Andre Zeiten, andre Drachen
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Eine Kulturgeschichte der Drachen

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Eine Kulturgeschichte der Drachen

About this book

Ein Drache ist, so wissen wir aus Mythen, Legenden und MĂ€rchen, ein feuerspeiendesUngeheuer, das einen besonderen Bezug zu Jungfrauen hat, SchĂ€tze bewacht und Landschaften verwĂŒstet. Daraus folgt dann, dass Drachen von ritterlichen Helden abgeschlachtet werden mĂŒssen, um die Menschheit von diesen Ungeheuern zu befreien. Gewaltig groß sind Drachen. Und sie sehen aus wie Echsen - so glauben wir zu wissen - mit mĂ€chtigem Gebiss, fĂŒrchterlichen Klauen und giftigem Atem. Und nicht zu vergessen, die riesigen FledermausflĂŒgel, die die reptilartigen Wesen durch die LĂŒfte tragen. Drachen begleiten unsere Geschichte seit Jahrtausenden und sind untrennbar mit unserer Kultur verbunden.

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Information

Anhang

Anmerkungen
1 Drachenforschung ist keine eigenstĂ€ndige wissenschaftliche Disziplin, sondern ein interdisziplinĂ€rer Forschungsschwerpunkt, dem sich Laien und Wissenschaftler wie Germanisten, Ethnologen oder Kulturgeschichtler gewidmet haben. In der Drachenforschung gibt es wie in jeder Wissenschaft unterschiedliche â€șSchulenâ€č, zu denen die kulturgeschichtliche, die naturalistische oder die tiefenpsychologische gehören. Zu den ersten modernen, wissenschaftlich orientierten Drachenforschern kann man ĂŒbrigens die BrĂŒder Grimm zĂ€hlen. Die als GrĂŒndungsvĂ€ter der Germanistik geltenden Sprachwissenschaftler haben die von ihnen gesammelten MĂ€rchen, Sagen und Legenden literaturkritisch auf Quellen und UrsprĂŒnge untersucht. Besonderes Augenmerk richteten die BrĂŒder Grimm auch auf die kulturgeschichtliche Bedeutung und Herkunft der MĂ€rchen- und Sagenfiguren. In diesem Zusammenhang entstanden auch AusfĂŒhrungen zur Kulturgeschichte des Drachen, die von den nachfolgenden Drachen- und MĂ€rchenforschen wie dem deutschen ErzĂ€hlforscher Lutz Röhrich aufgenommen wurden.
2 Zhao, Quiguang, A Study of Dragons, East and West, Asian Thought and Culture, Vol. 11, New York 1992.
3 In der Bibel erscheint der Drache relativ hĂ€ufig so u. a. an folgenden Stellen: Psalm 74,12–17; Psalm 104,26; Hiob 7,12; Hiob 26,10–14; Hiob 40,25–41,26; Jesaja 27,1; Daniel 7,3–12.
4 So musste der Ă€gyptische Sonnengott Re die Chaosschlange Apep (griech. Apophis) jede Nacht auf seinem Weg durch die Unterwelt erneut besiegen, um die göttliche Ordnung gegenĂŒber dem Chaos durchzusetzen. Belegt ist dieser Mythos etwa seit dem Ende des 3. vorchristlichen Jahrtausends. Ninurta ist ein sumerisch-akkadischer Gott, der neben verschiedenen Chaosungeheuren wie der siebenköpfigen Schlange und dem sechsköpfigen Bock auch das Asakku-Ungeheuer, einen Löwen-Drachen, tötet. Dieser Mythos lĂ€sst sich in das 3. Jahrtausend vor Chr. zurĂŒckdatieren. Aus dem nordsyrischen Ugarit berichten die Schrifttafeln von Ras Schamra ĂŒber Yam oder Yaw. Diese ugaritische drachengestaltige Meeresgottheit wird nach dem Mythos aus dem 2. vorchristlichen Jahrtausend vom ugaritischen Hauptgott Baal bezwungen. Ebenfalls aus dem 2. vorchristlichen Jahrtausend stammt der indoeuropĂ€isch-hethitische Mythos von Illujanka, dem Schlangendrachen, der vom Wettergott Tarhunna getötet wird. In Kanaan des 2. bis 1. Jahrtausends vor Chr. begegnet uns die Chaosschlange Lothan, eine Entsprechung des hebrĂ€ischen Leviathan. Lothan wird von Anat oder Baal getötet. In der altpersischen Mythologie wird der Drache Azhi Dahaka vom mythologischen Urkönig Faridun bezwungen. Dieser Drachenkampf geht auf den vermutlich im 2. vorchristlichen Jahrtausend entstandenen Zoroastrismus (Religionsstifter: Zarathustra) zurĂŒck und wird im um 1000 vor Chr. niedergeschriebenen persischen Heldenepos Schahname dargestellt.
5 Der in diesem Buch wiedergegebene Inhalt des EnĂ»ma elĂźsch ist frei formuliert. Der Text orientiert sich an verschiedenen deutschund englischsprachigen Übersetzungen anerkannter Wissenschaftler und Institutionen, die im Internet verfĂŒgbar sind. Die Übersetzungen unterscheiden sich jedoch teilweise stark in ihren Formulierungen. Es liegt nahe, das hier bei der Interpretation des Originaltextes ein gewisser Spielraum genutzt wurde, der je nach persönlicher Neigung des Übersetzers auch zu unterschiedlichen inhaltlichen Schlussfolgerungen fĂŒhrt. Oft geht es bei den publizierten Übersetzungen um die Grundlage fĂŒr eine religionswissenschaftliche Auseinandersetzung zur BegrĂŒndung der Einzigartigkeit des biblischen Gottes oder um den Beweis des Gegenteils. Thema dieses Buches ist aber eine kulturgeschichtliche Auseinandersetzung mit dem Drachen. Daher ist hier bewusst eine möglichst freie und unparteiische Darstellung gewĂ€hlt worden.
6 Jordan, Franzis, In den Tagen des Tammuz. Altbabylonische Mythen, MĂŒnchen 1950, S. 97 ff.
7 Obwohl Çatal HöyĂŒk rund 2000 HĂ€user auf einer FlĂ€che von ĂŒber 12,25 Hektar umfasste und etwa 8000 Menschen beherbergte, war die Siedlung in Anatolien keine Stadt. Bislang konnten weder Anzeichen fĂŒr die Funktion als zentraler Ort noch fĂŒr eine hierarchische Organisationsstruktur gefunden werden. Es scheint vielmehr, als sei jeder Haushalt fĂŒr sich selbst verantwortlich gewesen, nicht nur was den Lebensunterhalt, sondern auch, was die AusĂŒbung von Glauben und Ritualen betrifft. Die Funde belegen aber andererseits einen hohen handwerklichen und kulturellen Entwick-lungsstand der Bewohner an der Schwelle zur Sesshaftigkeit. Nicht zuletzt sind hier ĂŒberregionale Handelsbeziehungen nach Mesopotamien durch entsprechende Funde belegt. vgl. Levy, Joel, Lost Cities, Stuttgart 2008, S. 16 ff.
8 Die ArchĂ€ologin Daniele Morandi Bonacossi beschreibt im Begleitbuch zur Ausstellung â€șSchĂ€tze des alten Syrienâ€č beispielhaft wie die Menschen der Königstadt Qatna im alten Syrien ihre Umwelt formten. Anhand geoarchĂ€ologischer Untersuchungen ergibt sich folgendes Bild: 2800 bis 2500 vor Chr. fand die erste kontinuierliche Besiedlung einer Kalkterasse am Zusammenfluss zweier WasserlĂ€ufe statt. Bereits in dieser Zeit war eine bewusste Lenkung der WasserlĂ€ufe zu erkennen, die zu einem teils kĂŒnstlich angelegten Wasserbecken von rund 70 Hektar GrĂ¶ĂŸe fĂŒhrte. Auf dieser Wasserversorgung basierender Ackerbau und Viehzucht mĂŒndete in den Ausbau der Siedlung zur Stadt. Seit Anfang des 2. Jahrtausends vor Chr. entwickelte sich die Stadt zur Herrschafts- und Handelsmetropole. Ein gewaltiger Befestigungswall von 20 Metern Höhe und einer umschlossenen FlĂ€che von 110 Hektar entstand. Das großflĂ€chige Wasserreservoir wurde durch die Wallanlage zu einem langen, breiten, dem Wall folgenden Kanal umgeformt und innerhalb der Befestigungsanlage entstand ein kleiner See. Die Wacholder- und EichenwĂ€lder der Umgebung wichen ausgedehnten und weitrĂ€umigen Feldern mit Gerste, Weintrauben- und Olivenanbau. Wiesenlandschaften mit vereinzelten BĂ€umen prĂ€gten nun das nicht beackerte Gebiet. Wahrscheinlich fĂŒhrten menschliche Eingriffe und klimatische VerĂ€nderungen im 1. vorchristlichen Jahrtausend zu einer VerstĂ€rkung der Bodenerosion, der Abnahme des Wasservorrats und der wachsenden Versumpfung des Sees.
9 Die komplizierte IdentitĂ€tsbildung Israels hat unter anderem auch zu speziell ausgeprĂ€gten Abgrenzungsideologien gefĂŒhrt, die sich unter anderem im SelbstverstĂ€ndnis als Gottesvolk und dem universellen Machtanspruch Jachwehs ausdrĂŒcken und eine klare Polarisierung in Gut und Böse, Freund oder Feind nach sich ziehen. Zum wechselhaften Prozess der IdentitĂ€tsbildung Israels anhand der alttestamentarischen Schriften: Irsigler, Hubert (Hg.), Die IdentitĂ€t Israels. Entwicklungen und Kontroversen in alttestamentlicher Zeit, in: Herders biblische Studien 56, Freiburg im Breisgau 2009.
10 vgl. Renfrew, Colin/Bahn, Paul G., Basiswissen ArchĂ€ologie. Theorien–Methoden–Praxis, Mainz 2009, S. 27 ff.
11 Uehlinger, Christoph, Drachen und DrachenkĂ€mpfe im Alten Vorderen Orient und in der Bibel, in: Schmelz, Bernd/Vossen, RĂŒdiger (Hg.), Drachenspuren. Ein Buch zum Drachenprojekt des Hamburgischen Museums fĂŒr Völkerkunde, Hamburg 1995, S. 55–101.
12 vgl. Hofmann, Knut Edl. von, Der Drache in Ostasien. China–Korea–Japan, in:
Schmelz/Vossen (Hg.), Drachenspuren, Hamburg 1995, S. 32–47.
13 vgl. Schmidt, Klaus, Sie bauten die ersten Tempel. Das rĂ€tselhafte Heiligtum der SteinzeitjĂ€ger. Die archĂ€ologische Sensation am Göbekli Tepe, MĂŒnchen 2008.
14 vgl. Schmidt, Klaus, Die Steinkreise und die Reliefs des Göbekli Tepe, in: Badisches Landesmuseum Karlsruhe (Hg.), Die Ă€ltesten Monumente der Menschheit. Begleitband zur großen Landesaustellung Baden-WĂŒrttemberg im Badischen Landesmuseum 2007, Stuttgart 2007, S. 83–96.
15 vgl. Schmidt, (
) die ersten Tempel, S. 210 ff.
16 Ders., ebd.
17 vgl. Burkolter-Trachsel, Max, Der Drache. Das Symbol und der Mensch, Bern/Stuttgart 1981, S. 11, und S. 55 ff
18 Ein sehr anschaulicher Stammbaum nach Hesiods Theogonie findet sich bei:
Golowin, Sergius/Eliade, Mircea/Campbell, Joseph, Die Großen Mythen der Menschheit, MĂŒnchen 2002, S. 31 ff.
19 Den neusten Stand der Forschung zur Ankunft der Griechen auf dem Peloponnes beschreibt Louise Schofield in ihren Buch â€șMykeneâ€č. Hier findet sich der sprachwissenschaftliche Nachweis, dass die Mykener die Vorfahren der Griechen des klassischen Altertums waren. Eine Erkenntnis, die fĂŒr die Einordnung der Sage von der GrĂŒndung Thebens als Ursprungsmythologie der griechischen Zivilisation von großer Bedeutung ist.
Siehe: Schofield, Louise, Mykene. Geschichte und Mythos, Mainz 2009, S. 24 ff.
20 Hesiod, Theogonie (I Kapitel 2), hg. von Mohr, J. C. B./Siebeck, Paul; ĂŒbersetzt von Voß, Johann Heinrich, TĂŒbingen 1911; siehe auch die Onlineressource bei Projekt Gutenberg: http://gutenberg.spiegel.de/?id=5&xid=1177&kapitel=1#gb_found.
21 Anschaulich beschrieben ist die Entstehung und Bewertung der Quellen zu vorchristlichen Glaubensvorstellungen am Beispiel...

Table of contents

  1. Vorbemerkung
  2. Was zum Teufel ist ein Drache?
  3. Marduk der Muttermörder oder der Ursprung des Drachen
  4. Das Geheimnis der alten Schlange
  5. Uranos missratene Kinder
  6. Leviathan, Fafnir und die mittelalterlichen Helden
  7. Die Entdeckung der Welt und die Drachen der Neuzeit
  8. Der Drache im Spannungsfeld von Romantik und Wissenschaft – das lange 19. Jahrhundert
  9. Der Alte Drache in der modernen Welt
  10. Was zum Teufel ist also ein Drache?
  11. Anhang