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About this book
Andere Formen des Wirtschaftens zu entwickeln, die nicht auf dem Fetisch Wachstum beruhen, sondern auf soziale Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit setzen, ist mehr denn je ein Gebot der Stunde. Eine buddhistische Wirtschaftsethik bietet eine fundierte Kritik an herkömmlichen ökonomischen Sichtweisen und leistet einen wichtigen Beitrag, damit buddhistische Prinzipien wie MitgefĂŒhl, Achtsamkeit und GenĂŒgsamkeit zu MaĂstĂ€ben unseres Handelns werden.
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Information
Bemerkungen zum »wirtschaftlichen Fortschritt«
Der Buddhismus zeichnet kein illusionĂ€res Bild vom Menschen. Menschliches Handeln ist »durch Unwissenheit gehemmt und durch Begehren gefesselt«.232 Dieses grundlegende Urteil ĂŒber die menschliche Situation versuchte der vorliegende Entwurf einer buddhistischen Wirtschaftsethik anhand einiger Fragestellungen der gegenwĂ€rtigen Ăkonomie zu konkretisieren. Man kann das wichtigste Ergebnis so zusammenfassen: Im wirtschaftlichen Handeln zeigt sich die menschliche Grundverfassung â die Unwissenheit â in einem vergröĂerten Zerrbild. Die Unwissenheit ĂŒber die globale Bedingtheit aller wirtschaftlichen Erscheinungen hat sich im Geld geradezu »materialisiert«, und das darauf gerichtete Begehren und der resultierende Wettbewerb sind der Motor der Weltwirtschaft. Die marktwirtschaftliche, kapitalistische Wirtschaftsorganisation hat die vielfĂ€ltigen menschlichen BedĂŒrfnisse, Ziele und WĂŒnsche in einem Ziel kanalisiert, an dem sich immer mehr Menschen im planetarischen MaĂstab orientieren. Dieses Ziel ist von hohler Abstraktheit und Leerheit. Es lautet: mehr Geld!233
Die Handlungen, in denen die Begierde nach mehr Geld erscheint, sind vielfĂ€ltig. Der von Gier und Angst gelenkte Blick auf die Quartalszahlen bei den Anlegern, die Informationen ĂŒber Aktienkurse im Sekundentakt per Internet sind ebenso Ausdruck dieses Ziels wie die völlige SelbstverstĂ€ndlichkeit, in der vom Pro-Kopf-Sozialprodukt eines Landes erwartet wird, dass es wĂ€chst. In der nebulösen Sprache der Politik wird dieses formale Ziel nach einer Vermehrung von geldgleichen Werten mit Begriffen wie »modern«, »fortschrittlich« oder »zukunftsfĂ€hig« ĂŒbersetzt. Angefangen hĂ€ufig schon im Elternhaus, multipliziert durch die Medien, ĂŒber die Schule und Hochschule bis zum tĂ€glichen Leistungsdruck im Beruf wird die universelle Gier nach Mehr damit zur globalen Gewohnheit der Verblendung. Sie durchdringt auch andere Lebensbereiche und -inhalte, wie die SexualitĂ€t, den Sport, die Freizeit oder die Kunst mit einem universellen Werturteil, das sich an der QuantitĂ€t des GröĂten oder Kleinsten orientiert: das Höchste, Schnellste, Tiefste, Erfolgreichste, Meiste usw. wird zum allgegenwĂ€rtigen Wert einer impliziten Ethik des Mehr.
Da diese Begierde nach Mehr aber in sehr verschiedenen Ego-Prozessen verankert ist â vom individuellen Erfolgsstreben ĂŒber die Gewinnmaximierung der Unternehmen bis zur politischen und militĂ€rischen Auseinandersetzung der Staaten â, treten die Menschen und Menschengruppen als Fremde einander gegenĂŒber und stehen in einem unaufhörlichen Wettbewerb, der eine Vielzahl verhĂ€ngnisvoller Verhaltensweisen nach sich zieht. Wie der Buddha in einem bereits zitierten Passus sagt, entsteht abhĂ€ngig von der Begierde des Egos »das Erwerben, abhĂ€ngig vom Erwerben der Geiz, abhĂ€ngig vom Geiz das Verteidigen, anlĂ€sslich des Verteidigens kommt es zu vielen bösen, unheilbringenden Dingen, zum Greifen nach Schlagstöcken, zum Greifen nach Waffen, zu Hader und Streit, Zank und Zwist, zu Verleumdung und LĂŒge.«234 Es ist nicht schwer, hierfĂŒr zeitgemĂ€Ăe Ăbersetzungen und reichlich ErgĂ€nzungen zu finden, die diesen Gedanken illustrieren.
Die Quelle dieser abhĂ€ngigen Prozesse findet sich aber in einer irrationalen Begierde, auf deren Grundlage der Fortschritt im Kapitalismus beruht: der Begierde nach mehr Geld. Das ist keine naturgegebene oder in einem abstrakten »System« begrĂŒndete Zielsetzung. Die vorangegangene Analyse versuchte zu zeigen, dass diese Begierde getragen wird von einem Nichtwissen, also einem irrationalen Grund. Das, was die Ăkonomen »Rationalprinzip« nennen, nĂ€mlich das Streben nach einer Maximierung unterschiedlicher ZielgröĂen, ist in Wahrheit ein Irrationalprinzip. Kein Vermögen, keine Geldsumme, kein Aktienkurs, kein Sozialprodukt ist jemals hoch genug, um dieses irrationale Streben zu beenden.
Der private Verbrauch in Deutschland, Japan oder den USA hat sich im Zeitraum vom Anfang der 70er Jahre bis in die Mitte der 90er Jahre in jeweils 21 bis 24 Jahren verdoppelt. Jeder positiven Wachstumsrate entspricht ein bestimmter Verdopplungszeitraum. Eine Wachstumsrate von 3 % bedeutet, dass sich die AusgangsgröĂe (z. B. das Sozialprodukt) in 24 Jahren verdoppelt. Das Streben nach unaufhörlichem Wachstum in den von Politikern angestrebten GröĂenordnungen beruht damit auf dem Glauben, man könne das Weltsozialprodukt etwa alle 25 bis 30 Jahre verdoppeln (pro Kopf verdoppelte sich der private Verbrauch in den drei genannten LĂ€ndern etwa alle 30 Jahre). Dasselbe gilt fĂŒr das Umsatzwachstum von Unternehmen oder den Zuwachs von Vermögenswerten.
Das scheinbar unschuldige Streben nach einem globalen Wirtschaftswachstum von etwa 2 bis 3 Prozent enthĂ€lt wenigstens fĂŒr die LĂ€nder des Nordens mit einem geringen Bevölkerungswachstum die Forderung, dass sich das Konsumniveau wĂ€hrend eines einzigen Lebens bis zu dreimal verdoppeln soll. Das ist das »bescheidene« Alltagsziel der Wirtschaftspolitik. Der Preis dafĂŒr ist nicht nur hoch, er wird unbezahlbar, denn auf seiner RĂŒckseite zeigt sich nicht nur der Wahnsinn globaler SachzwĂ€nge, die permanente »Flexibilisierung« aller Lebensbereiche, sondern vor allem eine ökologische Unmöglichkeit. Kein System kann in begrenztem Umfeld endlos wachsen. Dieses einfache Prinzip der Gier nach mehr Geld ist der ethische Gegenwert zahlloser Meinungen und Ideologien, die ĂŒber Neuerungen, Fortschritt und Moderne in rasch wechselnder Folge medial multipliziert werden. Diese PhĂ€nomene sind jedoch gar nicht so schwer zu verstehen, haben sie doch einen einfachen Grund.
Wie kann erklĂ€rt werden, dass die Wirtschaft jĂ€hrlich einen Ăberschuss erwirtschaftet, der fĂŒr diese Wachstumsprozesse verantwortlich ist? Joseph Schumpeter sprach davon, dass der Kapitalismus auf dem Prinzip der kreativen Destruktion beruht. Der Wettbewerb sorgt dafĂŒr, dass jeder Gewinn frĂŒher oder spĂ€ter verschwindet, weil er die Konkurrenten zwingt, ihre Preise nach unten anzupassen, um Marktpositionen halten zu können. Die Unternehmen reagieren auf den Wettbewerbsdruck mit vielen Strategien: Neben Kostensenkungen versuchen sie Monopolpositionen zu erreichen, ĂŒber den direkten Einfluss auf Regierungen Vorteile zu sichern, oder sie suchen durch Verlagerungen der Produktion kostengĂŒnstigere Standorte auf. Doch auch die Konkurrenten senken die Kosten â jedes Monopol ist gefĂ€hrdet durch potentielle Wettbewerber â, und die Staaten, die fĂŒr gĂŒnstige Standortbedingungen ihrer Unternehmen sorgen, verfallen selbst in einen politischen Wettbewerb untereinander, der die angestrebte Sicherung des Erfolgs zunichte machen kann.
Es gibt aber eine »offene Stelle« in der Wirtschaft, die sich als Quelle von immer neuem Gewinn erwiesen hat: die menschliche KreativitĂ€t. Menschen sind fĂ€hig, ihre Achtsamkeit zur eigenen Erkenntnis und Selbstgestaltung zu verwenden; sie können ihr darin liegendes kreatives Potential in der Erkenntnis, der mitfĂŒhlenden Praxis oder der kĂŒnstlerischen Gestaltung entfalten. Sie können aber auch ihre KreativitĂ€t zu einem bloĂen Erfolgsfaktor funktionalisieren lassen und sie in den Dienst des einen Ziels stellen: geldgleiche Werte zu vermehren. Diese Funktionalisierung der KreativitĂ€t, des menschlichen Potentials ist das dynamische Geheimnis des Kapitalismus, der kreativen Destruktion.235
Weil der Wettbewerb dafĂŒr sorgt, dass jeder Gewinn durch Konkurrenten gefĂ€hrdet wird, streben die Firmen danach, bestĂ€ndig neue Produkte, wenigstens aber den Anschein neuer Produkte auf den Markt zu bringen. Wer etwas Neues anbietet, ist â ökonomisch gesprochen â ein Monopolist und kann die Preise bei ausreichender Nachfrage gewinnbringend selbst festsetzen. Da aber auch hier die Geldgier sich immer wieder im Wettbewerb gegenseitig selbst beschrĂ€nkt, bleibt auch dieses Streben endlos vergeblich. Die neuen Produkte werden nachgeahmt, MĂ€rkte sind bald gesĂ€ttigt und machen eine weitere Anstrengung notwendig, wieder neue Produkte auf den Markt zu bringen.
Und da jede Neuerung auch produziert werden muss, ist dieser kreative Prozess im Wettbewerb durch eine bestÀndige Zerstörung alter Produktionsanlagen, Standorte oder Unternehmensstrukturen gekennzeichnet. Was immer sich dem von der Geldgier geleiteten Neuerungsstreben widersetzt, gilt als »unflexibel« und muss »dereguliert« werden. Diese irrationale Motivation, ...
Table of contents
- Umschlag
- Titel
- Impressum
- Inhalt
- Vorwort zur ersten Auflage
- Vorwort zur zweiten Auflage
- Zum Aufbau des Buches
- Zugang
- GrundzĂŒge der buddhistischen Philosophie
- Ethik
- Bausteine einer buddhistischen Wirtschaftsethik
- Das VerhÀltnis zu anderen ethischen Systemen
- Einige Fragen der angewandten Wirtschaftsethik
- Bemerkungen zum »wirtschaftlichen Fortschritt«