moab, Qaus in Edom oder Hadad in Damaskus und einigen weiteren aramäischen Staaten. Wie überall in der Welt der syrischen Kleinstaaten gehört es auch in Israel und Juda zum ideologischen Grundbestand, dass Wohl und Wehe des Gemeinwesens vom heilvollen Gegenüber von gottgegebenem Königtum und dem Dynastie- und Staatsgott abhängen. Mit dem Untergang des Nordreichs ist dieses Zutrauen in eine fundamentale Krise geraten. Die offenkundige Entmachtung JHWHs durch den Gott Assur und seinen großköniglichen Stellvertreter wird in Israel wie andernorts verschiedene Reaktionen hervorgerufen haben. Eine Reaktion war sicher die Reflexion über das bis dahin gleichsam naturgegebene Gottesverhältnis. Die Formulierung der Moseerzählung dürfte ein Ergebnis derartiger Reflexion in Israel gewesen sein. In ihr tritt an die Stelle der stets notwendigen militärischen Präsenz JHWHs der eine vorgeschichtliche Sieg am Schilfmeer, in dem sich JHWH sein Volk erwählt, und zwar ohne Vermittlung des Königtums. Kann nun diese Bestimmung des Ursprungs Gültigkeit beanspruchen, dann ist Israel nicht in der militärisch-politischen Niederlage des Königtums untergegangen, sondern seit Beginn, d. h. zeitlich vor und sachlich unabhängig von der Etablierung eines Staatswesens, das Volk JHWHs. Und JHWH, der ehemalige Dynastie- und Staatsgott des Nordreichs, ist seit dem Schilfmeer der Gott des Volkes Israel und das in freier Wahl und damit unabhängig vom politischen Ergehen Israels. Israel wandelt sich in der Moseerzählung also vom sprachlich wie religiös heterogenen Staatsvolk des Nordreichs zur Kultgemeinschaft derer, die den Gott JHWH verehren. Damit steht Mose am Anfang des Judentums. Seine weitere literarische Karriere, die ihn zum Mittler der göttlichen Offenbarung am Sinai und zum Kristallisationspunkt jüdischer Identität gemacht hat, ist beispiellos.

3. MOSE ALS HISTORISCHE PERSON

Die Frage nach dem historischen Mose ist vor allem ein Problem der Quellen und ihrer historischen Auswertung. Über Mose berichten ausschließlich biblische Texte und davon abhängige Überlieferungen. Angesichts des literarhistorischen Befunds und der begründeten Skepsis, die mündliche Überlieferung hinter der frühesten literarisch greifbaren Vorstufe des biblischen Textes identifizieren zu können, wird sich niemand wundern, dass sich der biblischen Darstellung nur in sehr eingeschränktem Umfang und nur auf indirekte Weise historische Informationen über Mose entnehmen lassen.14 Es sind dies Moses ägyptischer Name, seine verwandtschaft...

Table of contents

  1. Cover
  2. Titel
  3. Impressum
  4. Vorwort
  5. Inhalt
  6. Heinrich Bedford-Strohm: Geleitwort
  7. Altes Testament: 1. Personen und Schriften
  8. Neues Testament: 1. Schriften
  9. Verzeichnis der Autoren
  10. Verzeichnis der Beiträge in »Update-Exegese 2.1«
  11. Bibelstellenregister
  12. Weitere Bücher
  13. Endnoten