1Â Â Â Wissenschaftlich arbeiten im Bereich Executive Education
Executive Education
Einige Hochschulen in Deutschland haben es sich zum Ziel gemacht, ihr Studienangebot fĂŒr eine gröĂere Zielgruppe auszuweiten und neben den âștraditionellâč Studierenden auch beruflich Qualifizierte und Studieninteressierte mit teilweise sehr unterschiedlichem Bildungsweg in ihre Studienprogramme zu integrieren. Die FĂŒhrungskrĂ€fteentwicklung (âșExecutive Educationâč) durch weiterbildende StudiengĂ€nge spielt dabei eine zentrale Rolle. In den USA oder in GroĂbritannien blickt der Bereich bereits auf eine lĂ€ngere Tradition zurĂŒck, aber auch in Deutschland gewinnt die âșExecutive Educationâč an Bedeutsamkeit. Kennzeichnend fĂŒr die Studienprogramme sind die flexiblen Lernformen sowie der hohe Praxisbezug. So haben auch BerufstĂ€tige die Möglichkeit, sich berufsbegleitend oder im Teilzeitstudium in ihrem Fachgebiet weiterzubilden und vertiefte theoretische Kenntnisse in ihrem Berufsfeld zu erwerben und mit ihren praktischen Erfahrungen zu verknĂŒpfen. Durch die zunehmende KomplexitĂ€t und die rasant fortschreitende Digitalisierung in der Arbeitswelt steigt auch der Bedarf an Weiterbildungen, in denen Fach- und FĂŒhrungskrĂ€fte auf die anstehenden betrieblichen VerĂ€nderungen vorbereitet werden. Dem soll in den unterschiedlichen Weiterbildungsprogrammen durch die stark ausgeprĂ€gte Praxisorientierung entgegengekommen werden. Somit schlagen weiterbildende StudiengĂ€nge eine BrĂŒcke zwischen Wissenschaft und Praxis. Das hat fĂŒr diejenigen Personen den Vorteil, die sich zwar akademisch weiterbilden wollen, denen aber das klassische Hochschulstudium zu wenig Bezug zu ihrer Berufspraxis bietet. Weiterbildende MasterstudiengĂ€nge bieten zudem die Möglichkeit, durch die zumeist praxiserfahrenen Dozierenden, anwendungsbezogene Beispiele, sowie aktuelle Trends und Entwicklungen in der Wirtschaft oder Gesellschaft in die Lehre einflieĂen zu lassen (vgl. Cendon et al. (2020), S. 7 ff.).
Im Zentrum der FĂŒhrungskrĂ€fteentwicklung steht in der Regel die Entwicklung von Managementkompetenzen und damit die FĂ€higkeit, die arbeitsteiligen Prozesse im Betrieb zu gestalten und das Personal zu fĂŒhren. Dementsprechend werden Weiterbildungsprogramme auf die unterschiedlichen Managementfunktionen ausgerichtet. Dabei können die Programme allgemein gestaltet sein (z. B. Master of Business Administration, MBA) oder auf Branchen spezialisiert werden (z. B. Master of Business Administration im Gesundheitswesen, Sportmanagement).
Dem Studienprofil zufolge kommen im Bereich âșExecutive Educationâč Studierende aus unterschiedlichen Berufsfeldern und Kontexten zusammen, die spezifische Anforderungen an die Studiengestaltung stellen. Dazu gehören unter anderem die flexiblen Lernformen. Fernunterricht (engl. Distance learning) und E-Learning ĂŒber Online-Plattformen nehmen dabei wesentliche Rollen ein. PrĂ€senzveranstaltungen werden, wenn ĂŒberhaupt, als Blockveranstaltungen oder Wochenendseminare gestaltet, damit auch BerufstĂ€tige daran teilnehmen können (vgl. Cendon et al. (2020), S. 36 f.). Diese Lehrgestaltung ist an die Anforderungen der BerufstĂ€tigen angepasst, erfordert von den Studierenden allerdings ein hohes MaĂ an Motivation, Eigenverantwortung und Selbstdisziplin, sowie ein gutes Zeitmanagement. Viele Studieninhalte mĂŒssen in Selbststudium erarbeitet werden und dann als PrĂ€sentation oder schriftliche Arbeit wiedergegeben werden. Dabei spielt die Wissenschaftlichkeit und die damit einhergehenden Anforderungen an die einzureichenden Arbeiten eine wesentliche Rolle. Teilweise mĂŒssen sich die Studierenden die Kenntnisse ĂŒber diese wissenschaftlichen QualitĂ€tskriterien ebenfalls im Selbststudium aneignen und dann in ihren wissenschaftlichen Arbeiten nachweisen. Oftmals werden diese Kenntnisse aber auch schon vorausgesetzt. Das kann bei Studierenden zu Frust und Demotivation fĂŒhren, insbesondere wenn ihnen die Grundkenntnisse des wissenschaftlichen Arbeitens fehlen. Selbst nach einem abgeschlossenen Grundstudium können einzelne Aspekte und QualitĂ€tskriterien des wissenschaftlichen Arbeitens unbekannt sein. Dies ist in der Regel dann der Fall, wenn der Studierende nach seinem Bachelorabschluss fĂŒr lĂ€ngere Zeit beruflich tĂ€tig war und erst nach einigen Jahren in das Aufbaustudium einsteigt.
Inhalt und Aufbau des Buchs
Dieses Buch richtet sich insbesondere an Studierende weiterbildender MasterstudiengĂ€nge, die bereits berufliche Erfahrung gesammelt haben und ihre Kenntnisse aus der Berufspraxis in ihre wissenschaftliche Arbeit einflieĂen lassen möchten. GleichermaĂen werden aber auch wissenschaftlich tĂ€tige Personen auĂerhalb des Hochschulwesens angesprochen. Das Buch möchte eine verstĂ€ndliche EinfĂŒhrung in die Wissenschaftstheorie geben und als Grundlage fĂŒr die Erstellung wissenschaftlicher Arbeiten im Studium und in der Berufspraxis dienen. Leser, die sich entweder einen vertieften Einblick in die Theorie des wissenschaftlichen Arbeitens verschaffen möchten oder einer generellen EinfĂŒhrung in die Thematik bedĂŒrfen, werden gleichermaĂen angesprochen. Das Thema wird dabei fachĂŒbergreifend behandelt und ist somit auch fĂŒr interdisziplinĂ€re StudiengĂ€nge geeignet. Der Fokus liegt allerdings auf der Betriebswirtschaftslehre, da diese in weiterbildenden StudiengĂ€ngen der âșExecutive Educationâč erfahrungsgemÀà eine wichtige Rolle einnimmt. Es soll zudem insbesondere auch auf den bereits erwĂ€hnten Praxisbezug in weiterbildenden Studienprogrammen eingegangen werden. Oftmals entscheiden sich Studierende weiterbildender StudiengĂ€nge fĂŒr eine Forschungsarbeit, die sich auf ihre berufliche TĂ€tigkeit bezieht. Teilweise geben auch die Institutionen oder die Unternehmen, in denen die Studierenden tĂ€tig sind, ein Forschungsprojekt in Auftrag. Inwiefern die Studierenden daraus ihren Vorteil ziehen können (z. B. in Form einer empirischen Erhebung in Absprache mit dem Unternehmen), soll ebenfalls Inhalt dieses Buches sein. Dem Zusammenspiel zwischen Theorie, Empirie und Praxis im Kontext des akademischen Arbeitens wird dementsprechend eine besondere Rolle zugeschrieben. Der Leser hat somit die Möglichkeit, neben seinen Fachkompetenzen auch seine fachĂŒbergreifenden akademischen Kompetenzen zu entwickeln und auszubauen. Dies wird ihm nicht nur fĂŒr das Studium, sondern auch fĂŒr die berufliche TĂ€tigkeit von Nutzen sein.
Das Buch beginnt mit einer EinfĂŒhrung in die Wissenschaftstheorie. Es werden wissenschaftstheoretische Grundpositionen sowie Grundbegriffe und Konzepte des Gegenstandsbereichs vorgestellt. Aus den, in den ersten Abschnitten beschriebenen, wissenschaftstheoretischen Grundlagen ergeben sich einige wissenschaftliche Anforderungen, die im letzten Abschnitt des zweiten Kapitels erlĂ€utert werden. Die Abfassung einer schriftlichen Arbeit oder die PrĂ€sentation eines Fachthemas dient als Nachweis, dass die Ersteller wissenschaftlicher Texte diese Anforderungen kennen und in ihrer Arbeit umsetzen können.
Im dritten Kapitel wird das Zusammenspiel zwischen Theorie, Empirie und Praxis nÀher betrachtet. Dieses Kapitel soll dem Leser veranschaulichen in welchem Zusammenhang alle drei Teilbereiche im Kontext einer wissenschaftlichen Arbeit stehen und welche Möglichkeiten Studierende weiterbildender StudiengÀnge haben, ihre Berufserfahrung im wissenschaftlichen Kontext zu nutzen.
Im vierten Kapitel wird die wissenschaftliche Methodik betrachtet. Der Abschnitt folgt dabei einer bestimmten Reihenfolge an Schritten. Diese greifen in der Praxis des Verfassens einer wissenschaftlichen Arbeit ineinander und können je nach Bedarf und Einzelfall variieren. Es sei an dieser Stelle auch darauf hingewiesen, dass formale Hinweise in diesem Buch fachĂŒbergreifend dargestellt werden, Zitierweisen und bibliographische Verfahren allerdings fachgebunden sind und demnach beim Betreuer der eigenen wissenschaftlichen Arbeit erfragt werden sollten. Zudem sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass die unterschiedlichen Formen wissenschaftlicher Arbeiten auch unterschiedliche Arbeitsweisen und -techniken erfordern können. Auf die unterschiedliche und projektabhĂ€ngige Herangehensweise wird in diesem Buch stets eingegangen.
Beim Lesen des Buches sollten die einzelnen Kapitel nicht als unabhĂ€ngige Themenbereiche betrachtet werden. Ganz im Gegenteil greifen diese wie ein Zahnrad ineinander ĂŒber und ergĂ€nzen sich gegenseitig (
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Abb. 1).
Einzelne Inhalte oder Begriffe können sich in anderen Kontexten wiederholen und werden somit in einen anderen oder erweiternden Zusammenhang gebracht. Die Gliederung des Buches sollte daher nicht als strikte Bearbeitungsabfolge gesehen werden, sondern als System aus wechselwirkenden Abschnitten, die in einem engen Zusammenhang stehen. Da die wissenschaftstheoretischen Grundlagen die Basis fĂŒr das wissenschaftliche Arbeiten darstellen, wird dieses Kapitel in der Abbildung als gröĂtes Zahnrad dargestellt. Die Erstellung einer wissenschaftlichen Arbeit setzt voraus, dass die Kriterien der Wissenschaftlichkeit bekannt sind. Zudem sind die theoretischen Grundlagen nutzbringend fĂŒr den gesamten (akademischen) Lernprozess und werden somit auch innerhalb des Buches immer wieder aufgegriffen.
Abb. 1:  Zusammenhang der einzelnen Themenbereiche
2 Wissenschaftstheoretische Grundlagen
Abb. 2: Ăbersicht zum zweiten Kapitel
Die BeschĂ€ftigung mit wissenschaftstheoretischen Grundlagen scheint auf den ersten Blick ein Ballast zu sein, der angesichts der modernen anwendungsorientierten Betriebswirtschaftslehre und den straff organisierten Studienprogramme ĂŒberflĂŒssig erscheint. Die Auseinandersetzung mit der Wissenschaftstheorie ist allerdings ganz im Gegenteil eine wesentliche Voraussetzung fĂŒr die wissenschaftliche TĂ€tigkeit. Das wissenschaftliche Arbeiten erfordert einen verantwortungsbewussten Umgang mit wissenschaftlichen Erkenntnissen und Aussagen, auf denen das Studium an Hochschulen basiert. Daher sollten, in Vorbereitung auf die wissenschaftliche TĂ€tigkeit, neben den Fachkenntnissen des Studiums auch Kenntnisse der wissenschaftlichen Theorie, Methodik und Arbeitsweise erworben werden, um einen verantwortungsbewussten Umgang mit wissenschaftlichen Erkenntnissen zu sichern und um neue Erkenntnisse zu gewinnen. Die Wissenschaftstheorie »durchleuchtet [âŠ] die Wissenschaftspraxis und entwickelt Kataloge von Anforderungen, denen die Wissenschaften, d. h. das wissenschaftliche Problemlösungsverhalten und seine Ergebnisse genĂŒgen sollen« (RaffĂ©e/ Abel (1979), S. 1). Das Auseinandersetzen mit der Wissenschaftstheorie und dementsprechend mit der Begrifflichkeit der Wissenschaft sowie mit den wissenschaftstheoretischen AnsĂ€tzen und der wissenschaftlichen Methodologie, stellt eine Grundlage fĂŒr die Erstellung einer eigenen wissenschaftlichen Arbeit sowie fĂŒr die Entwicklung einer eigenen wissenschaftstheoretischen Position d...