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About this book
Selten ist das Leben und Wirken des großen italienischen Sozialapostels, Ordensgründers und Heiligen Don Bosco so lebensnah und spannend beschrieben worden wie in diesem Buch. Teresio Bosco lässt in seiner Biografie die Leser zu Augenzeugen der Ereignisse werden. Eine Vielzahl von historischen und aktuellen Fotografien der Lebens- und Wirkungsstätten des "Vaters und Lehrers der Jugend" ergänzt die vorliegende, vollständig überarbeitete Neuauflage dieses Klassikers unter den Don Bosco-Biografien. Ebook.
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Information
Topic
Teología y religiónSubtopic
Biografías religiosasDas Pinardi-Haus –
Keimzelle des
salesianischen Werks
Das Pinardi-Haus
Durch die Fürbitte seiner Jungen gerettet
„Am frühen Morgen wurde die Kapelle geöffnet“, so erinnerte sich Don Bosco später an die ersten Sonntage des Oratoriums im Schuppen des Pinardi-Hauses. „Zunächst war Beichtgelegenheit, die bis zum Beginn der Messe dauerte.“ Nach der Messe erzählte Don Bosco in Fortsetzung die biblische Geschichte. Er tat es auf seine Art, interessant und spannend. Dann gab es für diejenigen, die es wünschten, bis Mittag Schulunterricht.
Nach dem Mittagessen war Zeit zum Spiel mit Kugeln, Stelzen, Gewehren und Schwertern aus Holz. Auch Turngeräte hatte er bereits angeschafft. Um halb drei Uhr begann dann die Katechese, danach wurde der Rosenkranz gebetet, da die Jungen die Vesper noch nicht singen konnten. Anschließend fand eine kurze Predigt statt, der die Litanei und der eucharistische Segen folgten.
Zuletzt war wieder Freizeit. Einige der Jungen setzten die Katechese fort, andere sangen zusammen, wieder andere ließen sich etwas vorlesen. Die meisten aber spielten bis zum Abend. „Ich nützte diese Freizeit, um jedem ein kurzes Wort ins Ohr zu sagen,“ so Don Bosco, „eine kleine Mahnung oder eine Aufmunterung. Manchem flüsterte ich zu, er solle doch mal zur Beichte gehen.“
Mit sanftem Druck
Don Bosco war Anführer beim Spiel, er war Zauberkünstler, vor allem aber war er Priester, und wenn es nötig war, konnte er zwar höflich, aber doch auch ganz entschieden vorgehen. So manche Ereignisse zeigten dies. Ein Junge zum Beispiel, der öfters von ihm aufgefordert worden war, die Osterbeichte abzulegen, versprach das zwar immer wieder, hielt aber nie Wort. Eines Nachmittags nun, während dieser Junge mit ganzem Eifer beim Spiel war, bat ihn Don Bosco, wegen einer bestimmten Angelegenheit mit ihm in die Sakristei zu kommen. „Er wollte mitkommen, wie er war,“ berichtet Don Bosco, „in Hemdsärmeln. ,Nein,‘ sagte ich, ,nimm dir erst eine Jacke und dann komm!‘ In der Sakristei angelangt, sagte ich: ,Knie dich hier auf den Schemel.‘ ,Was wollen Sie von mir?‘ ,Deine Beichte hören.‘ ,Ich bin doch nicht vorbereitet.‘ ,Das weiß ich. Also bereite dich vor und dann beichte.‘ ,Das haben Sie gut gemacht, mich einfach zu holen, ich hätte mich nie dazu entschlossen.‘ Während ich das Brevier betete, bereitete er sich ein wenig vor. Dann legte er eine gute Beichte ab. Von da an erfüllte er seine religiösen Pflichten regelmäßig.“
Allabendlicher Abschied an der Kreuzung
Wenn es Abend wurde, gingen alle noch einmal in die Kapelle zum Abendgebet, das mit einem Lied endete. Dann gab es vor dem Schuppen fröhliche und rührende Szenen des Abschieds: „Aus der Kirche herausgekommen,“ schreibt Don Bosco, „sagte jeder immer wieder ,Gute Nacht‘, ohne aber dann wegzugehen. Ich konnte noch so oft sagen: ,Geht nach Hause, denn es wird Nacht, und eure Angehörigen machen sich um euch Sorgen.‘ Es half nichts. Ich musste zulassen, dass sie sich zusammentaten, dass sechs der Stärksten mit ihren Armen einen Sessel bildeten, auf den ich mich setzen musste. Als ich dann saß, stellten sich alle in Reihen auf, und lärmend zog diese Prozession bis zur Straßenkreuzung. Dort wurden noch einige Lieder gesungen.
Dann trat Schweigen ein. Ich wünschte ihnen eine gute Nacht und eine gute Woche. Auf ihr erneutes ,Gute Nacht‘ hin wurde ich wieder abgesetzt. Alle gingen nun heim, wobei einige der Größeren mich noch nach Hause begleiteten. Ich war jedes Mal halb tot vor Müdigkeit.“
Manche der Jungen flüsterten ihm zu: „Don Bosco, lassen Sie mich nicht allein während der Woche. Besuchen Sie mich doch.“ Und ab Montag erlebten die Maurer auf den Baustellen dann ein schönes Schauspiel: Ein Priester stülpte seinen Rock hoch, kletterte auf das Gerüst und stieg zwischen den Mörteleimern und aufgestapelten Ziegelsteinen hindurch, um seine Jungen zu besuchen.
Für sie war das ein Fest. Denn die „Familie“, zu der sie abends zurückkehrten, war in vielen Fällen nicht die ihrer Eltern. Diese waren oft in ihrem Heimatdorf geblieben. Es war die Familie eines Onkels, eines anderen Verwandten oder eines Bekannten aus dem Dorf. Manchmal war es auch die Familie des Arbeitgebers, dem die Eltern ihren Sohn anvertraut hatten. Diese Jungen erhielten also wenig menschliche Wärme. Einem „wahren Freund“ zu begegnen, der ihnen ernstlich helfen wollte, bedeutete daher viel für sie.
Gerade, weil er seine Jungen gernhatte, hielt sich Don Bosco auch bei ihren Meistern auf, plauderte mit ihnen über den Lohn und die Freizeit und fragte zwischendurch auch, ob sie die Sonn- und Feiertage einhalten könnten. Er war einer der Ersten, die Lehrverträge forderten und darüber wachten, dass die Arbeitgeber diese auch einhielten. Er versuchte also, die Jungen aus seinem Oratorium an ihrer Arbeitsstätte zu besuchen, aber dabei auch andere zu treffen, ging in die Fabriken, wo zahlreiche Lehrlinge arbeiteten, und lud sie alle in sein Oratorium ein. Vor allem wandte er sich an diejenigen Jugendlichen, die von auswärts kamen.
Große Sorge um Don Bosco
Aber auch Don Bosco war nur ein Mensch, und auch seine Leistungsfähigkeit hatte daher ihre Grenzen. Nach der ständigen Überforderung im Frühjahr verschlechterte sich sein Gesundheitszustand erneut beängstigend. Die Gräfin Barolo, die ihn sehr schätzte, rief ihn Anfang Mai wieder zu sich. Auch Don Borel war anwesend. Sie übergab Don Bosco die enorme Summe von 5.000 Lire (das war so viel, wie er in acht Jahren an Gehalt erhalten würde) und sagte ihm gebieterisch: „Nehmen Sie dieses Geld und gehen Sie, wohin Sie wollen, aber arbeiten Sie nicht mehr.“ Don Bosco antwortete: „Ich danke Ihnen, Sie sind sehr gütig. Aber ich bin nicht Priester geworden, um meine Gesundheit zu pflegen.“
„Aber auch nicht, um krank zu werden“, erwiderte die Gräfin. „Ich habe gehört, Sie spucken Blut. Ihre Lunge ist schwer angegriffen. Wie lange glauben Sie denn, dass Sie noch so weitermachen können? Lassen Sie die Gefängnisbesuche, den Cottolengo, vor allem aber lassen Sie auf längere Zeit Ihre Jungen. Don Borel wird sich um sie kümmern.“ Don Bosco sah darin einen von vielen Versuchen, ihn von seinen Jungen wegzubringen. Deshalb reagierte er äußerst heftig: „Das werde ich nie akzeptieren!“
Die Gräfin verlor die Geduld: „Wenn Sie im Guten nicht nachgeben wollen, muss ich eben zu anderen Mitteln greifen. Sie sind auf mein Gehalt angewiesen. Entweder Sie geben das Oratorium für einige Zeit auf, um sich auszuruhen, oder ich entlasse Sie.“ „Gut“, antwortete Don Bosco. „Sie werden viele Priester finden, die Sie an meinen Platz stellen können. Aber meine Jungen haben niemanden, ich kann sie nicht verlassen.“
Die Haltung Don Boscos war sicher heroisch, vernünftig aber war sie nicht. Er glaubte, die Gräfin wolle ihn quälen. Aber sie hatte recht, und die kommenden Monate sollten das beweisen. Don Bosco war ein heiligmäßiger Priester, aber mit seinen 31 Jahren noch recht jung und halsstarrig. Er hatte seine Grenzen noch nicht erkannt. Die Gräfin dagegen war 61 Jahre alt und erwies sich als die Klügere. Sie war eine edle Frau: „Nach dieser Auseinandersetzung kniete sie sich vor Don Bosco nieder und bat um seinen Segen“, berichtete Don Giacomelli später und fügte hinzu: „Bei mir tat sie das nie.“
Don Bosco spuckte wirklich Blut. Höchstwahrscheinlich hatte er einen Anflug von Lungentuberkulose, aber dennoch dachte er an die Zukunft. Am 5. Juli 1846 mietete er für 15 Lire im Monat drei Zimmer im ersten Stock des Pinardi-Hauses.
In dieser Zeit ließ auch Graf Cavour wieder von sich hören. Jeden Sonntag schickte er ein halbes Dutzend Polizisten, um Don Bosco zu überwachen. Später, 1877, sollte Don Bosco zu Don Barberis sagen: „Leider hatte ich keinen Fotoapparat. Es wäre schön, ein Bild zu haben von den Hunderten von Jungen, die geradezu an meinen Lippen hingen, wenn ich predigte, und den sechs Polizisten, die in Uniform paarweise an verschiedenen Stellen der Kirche strammstanden und sich ebenfalls die Predigt anhörten. Sie leisteten mir übrigens gute Dienste für die Ordnung unter den Jungen, auch wenn sie eigentlich meinetwegen geschickt worden waren. Mancher wischte sich verstohlen mit dem Handrücken die Tränen ab. Es wäre doch schön, Fotos zu haben, auf denen man sieht, wie sie zwischen den Jugendlichen um meinen Beichtstuhl herum knieten und warteten, bis auch sie an die Reihe kamen. Ich hielt nämlich die Predigten mehr für sie als für meine Jungen, sprach über die Sünde und den Tod, das Gericht und die Hölle.“
„Gott, lass ihn doch nicht sterben!“
Am ersten Sonntag im Juli 1846, nach einem aufreibenden Tag im Oratorium bei einer schier unerträglichen Hitze, kehrte Don Bosco zum „Rifugio“ zurück. Als er sein Zimmer betrat, stürzte er ohnmächtig zu Boden. Er wurde in sein Bett gebracht, Husten, hohes Fieber und ständiges Blutspucken ließen auf eine Rippenfellentzündung schließen.
Innerhalb weniger Tage verschlechterte sich sein Zustand dermaßen, dass man überzeugt war, er müsse sterben. Ein Priester reichte ihm die Sterbesakramente. Auf den Gerüsten, wo die kleinen Maurer arbeiteten, und in den Werkstätten verbreitete sich die Nachricht rasch: „Don Bosco stirbt!“
An jenen Abenden kamen vor dem Zimmer im „Rifugio“, wo Don Bosco im Todeskampf lag, Gruppen armer, verängstigter Jungen an. Ihre Kleidung war noch von der Arbeit schmutzig, ihr Gesicht grau vom Mörtel. Sie hatten noch nicht zu Abend gegessen, weil sie schnell nach Valdocco gelaufen waren. Sie weinten und flehten: „Gott, lass ihn doch nicht sterben!“
Der Arzt hatte jeden Besuch verboten, der Krankenpfleger, den die Gräfin Don Bosco sofort an die Seite gegeben hatte, hinderte jeden daran, das Zimmer zu betreten. Die Jungen waren verzweifelt: „Lassen Sie mich ihn doch bloß einmal kurz sehen!“, sagte einer. „Er braucht ja nicht zu reden“, erklärte ein anderer. „Ich habe ihm nur ein einziges Wort zu sagen, wirklich nur eines“, versprach ein Dritter. „Wenn Don Bosco wüsste, dass ich da bin, würde er mich ganz bestimmt hereinlassen“, beteuerte wieder ein anderer.
Acht Tage lang schwebte Don Bosco zwischen Leben und Tod. Es gab Jungen, die während dieser Zeit bei der Arbeit in glühender Hitze keinen Tropfen Wasser zu sich nahmen, um dem Himmel die Gunst der Genesung Don Boscos abzuringen. In der Kirche der Consolata, der Trösterin der Betrübten, wechselten sich einige ständig im Gebet vor dem Bild der Gottesmutter ab. Manchmal fielen ihnen die Augen zu – sie hatten vorher zwölf Stunden gearbeitet – aber sie hielten aus, damit ihr Don Bosco nicht stürbe. In der unvernünftigen Großmut, wie nur Jugendliche sie aufzubringen vermögen, versprachen einige, ihr ganzes Leben lang jeden Tag den Rosenkranz zu beten, andere, ein Jahr lang bei Wasser und Brot zu fasten.
Am Samstag trat die Krise ein. Don Bosco hatte keinerlei Kraft mehr, und die geringste Anstrengung führte zu einem neuen Blutsturz. Während der Nacht befürchteten viele, das Ende sei nun gekommen. Aber es kam nicht. Vielmehr besserte sich sein Zustand. Es war die „Gnade“, die die Jungen der Gottesmutter abgerungen hatten, die Jungen, die ohne ihren „Vater“ nicht leben konnten.
Eines Sonntags, gegen Ende Juli, kam Don Bosco, auf einen Stock gestützt, zum Oratorium. Die Jungen flogen ihm geradezu entgegen. Die Größten zwangen ihn, sich auf einen kleinen Sessel zu setzen und hoben ihn dann auf ihre Schultern. So trugen sie ihn im Triumphzug in den Hof, sangen und weinten – sie, die kleinen Freunde Don Boscos, und er selbst weinte auch. Dann zogen sie in die Kapelle ein und dankten Gott gemeinsam. In der Stille, die entstanden war, gelang es Don Bosco, einige Worte zu sagen: „Mein Leben schulde ich euch. Aber seid sicher, von jetzt an werde ich es ganz für euch hingeben.“
Das waren vielleicht die einschneidendsten Worte, die Don Bosco in seinem Leben gesprochen hat. Sie waren das „feierliche Gelübde“, mit dem er sich für immer den Jugendlichen, und nur ihnen, weihte. Die anderen bedeutenden Worte, die er einmal auf dem Sterbebett sagen würde und die als Fortsetzung dieser ersten betrachtet werden können, waren: „Sagt meinen Jungen, dass ich sie alle im Himmel erwarte.“
Die erst geringen Kräfte, über die Don Bosco an diesem Tag verfügte, gebrauchte er, um mit jedem einzeln zu sprechen, „um die Gelübde und Versprechen, die sie ohne reifliche Überlegung für mich abgelegt hatten, als ich in Lebensgefahr gewesen war, in erfüllbare umzuwandeln.“
Die Ärzte verordneten Don Bosco einen langen Genesungsurlaub mit absoluter Ruhe. Deshalb ging er nach Becchi in das Haus seines Bruders und seiner Mutter. Seinen Jungen aber versprach er: „Wenn die Blätter fallen, bin ich wieder in eurer Mitte.“
„Geld oder Leben!“
Die Reise nach Becchi machte er auf einem Esel. In Castelnuovo hielt er Rast, denn er fiel vor Müdigkeit fast von dem Tier. Am Abend kam er dann in Becchi an. Auf der Tenne wurde er herzlich und besonders laut von seinen Nichten und Neffen begrüßt, den Kindern Antonios, der sich vor dem Geburtshaus ein eigenes kleines Haus gebaut hatte. Inzwischen hatte Antonio fünf Kinder: Francesco, 14, Margherita, zwölf, Teresa, neun, Giovanni, sechs, und Francesca mit gerade drei Jahren. Auch Giuseppe war aus Sussambrino wieder hierher gezogen und hatte sich ein Haus gebaut, und zwar gegenüber dem Elternhaus, und wohnte dort mit Mama Margherita, seiner Frau und seinen vier Kindern: Filomena, die inzwischen elf Jahre alt war, Rosa Domenica, acht, Francesco, fünf, und Luigi, der noch in der Wiege lag.
Don Bosco war Gast bei Giuseppe. Die gute Luft, die stille Zuneigung der Mutter und die immer längeren Spaziergänge, die er gegen Abend zwischen den Weinreben machte, deren Trauben sich langsam rot färbten, gaben ihm Leben und Kraft zurück. Von Zeit zu Zeit schrieb er an Don Borel, um Nachricht über seine Jungen zu bekommen.
Im August machte er einen Spaziergang bis nach Capriglio. Bei der Rückkehr durchquerte er gerade einen Wald, als ihn eine gebieterische Stimme anrief: „Geld oder Leben!“ Don Bosco erschrak. Dann antwortete er: „Ich bin Don Bosco und habe kein Geld.“ Dabei schaute er diesen jungen Mann an, der zwischen den Bäumen herausgekommen war und eine Sichel schwang. „Cortese, bist du es, der mich umbringen will?“ Er hatte in diesem bärtigen Gesicht einen Jugendlichen erkannt, der im Gefängnis von Turin sein Freund geworden war. Auch der Jugendliche erkannte ihn jetzt und wäre deshalb am liebsten im Erdboden versunken.
„Don Bosco, verzeihen Sie mir. Ich weiß, ich bin ein Schurke.“ Dann erzählte er ihm Stück für Stück seine ganze, bittere Geschichte. Aus dem Gefängnis entlassen, hatte man ihn zu Hause nicht mehr haben wollen. „Auch meine Mutter“, so erklärte er, „zeigte mir die kalte Schulter. Sie sagte, ich brächte die Familie in Schande.“ Von Arbeit war nicht zu reden. Sobald man erfuhr, dass er aus dem Gefängnis kam, wurde ihm die Tür vor der Nase zugeschlagen.
Bevor sie noch in Becchi angekommen waren, hatte er bei Don Bosco gebeichtet. „Jetzt kommst du mit mir“, sagte Don Bosco und stellte ihn seinen Angehörigen vor: „Ich habe diesen guten Freund gefunden. Heute Abend wird er mit uns essen.“ Am nächsten Morgen, nach der Messe, gab er ihm einen Brief mit einer Empfehlung an einen Pfarrer und an einen tüchtigen Meister in Turin, dann umarmte er ihn und beide verabschiedeten sich voneinander.
Im Oktober konnte Don Bosco bereits ausgedehnte Spaziergänge machen. Und allmählich hatte er auch seine Pläne für die nächste Zukunft entworfen. Nach Turin zurückgekehrt, wollte er in den gemieteten Zimmern im Haus Pinardi wohnen. Dort wollte er nun auch dauerhaft Jungen aufnehmen, die keine Familie hatten.
Aber dieser Ort war nicht dafür geeignet, dass ein Priester dort allein wohnte, denn unweit davon lag die Kneipe „Zur Gärtnerin“, wo die Betrunkenen Tag und Nacht lauthals sangen. Er musste also mit jemandem zusammenwohnen, der ihn davor bewahrte, in schlechten Ruf zu kommen. Und an wen sonst konnte er sich damit wenden als an seine Mutter? Wie aber sollte er ihr das beibringen? Margherita war inzwischen 58 Jahre alt und in Becchi geradezu eine Institution. Konnte man sie so einfach entwurzeln, sie wegholen von ihren Enkeln und Enkelinnen, aus ihren lieb gewordenen täglichen Gewohnheiten?
Vielleicht fühlte sich Don Bosco durch die traurige Herbststimmung ermutigt. Die Ernte war schlecht ausgefallen, und für das kommende Jahr sah es noch schlimmer aus. „Mama“, sagte er eines Abends zu ihr und nahm dabei seinen ganzen Mut zusammen, „warum kommt Ihr nicht für einige Zeit zu mir? Ich habe in Valdocco drei Zimmer gemietet und werde dort bald mit alleingelassenen Jungen wohnen. Ihr habt einmal gesagt, wenn ich reich werden würde, dann würdet Ihr mein Haus nie betreten. Jetzt bin ich arm, habe eine Menge Schulden, und es ist auch riskant für einen Priester, in diesem Viertel allein zu wohnen.“
Margherita überlegte. Das war ein Vorschlag, mit dem sie nicht gerechnet hatte. Ganz sachte wurde sie von Don Bosco bedrängt: „Würdet Ihr die Mutter meiner Jungen werden?“ „Wenn du glaubst, dass dies der Wille Gottes ist,“ sagte sie leise, „dann komme ich mit.“
Mama Margherita zieht ins Oratorium
Der 3. November 1846 war ein Dienstag. Der Herbstwind wehte die Blätter von den Bäumen. Don Bosco ging, wie versprochen, nach Turin zurück. Unter dem Arm trug er ein Messbuch und sein Brevier. Neben ihm ging seine Mutter. Sie trug einen Korb mit einigen Lebensmitteln auf dem Arm. Don Bosco hatte Don Borel seine Rückkehr bereits mitgeteilt, und dieser hatte dessen Habseligkeiten schon vom „Rifugio“ zum Pinardi-Haus gebracht.
Don Bosco und seine Mutter legten den langen Weg zu Fuß zurück. Als sie in die Straße zum Oratorium einbogen, stand vor ihnen ein befreundeter Priester, der die müden und verstaubten Wanderer verwundert anschaute: „Herzlich willkommen, Don Bosco! Wie geht es Ihnen denn jetzt?“ „Danke, ich bin wieder gesund. Schauen Sie, ich habe meine Mutter mitgebracht.“ „Aber warum seid Ihr denn zu Fuß gekommen?“ „Weil das da fehlt“, entgegnete er und rieb dabei den Daumen und den Zeigefinger aneinand...
Table of contents
- Vorwort zur deutschen Ausgabe
- Vorwort zur Neuauflage
- Der Junge aus Becchi
- Giovanni wird Priester
- Don Bosco findet seine Berufung
- Das Pinardi-Haus – Keimzelle des salesianischen Werks
- Vater und Lehrer der Jugend
- Don Bosco, der Ordensgründer
- Aus Turin in die Welt
- Abbildungen
- Stationen des Lebens- und Berufungswegs Don Boscos