
eBook - ePub
Turn left, turn right, identified - Ein Fluglotse erinnert sich
Ein Fluglotse erinnert sich
- 250 pages
- English
- ePUB (mobile friendly)
- Available on iOS & Android
eBook - ePub
Turn left, turn right, identified - Ein Fluglotse erinnert sich
Ein Fluglotse erinnert sich
About this book
Der Autor, der selbst lange Jahre als Fluglotse gearbeitet hat, gibt mit seinem Buch einen Einblick hinter die Kulissen der Flugsicherung. Wie sorgen die Lotsen für die erforderliche Sicherheit im Luftverkehr und was sind das für Menschen, die diesen Job verrichten? Angereichert durch seine eigenen Erfahrungen und die Schilderung des einen oder anderen Vorfalls ist dieser Band alles andere als ein trockenes Sachbuch, sondern ein mit gewissem Schmunzeln zu lesendes Buch.
Frequently asked questions
Yes, you can cancel anytime from the Subscription tab in your account settings on the Perlego website. Your subscription will stay active until the end of your current billing period. Learn how to cancel your subscription.
No, books cannot be downloaded as external files, such as PDFs, for use outside of Perlego. However, you can download books within the Perlego app for offline reading on mobile or tablet. Learn more here.
Perlego offers two plans: Essential and Complete
- Essential is ideal for learners and professionals who enjoy exploring a wide range of subjects. Access the Essential Library with 800,000+ trusted titles and best-sellers across business, personal growth, and the humanities. Includes unlimited reading time and Standard Read Aloud voice.
- Complete: Perfect for advanced learners and researchers needing full, unrestricted access. Unlock 1.4M+ books across hundreds of subjects, including academic and specialized titles. The Complete Plan also includes advanced features like Premium Read Aloud and Research Assistant.
We are an online textbook subscription service, where you can get access to an entire online library for less than the price of a single book per month. With over 1 million books across 1000+ topics, we’ve got you covered! Learn more here.
Look out for the read-aloud symbol on your next book to see if you can listen to it. The read-aloud tool reads text aloud for you, highlighting the text as it is being read. You can pause it, speed it up and slow it down. Learn more here.
Yes! You can use the Perlego app on both iOS or Android devices to read anytime, anywhere — even offline. Perfect for commutes or when you’re on the go.
Please note we cannot support devices running on iOS 13 and Android 7 or earlier. Learn more about using the app.
Please note we cannot support devices running on iOS 13 and Android 7 or earlier. Learn more about using the app.
Yes, you can access Turn left, turn right, identified - Ein Fluglotse erinnert sich by Werner Fischbach in PDF and/or ePUB format, as well as other popular books in Technology & Engineering & Engineering General. We have over one million books available in our catalogue for you to explore.
Information
Ein Blick in die Glaskugel
Prognosen sind bekanntlich schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen. Das gilt natürlich auch für die Flugsicherung. Aber die Welt bleibt nun einmal nicht stehen und deshalb müssen sich die Controller auch immer wieder neuen Herausforderungen stellen.
Die wichtigste dürfte dabei der „Single European Sky“ (SES) und das damit verbundene Programm SESAR (Single European Sky ATM Research) sein. Auf den Weg gebracht wurde SES durch die EU-Kommission. Sie kam wohl den immer wieder von Fluggesellschaften vorgebrachten Klagen entgegen, nach welchen der europäische Luftraum zu sehr durch was-weiß-ich wieviele Flugsicherungsorganisationen, die inzwischen ja als Flugsicherungsdienstleister bezeichnet werden, fragmentiert wäre, deshalb ganz einfach ineffizient verwaltet oder, um den richtigen Ausdruck zu benutzen, gemanaged wird. Weshalb die Flugsicherung viel zu teuer wäre. 1999 gab es 41 Flugsicherungsdienstleister in Europa (inzwischen sind es ein paar weniger), etwa 50 Kontrollzentralen, mehrere 100 Anflugkontrollstellen und Kontrolltürme und – horribile dictu – mehr als 650 Kontrollsektoren. Das musste geändert werden. Als Vorbild dienten die Vereinigten Staaten. Dort ist, so wird uns erzählt, alles effizienter und vor allem wesentlich preiswerter. Was, ganz so nebenbei erwähnt, die amerikanischen Fluggesellschaften nicht davor bewahrte, rote Zahlen zu schreiben und ihr Heil entweder im Chapter 11 des US Konkursrechts und in Fusionen zu suchen. Zudem scheinen die Kritiker zu übersehen, dass es sich bei den USA um einen einzigen Staat handelt und die bekannten Eifersüchteleien über die nationale Souveränität von vorne herein ausgeschlossen werden können. Als ob die europäischen Flugsicherungen für den Verlauf der europäischen Geschichte und die Bildung deren Nationalstaaten verantwortlich gemacht werden könnten! Und offensichtlich wird auch gerne vergessen, dass der amerikanische Flugsicherungsdienstleister eine Behörde ist – die Federal Aviation Administration FAA. Also genau das, was in Europa als antiquiert, nicht wettbewerbsfähig und ineffektiv bezeichnet wird. Dazuhin werden in den USA die Kosten für die Flugsicherung größtenteils vom Steuerzahler und nicht von den Luftraumnutzern erbracht. Flugsicherungsgebühren scheinen dort ein Fremdwort zu sein und alle Versuche, diese einzuführen, bringen die Luftfahrtverbände (vor allem die der Allgemeinen Luftfahrt) auf die Barrikaden.
Dabei hat der ursprüngliche Gedanke des SES, die Zuständigkeiten der einzelnen Flugsicherungsdienstleister nicht an den nationalen Grenzen, sondern an den Verkehrsströmen auszurichten, durchaus seinen Charme. Sinnvoll wäre es deshalb, eine einheitliche, europäische Organisation zu schaffen, die für die Durchführung der Flugverkehrskontrolle, Entschuldigung des Luftverkehrsmanagements in ganz Europa zuständig ist. Flugsicherung aus einer Hand hatten die europäischen Berufsverbände und Gewerkschaften der Fluglotsen einst einmal gefordert.
Offensichtlich wurde dieser durchaus richtige Ansatz von der Politik inzwischen über Bord geworfen. Vielleicht auch, weil der erste Versuch aus den sechziger Jahren gescheitert ist. Die am 1. Dezember 1960 gegründete Agentur Eurocontrol (European Organisation for the Safety of Air Navigation) besteht zwar heute noch. Nur mit der Durchführung der Flugverkehrskontrolle hat sie, bis auf die Kontrollzentrale von Maastricht, nichts mehr am Hut. Aber sie spielt beim Projekt SES als „Network Manager“ eine bedeutende Rolle. Und nun wird mit SES der Eindruck erweckt, dass das heere Ziel eines einheitlichen europäischen Luftraums nun endlich erreicht werden wird. Nur ist das wirklich ein „Single European Sky“, wenn sich die Aufteilung des europäischen Luftraums nicht mehr an den nationalen Grenzen orientiert, sondern durch neun sogenannte „Functional Airspace Blocks (FABs)“ erfolgt? Und die nationalen Flugsicherungsdienstleister weiterhin existieren? Sie also weiterhin für die „Bewirtschaftung“ dieser FABs zuständig sind? Es ist schon richtig, dass sie da zu einer größeren Kooperation gezwungen werden. Und natürlich wird die Zersplitterung der europäischen Flugsicherungslandschaft reduziert - aber ein „Single European Sky“ ist dies nicht unbedingt.
Die Aufgabe, die sich die EU-Kommission mit SES aufgeladen hat, ist nicht ganz einfach. Aber wenn die Zuwachsraten im Luftverkehr so eintreffen wie dies einst prognostiziert wurde, dann muss die Flugsicherung damit Schritt halten können. Die Ziele sind ehrgeizig: die Verspätungszahlen müssen reduziert, die Strecken, welche die Luftfahrzeuge von dem einen zum anderen Flughafen zurückzulegen, verkürzt, die Kapazität erhöht, die Flugsicherungsgebühren reduziert und - last but not least – die Umwelt entlastet werden. Der CO2-Ausstoss des Luftverkehrs muss verringert werden.
Natürlich können diese Ziele nicht von heute auf morgen erreicht werden. Das braucht seine Zeit und deshalb hat die EU-Kommission bestimmte Zeitabschnitte festgelegt, in welchen die von ihr vorgegebenen Ziele erreicht werden sollen. Diese Zeitabschnitte werden als Regulierungsperioden bezeichnet. Ohne Regulierung geht also nichts und da haben die EU-Bürokraten bekanntlich jede Menge Erfahrung. Weil SES eine europäische Kiste ist, erfolgt diese Regulierung in Brüssel. Und da dieses gewaltige Vorhaben nicht ohne modernste Technik von statten gehen kann, wurde SES auch noch SESAR (Single European Sky ATM Research) zur Seite gestellt. Was nicht verwunderlich ist – schließlich soll die Industrie ja nicht leer ausgehen.
Bei SES sollen die europäischen Flugsicherungsdienstleister auf der einen Seite preiswerter arbeiten, aber zukünftig mehr Verkehr abwickeln. Dass dies nicht so richtig funktionieren kann, wird wohl jeder verstehen, der die Prinzipien der Grundrechenarten nicht ganz vergessen hat. Möglich gemacht kann das jedoch nur, wenn die ANSPs (Air Navigation Service Provider) weniger Personal beschäftigen und dieses auch noch schlechter bezahlen. Darf man sich da noch wundern, wenn die Berufsverbände und Gewerkschaften der Controller und der Techniker dagegen protestieren? Zumal die EU-Kommission die technischen Dienste dem Wettbewerb aussetzen und deren Aufgaben nach außen geben möchte. Abgesehen von den schlechten Erfahrungen, die in den letzten Jahren beim „Outsourcing“ von öffentlichen Dienstleistungen gemacht worden sind, würde dadurch die seit Jahren erfolgreiche Zusamenarbeit zwischen dem Betrieb (also den Controllern und den Flugdatenbearbeitern) und der Technik innerhalb der Flugsicherungsfamilie wohl endgültig zu Grabe getragen.
Irgendwie scheinen die europäischen ANSPs mit der EU-Kommission eine ganz besondere Zielvereinbarung geschlossen haben. Denn sollten sie nicht in der Lage sein, die gesetzten „Performance Goals“ zu erreichen, dann geht es ihnen mit einem Bonus/Malus-System an den Geldbeutel. Aber an den geht es den nationalen Flugsicherungsorganisationen ohnehin, da das bisherige Prinzip der Kostendeckung durch die Luftraumnutzer abgelöst und durch eine Art Risikomechanismus ersetzt wurde. Allein dies wird die nationalen ANSPs enorm unter Druck setzen. Oder anders ausgedrückt - zwei harte Winter und ein heißer Sommer mit vielen Gewittern und Unwettern und die DFS ist pleite!
Was für die DFS gilt, trifft natürlich auch auf ihre europäischen Mitbewerber zu. Sie alle dürften – auch wenn dies nicht unbedingt zugegeben wird - von SES nicht so richtig begeistert sein. Mit durchaus gutem Grund. Denn anstatt eine gemeinsame europäische Flugsicherung zu schaffen, scheint sich SES zu einem bürokratisches Flugsicherungsmonster zu entwickeln. Es scheint, wie so viele andere Entwicklungen auch, symptomatisch für die EU zu sein, die, wenn man einer großen Zahl von Politikern glaubt, an einem Scheideweg steht. Aus der großartigen Idee eines völkerumspannenden Europa scheint ein bürokratisches Monster geworden zu sein, das sich lediglich nur noch als Vollstrecker einer gewinnorientiertern
Unternehmensphilosophie versteht. Zudem kommt, dass die Rechtspopulisten weltweit an Bedeutung gewinnen und auf nationale Stärke setzen. Von einem gemeinschaftlichen solidarischen Europa scheint genau so wenig übrgig geblieben zu sein wie von der guten und richtigen Idee einer einheitlichen europäischen Flugsicherung. Die Frage, wie die Organisation der europäischen Flugsicherung in zehn oder fünfzehn Jahren aussehen wird, bleibt also spannend.
Natürlich bekennen sich die europäischen Flugsicherungsdienstleister offiziell zum SES. Was wohl nicht nur dem politischen Opportunismus entspricht, sondern weil sie durch SES gezwungen wurden, sich innerhalb der jeweiligen „Functional Airspace Blocks“ zu einer größeren Kooperation zusammenzufinden. Dies ist eine begrüßenswerte Entwicklung. Auf der anderen Seite wurden sie jedoch durch SES und den offenbar nicht tot zu bekommenden Wettbewerbsgedanken ermuntert, mit anderen Flugsicherungsdienstleistern zu konkurieren und sich auch außerhalb ihres Heimatmarktes zu engagieren. So hat die DFS in Großbritannien mit der „Air Navigation Solution Ltd (ANS)“ eine Tochtergesellschaft gegründet. Die Platzkontrolldienste des Flughafens London-Gatwick hat sie bereits übernommen, 2018 wird sie auch für die Anflug- und Platzkontrolle von Edinburgh verantwortlich zeigen. Das ist für das Mangement der deutschen Flugsicherung ganz sicherlich ein schöner wirtschaftlicher Erfolg. Insbesondere der Tower von London-Gatwick wird sich wohl als „Cash Cow“ erweisen. Aber man darf sich schon fragen, ob dies nicht ein Zeichen ist, dass der wirtschaftliche Gedanke auch bei der Flugsicherung Piorität eingeräumt wird. Denn der britische Flugsicherungsdienstleister NATS (National Air Traffic Services) war auf dem Gebiet der Sicherheit kein schlechter und hätte deshalb eigentlich weder in Gatwick noch in Edinburgh von einem ausländischen abgelöst werden müssen. Vielleicht war ja das wirtschaftliche Angebot der DFS besser als das von NATS? Und dazu sollte man sich natürlich auch fragen, ob es nicht ein Widerspruch in sich ist, auf der einen Seite den „Single European Sky“ zu propagieren, aber auf der anderen bei der Zersplitterung in einem anderen Land mit beizutragen? Dazu kommt, dass die Wiedergeburt des Nagtionalismus freudige Urstände zu feiern scheint und dies, wenn man es auf die Flugsicherungs überträgt, einem „Single European Airspace“ diametral entgegensteht.
Aber SES ist für die europäischen Flugsicherungen nur eine Baustelle. Wenn auch die wichtigste. Darüber hinaus werden neue Techniken und Verfahren in den Kontrolltürmen und -zentralen Einzug halten. Zum Beispiel die Satellitennavigation. Die ist nun wirklich nichts neues. Wer etwas auf sich hält, hat ein Navigationsgerät in seinem Auto und eines Tages wird wohl derjenige, der einen Neuwagen ohne Navigationsgerät kaufen möchte, dafür einen Zuschlag zahlen müssen. Oder wahlweise auf seinen Geisteszustand untersucht werden. Deshalb hat die Satellitennavigation bei der Luftfahrt und natürlich auch bei der Flugsicherung schon längst Einzug gehalten. Und ihrer Anwendung dürften keine Grenzen gesetzt sein. Wer weiß, vielleicht macht ADS-B (Automatic Dependance Suveillance - Broadcast) dem guten alten Radar in absehbarer Zeit den Garaus und wenn eines Tages mit satellitengestützten Anflugverfahren auch Schlechtwetteranflüge der Kategorie III (CAT III) möglich sind, dann dürfte dem guten alten Instrumentenlandesystem das letzte Stündchen geschlagen haben. Funknavigationsanlagen wie VORs und NDBs werden durch den Einsatz von Satellitennavigation überflüssig werden und den Luftraumnutzern direktere und damit kürzere Streckenführungen zur Verfügung stehen. Nicht zu vergessen das Konzept des „Free-Flight“. Diese Flüge sollen in einem „Free-Route-Airspace (FRA)“ verkehren und sind nicht mehr an das bisherige Streckennetz, also an die ATS-Routes gebunden. Wer allerdings hoffte, dass sich nun die so viel besungene Freiheit über den Wolken nun endlich zur Realität wird, dürfte enttäuscht sein. Denn auch in einem „Free-Route-Airspace“ sind bestimmte Streckenführungen vorgeschrieben, die allerdings nichts anderes sind als „Direktstrecken“. Die gab es auch zu früheren Zeiten, als die Controller die von ihnen kontrollierten Flüge auf einer direkten Strecke zu einem bestimmten Punkt (meist ein Funkfeuer) freigaben. Allerdings war dies von der jeweiligen Verkehrssituation abhgängig oder von der Tatsache, dass bestimmte Beschränkungsgebiete deaktiviert waren. Deshalb konnte die fliegende Kundschaft diese direkten Streckenführungen nicht bei ihren Flugplänen einplanen. Der Unterschied zu früher liegt beim FRA darin, dass diese direkten Streckenführungen von den Fluggesellschaften von vorne herein geplant werden können.
So steht für visionäre Ingenieure und für jene Menschen, die bei den Luftraumnutzern und bei den Flugsicherungsdienstleistern für die Finanzen zuständig sind, ein ganz neues Luftverkehrssystem „ante portas“. Denn wenn leistungsfähige Rechner am Boden mit den Rechnern an Bord der Flugzeuge direkt kommunizieren können, wenn am Boden konfliktfreie Flugwege berechnet und direkt an die Navigationssysteme der Flugzeuge übermittelt werden können, dann benötigt man eigentlich keine Piloten und keine Fluglotsen mehr. Zumindest nicht in der bisher bekannten Form. Deren Aufgabe, so ein Szenario, liegt dann nur noch in der Überwachung, dem „Monitoring“ der Systeme. Was die Controller jedoch beim Ausfall eines oder mehrerer dieser Systeme unternehmen sollen, scheint nicht so richtig festzustehen. Vielleicht bekommen sie ganz einfach die Nummer einer „Hotline“ in die Hand gedrückt, die sie dann anrufen und sich einen guten Rat einholen können. „Bei Risiken und Ausfällen wenden Sie sich bitte an Ihren Systemingenieur!“
Da ich mich im ehemaligen Verband Deutscher Flugleiter e.V. (VDF) engagiert und als Referent für fachliche Angelegenheiten auch an diversen Konferenzen und Symposien teilgenommen hatte, ist mir eine kurze und knackige Aussage in Erinnerung geblieben, die weder von Piloten noch von den Entwicklungsingenieuren jemals in Frage gestellt wurde: „The controller must stay in the loop!“ Was nichts anderes bedeutet, dass der Mensch bei der Automatisierung nie um seine Entscheidungsfunktion gebracht werden darf. Automatisierung muss immer dem Menschen dienen! Es darf nie soweit kommen, daß der Mensch zu einem entmündigten Bediener bzw. Überwacher der Technik wird! Was übrigens auch für die Piloten gelten muss.
Da ich kein Pilot, sondern ehemaliger Controller war, soll dieses Prinzip an einem Beispiel aus der Flugsicherung erläutert werden. Natürlich ist es möglich, ein Flugsicherungssystem zu entwerfen, bei welchem die Kontrolle von einem automatisierten System erbracht wird. Ein System also, das die Flugbahnen der kontrollierten Flüge vorausberechnet, auf mögliche Konflikte untersucht und diese durch entsprechende Maßnahmen beseitigt. Dass dabei die wirtschaftlichste Flughöhe, die wirtschaftlichste Steig- und Sinkflugrate sowie der optimalste „Top-of-Descent“ berechnet wird, versteht sich von selbst. Diese so errechneten Daten werden dann als Freigabe mit einem Datalink an die Piloten übermittelt. Wenn diese jedoch von dieser Freigabe abweichen müssen (z.B. weil sie ein Gewitter umfliegen müssen oder die Flughöhe ändern wollen), dann teilen sie dies dem System über einen Datalink mit. Dieses wird eine alternative Freigabe errechnen und ihnen diese dann mitteilen. Dass man dafür keine Controller mehr braucht, ist klar. Die Flugsicherung könnte, da sie dadurch mehr Flugzeuge bearbeiten kann, damit nicht nur ihre Kapazität erhöhen, sondern auch wesentlich preiswerter arbeiten. Denn wenn keine Controller mehr benötigt werden, dann müssen sie auch nicht entlohnt werden. Zudem werden technische Systeme nicht krank, benötigen keinen Urlaub und bestehen auch nicht auf einem Tarifvertrag, sprich einer ordentlichen Bezahlung. Nur ein wenig technische Betreuung, sprich Wartung, ist noch erforderlich. Aber das könnte ja mit einer relativ geringen Zahl von Technikern erledig werden. Die man bei einer Fremdfirma anstellen, also „outsourcen“ könnte.
Dummerweise haben technische Systeme die Eigenart, auch einmal auszufallen. Und dann muss meist der Mensch einspringen. Was in diesem Fall bedeutet, dass auch weiterhin ein paar Controller beschäftigt werden müssen. Welche die meiste Zeit nichts zu tun haben werden, weil ihre Aufgabe ja nun von dem automatisierten System übernommen und alles bestens (und effektiver als sie dies tun könnten) erledigt wird. Sie müssen „nur“ einspringen, wenn das System einmal schwächelt.
Fragt sich nur, ob sie das dann auch können. Denn um ihrer Aufgabe auch gerecht werden zu können, müssen sie auch entsprechend fit sein. Das heißt, sie müssen ihren Job laufend ausüben. Die Protagonisten eines automatischen Flugsicherungssystems sind deshalb der Meinung, dass die Leistungsfähigkeit der Controller dann eben durch entsprechendes Simulatortraining auf dem notwendigen Niveau gehalten werden müsse. Doch diese Überlegung hat nicht nur einen, sondern gleich zwei Haken. Zum einen, weil Controller ja nicht nur vor ihrer Radarkonsole oder auf dem Tower sitzen und lediglich auf die Flugbewegungen und die Wünsche der Piloten reagieren. Vielmehr analysieren sie bereits im voraus die Verkehrslage und entwickeln einen Plan, wie diese am besten abgearbeitet werden kann. Dass dieser Plan hin und wieder nicht aufgeht, kommt vor. Aber im Vergleich zu einem Rechner, der nach einem festen, ihm eingegebenen Programm arbeitet, sind Menschen flexibel genug, sich eine Alternative einfallen zu lassen. Zumindest ist mir das immer gelungen. Auch wenn die Lösung dann nicht immer als elegant bezeichnet werden konnte. Beim Ausfall eines automatisierten, rechnergestützten Flugsicherungssystems können die Controller jedoch nicht wissen, wie dieses System eine bestimmte Verkehrssituation zu lösen vorhatte. Die Controller müssten also einen Plan abarbeiten, den sie gar nicht kennnen. Dass dies bei einer komplexen Verkehrssituation in einem Desaster enden würde, ist leicht vorherzusehen.
Und der zweite Haken? Der liegt in der Hoffnung, dass mit einem automatisierten System mehr Flüge abgewickelt werden können als dies die Controller schaffen. Dass damit also die Kapazität erhöht werden könnte. Dem soll nicht widersprochen werden. Aber wenn dann bei einem Ausfall dieses Systems die Controller nicht nur einen Plan abarbeiten sollen, den sie nicht kennen, werden sie bei einem Verkehrsaufkommen, das ihre Kapazität übersteigt, mit Sicherheit scheitern. Und diese Sicherheit, das kleine Wortspiel sei hier erlaubt, dient ganz bestimmt nicht der Sicherheit. Und daraus ergibt sich die Notwendigkeit, nur so viel Verkehr in das System zu pumpen, der im Fall der Fälle von den Controllern auch sicher abgewickelt werden kann.
Menschen sind bekanntlich mit Fehlern behaftete Wesen. Sie können wesentlich langsamer als Computer rechnen und benötigen für bestimmte Arbeiten etwas mehr Zeit als ein Hochleistungsrechner. Und Computern unterlaufen auch keine Fehler. Aber Computer arbeiten nach einem bestimmten Programm. Ein Programm das ihnen von irgendjemand eingeflößt wurde. Tritt dann eine Situation ein, die bei diesem Programm nicht vorgesehen wurde, dann wird der Computer diese Situation nicht lösen können. Ganz einfach, weil er alternative Lösungsmöglichkeiten nicht kennt bzw. sie bei den unzähligen Möglichkeiten, welche von Computern der „Künstlichen Intelligenz“ miteinander verglichen werden, nicht vorkommen. Der Mensch ist jedoch in der Lage, auch auf unvorhergesehene Situationen flexibel zu reagieren. Und deshalb muss die Forderung, die ich in den achtziger Jahren immer wieder gehört habe, auch weiterhin seine Gültigkeit haben: „The Controller must stay in the loop“. Es wäre fatal, wenn moderne Flugsicherungsmanager diesen Grundsatz über Bord werden würden.
Der Mensch verfügt auch noch über eine weitere Fähigkeit, die in diesem Zusammenhang nicht unerwähnt bleiben soll. Er ist in der Lage, in der Art und Weise, wie sein Gegenüber ihm etwas mitteilt, mehr heraushören als die in Worte gefasste Nachricht. Bei der Luftfahrt betrifft dies den Sprechfunk. Der hat, wie bereits erwähnt, so seine Tücken. Ganz einfach, weil ein Mensch sich eben auch einmal versprechen oder, was in diesem Zusammenhang von größerer Bedeutung ist, auch einmal verhören kann. W...
Table of contents
- Inhaltsverzeichnis
- Ein Porolog oder der Versuch, den Zweck dieses Buches zu erklären
- Weshalb braucht man Fluglotsen?
- Ein bisschen Geschichte zum Anfang
- Wie wird man eigentlich Fluglotse
- Am Anfang stehen Theorie und Simulation
- Die „Trainee“ – Zeit
- Die Kontrolle des Luftverkehrs
- Die Flugverfahren
- Die fliegende Kundschaft
- Und die anderen Kunden
- Die Kommunikation
- Die Sache mit dem Radar
- Flugpläne und Kontrollstreifen
- Von Not- und Zwischenfällen, der Unternehmenskultur und die Rolle der Medien
- Der Funktionär
- Ein Blick in die Glaskugel
- Nachwort
- Über den Autor
- Impressum