Künstliche Intelligenz für jedermann: Wie wir von schlauen Computern profitieren
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Künstliche Intelligenz für jedermann: Wie wir von schlauen Computern profitieren

Einführung in die Forschung der Künstlichen Intelligenz in Deutschland. Einfach erklärt und mit Blick in die Zukunft der Informationstechnologie.

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Künstliche Intelligenz für jedermann: Wie wir von schlauen Computern profitieren

Einführung in die Forschung der Künstlichen Intelligenz in Deutschland. Einfach erklärt und mit Blick in die Zukunft der Informationstechnologie.

About this book

Computer an die Macht? Oder – Wie Künstliche Intelligenz unseren Alltag erobertRoboter, die Menschen beim Schachspielen besiegen oder Computer, mit denen wir uns unterhalten können - die Wissenschaft versucht seit vielen Jahren, den komplexen menschlichen Geist künstlich nachzubauen. Bis zum völlig autonomen Roboter und dem selbstdenkenden Computer ist es aber noch ein langer Weg. Oder auch nicht? Was geschieht mit dem Arbeitsmarkt, wie verändert sich unser Leben wenn Roboter immer mehr unsere Aufgaben übernehmen und welche Gefahren birgt die digitale Intelligenz? Künstliche Intelligenz für Jedermann von Alexander Armbruster ist die ideale Einführung in das Zukunftsthema KI. Es ist kein dickes Standardwerk, sondern eine solide Bestandsaufnahme der Entwicklung der Künstlichen Intelligenz in Deutschland. In dem Buch werden die Zusammenhänge verständlich erklärt und es zeigt einen Blick in die Zukunft der Informationstechnologie. Das Einsteigerbuch zum Mitreden!Die Beiträge stammen aus der aufmerksamkeitsstarken gleichnamigen Serie der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und stellen nicht nur die führende Köpfe, sondern auch deutsche Unternehmen vor, die das Feld nicht den großen amerikanischen Konzernen überlassen wollen. Das Einsteigerbuch richtet sich dabei gleichzeitig an Entscheider in Unternehmen, Studierende oder einfach Interessierten. Kurz: Ein Buch für Jedermann!

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II. Unternehmen und ihre Ideen

Ein Gespräch mit dem Google-Chef

In der Lobby steht ein schwarzer Flügel. Kein Pianist sitzt daran, das Instrument spielt allein. Angenehme Hintergrundmusik, leicht, wie in einer Bar. Geschrieben, oder besser: ausgedacht, hat sie ein schlaues Computerprogramm. Mitarbeiter der auf Künstliche Intelligenz fokussierten Abteilung Google Brain haben es konzipiert. Das Projekt heißt Magenta. Das Ziel der Spezialisten ist es, beeindruckende Kunst und Musik kreieren zu lassen – von Computern. Die lernenden Algorithmen, die sie sich ausdenken, finden sich in der offen zugänglichen und von Google eingerichteten KI-Internet-Plattform Tensorflow. An der Theke neben dem Flügel gibt es Kaffee. Auf den Stufen der Treppe hinauf ins obere Stockwerk ziehen in verschiedenen Farben häufig verwendete Anfragen in Googles Suchmaschine vorüber.
Der Technologiekonzern Google hat Fortschritt in der Künstlichen Intelligenz zur Priorität gemacht, für seine Produkte wie für seine Forschung. Vorstandschef Sundar Pichai hat die Parole „AI First“ (AI, Artificial Intelligence) ausgerufen für das Unternehmen, übersetzt heißt das „Künstliche Intelligenz zuerst“. Er sitzt in einem Konferenzraum im Obergeschoss, an einem Tisch mit schlichten Stühlen und gewaltigem Flachbildschirm an der Wand. „Wir wollen den Zugang zu Künstlicher Intelligenz demokratisieren“, sagt er, und fügt hinzu: „Ich könnte darüber nicht aufgeregter sein, es gibt so viele Möglichkeiten.“ Anzumerken ist ihm das meist nicht. Pichai, der aus Indien nach Amerika auswanderte, spricht ruhig, nachdenklich, analytisch, wirkt eher zurückhaltend. Er ist ein interessierter Techniker, kein wortgewaltiger Verkäufer. Schnell und ausdrücklich signalisiert er, dass er auch in diesem Fall an die positiven Wirkungen von Technologie glaubt. Daran, dass sie schlussendlich überwiegen werden. Viele neue Arbeitsplätze werde es geben, die es bislang nicht gibt. Pichai sagt voraus: „Künstliche Intelligenz wird es uns Menschen ermöglichen, glücklichere und produktivere Leben zu führen.“
Auf dem Google-Campus, der Unternehmenszentrale in der kalifornischen Stadt Mountain View in der Nähe von San Francisco, denken sie überall nach, wie durch lernende Computerprogramme die Google-Dienste verbessert werden können. Und welche neuen Angebote dadurch möglich werden. Häufig entsteht der Eindruck, dass hier nicht Menschen darüber nachdenken, wie sie Geschäfte machen können, sondern dass sie sich auf einer weltverändernden Mission befinden – auf einer, die in einer besseren Welt für alle mündet.
Um voranzukommen in der Künstlichen Intelligenz, hat das Unternehmen wie kein anderes in den vergangenen Jahren zahlreiche Fachleute eingestellt und seine Forschungsabteilung stark ausgebaut. Darunter sind einige der führenden Akademiker auf dem Gebiet wie der frühere Nasa-Forschungsdirektor Peter Norvig, die aus Peking stammende Stanford-Professorin Fei-Fei Li, der KI-Nachwuchsstar Ian Goodfellow und der in Kanada lehrende Informatiker Geoffrey Hinton, einer der Vordenker der gerade angesagten Methoden rund um künstliche neuronale Netze und Deep Learning. Die Suchmaschine ist längst in dieser Hinsicht modernisiert. Auch der Übersetzungsdienst Google Translate funktioniert mittlerweile auf Basis von KI-Methoden und ist deutlich leistungsfähiger: 500 Millionen Menschen nutzen ihn, jeden Tag werden im Schnitt zwei Milliarden Texte übersetzt, 140 Milliarden Wörter. Das Unternehmen ist auf dem Weg, die von Internetnutzern verwendeten Sprachen nahezu komplett abzudecken.
Sundar Pichai gesteht sofort zu, dass hinter dieser technischen Revolution zugleich eine große Herausforderung steckt, nicht bloß für Google, sondern auch für die Gesellschaft insgesamt. Für zentral hält er dabei die Art und Weise, wann und wie wir uns Wissen aneignen. „In der Vergangenheit hast du dich einmal ausgebildet, und das reichte für ein Leben. Für immer mehr Menschen geht das nicht mehr“, stellt er fest, „so funktioniert eine moderne Wirtschaft nicht.“ Heute gehe es um konsistente, kontinuierliche Weiterbildung. Lernende Computerprogramme werden aus seiner Sicht eine positive Rolle dabei spielen: „Sie werden personalisierteres Lernen und einfacheres Lernen ermöglichen. Eine Frage, die wir uns zum Beispiel stellen, lautet: Wie können wir Lehrern mit Technologie helfen?“
Für Deutschland ist er zuversichtlich, sagt er. Und erinnert an den IT-Gipfel der Bundesregierung vor zwei Jahren in Saarbrücken, an dem auch er teilgenommen hat. „Da haben sie Deutschlands ganze Ausbildung überdacht, vom Kindergarten an, das hat mich beeindruckt“, sagt er: „Deutschland verfolgt einen guten Ansatz, verglichen mit den meisten anderen Ländern. Obwohl es ein föderales Land ist, arbeitet die Zentrale mit den Bundesländern daran, systematisch ein digitales Curriculum einzuführen und diese Veränderung dann durch das ganze System zu bringen.“ Auf die Frage, was er der Kanzlerin raten würde, wenn er nicht der Vorstandsvorsitzende von Google, sondern ihr Technologieberater wäre, antwortet er: „Genau das, ein breites und umfassendes digitales Curriculum etablieren, das wäre das wichtigste einzelne Vorhaben, das ich durchführen würde.“
Und noch eine zweite Entwicklung hebt er hervor, wenn er über die Bundesrepublik spricht: „Ich sehe, wie die deutsche Industrie KI wirklich einführt. Das ist wichtig, damit die Wirtschaft zeitgemäß bleibt und führend. Zum Beispiel finde ich die Ankündigungen aus der deutschen Autoindustrie sehr spannend, wenn es um die elektrische Transformation geht oder um autonomes Fahren.“
Der erst 45 Jahre alte Technologiemanager gibt sich während des Gesprächs, zu dem Google Journalisten eingeladen hat, diplomatisch und freundlich. Harsche Kritik oder markige Worte vermeidet er. Lieber betont er, was er gut findet und woran er anknüpfen will. Etwa, wenn es um die angeblich großen und möglicherweise die ganze Menschheit treffenden Gefahren geht, von denen der amerikanische Unternehmer Elon Musk immer wieder spricht. KI-Experten bezeichnen das häufig unmissverständlich als übertriebenen Unsinn.
Nicht so Pichai. Ohne namentlich auf Musk einzugehen, sagt er allgemein über die Risiken im Zusammenhang mit Künstlicher Intelligenz: „Es geht um bedeutende technologische Änderungen, und umsichtige Menschen melden Bedenken an, und ich teile diese Bedenken.“ Länger hält er sich damit nicht auf, kommt unmittelbar zu seiner Vorstellung, wie damit umzugehen ist: „Wir müssen das in einem globalen Rahmen verantwortungsbewusst angehen. Zum Beispiel in einem Ansatz wie dem Pariser Klimaabkommen. Nur solche Rahmenwerke werden funktionieren in so einer Angelegenheit.“ Und fügt dann noch – beinahe pädagogisch – hinzu, dass er selbst von Endzeitstimmung nichts hält: „Es ist superwichtig, zu verstehen, dass wir uns noch in einem sehr frühen Stadium befinden, das kann ich gar nicht genug betonen. Einige Antworten auf Fragen, wie wir mit KI ethisch-regulatorisch umgehen sollten, werden wir tatsächlich erst beantworten können nach weiteren Fortschritten. Dann wissen wir erst, worum es genau geht.“ Auch da nennt er Musk nicht beim Namen. Weil der Tesla-Gründer allerdings vehement schon jetzt für eine Regulierung wirbt, lässt sich das gar nicht anders als eine Zurückweisung durch den Google-Chef deuten.
Sogar wenn es um China geht, bleibt Pichai ruhig und sachlich – obwohl er eine Menge Gründe haben könnte, sauer zu sein. Die zweitgrößte Volkswirtschaft blockiert die zu Google gehörende Videoplattform Youtube und die Suchmaschine selbst und alle anderen Internetdienste für Chinesen. Stattdessen überlässt die Führung in Peking chinesischen Tech-Konzernen wie Baidu, Alibaba und Tencent den Markt. Und sie kündigte im vergangenen Sommer einen Plan an mit dem ausdrücklichen Ziel, China in den nächsten zwei Jahrzehnten zur führenden KI-Nation der Welt zu machen. Eric Schmidt, selbst viele Jahre lang Google-Chef, warnt ausdrücklich vor den KI-Ambitionen der Chinesen. „Sie sind dabei, diese Technologie für kommerzielle und militärische Ziele zu verwenden, mit allen möglichen Folgen.“ In fünf Jahren werde China die Vereinigten Staaten eingeholt haben, wenn diese nicht ihre Anstrengungen verstärkten. Schmidt macht Druck.
Pichai feuert das nicht an: „Ich finde wirklich großartig, dass China in KI investiert. Technologie ist ein globales Phänomen, deswegen bin ich darüber auch überhaupt nicht überrascht. Ich hoffe, alle von uns arbeiten mit China und chinesischen Unternehmen effektiv zusammen, um KI zu entwickeln.“ Wenn sich Volkswirtschaften entwickeln, dann bildeten sich gegenseitige Abhängigkeiten heraus, was er gut finde: „Unternehmen aus der ganzen Welt investieren in China und chinesische im Ausland. Für mich erscheint das als eine positive Entwicklung, so sehe ich das.“ Über die Blockade der Google-Angebote möchte er sich dabei nicht beschweren, stattdessen erklärt er einfach: „Es gibt viele bemerkenswert erfolgreiche ausländische Unternehmen in China wie Apple oder Samsung, wir stellen das mobile Betriebssystem Android bereit. Wir kooperieren mit chinesischen Unternehmen, wenn sie außerhalb Chinas expandieren, zum Beispiel mit Huawei. Viele Partnerschaften werden gerade auf den Weg gebracht.“ Und dann bekräftigt er noch einmal: „Ich glaube, eine verflochtene Welt ist eine gute Sache, das hat die Geschichte gezeigt.“
Wenn es darum geht, schlaue Computerprogramme zu erforschen, dann scheint sich auch Google selbst derzeit regelrecht zu verflechten mit anderen Ländern, sich quasi zu dezentralisieren. Das Unternehmen richtete im vergangenen Jahr ein KI-Labor in der kanadischen Metropole Toronto ein und beschäftigt an seinem Standort Zürich mittlerweile ungefähr 2000 Mitarbeiter. In London ist das im Jahr 2014 von Google gekaufte KI-Unternehmen Deepmind beheimatet, dessen Forscher weltbekannt geworden sind durch ihre Erfolge gegen die besten Spieler des traditionsreichen Brettspiels Go. Der Verdacht erhebt sich, dass Google gezielt außerhalb der Vereinigten Staaten expandiert. Gerade schaffte es eine aus Iran stammende Computerwissenschaftlerin sogar in die „New York Times“, die gemeinsam mit dem KI-Vordenker Geoffrey Hinton eine womöglich vielversprechende Idee einbrachte, wenn es um die Leistungsfähigkeit neuronaler Netze geht. Die Forscherin wollte ursprünglich in den Vereinigten Staaten Informatik studieren, bekam dafür aber kein Visum.
Ein Einzelfall oder ein tieferliegendes Problem? „Hoffentlich nicht“, sagt Pichai darauf und ergänzt: „Dankenswerterweise funktioniert die Wissenschaft länderübergreifend sehr gemeinschaftlich. Ich sehe nicht, wie sich das ändern wird, sogar dann, wenn es jetzt ein paar schlechte Jahre gibt.“ Die wachsenden Standorte im Ausland gehören zugleich zur Strategie des Unternehmens, bekräftigt er und kommt noch einmal auf sein übergeordnetes Motiv zu sprechen: „Wir fühlen uns tief verpflichtet, KI zu demokratisieren, was bedeutet, dass wir diese Technologie zugänglich machen wollen für jeden, was teilweise auch bedeutet, wir wollen sicherstellen, dass unsere Entwicklung von KI in möglichst vielen Ländern vorangeht. Unser Ansatz ist global. Ich denke, dass das gut ist für die Welt, und das ist ein Grund, warum wir das tun.“
In Europa werde Google künftig eher mehr als weniger Leute anstellen. „Wir bauen unsere Präsenz in Europa kontinuierlich aus, wir beschäftigen 14.000 Menschen in 40 Städten Europas mittlerweile. Unser Engagement wird im Laufe der Zeit deutlich steigen, es geht nicht nur um Software-Entwickler. Wir haben tiefe Partnerschaften mit Telekommunikationsunternehmen, Autoherstellern, Angebote für kleine Unternehmen, mit Google Cloud auch für große Konzerne.“
Angst davor, dass das mit der Künstlichen Intelligenz schiefgehen kann, dass zu viele Menschen zu schnell überfordert und abgehängt werden, dass sie massenweise ihre Arbeit verlieren oder Computerprogramme außer Kontrolle geraten können, hat der Google-Chef nicht. Nur eine Warnung möchte er aussprechen: „Die Sache, über die ich mir Sorgen machen würde: Wir sollten nicht glauben, dass Künstliche Intelligenz nicht passieren und keinen Fortschritt machen wird. Das ist der falsche Ansatz. Und das hat übrigens auch nichts zu tun mit Google oder irgendeinem anderen einzelnen Unternehmen: Technologie entwickelt sich weiter. Wir müssen uns als Gesellschaft darauf vorbereiten: Wir müssen die Vorteile nutzbar machen, die Nachteile minimieren und uns dem ethisch verantwortungsbewusst nähern.“
So sei das übrigens mit jeder Technologie bislang gelungen. Daran, dass technischer Fortschritt das Leben der Menschheit erleichtert, zweifelt er nicht. Weder Falschinformationen, Manipulation oder Filterblasen, die manche Hoffnung etwa in die demokratisierende Kraft des Internets getrübt haben, stellen seine Anschauung in dieser Sache in Frage.
Pichais Technikzuversicht ist eigenem Bekunden nach übrigens vornehmlich seiner Lebensgeschichte geschuldet, die in einfachen Verhältnissen in Indien begann. „Als Heranwachsender hatte ich keinen Zugang zu Technologie. Auf alles, was ich bekam, musste ich eine Zeitlang warten. Und als ich es dann bekam, änderte es wirklich das Leben der Menschen, und das sah ich“, sagt er und wird dabei dann doch emotionaler, lauter, haut mit der Hand auf den Tisch. „Wir warteten zum Beispiel fünf Jahre, um ein Telefon zu bekommen. Danach musste ich nicht mehr stundenlang zu einem Krankenhaus laufen, um die Bluttestergebnisse für meine Mutter zu bekommen, wo sie mir hin und wieder sagten, dass sie noch nicht fertig sind – dafür brauchte ich dann vier Stunden. Das Telefon ermöglichte es, dass wir das in zwei Minuten tun konnten. Wir mussten auch lange auf den ersten Kühlschrank warten, und ich sah wirklich, wie dieses Gerät das Leben meiner Mutter veränderte.“ Er redet schneller und aufgeregter. „Technologie war für mich immer etwas, das ich eigenständig beobachten und wo ich sehen konnte, wie sie das Leben der Menschen positiv veränderte. Das treibt mich mehr an als alles andere. Ich bin fest davon überzeugt, dass Technologie viel mehr Gutes auf der Welt bewirken wird, als sich die Menschen vorstellen können.“ Dann ist das Gespräch zu Ende, Pichai bedankt sich, er geht, in dunklem Pullover, Jeans, Turnschuhen und mit leicht gesenktem Kopf.
Informatik sollte Pflichtfach sein – sagt Facebooks oberster KI-Forscher
Frage: Warum hat Facebook seine Forschungsgruppe für Künstliche Intelligenz in New York angesiedelt und nicht am Unternehmenssitz in Kalifornien? Antwort: Weil Yann LeCun in New York wohnt. Er ist der KI-Forschungschef des größten Sozialen Netzwerks der Welt und das seit mittlerweile vier Jahren, außerdem unterrichtet er weiterhin an der New York University. LeCun gehört zu der kleinen Anzahl an KI-Pionieren, die durch ihre Forschungsleistungen in den vergangenen Jahrzehnten die Grundlagen geschaffen haben für jene modernen KI-Methoden, die derzeit angesagt und mit so viel Hoffnung verbunden sind. Im Jahr 1960 in der Nähe von Paris geboren, studierte er zunächst Ingenieurwesen in der französischen Hauptstadt und promovierte in Informatik. Von Paris wechselte er an die Universität von Toronto als Mitarbeiter Geoffrey Hintons und von dort in die Privatwirtschaft, zum amerikanischen Telefonkonzern AT&T. Dort gelang ihm ein wissenschaftlicher Durchbruch, der sich hinter dem Namen „Convolutional Neural Networks“ (CNN) verbirgt. Durch die viel leistungsfähigeren Rechner und größeren Datenmengen ist daraus ein vielversprechendes Werkzeug geworden. Angst hat der gefragte Redner vor dem Voranschreiten Künstlicher Intelligenz übrigens nicht, wie er in diesem Interview klarmacht.
Herr LeCun, wenn Sie jemandem ohne Grundkenntnisse in Mathematik und Informatik Ihr wichtigstes KI-Projekt derzeit erklären sollten, wie würden Sie das machen?
Es gibt viele wichtige Projekte in „Maschinellem Sehen“, Übersetzung, Spracherkennung. Aber es gibt zwei grundsätzliche Forschungsfelder, in die wir sehr viel Aufwand stecken. Eines umfasst Dialog-Systeme …
… Computer, die mit uns allgemein und sinnvoll im Dialog kommunizieren können …
…intelligente Chatbots und virtuelle Assistenten. Die wissenschaftlichen Grundlagen und Technologien dafür existieren noch nicht. Wir sind dabei, Wege zu finden, die Computern ermöglichen, sich ein komplexes Hintergrundwissen anzueignen, wenn sie Texte lesen, um dann in der Lage zu sein, mit diesem Wissen vernünftig zu reden. Zweitens arbeiten wir am sogenannten „Predictive Learning“, das Computern erlauben würde, eine Art gesunden Menschenverstand auszubilden durch Beobachtungen – so wie das Menschen und Tiere machen.
Was sind die Durchbrüche, die zum aktuellen KI-Hype führten?
Das hängt alles mit dem Aufkommen von Deep Learning zusammen. Deep Learning ist ein Set an Techniken, um einen Computer dahingehend zu trainieren, dass er Aufgaben bewältigen kann wie etwa einzelne Objekte auf einem Bild zu erkennen, ein Auto zu fahren, Sprache zu verstehen oder zu übersetzen. Während die grundlegenden Ideen hinter Deep Learning seit dem Ende der achtziger Jahre kursieren, sind sie in den vergangenen fünf Jahren dominant geworden: wegen methodischen Fortschritts, schnellerer Rechner und größerer Datenmengen. Eine spezielle Deep-Learning-Technik namens „Convolutional Neural Networks“, die ich ursprünglich im Jahr 1989 entwickelte für AT&T Bell Laboratories, ist zu einem universalen Werkzeug geworden für Bild-Erkennung, selbstfahrende Autos, die Analyse medizinischer Aufnahmen (zum Beispiel CTs), Textverarbeitung und viele andere Anwendungen.
Viele Menschen haben Angst vor weiterem Fortschritt im Bereich der Künstlichen Intelligenz. Sie sind nicht sicher, wie widerstandsfähig ihre Arbeitsplätze und Kenntnisse sind. Wie sehen Sie das?
Künstliche Intelligenz wird die menschliche Intelligenz erweitern, nicht ersetzen – in der gleichen Weise, wie jedes neue Instrument unsere Fähigkeiten vergrößert. Technischer Fortschritt hatte immer die Effekte, erstens den Wohlstand insgesamt zu vergrößern, zweitens neue Arbeitsplätze zu schaffen, drittens einige Berufe überflüssig zu machen. Der Aufstieg der Künstlichen Intelligenz wird dieselben Effekte haben. Die Herausforderungen, mit denen die Gesellschaften umgehen müssen, sind erstens die Beschleunigung des technischen Fortschritts, welche die Zahl derjenigen erhöhen wird, die umlernen müssen, um neues Wissen und neue Stellen zu bekommen. Und zweitens die Tatsache, dass der Wohlstand, der durch technischen Fortschritt entsteht, mit der gesamten Gesellschaft geteilt werden sollte.
Sollte Informatik heutzutage für jeden Schüler ein Pflichtfach sein?
Der Prozess, eine komplexe Aufgabe auf eine Reihe einfacher Anweisungen zu reduzieren – genau darum geht es beim Programmieren –, ist eine Fähigkeit, die in vielen Aspekten des modernen Lebens nützlich ist, nicht nur für professionelle Informatiker und Programmierer. Deswegen ja, es wäre gut, wenn die meisten Schüler an weiterführenden Schulen die Grundlagen der Computerprogrammierung beherrschen, wenn sie ihren Abschluss machen. Es gibt Instrumente, die eingesetzt werden können, um kleinen Kindern Programmieren beizubringen, zum Beispiel die visuelle Programmiersprache Scratch. Ich bin kein Spezialist in Pädagogik, aber ich hätte so ein Werkzeug sehr gerne ausprobiert, als ich noch ein Kind war!
Die Künstliche Intelligenz erlebte in der Vergangenheit Phasen großer Hoffnung und Phasen großer Ernüchterung, sogenannte „AI-Winter“. Gibt es dieses Auf und Ab noch immer, und wo stehen wir jetzt gerade?
Seit den ...

Table of contents

  1. Cover
  2. Titel
  3. Impressum
  4. Inhalt
  5. Vorwort
  6. I. Damit Sie wissen, worum es geht
  7. II. Unternehmen und ihre Ideen
  8. III. Berühmte Forscher und ihre Vorhersagen
  9. IV. Visionen, Gefahren und der Blick in die entfernte Zukunft
  10. Die Autoren