1 Prolog
- 1.1 Positive Leadership needs Positive SelfâLeadership
- 1.2 PERMA: The Human Dashboard PERMAâSLâDashboard zur Steuerung des
- 1.3 Positive SelfâLeadership
- 1.4 KapitelĂŒberblick
- 1.5 Hinweise und Tipps
Die ersten Worte eines Buches, so sagt man, seien immer die Schwierigsten. Dabei ist es wie bei jeder VerÀnderung, man beginnt mit einem ersten Schritt. Es ist noch nicht ganz klar, was dabei rauskommt und wie es im Detail ausschaut.
Wie fĂ€ngt man nun ein Buch an, in dem es darum geht, den Unterschied zwischen GlĂŒck und Wohlbefinden sowie Leadership und Self-Leadership zu erlĂ€utern. Und warum das so wichtig fĂŒr die eigene Gesundheit und das Ausleben der Potenziale ist. Wie man spĂ€ter genauer nachlesen kann, geht es beim hedonistischen Wohlbefinden vor allem um âhappinessâ â also SpaĂ haben und glĂŒcklich sein. Das ist zwar auch wichtig. FĂŒr eine Langzeitwirkung sollte man jedoch auf das eudaimonische Wohlbefinden (eudaimonic wellbeing) achten. Das Wort âeudaimonischâ kommt ĂŒbrigens von Aristoteles und bedeutet so viel wie âein gutes Leben fĂŒhrenâ und âseine Potenziale entfaltenâ. Daher kommt auch der Untertitel âPotenzialentfaltung und Wohlbefinden fĂŒr Beruf und Alltagâ.
In den letzten Jahren habe ich mich intensiv mit der Positiven Psychologie im Allgemeinen und dem Positive Leadership im Speziellen sowie den Themen Potenzialentfaltung und potenzialfokussierte Entwicklung beschĂ€ftigt. Im letzten Jahr sind in Webinaren und in den sozialen Medien (twitter, LinkedIn) immer wieder das Thema âSelf-Leadershipâ bzw. âSelbstfĂŒhrungâ aufgetaucht. Auch wenn es manchmal nur Teilaspekte davon waren, wie sich bei der genaueren Recherche gezeigt hat. Deshalb habe ich selbst mit der Recherche begonnen, und als ersten Schritt einen kleinen Selbstlernkurs fĂŒr meine Webseite gestaltet. Dieser ist aus der ursprĂŒnglichen Intention âeine kleine MarketingmaĂnahme zu machenâ entstanden. Ich glaube, dafĂŒr ist das âPERMA-Dashboardâ mit ca. 50 A4 Seiten eigentlich zu lang â aber was weiĂ ich schon von Marketing. Als im Herbst dann erkennbar wurde, dass die Corona-Pandemie noch lĂ€nger dauern wĂŒrde, habe ich mich dazu entschlossen, aus den bisher gesammelten Ideen, Texten und eigenen BlogbeitrĂ€gen ein Buch zu machen. Damit habe ich mir auch einen Lebenswunsch erfĂŒllt. So bin ich losgegangen, und habe recherchiert, getextet und gelayoutet â Step by Step.
Ich lade Sie ein sich auf den Weg der kleinen Schritte zu machen, weil âŠ
- Self-Leadership ein Thema fĂŒr alle ist â und nicht nur fĂŒr FĂŒhrungskrĂ€fte. FĂŒhrungsarbeit (Leadership) passiert stĂ€ndig, und Self-Leadership umso mehr. Es beginnt mit dem Aufstehen und endet mit dem Einschlafen.
- Self-Leadership mehr ist als nur eine ErgÀnzung zu den Leadership-Themen und Methoden
- Das âPositiveâ kommt von der Positiven Psychologie. Dort steht âSchwĂ€chen managen, StĂ€rken stĂ€rkenâ im Mittelpunkt. Es ist also mehr als ein reines âDu musst nur positiv denken, das Schlechte ausblenden, und Du wirst alles schaffenâ Geschwafel.
- Apropos Geschwafel, das gibt es hier nicht. Dieses Buch orientiert sich an evidenzbasierten, wissenschaftlichen Erkenntnissen. â (hoffentlich) gut lesbar und verstĂ€ndlich.
- NatĂŒrlich dĂŒrfen dabei positive Emotionen und ein Schuss Humor vorkommen.
- Durch Praxisbeispiele werden Anwendungen der theoretischen Modelle vorgestellt
- Durch die vielen Ăbungen kann man es sofort im eigenen (Arbeits-)Alltag umsetzen. Deshalb heiĂt es ja auch Workbook.
Im folgenden Abschnitt gehe ich auf die wichtigsten Begriffe und den Fokus meines Buches ein. Abgerundet wird dieses Einleitungskapitel von einer Kurzzusammenfassung der einzelnen Kapitel und Hinweisen zur Anwendung des Buches in der Praxis.
1.1 Positive Leadership needs Positive Self-Leadership
Beim Thema Leadership wird aktuell viel ĂŒber die komplexen Herausforderungen diskutiert. Bei der Frage, was erfolgreiche FĂŒhrungsarbeit ausmacht, kommt jedoch hĂ€ufig ein wesentlicher Faktor zu kurz: die inneren Prozesse des Leaders. Denn fĂŒr effektives Leadership ist Self-Leadership eine wichtige Voraussetzung.
Leadership wird gemeinhin mit FĂŒhrungsarbeit oder der FĂ€higkeit, Verantwortung zu ĂŒbernehmen, gleichgesetzt. Es ist eine effektive Fremdbeeinflussung im Sinne von âYes, we can!â. Positive Leadership fokussiert ganz im Sinne der Positiven Psychologie auf die StĂ€rken und Ressourcen der Mitarbeiter. Ein wichtiger Leitsatz lautet dabei: âSchwĂ€chen managen, StĂ€rken stĂ€rken!â
WĂ€hrend sich der Begriff Leadership auf die Beeinflussung anderer Personen bezieht, versteht man unter Self-Leadership die Beeinflussung eigener innerer oder gedanklicher Prozesse. Es ist also eine effektive Selbstbeeinflussung im Sinne von âYes, I can!â. Oftmals wird der Begriff SelbstfĂŒhrung synonym verwendet. Beim Positive Self-Leadership steht gemÀà der Positiven Psychologie die Fokussierung auf die eigenen Potenziale, also die besonderen Talente und Begabungen, im Mittelpunkt. Es ist somit SelbstfĂŒhrung auf der Grundlage der Positiven Psychologie.
Warum Positive Self-Leadership so wichtig ist?
Ich unterstĂŒtze seit 2013 Menschen dabei, ihre eigenen Potenziale zu entdecken und zu entwickeln. Die Beratung nennt sich âPotenzialanalyseâ, und besteht aus einem ErstgesprĂ€ch, einer Testphase (mit psychologischen Tests) und einem AuswertungsgesprĂ€ch. In diesen Coachingprozessen fĂ€llt mir hĂ€ufig auf, dass viele Coachees (bzw. meine Kunden*innen) zu wenig oder gar nicht auf ihre BedĂŒrfnisse achten. Dies ist ihnen oft gar bewusst. Sie nehmen es als gegeben hin, und hinterfragen es deshalb auch nicht. Noch hĂ€ufiger trauen sich die Kunden*innen nicht, etwas zu unternehmen. In der Arbeitswelt hat dies oft mit hierarchischen Strukturen zu tun. Auch im privaten Umfeld lĂ€sst man sich gerne von auĂen leiten âIch kann ja nicht, weil mein Chef / meine Partner*in / mein Vater / meine Mutter will von mir, dass ich âŠâ Man will es allen recht machen, und stellt externale BedĂŒrfnisse und Anforderungen in den Vordergrund. Die eigenen BedĂŒrfnisse werden dabei vernachlĂ€ssigt. âAuf die eigenen BedĂŒrfnisse zu achten, hat nichts mit Egoismus zu tun.â ist eine dabei effektive RĂŒckmeldung â eigentlich schon eine Intervention. Wer auf die eigenen BedĂŒrfnisse achtet, in sich hineinhört, weiĂ was gut fĂŒr ihn/sie ist und kann leichter entscheiden, was er/sie machen will.
Die Grundlage fĂŒr Positive Leadership bilden eben nicht nur Methoden und Tools, sondern in erster Linie die eigene Haltung und das eigene Verhalten. Positive Leadership beginnt somit mit dem Positive Self-Leadership â einer stĂ€rkenorientierten SelbstfĂŒhrung.
Positive Self-Leadership kann man (grob) unter zwei Blickwinkeln betrachten. Einerseits auf der Methoden- und Tools-Ebene und anderseits auf der persönlichen Ebene.
Bei den Methoden und Tools geht es z.B. um Zeitmanagement (2 Minuten Regel, 72 Stunden Regel, Kanban-Board, âŠ), LeitsĂ€tze (Eat the frog, Zero Email Box, âŠ) und andere Tools (SMART, VARES, âŠ). In diesem Buch beschĂ€ftigen wir uns hauptsĂ€chlich mit der persönlichen Ebene, und lernen dazu die acht Faktoren fĂŒr gelungene SelbstfĂŒhrung kennen.
GlĂŒckliche Menschen sind erfolgreicher â nicht umgekehrt!
In einer Metastudie von Lyubomirsky, King und Diener (2005) wurden ĂŒber 225 Einzelstudien analysiert. Zufriedene Mitarbeiter*innen erreichten im Durchschnitt eine um 31 % höhere ProduktivitĂ€t, 37 % mehr VerkaufsabschlĂŒsse sowie eine dreimal (!!!) so hohe KreativitĂ€t. Zudem wurde eine deutlich erhöhte LeistungsfĂ€higkeit festgestellt.
Eine aktuelle Studie der UniversitĂ€t Oxford (Bellet et al. 2019) zeigt Ă€hnliche Ergebnisse. Die Befragten (n=1800) zeigten um 13 % höher VerkaufsabschlĂŒsse, in Wochen in denen sie sich glĂŒcklich einschĂ€tzten.
Auch immer wieder interessante Erkenntnisse liefert der Erfinder des PERMA-Lead©- Profilers Markus Ebner mit seinem Team. Hier zwei wirklich interessante Ergebnisse zu Positive Leadership. In einer Pilotstudie wurden Extremgruppen verglichen: FĂŒhrungskrĂ€fte mit hohen PERMA-Lead-Werten mit FĂŒhrungskrĂ€ften mit niedrigen PERMA-Lead-Werten. Es zeigte sich, dass dies nicht nur zu deutlich zufriedeneren, motivierteren und gesunderen Mitarbeitern*innen fĂŒhrt, sondern auch zu höherer Kundenzufriedenheit und sogar höheren Verkaufszahlen. Ebenso bemerkenswert sind Ergebnisse einer bislang noch nicht publizierten Studie (Ebner 2021). In Teams mit ausgeprĂ€gten Positive Leadership (gemessen durch höhere PERMA-Lead Werte) sind die Mitarbeiter*innen im Durchschnitt deutlich zuversichtlicher, gut durch eine Krise zu kommen. Positive Leadership und Positive Self-Leadership haben also nichts mit sogenannter âSozialromantikâ zu tun. Es ist kein âNice-to-haveâ â es ist ein âMust-have!â
PERMA als Grundlage fĂŒr Flourishing
In der Pflanzenwelt wird PERMAkultur mit nachhaltiger Landwirtschaft und Gartenbau assoziiert. In der Positiven Psychologie sprechen wir von AufblĂŒhen bzw. vom Flourishing. Der Vergleich lĂ€sst sich noch weiter âspinnenâ. In der PERMAkultur geht es hier wie da nicht nur um âein bisschen aufblĂŒhenâ oder etwas âmöglichst effizient zum BlĂŒhen zu bringen, um die Ernte zu maximieren.â
Es geht um einen ganzheitlichen Ansatz, der auf wissenschaftlichen, evidenzbasierten Erkenntnissen aufbaut, und gĂ€nzlich auf âesoterischen Hokuspokusâ verzichtet. PERMA ist ein Akronym und wurde vom Martin Seligman (2011) entwickelt und konzipiert. Mittlerweile sind die theoretische Fundierung und die Wirksamkeit von PERMA vielfach belegt.
Der Begriff Flourishing ist aus der Pflanzenwelt entlehnt, und lĂ€sst sich mit âAufblĂŒhenâ ĂŒbersetzen. Dazu zĂ€hlen das bewusste Wahrnehmen und Erleben
- von positiven EindrĂŒcken und Erfahrungen (Positive Emotions),
- das Meistern der Aufgaben im Beruf und im Alltag (Engagement & Flow),
- das Erleben von unterstĂŒtzenden Beziehungen (Relationships),
- von sinnvollen und sinnstiftenden Aufgaben und TĂ€tigkeiten (Meaning & Purpose)
- und von Erfolgserlebnissen (Accomplishment).
Das Ausleben von PERMA â sowohl in der Arbeit als auch im Alltag â stĂ€rkt das persönliche Wohlbefinden und ermöglicht die Potenzialentfaltung. Das PERMA-Modell kann auch als Meta-Modell verstanden werden, in dem man verschiedene Modelle unterordnen kann. Die beiden bekanntesten BĂŒcher zur Positiven Psychologie im deutschsprachigen Raum âPositive Leadershipâ (Ebner 2019) und âArbeit besser machenâ (Rose 2019) orientieren sich am PERMA-Modell, und sind entsprechend gegliedert. Auch die neueren kĂŒrzeren BĂŒcher zu den Themen âPositiv FĂŒhren in schwierigen Zeitenâ (Thiele 2020) oder âFĂŒhren mit Sinnâ (Rose 2020) orientieren sich genauso am PERMA-Modell.
Daher lag es auf der Hand, das PERMA-Modell als Ausgangspunkt zu wÀhlen. Hierzu möchte ich Ihnen die Metapher des PERMA-Dashboards vorstellen.
1.2 PERMA: The Human Dashboard
In seinen Vorlesungen erzĂ€hlt Martin Seligman (Seligman et al 2020, Course 1) ĂŒber den Beginn seiner PrĂ€sidentschaft der American Psychological Association im Jahre 1998 und seinen Weg zum PERMA-Modell. Beim UnkrautjĂ€ten in seinem Garten gab ihm seine Tochter einen entscheidenden DankanstoĂ. Dabei bemerkte er, dass die Psychologie nur halb fertig ist: âI realized, that my profession, psychology, was half-baked. That the part that had been baked and the part that I was proud of was the alleviation of suffering, but the part that was unbaked, the part that was missing, was a psychology of well-being.â (ebd., Module 1.3).
FĂŒr Seligman (ebd.) haben drei wichtige Dinge gefehlt:
- Eine psychologische Theorie des Wohlbefindens (theory of well-being). Fast alle Theorien und Modelle in der Psychologie beschĂ€ftigen sich Krankheiten und psychischen Störungen â mit dem was fehlt.
- Es gibt keine Messinstrumente fĂŒr Wohlbefinden.
- Es gab keine Interventionen, um das Wohlbefinden zu stÀrken und zu verbessern. Die meisten Interventionen und Therapien zielten darauf ab, das Leiden (durch Krankheit und Störungen) zu vermindern.
Wie sich gezeigt hat, hat sich das PERMA-Modell zum zentralen Paradigma der Positiven P...