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Active Office: Wohlfühl-Büro gegen Rückenprobleme
Kaum jemand bleibt ein Leben lang davon verschont, sehr viele Menschen haben während und am Ende eines arbeitsreichen Tages damit zu kämpfen: Rücken- oder Nackenschmerzen. In der Studie „Beweg dich, Deutschland“ berichtet die Techniker Krankenkasse, dass fast jeder dritte Erwachsene in Deutschland nach eigener Aussage ständig oder oft Rückenprobleme hat. Gut ein weiteres Drittel gibt an, ab und zu Beschwerden zu haben. Nur ein Viertel der Menschen in Deutschland hatte noch nie Beschwerden im Kreuz. Verstärkt wird das Problem, wenn die Sitzzeiten in der Freizeit durch weitere Computer- oder Couchnutzung fortgesetzt werden.
Häufige und lange Sitzzeiten, Bewegungsmangel und einseitige Belastungen sind meist verantwortlich für Rückenbeschwerden. Wer sich oft von einer Sitzung in die nächste hangelt oder die meiste Zeit bei der Arbeit am Rechner „thront“, kennt das Problem gut. Das liegt vor allem daran, dass die Natur den Menschen nicht für einseitige und überwiegend ruhende Tätigkeiten vorgesehen hat. Im Gegenteil: Dauerhaftes Sitzen ist für die menschliche Wirbelsäule, die Bandscheiben und die Muskulatur eine sehr anstrengende Tätigkeit mit negativen Auswirkungen. Permanentes Sitzen ist quasi eine Garantie dafür, dass passive Strukturen, wie Sehnen, Bänder und Bandscheiben, überstrapaziert werden. Sogar Nerven können an den Ausgängen der Wirbelsäule durch verspannte Muskeln oder unphysiologische Sitzhaltungen (z. B. bei häufigem und dauerhaft schiefem Sitzen) gereizt werden und sich entzünden. Ewiges Sitzen und Bewegungsmangel führen insgesamt dazu, dass die Muskulatur verkümmert, einseitig verkürzt oder so verspannt, dass Schmerzen entstehen. Dabei ist längst nicht nur der Rücken betroffen. Auch Knie-, Hüft- oder Schulterschmerzen sowie Schmerzen unterhalb der Lendenwirbelsäule können aus langem Sitzen resultieren.
Dynamik aktiviert Körper und Geist
Na, kommt Ihnen das schon bekannt vor? Dann packen Sie das Übel an der Wurzel und ändern Sie einfach schon mal ihr Sitz-und Arbeitsverhalten: Lösen Sie sich vor allem von starren und dauerhaften Sitzpositionen! Nehmen Sie während des Alltags häufig wechselnde Positionen ein: rutschen Sie mal nach vorne mal nach hinten, lehnen Sie sich weit zurück, strecken Sie sich zwischendurch. Es gibt keine falsche oder richtige Sitzposition, es gibt immer nur die nächste! Dynamisches Sitzen ist die zauberhafte Wortkombination und bedeutet, dass alles erlaubt ist – gerade, krumm, schief – nur nicht auf Dauer. Lösen Sie sich außerdem zwischendurch von Ihrem Computer – verinnerlichen Sie ein dynamisches Arbeitsverhalten; das entlastet Ihre Wirbelsäule und macht Ihren Geist frei für neue Gedanken. Nutzen Sie die Kaffeepause als bewusste aktive Unterbrechung, indem Sie sich den Kaffee selber holen. Telefonieren Sie grundsätzlich im Stehen oder laufen Sie dabei umher. Schreiben Sie sich Notizen idealerweise an einem Stehpult auf.
Experten empfehlen diese sogenannten „Makrobewegungen“ wenigstens alle 20 bis 25 Minuten. Es gibt im Büroalltag niemanden, der Ihnen Ihren Sitzplatz streitig macht, also hören Sie auf, ihn zu verteidigen! Jedes noch so kurzzeitige Erheben lohnt sich. Zum Beispiel auch ganz bewusst vor einem Meeting, wenn Sie sich noch Stichworte notieren – tun Sie das konsequent im Stehen. Ihr Vorteil: Ihre Muskeln, die zuvor inaktiv waren, können endlich arbeiten und den passiven Bewegungsapparat wieder stützen. So leisten Sie innerhalb Ihrer Bürozeit dynamische Muskelarbeit und fördern dadurch die natürliche Be- und Entlastung der Muskulatur. Dies sorgt für eine bessere Durchblutung aller Organe. Außerdem werden die Bandscheiben, durch die Aktivität, besser mit Nährstoffen versorgt und bleiben elastisch. Übrigens: im Stehen verläuft bei den meisten Menschen ein Belastungswechsel ganz unbewusst und selbstverständlich. Beobachten Sie sich einmal, ob Sie beim Smalltalk im Get-Together immer auf dieselbe Weise stehen oder ob Sie Ihr Körpergewicht verlagern? Der unbewusste Wechsel der Stehposition ist eine sogenannte „Mikrobewegung“ und ist der somatischen Intelligenz des Körpers zu verdanken, also der Fähigkeit des Körpers, sich in bestimmten Situationen physiologisch auszurichten.
Im Stand bleibt diese Eigenschaft des Körpers erhalten – anders ist es beim Sitzen: „Dauerhaftes Sitzen sorgt über die Jahre dafür, dass die Sensoren, die für unsere Körperwahrnehmung und Bewegung verantwortlich sind, an Funktionsqualität verlieren. Dadurch werden die Informationen aus dem Körper nur unzureichend verarbeitet und beispielsweise ein erforderlicher Belastungswechsel nicht mehr rechtzeitig signalisiert“, sagt Dr. Dieter Breithecker, Vorstand im Forum Gesunder Rücken e.V., ein gemeinnütziger Verein, der sich für die Fort- und Weiterbildung im Bereich Rückengesundheit einsetzt. Die Organisation ist Gründungsmitglied der Konföderation der deutschen Rückenschulen und hat mit der sogenannten „Neuen Rückenschule“ ein Konzept entwickelt, das nachhaltig rückenfreundliche Verhaltensveränderungen bei Kursteilnehmern bewirkt.
Mit Bewegungsverführern und in Augenhöhe arbeiten
Wer rückengerechtes Verhalten jedoch noch nicht verinnerlicht hat, sollte sich zumindest darauf verlassen können, dass er intuitiv spürt, wann für ihn ein Haltungswechsel oder Bewegung nötig ist. Wie aber soll das gehen, wenn ein Meeting nun einmal zwei oder drei Stunden dauert? In Besprechungen sind Pausen frühestens nach 90 Minuten drin – wenn überhaupt. Einfaches Hin- und Herrutschen auf dem Sitz reicht da auch nicht mehr, um der körperlichen und geistigen Ermüdung entgegenzuwirken. Welche Chance hat man, aus solchen Besprechungen herauszukommen, ohne gerädert zu sein? „Gar keine“, stellt Breithecker nüchtern fest. „Solche Meetings führen in eine klassische Sitz-Trägheitsfalle.“ Sportwissenschaftler Breithecker, der hauptberuflich die Bundesarbeitsgemeinschaft für Haltungs- und Bewegungsförderung leitet, hat einen anderen Vorschlag: Er plädiert dafür, die klassischen Sitzbesprechungen abzulösen durch Meetings, die den Teilnehmern individuelle Positionswechsel ermöglichen. Umsetzbar erscheint dies insbesondere bei kleineren Meetings mit bis zu fünf Personen. Er schlägt vor, Besprechungsräume mit Tischen in einer festen Stehhöhe von 1,05 bis 1,10 Meter auszustatten. Dazu Stehhilfen, die mit einer Sitzneigung nach vorne eine leichte Beckenneigung für eine aufrechte Haltung unterstützen. Dann kann jeder nach eigenem Bedürfnis „steh-sitzend“, so Breithecker, seine Beine entlasten, wenn ihm danach ist. Und: Alle Besprechungsteilnehmer befinden sich in Augenhöhe. Fußstützen ergänzen und bereichern die Raumausstattung, weil sie für die stehenden Kollegen eine Abstellfläche bieten, mit der sie ihren Rücken wiederum entlasten.
In größeren Meetings, ab sechs Personen, sowie bei längeren Zeiträumen, wird es allerdings erfahrungsgemäß schwieriger, auf individuelle Empfindungen einzugehen. Auch die Vorstellung, sich mangels anständiger Rückenlehne, nach über einer Stunde nicht einmal entspannt in den Stuhl zurücklehnen zu können, klingt für viele wenig verlockend. Eine Idee wäre, für beide Besprechungssituationen das entsprechende Mobiliar anzuschaffen und zu überlegen, wie das Arbeitsverhalten insgesamt dynamischer gestaltet werden kann. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass sich so das Wohlbefinden, die Zufriedenheit und damit die Produktivität der Mitarbeiter steigern lässt. Manchmal sind dafür nicht einmal große Anschaffungen notwendig, mitunter ist das Mobiliar sogar schon vorhanden, es wird nur nicht für Besprechungssituationen genutzt. Etwa Stehtische, die durch Prospekte belegt sind, ein Stehpult, das irgendwann ...