Kommunale Pflegepolitik
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Kommunale Pflegepolitik

Eine Vision

  1. 255 pages
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Kommunale Pflegepolitik

Eine Vision

About this book

Communal care policy is the vision of creating a sociogeographically oriented inclusive care scene, under local-government control, in both urban and rural settings. The idea hinges on the ability to achieve normalized housing conditions that do not create special, institutionalized environments. The basic values underlying this are those of personal human rights & i.e., human dignity as defined in international, European and constitutional law. Against this background, changes taking place in the care scene need to be radically rethought in the context of a new, wider social policy.

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Information

Year
2021
Print ISBN
9783170330849
eBook ISBN
9783170330863
Edition
1

1 Einleitung und Grundlegung

Aufgaben und Ziele von Kapitel 1

Dieses erste Kapitel ist unterteilt in eine Einleitung und in eine Grundlegung. Verschiedene Aufgaben mĂŒssen aufgegriffen werden. Dabei geht es in der Einleitung um die Idee der Kritischen Wissenschaft als Poetik des Alltags des Menschen. Die Einleitung hat daher eher metatheoretischen Charakter und skizziert die Logik der interdisziplinĂ€ren Forschung, die der vorliegenden Abhandlung zugrunde liegt. Die Grundlegung, nicht frei von solchen forschungslogischen Erörterungen, skizziert die Problematik eher objekttheoretisch und thematisch: Um welche Forschungsfragestellung geht es? Was ist das zentrale Thema der Fragestellung der Analyse? Der Gegenstand des Diskurses der Kommunalisierung der Pflegepolitik steht im Zentrum. Dennoch wird die Problematik der Pflegepolitik im engeren Sinne zunĂ€chst de-zentriert und als produktive Umwegstrategie die Kommunalisierung in einem breiten Zugang aus der Perspektive der anthropologisch fundierten Philosophie der Person, der Philosophie der Rechtsregime und letztendlich der Vision1 der Entfaltung der Kommune im Lichte des genossenschaftlichen Formprinzips betrachtet. Diese multiperspektivischen Lichtungen der ZugĂ€nge zum Thema sind erforderlich, weil in der Einleitung bereits Wert auf die Betonung des kritischen Charakters der Wissenschaft gelegt worden ist. Der deduktive innere, kohĂ€rente Zusammenhang zwischen Metaphysik der Person und Verrechtlichung, die Skalierung der empirischen sozialen Wirklichkeit aus den Positionen Kritischer Theorie heraus und die Schlussfolgerungen mit Blick auf die Verantwortung der Gesellschaft und ihrer Politik mĂŒssen erkannt werden. Das wĂ€re das Ziel von Kapitel 1.
Das PhÀnomen der Vision diskutieren wir nicht aus psychoanalytischer Perspektive. Es geht uns eher um eine sozialwissenschaftliche Prognose2, wie die Gesellschaft in naher Zukunft aussehen könnte, das Risiko des Irrens einkalkulierend3.
Hier verwenden wir die Metapher des Berges als Figuration von Bergen zum Gebirge. Als massives Gebirge trennt diese Formation TĂ€ler davor und dahinter. Wir nutzen diese Bildsprache hier als lange Geschichte der AnhĂ€ufung von Wissen, also als Formation kulturellen GedĂ€chtnisses. Dann passt einerseits die Imagination dazu, »da oben« hĂ€tte man sodann den Weitblick, andererseits mĂŒsse man die Höhen dĂŒnner Luft ĂŒberhaupt erst einmal besteigen. Mag auch sein, dass da oben nur noch die Geier – die einsam in der Höhe kreisen – wissen, was im Sinne rheinischer Umgangssprache des Ruhrgebietes »Ambach« ist. Keltisch mag der Begriff auf diese Figur des Boten (in der Antike war dies eine der Funktionen von Hermes4) zurĂŒckgehen, also auf eine Sozialfigur, die Mitteilungen (also der Erkenntnis und dem Wissen dienend) transportiert und den Menschen auf seiner Reise begleitet. Auch bei den Irrfahrten des Odysseus (in der Kirke-Episode5) spielte er eine Rolle. Ob man sogar einen Hermes braucht, um im Labyrinth6 der vorliegenden Abhandlung den Weg zu finden, wollen wir nicht hoffen.
So oszillieren die Abhandlungen im Modus einer Stilmischung – der Gefahr, einem Eklektizismus-Vorwurf7 ausgesetzt zu werden – zwischen Wissenschaft und politischem Essay. Und die Abhandlung ist mit Blick auf die behandelten existenziellen Daseinsthematiken geprĂ€gt von einer Poetologie8 des Lebens als soziales Drama9, von dem man gattungstheoretisch weiß, dass es die Form der Tragödie wie auch der Komödie annehmen kann. Es wird also10 sowohl gelacht als auch geweint.
Eine Frage ist auch, warum, nicht Mixed-Method-Designs meinend, Stilmischung eigentlich (in der monistischen Wissenschaftstheorie wie in der Kunsttheorie) ein Problem ist. Eklektizismus kann ja produktiv sein. In Vorlesungen und öffentlichen VortrĂ€gen zur Sozialpolitik kann man sehr schön Bilder von George Grosz11 nutzen, die, ikonographisch und ikonologisch begriffen12, in ihrer Stilmischung als in Kunstwerke materialisierte hermeneutische BeitrĂ€ge13 zur kritischen Zeitdiagnostik und Gesellschaftskritik14 (im Sinne des Verismus) verstehbar sind. Man denke z. B. an »Ohne Titel« von 1920. George Grosz wird vor allem mit der »Neuen Sachlichkeit« in Verbindung gebracht. Man kann auch eine NĂ€he zum »magischen Realismus« sehen. Sein Stil ist also komplexer als die Assoziation zur NĂŒchternheit vermuten lĂ€sst. Seine Bilder – analog könnte Otto Dix15 herangezogen werden – sind sozial- und gesellschaftskritische GemĂ€lde und Zeichnungen, die vor allem in den 1920er Jahren durch drastische und provokative Darstellungen und durch politische Aussagen eine scharfe Zeitkritik zum Ausdruck bringen. Sein Werk trĂ€gt symbolistische, expressionistische, dadaistische und futuristische ZĂŒge. Ganz typische, konstitutive Sujets, ebenso wie in der Literatur16 der Neuen Sachlichkeit, sind die Großstadt, ihre AbgrĂŒndigkeiten (etwas unsortiert aufgezĂ€hlt: Mord, sexuelle Perversion, Gewalt, Elend, VerkrĂŒppelung, Armut, Entfremdung) sowie die sozialen KlassengegensĂ€tze, die sich in diesen Feldern zeigen. In seinen Werken, oft zugespitzt im Modus von Karikaturen, verspottet er die herrschenden sozialen Kreise der maroden Weimarer Republik, greift tiefliegende soziale GegensĂ€tze auf und kritisiert insbesondere die Dekadenz in und von Wirtschaft, Politik, MilitĂ€r und Klerus.
Krass dissonant und voller Kakophonie ist das Alltagsleben. Zarte Töne einer Poesie mögen dennoch mitunter im Leben anklingen, manchmal in einigen Passagen der Lyrik zuneigen. Das Leben ist eben eine Geschichte, deren ErzÀhlung eine hohe KomplexitÀt annimmt, wenn die Verstrickungen des Menschen im »Knotenpunkt seiner sozialen Beziehungen« ausgerollt werden, die individuelle Biographie im Horizont der zeitgeschichtlichen ZusammenhÀnge eingestellt wird und die Epoche im Gesamtgeschehen als Ereignis-Erfahrungs-Erlebnisgeschehen des konkreten Menschen dialektisch durchscheint und nah am TotalitÀtsverstehen ist.
Trotz der theoretischen Fundierung der gesellschaftskritischen Analyse und der radikalen reformpolitischen Diskussion, versucht die vorliegende Abhandlung insofern ZĂŒge narrativer Wissenschaft anzunehmen, wie sie alle sozialen Probleme als fĂŒr den Alltag der Menschen als dramatisch einstuft, die Herausforderungen existenzial zu begreifen und die Systeme der Sozialpolitik nicht so in das Zentrum der Analyse zu stellen versucht, als ginge es um diese Systeme als Thema fĂŒr sich oder gar als Selbstzweck. Vielmehr und vor allem geht es um das Dasein des Menschen mit Blick auf die Chancen seines Gelingens angesichts der Gefahr des Scheiterns. Vor allem Studierenden an der UniversitĂ€t muss man erst den Blick dafĂŒr öffnen, dass die Wissenschaft von der praktischen Sozialpolitik keine höhere institutionelle und deskriptive Sozialkunde ist. Letztendlich geht es um diese fundamentale Frage: Gelingt der Lebenszyklus? Kommt der Mensch im Vollzug seines endlichen Lebens zur Gestaltwahrheit, wird sein Leben also geprĂ€gt von der Erfahrung der Liebe als Geben wie als Nehmen, somit von der Wahrheit des Person-Seins17 seiner ExistenzfĂŒhrung? Oder musste er scheitern am Wagnis des Lebens, weil es an sozialer Gerechtigkeit18 (nicht tröstende Gnade als Apologetik der VerhĂ€ltnisse) fehlte.19 Hatte sich sein Leben entfremdet vom Traum eines erfĂŒllten Lebenssinns im liebenden Miteinander, jenseits der Einsamkeit, der Verzweiflung, der existenziellen Angst.20
Die Abhandlung verabschiedet sich vom Empirismus der Alternsforschung21 ebenso wie von trivialisierten Mythen der Wertfreiheit der Sozialwissenschaften, distanziert von dem Spiel, die LĂŒgen22 unseres gesellschaftlichen Lebens als Wahrheit zu verkaufen, drĂŒckt die Erwartung an die Wissenschaft aus, gesellschaftlich relevant zu sein, uns somit (in surrealistischer23 Manier) einen Spiegel vorzuhalten, unsere AbgrĂŒndigkeiten und Verfehlungen letztendlich auch psychoanalytisch aufzudecken, demnach im Spiegel den grausamen Minotaurus24 zu erkennen.

Einleitung

Auf das Thema der kommunalen Welt des Lebens und den Sorgebedarf im Alter(n) ist also letztendlich alles in dichter Form fokussiert. Diese Fokussierung auf die Kommune ist Ausdruck einer Erkenntnis ĂŒber die Renaissance der Region und der örtlichen Lebenswelt als Kehrseite der dynamisch-turbulenten Globalisierung. Mag hier der Begriff der Lebenswelt seine Differenz zu seiner Nutzung in der PhĂ€nomenologie (von Edmund Husserl bis zur verstehenden Soziologie von Alfred SchĂŒtz) deutlich werden lassen: Im PrĂ€ventionsgesetz, wie es in das SGB V Eingang gefunden hat, meint Lebenswelt genau diesen Sozialraumbezug. Eigentlich kann die Idee der Kommunalisierung in der Sozialpolitik im Lichte des »spatial turn« in den Kultur- und Sozialwissenschaften nicht ĂŒberraschend sein, wenn man anthropologisch, tiefenpsychologische Evidenz involvierend, gut informiert ist. Der Mensch ist bedĂŒrftig. Dazu gehören die soziale Aufmerksamkeit und die WertschĂ€tzung sowie die Anerkennung, letztendlich das BedĂŒrfnis, geliebt zu werden. Diese BedĂŒrftigkeit – dieser Hunger – knĂŒpft sich an das PhĂ€nomen der Begegnung25 und an die Praxis der sozialen Integration, an Rollen als Spiele der GenerativitĂ€t als schöpferisches Selbst-Werden im Modus des sozialen Mitseins.26 Wir belassen es hier zunĂ€chst bei dieser Dichte der ErlĂ€uterung. Die Explanation dieser Gedanken wird einer der »roten FĂ€den« der vorliegenden Abhandlung sein, dessen Ersichtlichkeit bei der LektĂŒre intersubjektiv wahrscheinlich sehr unterschiedlich eingeschĂ€tzt sein wird. Die im Fokus hierbei angesprochene Örtlichkeit der DaseinsfĂŒhrung verweist uns nun also auf die Kommune als Sozialraum dieses sozialen Geschehens der menschlichen Person. Diese Re-Vitalisierung der KommunalitĂ€t des Daseins und die daran geknĂŒpfte Idee der GewĂ€hrleistungskommune (im föderalen Kontext von Bund und LĂ€nder »unten«, Europa und Völkerrecht »oben«) ist allerdings eine Kulturfrage als Frage eines Wandels der Kultur, und damit ist weder Volkskultur (Oktoberfest) noch Hochkultur (Elbphilharmonie) gemeint. Das Problem ist eine Frage der Grammatik und der Psychodynamik der Sozialraumbildung27, eine Einsicht als Erfahrungsverdichtung angewandter, z. T. partizipativer28 Wissenschaft29 in zahlreichen Implementations- und Evaluationsprojekten.30 Viele Projekte mit Frank Weidner und dem Deutschen Institut fĂŒr angewandte Pflegeforschung e. V. (DIP) im Kontext von Wohnen, Pflege, Beratung, Technik31, aber auch mit Holger Pfaff und seinem Team im Bereich des Wandels der sog. »Behindertenhilfe«32, die jahrelange Begleitung (zusammen mit Clarissa Kurscheid) der innovativen Politik neuer Versorgungsformen der Stadt ZĂŒrich im Schnittbereich von Medizin und Pflege33, die weiteren, noch nĂ€her anzusprechenden Projekte fĂŒr das Sozialministerium des Landes Rheinland-Pfalz (in die Ursula Köstler und Kristina Mann involviert waren und/oder mit Hermann Brandenburg von der Philosophisch-Theologischen Hochschule Vallendar [PTHV] durchgefĂŒhrt worden sind) u. a. m. (wie z. B. Erfahrungen, die Frank Schulz-Nieswandt als Vorsitzender des Kurato...

Table of contents

  1. Deckblatt
  2. Titelseite
  3. Impressum
  4. Inhalt
  5. Vorwort
  6. Das Drehbuch und Regieanweisungen zur LektĂŒre der AuffĂŒhrung
  7. 1 Einleitung und Grundlegung
  8. 2 Worum es daseinsthematisch geht
  9. 3 Narrative Wissenschaft, Poetologie des Lebens und die Gestaltwahrheit schöner Rechtswelten
  10. 4 Anders denken: Was sich – radikal – Ă€ndern muss
  11. 5 Anders verstehen: Bausteine eines neuen VerstÀndnisses von Gesellschaftsgestaltung
  12. 6 Der Entscheidungsbedarf
  13. Nachwort
  14. Literatur und Anmerkungen