Macbeth Melania
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Macbeth Melania

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Macbeth Melania

About this book

Katharina Tiwalds temporeiches Romandebüt erzählt von Theater, von Politik, und von den Akteurinnen und Regisseuren, die beide Welten bestimmen. Hellwach und beschwingt geht es um viel, geht es um alles, mit diesen Lettern, die die Welt bedeuten.2017, als gerade der Wahlkampf in Österreich tobt, verlässt Mike Knutkovsky, ein krisengebeutelter deutscher PR-Berater, wegen einer Mini-#MeToo-Affäre Deutschland und heuert bei der SPÖ an. Er bekommt den Auftrag, aus einer alten Eisenhandlung ein Bezirkstheater zu zaubern und landet schlussendlich bei der Autorin Tiwald, die ihm vorschlägt, aus Macbeth per Überschreibung ein Trump-Stück zu machen. Aus Melania wird Lady Macbeth, am Schluss spielt Reinhold Mitterlehner König Duncan, und Fatima, der neue Star, hüpft als Melania Trump im Fatsuit über die Bühne. Dazu: Tal Silberstein, Fokusgruppen, ein gewisser Sebastian und entzückende NMS-SchülerInnen, die aus dem echten Leben der Autorin stammen.Sprachlich souverän führt uns Katharina Tiwald durch ein Universum voller Anspielungen, sogar die slowenische Heimatstadt von Melania Trump samt Führung an die Stätten des früheren Lebens der First Lady dürfen wir mit ihr erleben … ein schräger, lustvoller Roman über unsere Gegenwart.

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Information

Publisher
Milena Verlag
Year
2020
eBook ISBN
9783903184633
Edition
2

XXIIPREMIERE

Alfred hatte viermal routiniert das Wetter am Handy gecheckt. »Der macht das immer«, sagte die Tiwald, die sich ihr Haar zu einer nestartigen Konstruktion hatte aufstecken lassen, erklärend zu Mike, »das hat er vom Bauernhof. Weil spätestens im Juni das Heu gemacht werden muss. Er hat eine Nase dafür, sagt er. Was Regen und Sonne betrifft.«
»Es wird nicht regnen«, verkündete Alfred, »das Handy sagt Ja, ich sag Nein« – »Es sticht«, trug die Tiwald bei, »und ich bin nervös und ich will jetzt was essen. Am liebsten Sushi. Meinetwegen auch aus einer Plastikbox.«
Mike schaute, die Hände hinter dem Rücken verschränkt, nach oben, hinein ins Sattblau des Wiener Himmels, auf dem eine kleine, dunkle Wolke nach Westen segelte, und sagte gar nichts. Er fühlte sich seltsam aufgehoben in diesem Wetter, auf diesem Gehsteig, in der klaren Luft, dem warmen Licht; alles war getan, alles erprobt, beworben, durchgestanden, die Nichte der grünen Bezirksrätin würde in Bälde ihren Platz an der Kassa beziehen, und wenn ein Platzregen den ersten Auftritt der Hexen draußen auf dem Gehsteig begleiten würde, wär ihm das auch gleich, und milde lächelnd hörte er sich die Sorgen der Tiwald an, die meinte, das könne man dem Publikum nicht antun, patschnass im Universum sitzen.
Sie teilten sich eine riesige Sushibox, der Urbanek bekam auch was davon, und Alfred aß die Gurkenmakis. Die Nichte schlichtete die vorbestellten Tickets; Carola Erler zauberte Tony Wegas, der King Trump spielte, seine Spaghettitopffrisur, puderte des Mitterlehners Nase und nahm sich dann Fatima vor. Der Mitterlehner studierte sein Spiegelbild mit schmalen Augen und sagte dann, dass ihm das schon abgegangen sei. Die Tiwald, die hinter ihm vorbeiging, schaute auch in den Spiegel und zitierte: »Irgendwer muss die Arbeit machen in diesem Land« – sie traute sich nicht, ihm auf die Schulter zu klopfen –, und der Mitterlehner lächelte so schmal, wie er vorher geschaut hatte.
»Es wird regnen«, sagte Mike, »ich weiß es!«
Alfred kaute auf seinen Daumennagelbetten und schwieg, während er in den Himmel starrte; der Urbanek band sich eine Krawatte um.
Als die ersten BesucherInnen kamen, rumpelte der erste Donner über den Dächern. »Das will noch nix heißen«, meinte der Urbanek, ein bisschen geistesabwesend, weil er Hände schütteln musste.
Das Publikum war angewiesen, sich nach Sitzplatzbesetzung und Jackendeponierung und letzten Klobesuchen wieder nach draußen zu begeben – die »Berformäns«, wie die Bezirkschefin, die im roten Kostüm aufgetreten war, sagte, würde draußen starten.
Tante Betti kam, legte Hut und Handtasche ab, grinste und spuckte Mike dreimal über die Schulter.
Özlem kam, knurrte: »Jetzt hast du auch noch über mich geschrieben, du elende Tintifaxin«, und die Tiwald schnurrte entschuldigend: »Sei nicht bös, du essigsaures Gurkerl. Du gehörst halt einfach dazu.«
Die Hirschal busselte Mike links und links. Sogar die Mihalits erschien, schmollend und angetan in einem Sari und mit einem roten Punkt auf der Stirn.
Rundherum strömten Menschen herbei, auch ein Mann mit blauen Flügeln auf einem weißen Käppi und einem T-Shirt, das irgendwie nach Uniform aussah. »Michael Knutkovsky? Michael Knutkovsky?«, fragte er sich durch, fragte den Urbanek, der so offiziell aussah, fragte Alfred, der formvollendet ohne Krawatte dastand, aber mit Sommersakko, Gilet und schwarzen Jeans; alle drehten die Köpfe hin und her und orteten Mike, der mit Tante Betti Nettigkeiten austauschte. »Michael Knutkovsky?«, fragte der Mann mit den blauen Flügeln, »ich hab hier ein Packerl für Sie.«
»Für mich?«, fragte Mike verwirrt und unterschrieb mit einem Pseudostift auf einem elektronischen Kästchen. Der Bote händigte das Paket aus, sagte: »Viel Spaß« und verschwand aus der Menge.
»Das ist aber lieb«, sagte die Tiwald, die sich herbeigedrängt hatte.
Mike drückte das Paket, ein ziemlich voluminöses Ding, an seinen Brustkorb, plötzlich nervös.
»Mach auf! Wir sind neugierig«, drängte die Tiwald weiter.
»Ich weiß nicht«, hauchte Mike, sagte: »Warte« und verschwand im Bühneneingang.
Die Eltern der Tiwald kamen jetzt, lächelten und hatten auch die Brüder und deren Freundinnen mitgebracht. »Die werden Augen machen«, sagte die Tiwald zu Alfred, aber da war Mike schon wieder da. »Mike. Mike?«
Da stand er und hatte eine Nerzjacke an. »Eine Nerzjacke …«, sagte er tonlos mitten in der Menschenbrandung, »eine Nerzjacke, ich fass es nicht. Die schickt mir eine Nerzjacke. Das Arschloch schickt mir eine Nerzjacke.« – »Mike?«, fragte die Tiwald verstört, er hatte Tränen in den Augen: »Sabine hat mir eine Nerzjacke geschickt, das Aas, und eine Karte. Sie wünscht uns viel Glück. Viel Glück.«
»Aber was …«
»Gar nix. Das war’s. Eine schöne Zeit. Entschuldige bitte. Viel Glück. Eine Nerzjacke.«
Dann sagte er noch einmal: »Eine Nerzjacke«, schaute in den Himmel, über den ein Donner rollte, ein Blitz zuckte, draußen hatte sich das Publikum versammelt. »Nicht einmal eine Kapuze hat das Ding«, grummelte Mike, während der Urbanek alle eloquent und freundlich begrüßte und die ersten Regentropfen wie kleine Geschoße herabfielen.
»Scheiße«, flüsterte Alfred so, dass keiner es hören konnte, aber da traten schon die Hexen auf. Tante Betti, die Bezirksvorsteherin und die Nichte, die jetzt einen weißen Kampfhosenanzug und eine weizenblonde Perücke trug, und sie sangen und sie säuselten und der Regen platschte da und dort:
Wann begegnen wir uns wieder?
Beim Singen von Burschenschaftsliedern?
Beim Ausriss von Backenzahnkronen?
Beim Gekürztwerden unserer Löhne?
Beim Sitzenbleiben der Klassen?
Beim Kneten von Plastikmüllmassen?
Nein, treffen wir uns am election day …
der Regen platschte und patschte und es donnerte und hinten spannten sie schon die Regenschirme auf und
wir treffen uns am election day,
wir sprengen Börse und Handelskai,
wir budern die Urnen und denken Sieg Heil,
wir voten für Stürmer und denken anal,
der Demokratie, dieser öden und blöden,
den Politikern, diesen Deppen, den schnöden,
dem allen verpassen wir heut einen Tritt,
und uns selbst verpassen wir gleich einen mit!
Hail Macbeth! Hail Trump! Hail Shorty! Salve, Salvini!
So gscheit, so super, so extrastark bin i!
Meine Stimme habts ihr, hurra!
Und sie kicherten und sie lachten und hielten sich die Bäuche, die Bezirksvorsteherin den roten, die Nichte den weißen, Tante Betti den schwarzen, und die Leute drängten sich unter den Schirmen zusammen, sie zitterten, weil ein Kälteschauer durch die Straße fuhr, ein Blitz sprengte den Himmel, und alles folgte den Hexen hinein in die ehemalige Eisenwarenhandlung, die jetzt das Universum war.
Drinnen stand der Mitterlehner als König Duncan, ausgestattet mit einer Mini-Erntedankkrone und einem Mantel, den die Nichte aus lauter roten Absperrbändern zusammengenäht hatte, und ließ sich von einem »bloody man«, der gerade aus einer Schlacht gekommen war und lauter Schrammen an den Armen und einen gelben Bauarbeiterhelm auf dem Kopf hatte, von diesem Wundermann berichten, von Macbeth, der sich in die Schlacht gegen das Establishment geworfen habe, gegen die Drecksäcke und die Lügenmedien und CNN und ORF und gegen die Vergewaltiger, die über das Meer und durch die Wüste kamen. »Und dann«, sagte der bloody man, »hat er sie erwischt und gesagt: ›You’re fired!‹«
»Hm«, sagte Duncan-Mitterlehner,
»bringt mir dies Wunder von Wuzzi,
lasst seh’n dies furchtlos Großmaul!«
Auftritt: Tony mit Spaghettitopffrisur und dem schwarzen Anzug, den Carola Erler beim Flohmarkt in der Volksoper entdeckt hatte (die Tiwald freute sich über die ersten Lacher, und Mike, der sich in den Nerz hüllte wie ein Olympialetzter heimlich in die Flagg...

Table of contents

  1. Cover
  2. Titel
  3. Widmung
  4. Inhalt
  5. I WIEN, NUR DU ALLEIN
  6. II DIE IDEE
  7. III CASTING IDEALER HEXEN
  8. IV IN EINEM GARTEN, BEI EINER PARTY
  9. V WIEN IST SCHÖN
  10. VI WAS IHNEN ZUSTEHT
  11. VII FLASHLIGHTS
  12. VIII THE MURTHERERS
  13. IX DER WILL JA NUR SPIELEN
  14. X FLAK
  15. XI EINE MELANGE HEBEN
  16. XII GIGI
  17. XIII THE SHIT HITS THE FAN
  18. XIV EIN NEUES KAPITEL
  19. XV KLEINE KEKSE BACKEN
  20. XVI +
  21. XVII SLOVENIJA
  22. XVIII WHITE HOUSE SLIPPERS
  23. XIX MIKES MONOLOGE
  24. XX ZUM SCHIESSEN
  25. XXI EINSPRUCH
  26. XXII PREMIERE
  27. XXIII UND DANN
  28. Impressum